PAIN: Interview mit Peter Tägtgren

01.01.1970 | 01:00

Manchmal ist es halt so, da läuft es nicht so, wie es laufen sollte. Da passt es einfach nicht so richtig zusammen. Beispiel gefällig? Da hab ich endlich die Möglichkeit, mit einem meiner Idole, nämlich dem omnipräsenten Peter Tägtgren zu sprechen, bastle mir dementsprechend einen umfangreichen Fragenkatalog mit bestimmt nicht gerade schlechten Fragen zusammen und trotzdem fällt das Ergebnis nicht unbedingt wunschgemäß aus. Sicherlich hat Peter einem nicht gerade die Ohren abgekaut, sicherlich war meine Nervosität nicht gerade förderlich für's Gespräch und sicherlich war auch die krasse Rückkopplung meines Telefons nicht gerade toll, aber trotzdem hätte das Interview anders verlaufen können. Keine Ahnung, woran es letztendlich lag. Naja, nun will ich dieses Interview aber auch nicht schlechter machen als es ist. Wenn euch trotzdem interessiert, wie eigentlich so ziemlich alle, den Herrn Tägtgren in irgendeiner Weise berührenden Themen in nur einer Viertelstunde Interview (von beiden Seiten) erschöpfend abgehandelt werden können, dann lest einfach weiter. :-)


Stephan:
Ich hab auf der Seite von Motor Music gelesen, dass du heute Abend ein Kampftrinken gegen einen deiner Fans veranstalten wirst. Fühlst du dich gut für die Herausforderung gerüstet?

Peter:
Uuh, ich war gestern Abend aus und habe gesoffen und ich bin immer noch ein bisschen betrunken. Also ich denke, ich werde heute nacht verlieren. (Allen Unkenrufen zum Trotz hat Peter seinen Kontrahenten regelrecht unter den Tisch gesoffen. - Anm. d. Verf.)

Stephan:
Werden eigentlich Wetten gegen den anderen Typen angenommen?

Peter:
(lacht) Da bin ich sicher. Das lässt sich bestimmt einrichten.

Stephan:
Okay, dann kommen wir mal zu deiner neuen Platte. Gab es eigentlich Probleme beim Release oder warum kam die später aufgenommene HYPOCRISY-Scheibe "Catch 22" sogar eher raus als "Nothing Remains The Same"?

Peter:
Also eigentlich sollte das PAIN-Album schon im vergangenen September herauskommen, aber ich war einfach zu beschäftigt um das ganze Album fertig zu stellen. Deswegen haben wir es zurückgestellt. Allerdings fiel es dann auf den HYPOCRISY-Release. Und da sie die beiden Alben nicht gleichzeitig herausbringen wollten, haben sie das PAIN-Album eben noch ein bisschen nach hinten verschoben. Aber in Schweden ist es bereits seit Februar draußen. (Und in Deutschland solltet ihr euch den 8. Juli ganz dick im Kalender anstreichen. - Anm. d. Verf.)

Stephan:
"Nothing Remains The Same" klingt etwas ruhiger und weniger aggressiv als "Rebirth" finde ich. Reflektiert jedes Album, das du schreibst, deine Gefühle und Stimmungen zu der Zeit?

Peter:
Ja, ganz genau. Und mit PAIN wollte ich einfach nur Zeug aufnehmen, was ich so noch nie vorher gemacht habe. Ich wollte mich nicht irgendwie einschränken und dann kam die Musik einfach dazu.

Stephan:
Was würdest du selber als hauptsächlichste Unterschiede zwischen der Neuen und "Rebirth" bezeichnen?

Peter:
Zum einen die Produktion und zum anderen auch die Songs. Ich orientiere mich bei manchen Songs mehr an diesem Achtziger-Synthie-Pop-Stuff, aber bei Anderen klingt es wieder wie RAMMSTEIN (z.B. bei "The Game" sehr deutlich - d. Verf.) und wieder bei Anderen hört es sich nach der "Rebirth" an. Es ist ein sehr durchmischtes Album.

Stephan:
Was war denn der bescheuerteste Name, mit dem der Stil von PAIN bisher bezeichnet wurde?

Peter:
Ich hab mal ein Review gelesen, da nannten sie es Dance Disko. (lacht)

Stephan:
Sind die drei Bonustracks "Hate Me", "Liar" und "Give It Up" eigentlich Teil der normalen Albumversion?

