NIGHT LASER: Interview mit Rob und Benno

19.06.2024 | 12:08

Party On, Wayne! Mit "Call Me What You Want" haben die sympathischen Jungs von NIGHT LASER eine neue Scheibe am Start und versprechen so manch dröge Party in ein absolutes Feierhaus zu verwandeln. Doch die Songs sind weitaus tiefgründiger als man zu glauben meint, denn hinter der neuen NIGHT LASER-Platte stecken Liebe zum Detail, jede Menge Power und viel harte Arbeit. Wir sprachen daher mit Bassist Rob und Frontmann Benno über den neuesten Streich der Hamburger. Let's Rock!

Hallo Jungs, danke, dass ihr euch meinen Fragen zur neuen Scheibe annehmt. Wie geht es euch denn? Aufregende Zeit bei NIGHT LASER, nicht wahr?

Benno: Moin Marcel! Und erstmal Danke an dich für das Interview! Ja, wir können es irgendwie auch nicht so richtig glauben. Es fühlt sich gerade so an, als würden wir so richtig Fahrt aufnehmen.

Rob: Hi Marcel! Geht wirklich super gerade! Was Benno sagt... die Singles laufen richtig gut, die Tour ist total geil und jetzt ist schon fast das Album draußen. Total krass alles gerade.

"Power To Power", die letzte Scheibe, erschien 2020. Seitdem ist nicht nur in der Welt, sondern auch bei NIGHT LASER viel passiert. Wieso haben Tönjes und Jonas denn die Band verlassen? Könnt ihr mir ein kleines Update geben?

Benno: Das hängt tatsächlich alles zusammen. Während Corona hat Tony (Tönjes) von Vollzeit-Musiklehrer auf Quereinsteiger Lehramt gewechselt. Das ging dann auch mit einem Umzug einher und die Wege wurden leider zu lang. Bei Jonas war es eher ein Wechsel aus der Stammelf auf die Bank. Er ist uns nach wie vor als Feuerwehrdrummer erhalten geblieben. Aber wir sind immer im Guten auseinandergegangen und sind immer noch Freunde.

Ihr habt mit Felipe, Vincent und Ingemar aber kongeniale Nachfolger gefunden. Wie kam der Kontakt zustande? Was hat die drei so besonders gemacht, dass sie nun Teil der NIGHT LASER-Familie sind?

Benno: Inge hat eigentlich den Platz mit Jonas getauscht. Also von der Aushilfe, zum Dauerbummser. Wir kannten Inge schon aus unserer Schulzeit und immer, wenn mal Not am Mann war, hat er glücklicherweise ausgeholfen. Daher war er die naheliegende Wahl, als Jonas einen Gang runter schalten wollte.

Rob: An der Gitarre hatten wir Anfang 2022 Notstand. Die EU-Tour im April war gebucht, aber es stand schon fest, dass Tony geht. Zum Glück konnte Benno sich an Vince erinnern, der mal bei uns Vorband war. Der hat sich in Rekordzeit unser Set für die Tour draufgeschafft. Als er im Sommer dann Klausuren für die Uni hatte, haben wir für die Festival-Shows Flippi gefragt, der auch 2018 schon mal mit uns gespielt hatte. Da die beiden auch miteinander total cool funktionieren, und wir schon seit langem gern mit zwei Gitarren fahren wollten, haben wir einfach beide behalten.

Für euer neues Album habt ihr nichts dem Zufall überlassen: Mit Dirk Schlächter hat ein erfahrener Kopf das Album produziert und Koryphäe Eike Freese das Album gemixt. Zudem kommt es an meinem Geburtstag heraus, dem 24. Mai. Das kann kein Zufall sein! Was lief denn im Gegensatz zu den Aufnahmen zuvor diesmal anders, vielleicht sogar besser?

Benno: Na dann werden wir an dem Tag mal eine Flasche Sekt extra mit einstecken und uns auf dein Wohl ein Glas einschenken! Die Recordings waren auf jeden Fall die intensivsten unserer Bandgeschichte. Dirk ist ein knallharter Perfektionist, der nichts dem Zufall und möglichst wenig der modernen Technik überlässt. Ergo wurden die Parts unendlich oft wiederholt, bis sie wirklich, schlussendlich und so gut waren, wie nur irgendwie möglich. Dazu hatten wir in diesem Fall kein Studio für einen bestimmten Zeitraum gebucht, sondern über mehrere Monate hinweg immer wieder an den Aufnahmen gearbeitet. Mal in Inges Studio in Braunschweig, dann aber auch viel in unserem Proberaum oder auch in Home-Recordings, wo Vince in Sachen Gitarren-Recordings echt fit ist!

