RPWL: Interview mit Yogi Lang, Kalle Wallner

22.04.2008 | 11:41

Die im Art Rock und Progressive Rock verwurzelte Band RPWL aus Süddeutschland hat mit "The RPWL Experience" ein entspanntes Album an den Start gebracht, welches mit starken und eingängigen Songs zu überzeugen weiß. Sänger/Keyboarder Yogi Lang und Gitarrist Kalle Wallner stellten sich meinen Fragen.

Stephan:
Da eure neue Scheibe "The RPWL Experience" nun schon seit über einem Monat erhältlich ist, wie war die Resonanz bisher? Gab es grundlegende Unterschiede zwischen den Reaktionen seitens der Presse und von den Fans?

Yogi Lang:
Da bis jetzt noch jedes Album etwas anders als der jeweilige Vorgänger war, war die Überraschung, wenn du so willst, gar nicht so überraschend. Das neue Album ist eben anders, weil der Inhalt ein anderer ist. Wer uns kennt, der weiß, dass Musik und Aussage für uns untrennbar miteinander verknüpft sind. Aber wir freuen uns sehr über die gute Resonanz, die wir bisher bei Presse und Hörern erfahren durften.

Kalle Wallner:
Wir haben auch sehr viel positives Feedback darauf bekommen, dass das neue Album etwas anders klingt, neue Aspekte beinhaltet und man sieht, dass die Band auch nach fünf Studioalben etwas zu sagen hat und auch unverkrampft neue Wege beschreiten kann. Für uns als Musiker ist es ein riesiges Kompliment, wenn man in der künstlerischen Entwicklung nicht stehen bleibt und das von außen anerkannt wird.

Stephan:
Wenn ihr euer neues Album mit fünf Attributen beschreiben solltet, welche wären das?

Kalle:
Ich hab sogar zwölf Attribute: So viele Songs sind nämlich auf dem Album!

Yogi:
Nur auf der Special Edition...

Stephan:
Wie ordnet ihr das aktuelle Album "The RPWL Experience" in musikalischer Hinsicht in das bisherige Bandschaffen ein?

Yogi:
Die Besonderheit jedes Albums war schon immer die Aussage, die dahintersteht, daher ist es von der Struktur her ein RPWL-Album wie jedes andere. Allerdings lebt es mehr als je zuvor von den Individuen der Band. Es ist ein Album, das gerade auch durch die Freude am Musik machen gewachsen ist.

Kalle:
Die härteren bzw. rockigeren Songs unterstreichen das. Dies nur als reine musikalische Komponente abzutun, wäre zu eindimensional. Wenn das Thema eines Songs aggressiv ist, muss die Musik dem zwangsläufig folgen, sonst wäre die Aussage und damit der ganze Song sinnlos.

Stephan:
Wie sieht es mit den Texten aus? Ihr habt einige Texte am Start, die sehr ernste Themen behandeln, beschränkt euch aber nicht ausschließlich auf solche Dinge. Gibt es bei euch eine Art lyrisches Konzept und worauf wollt ihr insbesondere mit euren ernsten Texten aufmerksam machen?

Yogi:
Wir wollen natürlich weder belehren, noch den Zeigefinger erheben. Wir wollen lediglich davon erzählen, wie wir die Dinge sehen. Dadurch, dass unsere Gesellschaft so massiv auf Verdrängung ausgerichtet ist, ergeben sich sehr viele widersprüchliche, ja fast schon groteske Situationen. Die Kunst hat denke ich Recht und Pflicht den Menschen den Spiegel vorzuhalten.

Kalle:
Wir waren wohl noch nie so sehr im Einklang von Musik und Texten wie bei diesem Album. Ich hoffe sehr, dass sich die Leute auch für die Lyrics Zeit nehmen und dies nicht nur als musikalisches Beiwerk abtun.

Stephan:
Das Besetzungskarussell hat sich bei euch im Laufe der Jahre immer mal wieder gedreht. Seht ihr das als Nachteil aufgrund der fehlenden Kontinuität, oder überwiegen womöglich die Vorteile, weil dadurch häufig frischer Wind in die Band gebracht werden konnte?

Kalle:
Das ist eine hypothetische Frage. Die Kontinuität intern war trotz der Besetzungswechsel immer gegeben. Neue Leute müssen nicht zwangsläufig "erfrischen" und Kontinuität kann zu Langeweile führen. Im umgekehrten Fall genauso. Beides hat Vor- und Nachteile. Wir haben jedenfalls immer versucht, uns von den neuen Musikern inspirieren zu lassen.

Yogi:
Ausgegangen sind wir von einem Projekt, bei dem wir unsere Freude an der Musik wieder finden wollten. Es machte einfach Spaß gemeinsam zu komponieren und zu spielen! Aber dass es so weit gehen würde, hätte damals vor zehn Jahren niemand von uns geglaubt. Und so waren doch alle von dem enormen zeitlichen Aufwand überrascht. So hat sich zum Beispiel unser Bassist Chris damals nach dem zweiten Album zwar von der Live-Band verabschiedet, aber das Songwriter-Trio zwischen Kalle, Chris und mir arbeitet mittlerweile seit zehn Jahren konstant zusammen. Das ist RPWL und das hat sich auch nie geändert.

