ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTET: Interview mit Johan Lindstrand

17.04.2007 | 20:02

Mit dem neuen Album "Error In Evolution" ist es Johan Lindstrand endgültig gelungen, sich aus dem Schatten seiner ehemaligen Band THE CROWN zu lösen – und damit auch zufrieden zu sein. Während seine ehemaligen Kollegen nämlich schon wieder fast in Vergessenheit geraten sind, hat Lindstrand mittlerweile ein festes und zuverlässiges Bandgefüge aufgebaut, dessen vielseitige Einflüsse dafür garantieren, dass die ONE MAN ARMY ihrem Namen schon gar nicht mehr gerecht wird. Als Einzelkämpfer sieht sich Johan nämlich 2007 nicht mehr. Vielmehr ist der Elvis-Fan und Brüllwürfel in Personalunion zum echten Teamplayer mutiert, der sich voll und ganz auf seine Musiker verlassen kann. Dementsprechend zufrieden und relaxt beantwortet er auch die Fragen zum neuesten Release.


Björn:
Hallo Johan, alles klar soweit?

Johan:
Hey, hier ist alles bestens. Ich warte gerade darauf, dass mein Abendessen endlich fertig wird, hehe!

Björn:
Soeben ist der zweite Silberling von ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUINTET erschienen. Wie gespannt warst du auf die ersten Reaktionen deiner Fans?

Johan:
Nun, man ist natürlich immer ziemlich aufgeregt, wie die Fans nun reagieren werden, aber ich habe ja auch nicht den Druck, mindestens eine Million Exemplare verkaufen zu müssen. Ich meine, hey, es ist weiterhin Underground-Musik, selbst wenn die neue Platte etwas moderner und melodischer ist, haha.

Björn:
Euer Debüt hat seinerzeit sehr gute Kritiken bekommen. Wie hoch waren demnach die eigenen Erwartungen an "Error In Evolution"?

Johan:
Ich für meinen Teil weiß, dass wir einen sehr starken Nachfolger zu "21st Century Killing Machine" am Start haben, aber man kann natürlich nie einschätzen, was das Publikum von der Scheibe halten wird. Diese Platte verdient einen richtig großen Push, und ich habe auch sehr große Hoffnungen, aber am Ende ist es schließlich doch nur ein Konkurrenzkampf mit tausend anderen Bands. Wir haben ein gutes Album, ein gutes Label und einen eisernen Willen, also was soll schon schief gehen?

Björn:
Gute Frage... Aber solche Gedanken hattet ihr auch damals schon bei THE CROWN, und leider hat sich dort auch nicht alles zum Guten gewendet. Apropos THE CROWN: Bereits bei eurem Debüt hatten viele Fans den Verdacht, ihr würdet euch sehr stark an deiner ehemaligen Band orientieren. Doch das genaue Gegenteil war der Fall. Wenn du jetzt auf das vergangene Jahr zurückblickst, würdest du sagen, dass die alten Fans auch die neue Marschrichtung akzeptiert haben?

Johan:
Nun, wir haben ja immerhin weiter extreme Musik abgeliefert, auch wenn es im direkten Vergleich mit THE CROWN sicher etwas grooviger und nicht ganz so schnell zuging. Viele alte Fans fanden es gut, andere wiederum kehrten uns den Rücken, doch zur gleichen Zeit kamen auch wieder neue Interessenten hinzu, die überhaupt nichts von meiner Vergangenheit wussten. Es ist so eine Art 50-50-Situation. Es gibt viele THE CROWN-Fans, die auch auf die ONE MAN ARMY stehen, und das finde ich ziemlich cool. Wir haben eine sehr gut gemischte Fanbase, und das kann schließlich nicht jede Band von sich behaupten.

Björn:
Auf "Error In Evolution" habt ihr diesen groovigeren Sound nun endgültig etabliert. Als ich die Platte zum ersten Mal hörte, dachte ich sofort an TESTAMENT und Konsorten. No more METALLICA this time...?

Johan:
Wir tragen METALLICA immer in unseren Herzen, doch diese Mal ist die Musik weitaus abwechslungsreicher. Es ist im Grunde genommen eine Menge Old-School-Thrash gemischt mit moderneren Sounds.

Björn:
Würdest du die Klassiker aus der Bay Area denn trotzdem als den hauptsächlichen Einfluss für eure Musik betrachten?

Johan:
Nein, es gibt bei uns keine Regeln, was komponiert werden darf und was nicht. Jedes Individuum in der Band hat einen komplett anderen Stil beim Songwriting, und genau deshalb haben wir auch so einen breit gefächerten Sound. Natürlich ist das Material aus der Bay Area ein wichtiger Einfluss, doch insgesamt verkörpert es nur ein kleines Detail unserer Musik.

Björn:
Ein weiterer wesentlicher Inhalt sind zweifelsohne die Rock 'n' Roll-Arrangements. Ein Großteil des neuen Stoffs ist richtig dreckig und fies, gleichzeitig aber auch aggressiver. Wie würdest du diese Entwicklung mit deinen eigenen Worten beschreiben?

Johan:
Ja, das Album ist definitiv aggressiver. Aber wir haben auch mehr Energie in das Album gesteckt und darauf geachtet, eingängige Melodien und Refrains zu schreiben. Diesbezüglich hat sich seit dem Debüt sicherlich einiges verändert.

