POISONBLACK: Interview mit Ville Laihiala

01.01.1970 | 01:00

Als Reibeisenröhre von SENTENCED kennen ihn viele: Ville Laihiala, Fronter der wohl bekanntesten Suizidkapelle aus dem hohen Norden. Doch es gibt auch einen anderen Ville, der sich mal abseits von Selbstmordlyrik bewegen oder verstärkt auf sein Gitarrenspiel konzentrieren möchte. Dazu hat Mr. Suicider in seiner neuen (Neben-)Band POISONBLACK nun ausreichend Gelegenheit – gemeinsam mit Kumpel J.P. Leppäluoto von CHARON gegründet kann er hier seine neben SENTENCED gehegten musikalischen Ambitionen voll und ganz ausleben. Mit „Escapexstacy“ kommt am 17.02.2003 der Erstling des Projekts auf den Markt, Grund genug also, ein paar Wörtchen mit Ville zu wechseln.


Kathy:
Ville, zuerst wüsste ich gerne von dir, ob du es als Beleidigung empfinden würdest, wenn ich POISONBLACK aufgrund des softeren Charakters der Musik – nicht zuletzt wegen des Gesangs von J.P. – mit Bands wie HIM oder ENTWINE vergleichen würde.

Ville:
Nein, jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung (lacht). Ich meine, offensichtlich agieren wir alle in der gleichen Musiksparte, da es Gothic-Vibes in allen drei Bands gibt. Wir alle schreiben Texte über Liebe und Sex – somit wäre es für mich keine Beleidigung. Aber ich würde den Vergleich auch nicht zu ernst nehmen, denn wenn du richtig hinhörst und POISONBLACK beispielsweise mit ENWINE vergleichst, wirst du feststellen, dass wir nicht wirklich gleich klingen.

Kathy:
Hast du nicht ein wenig Bedenken, dass die SENTENCED-Fans verwirrt oder gar enttäuscht sein könnten, weil ihnen POISONBLACK zu weich klingt?

Ville:
Solange ich mir selbst gegenüber ehrlich bin und es genieße, meine Musik zu machen, juckt es mich nicht wirklich, was andere Leute davon halten. Diejenigen, die denken, dass wir durch das Spielen softerer Musik die Leute quasi betrügen, sind dumm. Wie auch immer, ich hoffe jedenfalls, dass das nicht der Fall ist bzw. sein wird, denn ich als Musiker, Künstler oder was auch immer möchte – wie bereits gesagt – Freude an der Musik haben. POISONBLACK ist nicht gegründet worden, um von SENTENCED zu fliehen oder Geld zu machen, denn die Idee dazu geistert schon seit Jahren in meinem Kopf herum. Es ist nur eine andere Seite von mir, die ich den Leuten zeigen möchte. Vielleicht bin ich im Endeffekt doch nicht so ein miserabler Bastard...(lacht).

Kathy:
Könntest du mir ein bisschen von der Entstehung der Band erzählen?

Ville:
Nun, ich bin keine Person, die viel über Sehnsüchte, Wünsche usw. spricht, aber ich schreibe viele Gedichte und Lyrik und komponiere ständig Musik. Ich hatte eine selbstgeschriebene Geschichte auf meinem Computer, die den Namen „Escapexstacy“ trug, außerdem hatte ich auch einige Songideen auf dem Rechner. Und eines Tages kam mir schlagartig die Erkenntnis, dass diese Story perfekt zu diesen Musikideen passen würde. Also wandelte ich diese Geschichte in Songtexte um, rief meinen besten Freund Janne Kukkonen – der jetzt bei POISONBLACK Bass spielt – an und fragte ihn, aber er nicht zu mir rüberkommen wolle, um sich die Sache mal anzuhören und ob er Lust habe, eine Band mit mir zu gründen. Natürlich wollte er, dann begannen wir, über einen Sänger nachzudenken, denn ich wollte das bei POISONBLACK nicht machen und nur Gitarre spielen. Also rief ich J.P. an und schickte ihm ein 2-Song-Demo – kurze Zeit später rief er zurück und bestand darauf, bei dieser Band singen zu müssen. Und so ist POISONBLACK im Grunde genommen entstanden.