Peter:
Nein, das ist nur für Deutschland. Wir wollten etwas Besonderes machen, um den Fans einfach ein bisschen mehr zu geben.

Stephan:
Und warum ausgerechnet für Deutschland?

Peter:
Wir wollen den deutschen Markt diesmal verstärkt angehen. Wir werden auch vorher eine Single veröffentlichen. (Und zwar "Just Hate Me" in zwei verschiedenen Varianten - Anm. d. Verf.) Ja, wir wollten es einfach speziell machen, in Schweden läuft das sehr gut und jetzt versuchen wir es hier. Mal sehen, was passiert.

Stephan:
Ihr habt ja das BEATLES-Cover "Eleanor Rigby" schon ein paar Mal live gespielt und jetzt habt ihr es auch auf dem Album. Gab es einen speziellen Grund, warum ihr gerade dieses Lied gecovert habt?

Peter:
Weißt du, ich bin ein großer BEATLES-Fan. Und das ist einfach ein Song, der heraussticht von ihren älteren Liedern. Für mich war er perfekt und ich hatte eine Vision, wie er im PAIN-Stil klingen würde. Das war echt cool.

Stephan:
"Fade Away" klingt für mich ein bisschen wie nach einem James Bond-Soundtrack, ohne dass das jetzt irgendwie abwertend gemeint ist. Kannst du diese Assoziation irgendwie nachvollziehen?

Peter:
Nein, nicht wirklich. Du meinst das sicher wegen den Violinen...

Stephan:
Naja, generell wegen der Melodielinien.

Peter:
Dieser Song lebt von den Violinen, ich hatte ein sechzehnteiliges Orchester dafür. Ich habe auch schon früher ruhige Songs gemacht, aber diesmal war es viel emotionaler mit den ganzen Violinen, dem ganzen Feeling des Songs. Ich wollte einfach super-depressiv sein.

Stephan:
Da ich keine Glotze hab, hast du es mit dem Videoclip zu "Shut Your Mouth" auch auf MTV geschafft?

Peter:
Jaja, es war sogar second highest rotation in Skandinavien, allerdings haben wir auch unterschiedliche MTV's.

Stephan:
Basiert das Ding auf einer wahren Begebenheit? (Ein UFO landet in Peter's Garten, ein Alien stattet ihm einen Besuch ab, natürlich glaubt Peter das niemand und zum Schluss trinkt der Alien ihm auch noch seine Milch weg... - Anm. d. Verf.)

Peter:
Nein. Der Typ, der dieses Video gemacht hat, wollte schon immer mal so etwas machen und ich war das perfekte Meerschweinchen für ihn. (Meerschweinchen??? Schätze einfach mal, "guinea pig" heißt auch so viel wie Versuchskaninchen... - d. grübelnde Verf.)

Stephan:
Und war die Story seine oder deine Idee?

Peter:
Nein, das war alles seine Idee.

Stephan:
Stimmt es, dass in Schweden PAIN populärer sind als HYPOCRISY?

Peter:
Oh ja, absolut. Mit dem letzten Album habe ich immerhin eine Gold-Single eingefahren.

Stephan:
Woran liegt das deiner Meinung nach? Ich meine, mit HYPOCRISY bist du schon so lange dabei und mit PAIN hast du ja erst drei Alben gemacht.

Peter:
Naja, PAIN ist halt andere Musik. Es kann mehr Leute ansprechen. Man kann die Videos auf MTV spielen und außerdem laufen die Songs auch im Radio.

Stephan:
Ich finde ja, dass z.B. der Song "Turn The Page" von der "Catch 22" genauso gut auf einer Scheibe von PAIN hätte stehen können. Siehst du das ähnlich?

Peter:
Ja, vielleicht. Ich war mir da auch ein wenig unschlüssig auf welches Album ich es tun sollte. Aber da wir die Leute immer gerne schocken, haben wir es auf die HYPOCRISY-Scheibe getan. (lacht)

Stephan:
Besteht generell die Gefahr von musikalischen Überschneidungen zwischen HYPOCRISY und PAIN?

Peter:
Eigentlich nicht. Vielleicht war es diesmal ein bisschen so, aber das wird in Zukunft nicht so sein.