Rob: Wir hatten für die meisten Songs Pilot-Tracks vorproduziert, mit denen sich jeder vorbereiten konnte. Deshalb waren wir an sich der Meinung, bestens vorbereitet zu den Aufnahmen zu kommen. Aber Dirk war gottseidank mitleidlos genug, uns direkt zu zeigen, wenn etwas noch nicht 100% gepasst hat. Das war einerseits ziemlich anstrengend, aber auf der anderen Seite hat es auch die bestmöglichen Ergebnisse erzeugt. Komplett neu war für mich der Ansatz, innerhalb der Songparts mit den BPM zu spielen, je nachdem welche Passage gerade etwas mehr oder weniger Tempo braucht. Beim bloßen Hören der Songs fällt es so nicht auf, aber die einzelnen Parts bekommen dadurch nochmal das gewisse Etwas. Viel Spaß an denjenigen, der darauf vielleicht mal was programmieren will, hehe. Das ist auch einer von vielen Gründen dafür, dass alle Instrumente, inkl. der Synthies und Keyboards, live eingespielt sind.

Im direkten Vergleich, worin liegen denn eurer Meinung nach die Unterschiede zwischen "Power To Power" und dem neuen Album "Call Me What You Want"?

Rob: Der mit Abstand größte Unterschied liegt für mich nicht in den Alben an sich, sondern in der ganzen Vorarbeit, die für die Scheiben jeweils geleistet wurde. Einiges haben wir oben schon genannt, aber der komplette Prozess war bei "Call Me..." grundlegend anders und erstmals so, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Viele der Songs sind aus einem Teamwork heraus entstanden und alle haben sich am Entwicklungsprozess beteiligen können. Dadurch hat "Call Me..." auch deutlich mehr musikalische Einflüsse als "Power To Power". Man hört ganz deutlich den verspielten Jazz/Swing-Background, den Inge mitgebracht hat, und bei den Gitarren wechselt es zwischen den Power-Metal-Eskapaden von Vince und dem dreckigen Hard Rock von Felipe. Die Hintergründe von Benno und mir haben sich zwar seit "Power To Power" nicht groß verändert, aber wir konnten uns in einem viel größeren Umfang an den Songs beteiligen als zuvor. Bei "Power To Power" kam das Songwriting nämlich fast ausschließlich von Hannes und hatte einen viel kleineren individuellen Anteil der beteiligten Musiker. Außerdem haben wir uns ganz bewusst dazu entschieden, den Keyboard-Elementen mehr Raum zu geben, und durch die Streicher kommt auch noch einmal eine tolle Atmosphäre hinzu.

Der Titel ist vieldeutig. Wollt ihr damit ausdrücken, dass euch die Meinung anderer egal ist und ihr euer Ding durchzieht, oder was ist mit "Call Me What You Want" genau gemeint?

Benno: Jein... egal ist uns die Meinung anderer natürlich nicht. Wir leben ja für die Bühne und freuen uns immer wie kleine Kinder über jeden Applaus. Aber wir würden uns musikalisch auch dann nicht anders aufstellen, wenn das Feedback vom Publikum nicht so gut ausfallen würde. Letztendlich machen wir die Musik, die wir selbst lieben und das das kommt glücklicherweise sehr gut an.

Rob: Trotzdem liegst du mit deiner Vermutung auch nicht falsch. Uns wurden schon viele Stempel aufgedrückt, die aber immer nur einen Teilaspekt von dem beschreiben konnten, was wir machen. Viele Leute haben ein Bild im Kopf, wenn sie die Begriffe "Hard Rock", "Glam Metal" oder "Power Metal" hören, und obwohl wir da jeweils viele Anteile haben, sind diese Bezeichnungen für sich nicht zielführend. Wie Benno schon sagte, geht es also nicht um die Meinung, sondern um das Labeling. Uns ist nicht egal, ob ihr es mögt, aber uns ist egal, wie ihr es nennt. Hauptsache es rockt und alle haben Spaß!

'Bittersweet Dreams' ist nicht nur ein perfekter Opener, sondern auch ein toller Appetizer. Wie weit repräsentiert der Song eure Stärken und was machen bittersüße Träume eurer Meinung nach aus?

Benno: Der Song ist die erste Zusammenarbeit von Felipe und mir gewesen. Wir haben uns einfach im Raum hingesetzt und unseren Ideen und Inspirationen freien Raum gelassen. Es hat einfach sofort gefunkt! Und ich finde auch, dass der Track bei jedem von uns eine große Steigerung durchblicken lässt. Wir können scheinbar noch einiges mehr, als wir auf den letzten Scheiben so gezeigt haben. Lyrisch ist der Song etwas schwierig. Es geht darum, dass im Traum alles erlaubt ist und wir uns in unserer Traumwelt nicht kontrollieren können. Manchmal schämt man sich ja sogar für Phantasien, die im Traum entstehen. Unser Unterbewusstsein verarbeitet und tüftelt da alles Mögliche zusammen. Aber ich bin gerne ein Träumer und ich träume viel und kann mich auch sehr oft dran erinnern, was da so passiert. Ganz schön durchgeknallter Scheiß meistens...