Kathy:
Da du so viel schreibst, hast du denn auch Interesse daran, irgendwann einmal ein Buch zu veröffentlichen?

Ville:
Nein, denn diese Dinge sind viel zu persönlich. Weißt du, es ist leichter für mich, mich psychisch zu erleichtern, indem ich etwas niederschreibe, egal welche Gefühle und Emotionen es nun betrifft. Ich weiß nicht, ob „erleichtern“ das richtige Wort dafür ist... . Aber ich würde das nie als Buch oder Ähnliches veröffentlichen, ich fühle mich ja so schon recht verletzlich durch die Lyriks, die ich per „Escapexstacy“ publik gemacht habe.

Kathy:
Als ich den Titel „Escapexstacy“ zum ersten Mal sah – diese Vermischung von Flucht und Ekstase- , dachte ich zuerst an ein Wortspiel bezüglich Drogen, aber deine Intention diesbezüglich war ja eine andere...

Ville:
Ja, in der Tat. Ich weiß nicht, wie ich es umschreiben soll..., aber um auf die Lyriks zu sprechen zu kommen: SENTENCED konzentriert sich mehr auf das reale Leben, für POISONBLACK schreibe ich meine Fantasien nieder, die Sehnsüchte, Abhängigkeiten – Sex, Feuer, Tod, Frauen – betreffen. Hey, irgendeine heilige Macht hat euch Frauen zur Erde gesandt, damit wir Männer euch anbeten und fürchten (lacht)...und jetzt rede ich zu viel, denn ich hab’ jetzt total deine Frage vergessen, sorry.

Kathy:
...die Bedeutung des Wortes „Escapexstacy“?

Ville:
Ah ja, genau. Das Wort „Tod“ ist in fast jedem Song des Albums enthalten, aber für mich symbolisiert das Wort „Tod“ diesen Flucht-Part. Und Ekstase... (Pause) ..., nun, ich bin ein Sexaholic, aber wer von uns ist das nicht. Es ist nichts Negatives in diesem Titel „Escapexstacy“, er bedeutet nicht die Flucht von der Ekstase, sondern vielmehr die Flucht in sie. Weder soll er total ernstgenommen noch nur als ein Witz betrachtet werden. Der Titel verdeutlicht nur, wie ich persönlich gewisse Dinge sehe.

Kathy:
Glaubst du von dir, dass du eine relativ abhängige Person bist?

Ville:
Ja, und manchmal kann ich es auch gar nicht richtig definieren, von was genau ich nun abhängig bin. Aber ich spreche hier nicht von Drogen. Ich denke, jedes menschliche Wesen sehnt sich nach irgendetwas, ohne dabei immer genau zu wissen, was. Und für mich war die Tatsache, dieses Album zu kreieren und die Wörter Liebe, Sex und was auch immer zu verwenden eine gute Möglichkeit, zu zeigen, was ich fühle. Ich spreche aber auch nicht immer von „Liebe“, obwohl ich dieses Wort benutze, das ist etwas schwierig zu erklären. Bist du denn von irgendetwas abhängig?

Kathy:
Hm, Zigaretten wahrscheinlich (tolle Antwort, was? :-) – d. Verf.).

Ville:
Siehst du.

Kathy:
Wir sprachen bereits davon, dass du bei POISONBLACK hauptsächlich für die Gitarren verantwortlich bist – nur hier und da hört man dich mal Backing Vocals singen. Resultierte diese Entscheidung auch daraus, dass du einfach keine Lust hast, wie bei SENTENCED als Sänger und Fronter im Mittelpunkt zu stehen?

Ville:
Das ist zwar nicht der Grund, weshalb ich POISONBLACK ins Leben gerufen habe, aber ich fühle mich wohl mit der Tatsache, dass ich hier nicht so sehr im Rampenlicht stehe – ich kann im Hintergrund agieren, Gitarre spielen und just die Musik genießen. Aber eigentlich müsstest du mich das in sechs Monaten noch mal fragen, wenn wir das Touren abgeschlossen haben, dann kann ich dir ja erzählen, ob es Spaß gemacht hat oder nicht.

Kathy:
Falls es ein weiteres POISONBLACK-Album geben sollte, würdest du dich darauf gesanglich verstärkt betätigen wollen?

