OCTOPLOID: Interview mit Olli-Pekka Laine

04.07.2024 | 09:59

Wo AMORPHIS und BARREN EARTH aufhören, fängt OCTOPLOID an.

Ich habe dich vor einer Woche noch mit AMORPHIS auf dem Rock-Hard-Festival gesehen, jetzt machst du Promo für OCTOPLOID. Es gibt viel zu tun?

Ja, mit AMORPHIS machen wir gerade eine kleine Pause, ehe wir wieder Festivals wie das Hellfest in Frankreich oder Tuska in Finnland spielen. Wir touren diesen Sommer hauptsächlich in Mitteleuropa. Seit dem letzten Sommer waren wir viel in Finnland unterwegs, aber ja, es ist irgendwie erfrischend, davon eine kleine Pause zu machen und mit dem Hellfest wieder einzusteigen.

Meine erste Frage zu OCTOPLOID: Ist BARREN EARTH damit Geschichte? Ein ähnliches Projekt und kein Album in den letzten sechs Jahren ...

Ja du hast schon recht. Wenn wir mit BARREN EARTH noch aktiv wären, würde es OCTOPLOID vermulich nicht geben. Einige Songs meines Albums hätten auch zu BARREN EARTH gepasst. Davon abgesehen finde ich aber, dass es viele Elemente in den OCTOPLOID-Songs gibt, die man so nicht von BARREN EARTH kennt. Ich wollte ein Album nach meinen eigenen Vorstellungen machen, also musste ich es alleine machen. Bei BARREN EARTH waren es großartige Musiker, gar keine Frage, aber manchmal ist es trotzdem schwer, bestimmte Einflüsse in die Musik zuzulassen. Das ist bei mir eher der schräge Kram wie Psychedelia etc. Bei meiner eigenen Band kann ich das machen, weil dort das ganze Risiko bei mir liegt, es fällt alles auf mich zurück. Bei BARREN EARTH existierte wie bei jeder Band ein gewisser Rahmen. Ob es mit BARREN EARTH noch weitergeht, weiß ich nicht. Wir hatten nach der "Complex Of Cages" die Möglichkeit gehabt, weiterzumachen. Aber jetzt, wo ich wieder bei AMORPHIS bin, habe ich gut zu tun. Die anderen Jungs haben ebenso ihre Sachen am Laufen. OCTOPLOID kann ich immer dann machen, wenn ich Zeit dafür habe.

Das kann ich gut nachvollziehen. Du hast die Musik also alleine geschrieben und Musiker für das Material gesucht? Inwieweit waren die anderen Bandmitglieder am Songwriting beteiligt?

Genau so ist es. Zu Beginn der Arbeitsphase existierten bereits in paar Songs, die ich schon fertig hatte. Sie hätten auch zu AMORPHIS oder BARREN EARTH passen können, haben sich aber trotzdem mehr nach "meiner Sache" angefühlt. Deswegen war ich mir nicht sicher, ob ich sie bei einer anderen Band vorstellen möchte. Dadurch hätte ich vermutlich die Freiheit verloren, mit den Arrangements ein bisschen verrückter zu sein als sonst. Und natürlich auch Leute einzubeziehen, die nicht ausschließlich Metal-Musiker sind. Ich kenne viele Leute, die Rock'n'Roll oder Blues oder sonstwas spielen, aber mit Metal nicht vertraut sind. Das gibt der Musik einen anderen Blickwinkel, was man durchaus bei Gitarrensoli oder den Keyboards hören kann. Kim Rantala und Kasper Mårtenson sind nicht unbedingt Metal-Musiker. Kim kommt aus der Soul- und Funk-Welt und Kasper ist ein Generalist, der zurzeit viel Prog-Rock und Blues spielt.

Wie wichtig ist dein eigenes Instrument? Ich finde, der Bass ist im Mix prominenter als beispielsweise bei AMORPHIS. Kannst du hier mehr zeigen, was du kannst?