Stephan:
Nervt es euch eigentlich, wenn ihr eure Musik der Stilbezeichnung "Prog Rock" ausgesetzt seht? Wenn man sich den Songtitel 'This Is Not A Prog Song' und vor allem die Aufmachung eurer Homepage anschaut, könnte man durchaus auf diesen Trichter kommen...

Yogi:
Der Text ist natürlich sehr ironisch gemeint! Es würde den Hardlinern bestimmter Musikrichtungen ausgesprochen gut zu Gesicht stehen, mal ab und an über sich selbst zu lachen. Wir tun das sehr gerne.

Kalle:
Seit Jahren versuchen wir herauszufinden, was "Prog Rock" nun wirklich bedeutet. Wir wissen, dass das ein Begriff für eine Musiksparte ist, deren Beginn wohl irgendwo in den 70er Jahren liegt. Allerdings breit gestreut, denn zwischen DREAM THEATER, PINK FLOYD, TOOL und KING CRIMSON ist wohl alles möglich... Für mich liegt die Gemeinsamkeit darin, dass es sich um Leute handelt, die gerne der Musik wirklich zuhören. Nicht nebenbei beim Lesen, beim Kochen oder bei der Steuererklärung, sondern ausschließlich die Musik als Kunstform auf sich wirken lassen wollen. Und deswegen eben auch von der Musik mehr fordern, mehr Tiefgang und Einfallsreichtum als bei der - ich nenne es mal - "Fastfood"-Musik. Womit ich dagegen nicht klar komme, ist Intoleranz und Respektlosigkeit, z.B. gegenüber einer Band oder am liebsten einer kompletten Musiksparte. All diesen Leuten und Kritikern, die Musik pauschal "niederschreiben" oder schlecht reden, ohne sich richtig damit befassen, ist dieser Song gewidmet.

Stephan:
Und wie sieht es mit den häufigen PINK FLOYD-Vergleichen aus? Immerhin habt ihr als PINK FLOYD-Coverband angefangen und ihr werdet sicherlich nicht bestreiten, dass ihr musikalisch auch aktuell noch ein paar Parallelen zu einigen Werken der Briten aufweist. Ist das okay für euch (bzw. vielleicht sogar ein Kompliment) oder überwiegt der Ärger, immer wieder in die Nähe dieser Band gerückt zu werden?

Kalle:
Es ist uns egal. Wir waren nie eine PF-Coverband, die versucht hat 1:1 Songs nachzuspielen. Wir haben immer unsere eigenen Versionen der Songs interpretiert. Lediglich die Emotionalität und die Atmosphäre erinnert an PF. Und das sehen wir als Kompliment.

Yogi:
Damals ging es darum, möglichst ohne zeitlichen Aufwand gemeinsam zu musizieren. Wir haben da zwei Stunden Konzerte über sagen wir mal vier Themen improvisiert. Es ist eher unwahrscheinlich, dass das jemand als PINK FLOYD identifiziert hat, aber andererseits war es frisch und extrem emotional. Und was das Wichtigste war: Es hat uns wieder dem näher gebracht, weswegen wir allesamt einmal in jungen Jahren angefangen hatten Musik zu machen.

Stephan:
Vor ein paar Jahren gab es eine Kollaboration mit Ray Wilson, der als Gastsänger auf eurem Album "World Through My Eyes" zu hören ist und auch live einige Gastauftritte hatte. Wie kam es dazu, wie ist das Ganze von statten gegangen und welche Erfahrungen konntet ihr bei der gemeinsamen Arbeit mit ihm sammeln?

Kalle:
Es war tatsächlich eine Ehre für uns mit Ray zu arbeiten. Aber nicht weil er bei GENESIS war, sondern weil er einfach eine gnadenlos gute Stimme hat, die perfekt zu 'Roses' [diesen Song hat Ray auf dem o.g. Album gesungen - d. Verf.] gepasst hat. Wir waren damals beim selben Label und haben uns mit ihm während eines seiner Konzerte in Deutschland getroffen. Er fand den Song super und war sofort bereit, ihn zu singen. Er hat ihn ja auch später oft in seinen Solo-Shows performt und tut das auch noch nach wie vor. Es war eine tolle Zeit bei den Shows - vor allem bei der Rockpalast-TV-Aufzeichnung.

Yogi:
Ray ist definitiv der beste Sänger, mit dem ich je gearbeitet hab.

Stephan:
Was hat es eigentlich mit der limitierten Scheibe "9" auf sich? Sind da sonst unveröffentlichte Stücke drauf und was war die Idee dahinter, die Stückzahl des Albums so stark zu beschränken (auf 999 Kopien)?