Stephan:
Wie war denn die HYPOCRISY-Europatour?

Peter:
Oh, die war wirklich sehr gut. Das einzige, was etwas schwach besucht war, waren die deutschen Gigs. Aber im Rest von Europa waren verdammt viele Leute da.

Stephan:
Du tauchst ja auf den drei deutschen Festivals Wacken, With Full Force und Summer Breeze mit HYPOCRISY auf, aber spielst nur auf dem Summer Breeze auch mit PAIN. Gibt es noch mehr Festival-Auftritte mit PAIN?

Peter:
Nur in Schweden sind es noch drei Festivals.

Stephan:
Warum spielst du nicht mehr Festivals in Europa mit PAIN?

Peter:
Ich weiß es nicht. Das liegt an den Leuten, die uns buchen. Wir wollen überall spielen, aber wenn sie es nicht wollen, dann können wir sie auch nicht dazu zwingen.

Stephan:
Und können wir erneut so eine phänomenale Show erwarten wie im Jahre 1999, als ihr "Hypocrisy Destroys Wacken" aufgenommen habt?

Peter:
Ich hoffe es. Wir haben diese ganze Live-Geschichte bis jetzt noch nicht ausgearbeitet, aber wir werden eine Show machen, die ehrlich sein soll und nicht bloß eine Kopie.

Stephan:
Was steht sonst tourmäßig noch so an?

Peter:
Wir werden im September mit TIAMAT auf Tour gehen, aber es werden nur ein paar Gigs in Deutschland sein. Im Oktober werden wir dann mit IN FLAMES zurückkommen. Wir werden also zwei Touren machen, eine für die Gothic-Leute und eine für die Metal-Leute.

Stephan:
Ich hab in letzter Zeit einige verwirrende Meldungen über dich und dein Abyss Studio gehört. Hast du nun deine Produzententätigkeit an den Nagel gehängt oder produzierst du noch ein paar Bands wie DESTRUCTION?

Peter:
Nun, ich mache eine lange Pause. Ich werde rausgehen und live spielen, Alben aufnehmen und meine Bands promoten. Im nächsten Jahr werde ich vielleicht wieder ein paar Gruppen produzieren.

Stephan:
Und bis dahin produzierst du gar nicht?

Peter:
Nein, niemanden.

Stephan:
Ist der Grund dafür, dass eine Abyss-Produktion zu so einer Art Statussymbol geworden ist?

Peter:
Ja, irgendwie schon. Und außerdem ist dieses ganze Business-Thing totaler Bullshit. Davon will ich mich etwas entfernen.

Stephan:
Ist das etwas, wovon auch der Song "A Public Puppet" von der "Catch 22" handelt?

Peter:
Ja.

Stephan:
Kannst du mir ein bisschen mehr über diesen Song erzählen?

Peter:
Ja, ich singe davon, dass ich eine öffentliche Puppe bin, aber am Ende bin ich es, der schuld daran ist, dass ich so etwas geworden bin. Es hat zwei verschiedene Aspekte. Einerseits mag ich es nicht, eine öffentliche Puppe zu sein, aber auf der anderen Seite liebe ich es auch. Aber ich will mich halt nicht benutzen lassen.

Stephan:
Stimmt es, dass das Abyss früher mal ein Irrenhaus war?

Peter:
Ja, und das ist es immer noch. (lacht)

Stephan:
Wie kam es dazu, dass du eine Rolle in dem Film "Sleepwalker" gespielt hast?

Peter:
Das lag an dem Director. Es mochte PAIN und wollte einen PAIN-Song in dem Film haben. Zu der Zeit habe ich an dem neuen Album geschrieben und da habe ich ihm gesagt, ich gebe dir einen exklusiven Song, der erst ein Jahr später herauskommen würde. Und da habe ich "Save Me" geschrieben. Eigentlich handelt der Song genau davon, wovon der Film ist. Und dann haben sie mir gesagt, dass sie eine kleine Rolle für mich hätten. (lacht)

Stephan:
Und was kannst du mir über den Film erzählen?

Peter:
Es ist eine sehr gute Story, ich glaube, sogar Hollywood hat das Skript gekauft. Also werden sie vielleicht eine englische Version machen mit einem großen Budget. Wir hatten nicht so ein großes Budget, aber eben eine sehr gute Story.