Nun, ich bin kein sehr technischer Bassist. Ich will nicht versuchen, mit den verrücktesten Licks oder so etwas aufzuwarten. Ich könnte bestimmt lernen, besser zu spielen. Ich bewundere eher Bassisten wie Jack Bruce von CREAM, Geezer Butler oder Rogert Waters, die sehr einfache Linien spielen, damit aber ungemein effektiv sind. Bezüglich der Produktion wollte ich eine klassische Rock-Produktion haben, dort war der Bass meistens prominenter als das bei modernem Metal der Fall ist.

Ja, leider ...

Heutzutage gibt es den Bass in vielen Metal-Bands nur, um die Gitarrenspuren zu verstärken. Ich bevorzuge den klassischen Sound, der bei Produzenten aber nicht unbedingt beliebt ist. Man muss mit den Frequenzen mehr aufpassen, dass man den Gitarren und den Drums nicht zu viel klaut. Allzu viel möchte ich mich aber nicht um solche Details kümmern, mir ist das Feeling wichtiger. Meine Helden Jack Bruce und Geezer Butler sorgen für den Flow eines Songs, ohne es mit den Noten zu übertreiben. Bei meiner alten Stoner-Rock-Band MANNHAI ging es immer darum, die Lücken im Sound zu füllen, weil wir auf der Bühne ein Trio waren. Bei OCTOPLOID wollte ich das anders handhaben. Wenn wir jemals live spielen, dann werde wir auch dort experimentieren.

Als Bassist ist die Symbiose mit dem Schlagzeug elementar. Gab es für "Beyond The Aeons" Demos, bei denen ein Drummer mitgewirkt hat? Hast du die Schlagzeug-Spuren selbst komponiert?

Die Songs waren fertig ehe ich überhaupt jemanden kontaktiert hatte. Erneut mit Mikko (Pietinen, ebenfalls bei MANNHAI aktiv - NM) zusammen zu spielen, ist super angenehm, weil er ein totaler Profi im Prog ist. Er hat eine sehr lockere Art und sollte sich nicht mit Demos beschäftigen, sondern einfach sein Ding durchziehen. Als er mir seine Tracks schickte, sagte ich: "Ok, lass uns das machen." Dann habe ich meine Bass-Spuren einfach dazu eingespielt und das war's.

Das klingt sehr intuitiv.

Absolut. Es ist wichtig, inspirierende Musiker um sich herum zu haben. Es gibt der Musik so viel mehr, wenn die beteiligten Musiker sich wechselseitig beeinflussen.

Wir haben über eine Art Old-School-Produktion gesprochen, über deine Vorliebe für Sounds aus den 70ern. Das Cover-Artwork schlägt in die gleiche Kerbe, beim Logo musste ich ehrlicherweise sofort an YES denken.

Das Cover stammt von Orion Lanau aus Portland in den USA. Er hat beispielsweise Cover für YOB gemacht, großartige Band. Als ich deren Cover sah, dachte ich mir: "Wow, wer ist dieser Künstler?" Ich wollte eines Tages mit ihm arbeiten, was damals nur ein ferner Traum war. Als klar wurde, dass ich mein eigenes Album herausbringen würde, war ich endlich mutig genug, ihn bei Instagram anzuschreiben. Zu meiner Überraschung hat er sofort geantwortet und wir waren uns schnell einig. Die Musik wollte er gar nicht hören, ehe er der Cover macht. Ich sollte ihm lediglich beschreiben, was ich gerne hätte, ihm Referenzbilder zeigen. Und dann kam er auf einmal mit diesem Artwork an. Ich fand es sofort perfekt. Da gab es nichts mehr zu ändern. Genauso wie übrigens das Logo, das ein Typ aus Indonesien gemacht hat, den ich über das Internet gefunden habe. Ich bin mit beidem wirklich glücklich. Das Cover beschreibt die Musik ziemlich gut, es ist kein traditionelles Death-Metal-Album oder überhaupt ein traditionelles Metal-Album. Es hat viele Prog-Einflüssen, über die wir gerade gesprochen haben. Mit deinem Vergleich zu YES könntest du sicherlich Recht haben.

