POWERWOLF: Interview mit Matthew Greywolf

27.08.2016 | 10:46

Die Wölfe sind wieder los. Mit "The Metal Mass - Live" gibt es die POWERWOLF-Vollbedienung. Drei volle Shows, unzählige Hits, eine hochwertige Aufmachung und der Blick hinter die Kulissen, was will das Fan-Herz eigentlich mehr? Wir befragten den stets sehr sympathischen Grauwolf-Matthew zur aktuellen Veröffentlichung und fühlten ihm ein wenig auf den Wolfszahn. Aber lest selbst.

Tja, Matthew, alle Jahre wieder darf ich mit euch ein Interview führen. Hierfür vielen Dank. Ich hoffe, es geht euch soweit gut?

Ja bestens, wir sind zu Zeit etwas müde, da wir bis vor kurzem noch im Promostress waren.

Was ist denn eigentlich seit der "Blessed & Possessed"-Scheibe im POWERWOLF-Lager so passiert?

Das ist eine sehr gute Frage. Wir haben unfassbar viele Live-Shows gespielt. Das ist unsere absolute Lieblingsbeschäftigung, was man auch hoffentlich auf der DVD merkt. Im Wesentlichen waren darunter sehr viele Festivalshows, dann kam die Wolfsnächte-Tour, die wieder sehr erfolgreich war. Und aktuell sind wir immer noch im Live-Tour-Modus, die Festivalsaison hat vor nicht allzu langer Zeit angefangen und danach stehen zwei weitere Tourneen an.

Passend dazu erschien letzten Monat "The Metal Mass - Live". Und ganz im "value for money"-Sinne gibt es auf diesem Output drei komplette Shows. Welche persönlichen Erinnerungen hast du an diese Auftritte, wie beispielsweise vom Masters Of Rock oder eurem Summer Breeze-Gig? Kamen irgendwelche Flashbacks auf, als du dir die Auftritte auf DVD angesehen hast?

Ja natürlich. Eine Live-Show ist normalerweise so intensiv, dass du nicht wirklich realisierst, was da genau passiert. Du bist ja mitten im Geschehen, reibst dir hinterher vielleicht noch die Augen und weißt, dass das ein beeindruckender Abend war. Aber wenn du das Ganze zu Hause auf DVD siehst, rekapitulierst du die Situation. Der Auftritt beim Masters Of Rock beispielsweise war eine absolute Ehre für uns.

Mit einer wunderbaren Atmosphäre und einer wahnsinnig tollen Location, wie ich finde.

Absolut. Wir haben, glaube ich, 2011 zum ersten Mal dort gespielt und waren im frühen Nachmittagsprogramm. Jahre später dann der Headliner-Auftritt ist unglaublich. Und natürlich hast du, wenn du die Show das erste Mal dann auf DVD siehst, eine meterdicke Gänsehaut. Selbiges gilt für das Summer Breeze, zumal dieses Festival auch mit der Geschichte von POWERWOLF eng verbunden ist. Dort haben wir 2005 unsere allererste Show gespielt und seitdem gab es immer eine Verbundenheit mit dem Festival. Summer Breeze hat sich stets so angefühlt, als wenn man nach Hause kommen würde. So war unser 20:15 Uhr-Auftritt auch ziemlich speziell und wir sind sehr froh, diesen auch auf der DVD drauf zu haben.

Und welchen spezielleren Grund hatte es, zusätzlich noch den Oberhausen-Auftritt der vergangenen Wolfsnächte-Tour mit in das Package zu packen?

Summer Breeze und Masters Of Rock haben wir eigens für diese Veröffentlichung mitgeschnitten. Als die Wolfsnächte-Tour dann anfing und wir die ersten Gigs absolviert hatten, kam uns der Gedanke auf, dass die Tour doch so gut laufe und wir die tolle Atmosphäre, die sich Abend für Abend neu aufbaute, mit dokumentieren müssten. Zumal eine Hallenshow auch immer eine andere Art von Dynamik hat als ein Festival-Auftritt. Glücklicherweise war Ville Lipiäinen und sein Team mit auf dieser Tour, um die Doku zu drehen. Und die Idee, noch eine zusätzliche Show aufzunehmen, kam dann recht spontan im Tourbus. Wir hatten auch nicht den Anspruch, riesige Kranfahrten oder sündhaft teure Technik aufzufahren, sondern wollten es ein wenig bootlegmäßig und näher am Publikum halten. Die Kamera durfte wackeln, das Publikum ausrasten, wir wollten es so authentisch wie möglich halten. Rein von der Atmosphäre bin ich sehr froh, dass wir diese Show auch mit im Paket haben, da sie doch eine andere Stimmung rüberbringt als die Festivalshows und für uns persönlich eine tolle Erinnerung an diese unglaubliche Tour darstellt.