Kalle:
Einerseits hatten wir noch Live-Material, das wir nach der "Start The Fire"-Platte live aufgenommen hatten, andererseits wollten wir unseren Fans einmal stärker die individuellen Einflüsse jedes einzelnen Musikers von RPWL aufzeigen, nachdem ich ja bereits letzten Januar mein Solo-Projekt BLIND EGO veröffentlicht hatte. Deshalb hatte jeder von uns einen "Solo-Song" beigesteuert, den wir zwar mit RPWL performt haben, aber ohne die sonst übliche Interaktion beim Arrangieren. Die Songs sollten im Großen und Ganzen so bleiben wie sie waren. Als reguläres Album erschien es uns jedoch zu speziell, deshalb haben wir die Stückzahl auf 999 Stück begrenzt und ausschließlich über unseren eigenen Online-Shop verkauft.

Stephan:
RPWL existieren seit über zehn Jahren. Ohne das jetzt speziell auf eure Anfänge als PINK FLOYD-Coverband beziehen zu wollen, wie siehst du die musikalische Entwicklung der Band? Wie beurteilst du eure ersten eigenen musikalischen Gehversuche?

Kalle:
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es eine stetige Entwicklung gab und immer noch gibt. Ich denke, wir haben mittlerweile unseren Stil gefunden und doch ist jedes Album etwas anders und bringt die eine oder andere Überraschung. Ich mag unsere alten Songs immer noch sehr gerne! Und für unsere musikalische Entwicklung als Band nicht weg zu denken...

Stephan:
Wie kam es dazu, dass ihr aus der Coverband eine "richtige" Band gemacht habt?

Yogi:
Bei der Entscheidung ging es ja mehr oder weniger um den zeitlichen Aufwand. Das war vor allem für uns, die wir ja mit Musik unser Geld verdienten, eine nicht ganz so leichte. Wenn du das mal so in deiner Freizeit machst, dann gehst du halt entweder Kegeln oder sammelst Schmetterlinge oder machst eben Musik. Das sagt natürlich nichts über Qualität oder sonst was aus, das heißt nur, dass es enorm leicht ist, solche Dinge zu planen, wenn du finanziell unabhängig bist. Wir haben dafür einiges aufgegeben, aber "who the fuck needs money". Was wir im Gegenzug von unseren Fans zurückbekommen, ist unbezahlbar.

Kalle:
Wie ich oben schon sagte, wir waren nie eine "richtige Coverband". Wir waren anfangs vier Musiker, die einfach zum Spaß Musik gemacht haben, als Ausgleich zu Produktionen, anderen Bands, anderen Projekten etc. Dass wir nach kurzer Zeit angefangen haben, eigene Songs zu schreiben und zu performen, war bei dem enormen kreativen und musikalischen Potenzial der Einzelnen ja nur eine Frage der Zeit. Es war weder geplant, ein Album zu machen, noch sieben Alben zu machen. Aber als ich die VIOLET DISTRICT-Platte bei Dirk Jacob von Tempus Fugit (jetzt Inside Out) wieder veröffentlichte, haben wir auch über RPWL gesprochen. Und so kam alles ins Rollen.

Stephan:
Wenn ihr heute zurückblickt, was hättet ihr im Nachhinein lieber anders gemacht?

Kalle:
Nichts. Ich bin Künstler und als solcher betrachte ich meine komplette Vergangenheit als den Grund dafür, dass ich als Mensch heute derjenige bin, der ich bin. Ich spekuliere nicht über meine Vergangenheit und Entscheidungen, die ich einmal getroffen habe. Das ist Zeitverschwendung.

Yogi:
Da gab es ein Mädchen damals in der Schule, ich glaub es war in der 11. Klasse, die ich nie angesprochen hatte. Schrecklich....

Stephan:
Und worauf seid ihr rückblickend betrachtet besonders stolz? Was sind für euch persönlich die größten Erfolge bzw. Errungenschaften mit RPWL?

Kalle:
Dass man so viele Kilometer fährt oder fliegt und überall gibt es Leute auf unseren Konzerten, die unsere Texte mitsingen können. Egal ob in Mexiko, Polen, Spanien, England, USA oder Deutschland. Und dass wir so viele Menschen mit unserer Musik und unseren Texten emotional berühren können.

Yogi:
Dadurch, dass wir sehr viele Freunde auf der ganzen Welt haben, rückt der Globus näher zusammen. Das würde ich mir für alle Menschen wünschen!

Stephan:
Der Bandname RPWL besteht ja aus den Anfangsbuchstaben der Nachnamen von den Bandmitgliedern zur Gründungszeit. Da das ja auf die jetzige Besetzung bezogen nicht mehr 100%ig passt, welche alternative Bedeutung dieser Abkürzung würde dir einfallen, die man oberschlauen Journalisten entgegensetzen könnte?

Kalle:
Da sollen die "oberschlauen Journalisten" mal selbst kreativ werden und sich selber was einfallen lassen! ;)

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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