Viele Bands, die in den 90ern als Death- oder Black-Metal-Bands begonnen haben, wollten ihren Sound weiterentwickeln. Menschen erweitern ihren Horizont, wenn sie älter werden. Ein prominentes Beispiel ist natürlich OPETH. Würdest du sagen, dass sich dein Musikgeschmack in den letzten 20 Jahren gewandelt hat?

Ich weiß nicht, ob das wirklich so ist. Ich höre immer noch meine alten Lieblinge. Es gibt sicherlich Ergänzungen hier und da. Oftmals hat es etwas mit dem Selbstvertrauen zu tun, Dinge im Studio zu tun, die man bisher nicht getan hatte. In den 90ern dauerte so ein Prozess mehrere Wochen, für die man mit einem Produzenten im Studio sein musste. Zuhause kann ich viel mehr experimentieren und unterschiedlichste Dinge ausprobieren.

Stichwort zuhause ausprobieren: Musst du in einer bestimmten Stimmung sein, um Musik wie OCTOPLOID zu machen?

Ich bezeichne es als eine Art Flow, der sich für mich relativ schnell einstellt. Wie gesagt, ich habe mein eigenes Studio zuhause und verbringe meine gesamte Freizeit hier. Ich will auch gar nichts anderes machen und schaue nicht die ganze Zeit Fernsehen, ich bleibe lieber hier und mache Musik. Meistens beginnt es mit einer Melodie, zu der ich Akkorde suche. Von dort aus kann es überall hingehen. Traditionelle Songs und experimenteller Kram, zwischen denen ich am Ende des Tages das Gleichgewicht finden muss.

Wie stellt sich ein so kreativer Kopf wie du die Zukunft von OCTOPLOID vor? Wird es ein zweites Album geben?

Wenn es ein zweites Album gibt, würde es sicherlich ähnlich wie "Beyond The Aeons" klingen. Es wäre ziemlich sicher noch experimenteller, mit mehr Jam-Charakter. Technisch lässt sich sicherlich auch noch eine Schüppe drauflegen. Aber das sagen Musiker immer wenn sie mit den Aufnahmen zum Album erst einmal fertig sind. In dieser Besetzung werden wir in Zukunft aber mit Sicherheit noch besser harmonieren.

Zum Thema verrückte Ideen: Stand es für dich nicht zur Debatte, das klassische Band-Instrumentarium zu erweitern?

Ich habe irgendwann mal daran gedacht, eine Flöte zu verwenden, ja.

Daran habe ich auch gedacht, muss ich sagen.

Es müssen nicht einmal andere Instrumente sein, um aus konventionellen Klängen auszubrechen. Man kann viele Effekte wie Echoes und Delays so verwenden als wären sie eigenständige Instrumente. Früher wurde das Studio als solches öfter Teil des Klangs, ohne dass jemand krampfhaft Verrücktes damit tun wollte. Ich würde beim nächsten Mal einfach gerne mehr experimentieren, seien es jetzt Plugins oder akustische Effekte.

Das erinnert mich an die berühmte Echokammer in den Abbey Road Studios, das ist eine Wissenschaft für sich. Mit dem passenden Budget wäre das sicherlich reizvoll, oder nicht?

Ja das wäre natürlich großartig. Das hängt alles von den Verkaufszahlen des ersten Albums ab.

Ich würde sagen, dann müssen wir alle unseren Teil leisten. Ich finde die Platte nämlich richtig stark und würde gerne noch mehr in dieser Richtung von dir hören.

Das ist mein Ziel!

Damit sind wir auch am Ende meiner Fragen angekommen. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit OCTOPLOID!

Danke und auf Wiedersehen!

Photo-Credit: Päivi Leino

Redakteur:
Nils Macher

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