Ville:
Es wird ein weiteres geben, da wir bereits sechs neue Songs geschrieben haben, aber ich werde J.P. weiterhin alle Vocals einsingen lassen und selbst nur ein paar Backing Vocals übernehmen.

Kathy:
Auf eurer offiziellen Homepage http://www.poisonblack.com hast du ein Statement abgegeben, und zwar, dass POISONBLACK für dich nicht nur ein Projekt ist, sondern eine Sache, in der dein ganzes Herz und deine ganze Seele stecken. Ist die neue Band dein persönlicher Ausgleich zu SENTENCED, in der du Dinge verwirklichen kannst, die dir in deiner „Hauptband“ verwehrt bleiben?

Ville:
Ich habe diese Musik nun schon so lange Zeit in meinem Kopf – gäbe es POISONBLACK nicht, gäbe es definitiv etwas anderes; wenn ich mir das Album anhöre, fühle ich mich irgendwie erleichtert. Den Grund nennen, warum die Band im Endeffekt gegründet wurde, kann ich wirklich nicht. Es ist wohl einfach meine Ambition, Musik zu machen.

Kathy:
Aber es bedeutet nicht, dass es jetzt mit SENTENCED zu Ende geht, oder?

Ville:
Nein, nein, nein. Sami Lopakka, unser SENTENCED-Gitarrist, ist vor einem Monat Vater eines Sohnes geworden und möchte nun etwas Zeit mit seiner Familie verbringen – das verstehe ich auch, denn ich bin ja selber auch Vater, wir wollen ihm da einfach Zeit geben. Als nächstes werden wir auf dem Wacken Open Air spielen, danach werden wir mit dem Proben neuer Songs beginnen und eine neue SENTENCED-CD im Frühjahr 2004 veröffentlichen. SENTENCED ist also nicht tot, obwohl das einige Leute wohl gerne hätten, aber: No way! (lacht)

Kathy:
Habt ihr für die POISONBLACK-Tour denn schon konkrete Daten?

Ville:
Noch weiß ich von keinen genauen Daten, aber die bisherige Resonanz auf das Album war so gut, dass wir wohl eine ganze Europatour machen werden und zusätzlich noch eine US-Tour. Sobald ich etwas weiß, werde ich die Konzertdaten natürlich auf der Website veröffentlichen.

Kathy:
Gibt’s auch Auftritte bei Festivals, z.B. dem Summer Breeze?

Ville:
Es gibt bereits Diskussionen und ich könnte schon die Namen der betreffenden Festivals nennen, aber da bisher noch nichts bestätigt wurde, werde ich nun nichts sagen, was ich später eventuell wieder zurücknehmen muss. Aber ihr werdet es noch früh genug erfahren.

Kathy:
Ville, die nächste Frage wollte ich schon immer mal einem Skandinavier stellen, und da du aus Finnland kommst, bist du nun sozusagen mein „Opfer“: Wie kommt es, dass ihr Nordlichter saufen könnt wie die Löcher? Liegt das an den Genen oder was meinst du?

Ville:
Das ist eine gute Frage, hm, ich habe keine Antwort darauf. Vielleicht liegt es an der vielen Übung. Ich bin kein Trinker, ich trinke nicht jeden Tag, sondern wie normale Leute einmal die Woche, jetzt sogar vielleicht nur einmal im Monat, denn es bringt mir nichts mehr. Ich hatte mein Pensum an Alkohol in meinem Leben und möchte ihn wirklich nicht in meinem täglichen Leben haben... .

Kathy:
Eine politische Frage zum Schluss: Was hälst du von der momentanen angespannten Situation zwischen den USA und dem Irak?

Ville:
Ich bin keine wirklich politisch interessierte Person, ich folge den ganzen Themen auch nicht besonders, aber ich bin nicht mit der Politik der Amerikaner einverstanden, speziell nicht mit der ihres Präsidenten. Das klingt jetzt vielleicht naiv, aber es sollte einen anderen Weg geben, um diese Dinge zu regeln, als rauszugehen und Menschen zu töten.

Kathy:
Die letzten Worte gehören dir.

Ville:
Leute, ignoriert einfach die Tatsache, dass der SENTENCED-Sänger in der Band ist – hört euch die Musik als POSIONBLACK an. Love it or hate it!

Redakteur:
Kathy Schütte

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