Zumal euch die Hallenshow noch ein wenig näherbringt.

Genau das ist der Ansatz. Keine riesige Produktion, recht nah am Publikum und einfach diese "so ist es eben"-Devise. Es ist einfach weniger Abstand als bei einem großen Festival: zwar kleiner, aber dafür auch intimer und eben näher am Publikum.

Was euch aber auch etwas näher bringt, sind die mitgefilmten Dokumentationen, die einen tollen DVD-Bonus darstellen. Wie empfindest du persönlich als Fan diesen Blick hinter die Kulissen? Eher nettes Beiwerk oder doch vollwertiger Bonus?

Für mich steckt da deutlich mehr dahinter. Es zeigt uns von einer komplett anderen Seite, während du auf der Bühne als Musiker natürlich nur einen kleinen Teil von dir repräsentierst. Über die Ursprünge der Musiker und Show erfährst du durch die Auftritte eher wenig, aber dafür sind solche Blicke hinter die Kulissen gedacht. Auch wenn es für mich sehr schwer zu beurteilen ist, empfinde ich sowas sowohl für Fans als auch für Menschen, die (noch) keine Fans sind, als sehr interessant. Ob das nun spannend ist oder nicht, kann dir wohl nur ein objektiver Zuschauer beantworten, aber uns war es wichtig, auch diese private Seite von uns zu zeigen. Sie hat ja den Untertitel "Of Wolves And Men" und der ist durchaus programmatisch und soll auch die Menschen hinter den Wölfen zeigen. Die Band ist ein großer Teil unserer Leben geworden und da steckt sehr viel Arbeit hinter. Und dies war eine gute Gelegenheit, auch mal mehr als die Musik oder die Show an sich zu zeigen.

Es gab dazu ja auch Kinopremieren und da gab es auch nicht grundlos das Konzept, dass zunächst die Doku und anschließend erst die Shows gezeigt werden. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Show noch einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, da ich in der Doku Dinge über die Menschen auf der Bühne erfahre, die man auf den ersten Blick wohl nicht erkennt. Es ist weitaus mehr als ein Bonus, in meinen Augen gibt die Doku der gesamten Veröffentlichung eine Art Rahmen.

Welche Intention steckte denn dahinter, diesen Release mit einer Kinopremiere zu verknüpfen?

Wir wurden gefragt, haha. Da steckte auch kein genauer Plan hinter, wir wurden schlichtweg gefragt, ob das für uns eine denkbare Option wäre, ob wir das gut finden würden. Und ganz egoistisch gesagt, empfanden wir die Tatsache, das Ganze auch im Kinoformat zu sehen, natürlich als geeignet.

Das stimmt natürlich. Im Dezember des vergangenen Jahres habt ihr auch zu den POWERWOLF-Fanaktionen aufgerufen. Wie erfolgreich war diese Aktion und inwiefern konnte diese auch im Endresultat berücksichtigt werden?

Du meinst die Fan-Art-Geschichte? Das war sehr sehr cool, Teile davon sind auch im Booklet zu sehen. Das ging aber auch über die DVD hinaus, dass wir einfach mal gewisse Eindrücke sammeln wollten. Das zeigt aber auch diese Leidenschaft der Fans. Das ist schon ein wunderbarer Augenblick, wenn du siehst, dass beispielsweise jemand mit Bleistift etwas von uns gemalt hat. Das zeigt diese Leidenschaft, die dahintersteckt und was die Metal-Szene eben ausmacht. Ich habe damals mit 13, 14 Jahren auch die Logos meiner Lieblingsbands riesengroß auf Plakate gemalt und das jetzt über uns zu sehen, ist einfach tief beeindruckend.

Wirkt das Ganze für jemanden, der diese Band ins Leben gerufen hat, nicht surreal?