Stephan:
Außerdem hast du auch eine Rolle in dem Kurzfilm "Greetings" gespielt, der zusammen mit dem Video zu "Shut Your Mouth" gedreht wurde. Worum geht's denn bei diesem Film?

Peter:
Es ist genau dasselbe wie beim Video, nur ohne Musik und wir reden. Und ich war derjenige, um den sich bei diesem Film alles gedreht hat.

Stephan:
Würdest du auch wieder in einem Film mitspielen, wenn jemand mit einem interessanten Konzept an dich herantreten würde?

Peter:
Ja, mit Sicherheit. Weil ich weiß nicht, wie man das macht, deswegen will ich es gerne machen.

Stephan:
Du hast vor kurzem den Dancefloor-Act E-TYPE an der Gitarre unterstützt. Warum hast du das denn gemacht?

Peter:
Ich mag seine Musik sehr. Er ist ein Genie, wenn es um das Songwriting geht.

Stephan:
Hast du keine Angst, dass dich gerade die HYPOCRISY-Fans jetzt für määächtig untrue halten?

Peter:
Nun, was ist heutzutage noch true? Ich meine, ich bin mein eigener Gott und ich tue, was ich tun will. Und ich will mein Leben genießen. Ich weiß, was ich brauche und ich weiß, was ich will. Und wenn sie damit nicht klarkommen, dann ist das schon ihr Problem.

Stephan:
Besteht die Gefahr, dass diese Geschichte dich bei einer deiner eigenen Bands in irgendeiner Form songschreiberisch inspiriert?

Peter:
Eigentlich ist es so, wenn du alle Gitarren und den Gesang vom "Rebirth"-Album weglässt, dann klingt das fast gleich.

Stephan:
Auch auf der aktuellen Scheibe beschreitet du einmal mehr (wie auch mit HYPOCRISY) neue Wege. Woher nimmst du diese kreative Vielfalt?

Peter:
Einfach viele verschiedene Inputs. Dinge, die man im Radio oder im Fernsehen hört. Und ich probiere viel aus und versuche mich sowohl als Songwriter als auch als Producer weiter zu entwickeln.

Stephan:
Gab es bei dir schon mal eine Phase, wo dir die Kreativität und Frische etwas abhanden gekommen sind?

Peter:
Nicht wirklich. Ich fühle mich eigentlich immer sehr kreativ, wenn es ans Songwriting geht.

Stephan:
Würdest du dich selber als Workoholic bezeichnen?

Peter:
Ja, vielleicht.

Stephan:
Was machst du eigentlich in deiner eher spärlichen Freizeit so?

Peter:
Sex haben.

Stephan:
Die ganze Zeit?

Peter:
Nein. (lacht) Und vor allem mit meiner Familie und meinen Kindern zusammen sein.

Stephan:
Hast du denn genug Zeit für deine Familie?

Peter:
Nein, aber ich versuche so hart wie möglich zu arbeiten, damit ich später einmal die Zeit haben werde.

Stephan:
Was hältst du von Online-Mags?

Peter:
Ich bin sehr schlecht in Sachen Internet. Ich habe nicht mal Internet, also da kann ich nichts dazu sagen. Ich habe zwar einen 50.000 Euro teuren Computer in meinem Studio stehen, aber Internet habe ich nicht.

Stephan:
Was denkst du, würdest du machen, wenn du nicht mit dem Heavy Metal dein Geld verdienen würdest?

Peter:
Ich weiß es nicht. Vielleicht würde ich das Schauspielern versuchen. Aber ich habe wirklich keine Idee, was ich sonst machen würde.

Stephan:
Kannst du sagen, welche Band wichtiger für dich ist - PAIN oder HYPOCRISY?

Peter:
Nein, beide sind gleich wichtig für mich und ich brauche beide Bands.

Stephan:
Hast du noch ein paar abschließende Worte loszuwerden?

Peter:
Ja, ich hoffe, den Leuten gefällt das neue Album und ich sehe euch alle auf der Tour im September und Oktober.

Stephan:
Gut, dann hab vielen Dank für das Interview und ich wünsche dir viel Erfolg für deinen Wettbewerb heute Abend.

Peter:
Oh ja, vielen Dank. Bye.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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