Rob: In dem Song sind tatsächlich viele unserer Stärken gebündelt. Er hat durchgehend ein sehr hohes Energie-Level und viele mitreißende Momente, was auch unsere Shows meiner Meinung nach sehr gut beschreibt. Außerdem kommen die musikalischen Fähigkeiten sehr gut zur Geltung und es wird sofort klar, wie sehr wir uns als Band weiterentwickelt haben. Für mich gibt es zwei Arten von bittersüßen Träumen: die, die Benno beschrieben hat, und jene, wo man traurig ist, wenn der Traum vorbei ist, weil diese Traumwelt so schön war und man am liebsten dort geblieben wäre. Beide haben gemeinsam, dass es um unerfüllte (unerfüllbare?) Bedürfnisse oder Ziele geht.

'No More Changes' ist mit 'Law Of The Vulture' mein heimlicher Hit. Was war denn der größte Wandel in eurem Leben? Und was wollt ihr mit 'No More Changes' ausdrücken?

Rob: Ich finde es super, dass du diese beiden Songs nennst, weil ich die auch total geil finde. Insbesondere 'Law Of The Vulture' ist für mich ein echter Geheimtip, der sich erst durch mehrmaliges Hören vollständig entfaltet. Hier tobt sich Vince so richtig aus und zeigt, was für phänomenale Dinge er mit einer Gitarre anstellen kann. Witzigerweise scheint es bei Reviewern keine eindeutigen Favoriten zu geben, es wurden schon fast alle Songs der Scheibe als Lieblingstrack genannt.

Benno: 'No More Changes' ist ein älterer Song aus unserer alten Besetzungszeit. Ich denke da so an die Fortschrittsfeindlichkeit und das konservative Denken vieler Menschen. Dabei ist doch ganz klar, dass der Blick nach hinten nirgendwo hinführt. Die Zukunft liegt immer vor uns und damit müssen wir uns arrangieren.

Don't Call Me Hero



https://www.youtube.com/watch?v=DeOYtoBUOfY

Wie kam es denn zur deutschsprachigen Country-Covernummer 'Über-Alman'?

Benno: Das war eher ein Zufall. Wir hatten nach den regulären Drum Recordings noch etwas Zeit und dachten dann, dass wir noch mehr aufnehmen sollten, wenn schon mal alles verkabelt ist. Irgendwie kam mir dann die Idee mit 'I’ve Been Everywhere' und den ganzen Stadtnamen. Ich habe ja ein hartes Faible für Country und so konnten wir das dann auch noch ein Stück weit bedienen. Mit einem großen Augenzwinkern natürlich.

Ihr habt dank des Einsatzes von Cello und Violine sehr geschmackvolle Farbtupfer gewählt. Wie kam es denn dazu und werden wir auf künftigen NIGHT LASER-Alben weitere dieser Besonderheiten hören?

Rob: Beim Song 'Fiddler On The Roof' war eine Violine aufgrund des Songthemas schon fast obligatorisch. Mei ist eine gute Freundin von uns, die wir durch unsere Konzerte kennengelernt haben. Irgendwann hatte sie mal erwähnt, dass sie Geige spielt, deshalb hatten wir da direkt jemanden an der Hand. Das Cello bei 'Travelers In Time' wurde von Hanna eingespielt, einer Gitarrenschülerin von Felipe. Das Instrument klingt ja sehr melancholisch und passt daher auch sehr gut zur Songthematik. Als der Song fertig geschrieben war, hatten wir einfach das Gefühl, dass wir hier die Kitsch-Tube nochmal richtig ausdrücken sollten, deshalb war es dann gut, dass Flippi den Kontakt schon hatte.

Ihr seid nun im renommierten Schoße von SPV/Steamhammer gelandet. Welche Möglichkeiten werden euch nun ermöglicht, die ihr vorher eventuell nicht hattet?

Benno: Das hat direkt gezündet. Einerseits sind wir musikalisch total frei. Das wünscht man sich ja als Musiker. Und andererseits hat unser Labelboss Olly uns direkt ins Vorprogramm von FREEDOM CALL für deren Deutschland Tour vermittelt. Da haben wir als FC-Fanboys natürlich direkt Herzklopfen bekommen! Und hoffentlich kommen da noch einige gute Kooperationen und natürlich geile Alben bei rum!