Ja. Da muss man sich schon die Augen reiben. Andererseits leben wir diese Leidenschaft, die von Fans dann kommt, auch jeden Tag und sind daher recht nah dran. Diese Momente, in denen jemand ein POWERWOLF-Logo tätowiert oder mit viel Liebe zum Detail irgendwo hinzeichnet, machen uns klar, wie dankbar wir sein sollten. Und es ist auch schön, diese Menschen zu inspirieren, so etwas zu machen. Das ist ein Privileg, das dir als Musiker weitaus mehr gibt als ein Chart-Erfolg oder ähnliches.

Wo wir gerade bei Zeichnungen sind: Das "The Metal Mass - Live"-Artwork ist auch diesmal wieder sehr gelungen.

Ja, die letzten Artworks habe ich ja selbst entworfen. Diesmal war es Giulia, der auch schon für viele andere Bands aktiv war. Dieses Motiv war auch ursprünglich nicht als Cover gedacht, aber das hat uns so gut gefallen, dass es auch das Tour-Motiv für die Wolfsnächte-Tour wurde. Am Ende der Tour, als sich die Ideen und Pläne zur DVD konkretisierten, empfanden wir die Idee, das Shirt-Motiv als Artwork zu nutzen, als ziemlich gut. Gesagt, getan. Ich finde es unglaublich gelungen und toll, das passt wunderbar zur Tour und Band. In diesem Sinne doch eine kleine Neuerung bei uns, dass diesmal ein anderer Künstler das Artwork entworfen hat.

War der zweite Teil der Wolfsnächte-Tour denn ähnlich wie die vorangegangenen Versionen?

Nein, keine Tour sollte so sein wie die vorangegangenen. Du solltest bei jeder Tour dankbar dafür sein, dass du auf der Bühne stehen darfst. Die "Business as usual"-Philosophie wäre ziemlich traurig und vermessen. Im Grunde genommen gehst du mit der Einstellung, in ein großes Abenteuer zu fahren, auf Tour. Du gibst jeden Abend dein Bestes und freust dich im Endeffekt wie ein kleines Kind, wenn die Tour dann gut läuft, aber sowas darf man nie für selbstverständlich nehmen. Die Tour war, bis auf wenige Ausnahmen, restlos ausverkauft, war von den Zuschauerzahlen also unsere erfolgreichste und generell großartig. Jedoch wird unsere nächste Tour wieder eine gänzlich neue Herausforderung sein, du darfst nie von der einen auf die andere Tour schließen und diese "wird schon alles irgendwie"-Mentalität an den Tag legen. Von Tour zu Tour wollen wir uns natürlich weiterentwickeln, jede ist anders und stets eine ganz neue Herausforderung.

Im Januar könnt ihr das erneut unter Beweis stellen, wenn ihr mit EPICA auf Tour seid. Welche Parallelen gibt es, deiner Meinung nach, zwischen EPICA und POWERWOLF?

Da muss ich ehrlich sagen, dass ich hierfür EPICA zu wenig kenne. Es ist mal eine andere Herangehensweise und wurden dann mit der Idee konfrontiert und fanden diese recht spannend. Mittlerweile konnten wir die Wolfsnächte-Tour ja festigen und man kann sagen, dass diese Tour eine Art Power-Metal-Package ist. Dafür steht der Name, das kann der Fan auch erwarten und ist ein sehr homogenes Package. Aber wir versuchen auch stets auf's Neue einen Akzent hineinzubringen. Im vergangenen Jahr war das mit XANDRIA der Fall, was auch super funktioniert hat. Und die Idee, mal mit EPICA herumzufahren, ist eine spannende Herausforderung. Das Publikum ist sicherlich nicht 100%ig deckungsgleich und so gesehen wird es für beide Bands herausfordernd, das jeweils andere Publikum von sich zu überzeugen. Ich glaube aber dennoch, dass es gewisse Parallelen hinsichtlich der Atmosphäre im Metal zwischen beiden Bands gibt. Ich selbst bin auch kein Freund von wild zusammengewürfelten Packages, es muss schon irgendwie passen und ich denke, das ist in diesem Fall auch drin.

Eine letzte Frage liegt mir noch am Herzen und betrifft eure Setlisten auf "The Metal Mass - Live". Viele Songs sind deckungsgleich, das ist klar. Ich persönlich finde euer Debütalbum wahnsinnig gut und vermisse auf der jetzigen Veröffentlichung den einen oder anderen "Return In Bloodred"-Song. Aber wie wichtig ist für euch die Ausgewogenheit zwischen alten und neuen Songs?