Björn:
War dies ein Bestandteil eures Masterplans zum neuen Album?

Johan:
Puh, ich weiß nicht. Es hat sich schon recht natürlich angefühlt, diese Richtung einzuschlagen. Doch diese Entwicklung ist wahrscheinlich in erster Linie darauf zurückzuführen, dass mittlerweile alle Mitglieder am Songwriting beteiligt sind, während ich die erste Scheibe quasi im Alleingang geschrieben habe. Die Veränderung des Sounds kommt also vorwiegend durch die hinzu gestoßenen Einflüsse zustande.

Björn:
Obwohl das Material recht brutal klingt, findet man doch immer wieder eine ironische Note in den Songs, zumindest wenn man Songtitel wie 'Such A Sick Boy' betrachtet. Wie ernst nimmst du deine Texte?

Johan:
Was bedeutet Ironie für dich? Ich für meinen Teil nehme die Texte sehr ernst, auch wenn ich erneut versucht habe, den Songs ein paar coole, einprägsame Titel zu verpassen, aber das ist definitiv keine Ironie. Dieser Song handelt zum Beispiel von jungen Kids, die in der Schule mit einer Knarre herumrennen und Leute erschießen. Ich sehe da keinen Spaß, was den Inhalt betrifft. Aber die Themen der Texte sind schon sehr unterschiedlich. Da trifft Realität auf Fiktion, wobei man bei Songs wie 'Hail The King' bestimmt auch mal schmunzeln darf...

Björn:
Ich persönlich finde 'Knights In Satan's Service' ganz witzig. Ist das euer inoffizielles Tribute an KISS?

Johan:
Hehe, ja, das kann man durchaus so sehen – aber mehr Tribut zolle ich auf diesem Album nicht! Die Texte handeln nämlich von etwas ganz anderem, nämlich von Kindern, die aufgrund von religiösem Fanatismus zu Soldaten umgepolt werden, mit AK 47's herumrennen und ihre fanatischen Glauben verteidigen.

Björn:
Wie passt dann ein Titel wie 'He's Back (The Man Behind The Mask)' zwischen diese ernsten Zeilen? Was führte dich dazu, ALICE COPPER zu covern?

Johan:
Nun, ich bin ein großer Fan des 80er-Hard-Rocks; zu dieser Zeit wurde einfach die beste Musik gemacht. Diesen Song schleppe ich bereits in meinem Kopf herum, seit ich den sechsten Teil von "Freitag der 13." angeschaut habe. Ich wollte schon seit einer halber Ewigkeit dieses Stück neu interpretieren, auch schon mit THE CROWN, aber es hat nie funktioniert. Jetzt konnte ich diesen Traum endlich verwirklichen und aus meinem herkömmlichen Songwriting-System ausbrechen. Ich bin eigentlich gar kein großer COOPER-Fan, aber diesen Song liebe ich, und soweit ich weiß, hat ihn auch bislang noch nie jemand gecovert (ähem, das wage ich zu bezweifeln - der Redakteur), also haben wir einen ARMY-Song daraus gemacht. Unsere Version ist zu 1000% heavier als das Original und passt perfekt zum Material von "Error In Evolution". Im Gegensatz zu so vielen anderen Alben, auf denen solche Songs eher fehl am Platze sind, haben wir es – so denke ich – echt geschafft, ihn uns zu Eigen zu machen.

Björn:
Wenn ihr tatsächlich so auf klassischen Hard Rock steht, liegt es ja nahe, dass an dem Gerücht, ihr wärt eine echte Partyband, etwas Wahres ist – oder nicht?

Johan:
Hehe, ich weiß nicht, woher du all diese Informationen hast, aber im Grunde genommen sind wir eine recht ernste Band. Zumindest was die Musik betrifft...

Björn:
Nun, eure bisherigen Live-Auftritte waren aber schon eine ordentliche Party. Wann kommen wir wieder in den Genuss der ONE MAN ARMY?

Johan:
Wir werden schon bald wieder bei euch unterwegs sein. Wir spielen definitiv einige Festivals, zum Beispiel das With Full Force, und hoffen, anschließend noch eine kurze Tour nachschieben zu können.

Björn:
Wird es live denn auch Coverstücke geben. Den ALICE COOPER-Song hätte ich da zum Beispiel auf meiner Wunschliste...

Johan:
Hm, ich denke nicht. Wir haben mittlerweile genügend eigene Stücke, die wir auf jeden Fall vorziehen. Aber du hast Recht, es wäre sicher ganz cool, 'He's Back' auf einigen Festivals zu spielen. Aber das geht nur dann, wenn SCAR SYMMETRY auch auf diesen Festivals spielen, denn Christian singt den Chorus.

Björn:
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Was erhoffst du dir vom Jahr 2007?

Johan:
Ich möchte so viel und oft wie möglich live spielen, weil wir ein großartiges neues Album draußen haben und deswegen auch einige gute Gigs verdienen.

Björn:
Last words?

Johan:
Einen fetten Dank an unsere Fans. Ohne sie wären wir absolut gar nichts! Vielen Dank für euren Support, wir werden uns schon bald alle wieder sehen. Cheers!

Redakteur:
Björn Backes

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