Rob: Außerdem leisten Steamhammer einen wirklich tollen Job bei Promo und Marketing. Es gibt sogar Label-Verknüpfungen nach Japan, falls alles passt werden wir dort vielleicht auch noch dieses Jahr in den Läden landen. Und es ist auch ein tolles Gefühl, von Promotern aus den USA oder Asien interviewt zu werden. Nichts gegen dich, natürlich :D

Aufregend! Apropos FREEDOM CALL: Wie haben euch die Jungs beeinflusst? Und wie schafft ihr es, Abend für Abend die Energie und das Feuer erneut zu entfachen?

Rob: Ich habe meinen ersten FC-Song vor etwa 15 Jahren gehört, und seitdem bin ich Fan. Insofern ist das für uns ein echter Ritterschlag. Ich genieße es total, jeden Abend das tolle Set von ihnen erleben zu können. Hinzu kommt, dass die Fans von FREEDOM CALL naturgemäß eher zur fröhlichen Sorte gehören, was einerseits auch super zu uns passt und andererseits dafür sorgt, dass die Leute direkt von Anfang an alle richtig Bock haben. Die Energie kommt dadurch von ganz allein, spätestens in dem Moment wo wir den ersten Ton spielen, das Licht angeht und der Saal vor uns voll ist mit jubelnden Menschen. Wir hatten im Vorfeld ein wenig Muffensausen, ob wir bei dem Publikum wohl ankommen würden, aber das war sowas von unbegründet! Wir mussten bisher jeden Abend eine Zugabe spielen, für ne Vorband auch nicht selbstverständlich, und haben teilweise minutenlangen Applaus bekommen. Größter Moment für mich bisher war der Samstag im Kubana, Siegburg. Während des FC-Sets hat sich Chris Bay mit einem Shoutout bei NIGHT LASER bedankt. Flippi und ich standen gerade im Publikum, und das Publikum ist ausgerastet. Minutenlange "NIGHT LASER"-Sprechchöre, mitten während der FC-Show, das war schon krass.

'Travelers In Time' gefällt mir extrem gut und ich wette, ihr würdet gern in die 80er Jahre zurückreisen, nicht wahr? Seit einigen Jahren erfahren die 1980er-Jahre einen regelrechten Boom. Ob nun im TV, im Style oder eben in der Heavy-Music. Woran könnte das eurer Meinung nach liegen? Welche Gründe gibt es für dieses Revival?

Benno: Ich glaube das ist einfach der Qualität der Musik dieser Zeit geschuldet. Wenn man sich diese ganzen Hard Rock Bands von damals anhört, sind das quer durch die Bank einfach richtig geile Musiker, richtig geile Songs. Wenn man nun das übertriebene Rockstar-Gehabe wegkürzt und sich auf die Musik und die energetische live-Perfomance konzentriert, kann sowas ja nur auf Gegenliebe stoßen. Und ich freue mich tierisch, dass ich in einer Zeit lebe, in der ich die Nachwehen der 80s noch mitbekomme und gleichzeitig diese Wiedergeburt des gleichen Styles von so vielen jungen Bands auch mitfeiern darf!

Rob: Ich kann Benno nur beipflichten. Ich glaube, dass es nach einigen Jahrzehnten mit Elektro-Experimenten und viel Playback-Quatsch wieder ein sehr großes Verlangen nach Authentizität und echt gespielter energetischer Live-Musik gibt, und ich wüsste nicht, wie sich das besser darstellen lassen würde als durch eine Rockband, die auf der Bühne alles gibt.

Jungs, damit wäre ich mit meinen Fragen so weit durch. Habt vielen Dank für Rede und Antwort. Was möchtet ihr den Rockern da draußen noch mit auf den Weg geben?

Benno: Geht auf Shows! Im Zuge dieses schnellen Wandels in der Musikwelt mit KI, Castingbands, all diese Kurzlebigkeit. Ich glaube das Einzige, was unersetzbar ist, sind echte Shows, von echten Menschen, die für dich auf der Bühne ihre Seele öffnen. Es gibt ein Gefühl, dass nur handgemachte Musik auf einer Bühne in dir auslösen kann. Und dieses Gefühl macht süchtig!

Rob: Danke Marcel! Ich pflichte Benno bei. Denkt an die geilen Momente, die ihr auf Live-Konzerten erlebt habt und die sich durch Netflix oder dergleichen einfach nicht erzeugen lassen. Gebt euch einen Ruck, geht raus und genießt das, was die Szene euch zu bieten hat.

Fotocredits: Franz Schepers

Bittersweet Dreams



https://www.youtube.com/watch?v=FMgkcAtOehA

Redakteur:
Marcel Rapp

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