Das wird mit jedem Album schwerer und haben innerhalb der Band auch viele Diskussionen, was die Setlisten angeht, hehe. Wir alle mögen auch unser Debüt noch sehr gern, aber du hast einfach das Problem bei Festivalshows, dass du nur eine begrenzte Spielzeit hast und dich minutiös an den Ablauf halten musst. Und dann dort alle Favoriten unterzubringen, wird dann eben sehr schwer.

Unser Debüt ist in der Setlist aus dem banalen Grund nicht mehr derart vertreten, dass wir gemerkt haben, dass nur ein kleinerer Teil unseres Publikums mit den Songs vertraut ist. Als Akzent kann man daher schon mal einen Song hineinbringen, aber gleich drei oder vier Songs vom Debüt zu spielen, wäre da nicht so sinnvoll. Songs von "Lupus Dei" bewahren wir uns natürlich und selbst da kam es durchaus vor, dass uns danach die Fans fragten, ob das nicht ein neuer Song war. Es wird also immer schwerer, alle Lieblingssongs hineinzubringen und man muss irgendwann einfach akzeptieren, dass wir nicht jeden Setlist-Wunsch, auch wenn wir das natürlich wollen würden, zu respektieren. Auf der einen Seite ist es natürlich traurig, auf der anderen jedoch ein absolutes Luxusproblem und da komme ich zum positiven Aspekt: Songs vom neuen Album werden genauso gefeiert wie die alten Songs und bei vielen anderen Bands ist dieser Umstand nicht gegeben. Da wollen Fans primär die alten Klassiker hören, doch wir sind in der glücklichen Lage, dass Fans entsprechend unsere neuen Alben kennen und auch live hören möchten. Aber wie es der Zufall so will, saßen wir letztens erst im Tourbus zusammen und hatten die Idee im Kopf, dass wir eigentlich den einen oder anderen Song nochmal auspacken könnten, den wir schon längere Zeit nicht mehr gespielt haben. 'Mr. Sinister' wäre solch ein Kandidat, der es wohl in die Setlisten der nächsten Tourneen schaffen könnte.

Da darf man sich auch drauf freuen. Wann ungefähr werdet ihr mit den Vorbereitungen auf euer nächstes Album beginnen?

Also momentan noch nicht. Wir sind noch auf Tour und keine Band, die nebenbei großartig schon an Songs tüftelt. So wie es im Moment aussieht, werden wir wohl die nächsten zehn bis zwölf Monate damit verbringen, Shows zu spielen und dann machen wir uns wohl Gedanken zum neuen Album. So können wir uns ohne Ablenkung auch sehr fokussiert und intensiv auf die Scheibe konzentrieren. Ich bin eh ein Freund davon, dass man ein Album veröffentlicht, wenn die Zeit dafür reif ist. Und diesmal hat es sich eben ergeben - teilweise auch durchaus bewusst - dass wir deutlich mehr touren als wir es in der Vergangenheit gemacht haben. Ein Album zu schreiben hat viel mit Ruhe und Inspiration zu tun und von daher könnte es diesmal vielleicht etwas länger dauern, da wir in den kommenden Monaten eben noch ausgiebig unterwegs sein werden.

Eine letzte Frage: Deine persönliche Lieblings-Live-DVD?

Puh, eine sehr schwierige Frage, da erwischst du mich gerade aber. Aber wenn ich mich festlegen müsste, würde ich "Behind The Iron Curtain" von IRON MAIDEN sagen. Die habe ich damals noch auf VHS als 11- oder 12-Jähriger gesehen und das hat mich dermaßen umgehauen, dass es bis heute meine absolute Referenz ist, wenn es um Live-Shows geht. Da hat sich mir eine völlig neue Welt erschlossen und das hat aus nostalgischen Gründen eine hohe Bedeutung für mich.

Eine wunderbare Wahl, Matthew. Dir vielen Dank für das Interview und noch eine wunderbare Zeit auf Tour. "The Metal Mass - Live" ist eine wunderbare Veröffentlichung, die ich jedem Fan ans Wolfsherz legen kann. Hast du zum Schluss noch etwas loszuwerden?

Guckt es euch an, habt Spaß und geht weiter auf Konzerte. Konzerte sind in der Metal-Szene die Luft zum Atmen.

Redakteur:
Marcel Rapp

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