SMOLSKI, VICTOR: Interview mit Smolski, Victor

01.01.1970 | 01:00

Victor Smolski, der Gitarrist von Rage, präsentierte in der Rockfabrik in Bochum seine neuste CD, ein Konzeptalbum über die Inquisition und stand mir zuvor Rede und Antwort.

Christian:
Wie kamst du auf die Idee für das Konzept des Albums ?

Victor:
Ich habe damit genaugenommen schon vor drei Jahren angefangen. Begonnen habe ich mit dem Schreiben einer klassischen Sinfonie mit Sologitarre. Es sollte also tendenziell auf jeden Fall in Richtung Klassik gehen, also nicht in Richtung Malmsteen oder so. Als die Musik dann fertig war, bin ich auf die Idee gekommen, diese speziellen Texte einzubringen. Es sollte nicht gesungen, sondern erzählt werden. Vor einem Jahr kam dann Rage dazu und die Tatsache, daß drei Leute von drei Kontinenten dabei sind, war so interessant, daß die Idee aufkam, die Texte in drei Sprachen, also russisch, deutsch und englisch, rüberzubringen. Und diese Idee mit den Ketzern und der Inquisition interessiert mich schon seit längerem. Ich wollte die Texte allerdings nicht selber schreiben und ich wollte auch nicht die Meinung von irgendwelchen Leuten über diese Zeit haben, sondern wollte das ganze historisch aufgearbeitet haben. Das ist der Grund, warum ich nur Archiv-Dokumente aus dieser Zeit benutzt habe und nicht selbstgeschriebene.

Christian:
Da du grade Malmsteen erwähnt hast, muss ich doch mal fragen, ob du Fan von ihm bist.

Victor:
Ich finde das, was Malmsteen in den Achtzigern gemacht hat tierisch cool, aber seinen letzten CDs finde ich nicht so toll. Es sind nach meiner Meinung nur noch Kopien.

Christian:
Er hat ja vor ungefähr einem Jahr eine Sinfonie für Orchester und E-Gitarre herausgebracht. Und da wäre doch ein Vergleich zwischen seinem und deinem Album angebracht, oder ?

Victor:
Die Unterschiede sind folgende: Die klassische Musik hat viele verschiedene Richtungen. Klassik ist nicht gleich Klassik. Was er gemacht hat ist eine Kopie von Vivaldi, wo er drüber gespielt hat. Das was ich hingegen schreibe, was in meinen Augen auch klassische Musik ist, ist kein Echo von irgendwelchen Stimmen, sondern meine Stimme.

Christian:
Ok, Themawechsel. Wie würdest du die Entwicklung von Rage analysieren ? Von den Anfängen bis jetzt mit dir und Mike.

Victor:
Das ist schwierig. Analysieren möchte ich nicht. Du solltest vielleicht besser Peavey fragen. Rage hat 16 Jahre Geschichte und Mike und ich, wir sind grade mal ein Jahr dabei. Einige frühere Musiker von Rage kenne ich sehr gut. Mit Efti bin ich zum Beispiel sehr gut befreundet. Wir sind da alle Freunde, aber ich persönlich finde Rage viel besser mit Manni, weil es von der Gitarrenseite her viel besser und vor allem progressiver war. Rage ist wirklich eine sehr interessante Band, einerseits der Metal und andererseits haben wir auch viel mit Orchester zu tun. Das ist genau das, was mich interessiert.

Christian:
Inwiefern denkst du, daß du und Mike die Band verändert haben ?

Victor:
Schwer zu sagen. Das sollen die Fans besser beurteilen. Mike und ich, wir bringen unseren persönlichen Stil natürlich mit, aber der Stil von Rage soll damit nicht verändert werden. Rage bleibt wie es früher war, eher ein bißchen härter.

Christian:
Die Klassik bleibt aber weiterhin ein festes Element bei Rage, oder ?

Victor:
Ich denke schon, daß wir mit der Klassik weitermachen. Vielleicht nicht so viel mit Keyboards wie auf der letzten Platte. "Ghosts" war in dieser Beziehung wirklich eine Keyboards-Platte. Da Rage jedoch eine Metal-Band ist, sollten wir schon beim Metal bleiben ohne die Klassik dabei zu vernachlässigen.

Christian:
Besteht vielleicht auch die Möglichkeit, daß ihr wieder mit einem Orchester auf Tournee geht ?

Victor:
Mit einem Orchester auf Tour zu gehen ist sehr schwierig. Mit "XIII" und dieser ganzen Lingua-Mortis-Geschichte ging es ja schon mit Orchester auf Tournee. Das war jedoch so teuer, daß es praktisch gesehen unbezahlbar ist. Da finde ich es besser, wenn wir eine normale Tour mit der Band machen, so wie letztes Jahr und dafür auf Festivals mit Orchester auftreten. Eine ganze Tour mit Orchester wäre finanziell problematisch.

Christian:
Mich würde einmal interessieren, wie du, der du ja anfangs aus der Klassik kommst, den Metal beurteilst.

Victor:
Ich habe zwar mit Klassik angefangen, aber auch immer Metal gespielt. Für mich persönlich gibt es keinen Unterschied zwischen Metal und Klassik, da ich beim Schreiben von Metal- oder Klassik-Songs die gleichen Gefühle habe. Der einzigste Unterschied dabe sind lediglich die Instrumente. Aber ansonsten wirklich die gleichen Gefühle.

Christian:
Und wie siehst du die Entwicklung des Metals seit den Achtzigern ?

Victor:
Metal ist natürlich nicht mehr so groß wie in den Achtzigern. Vor ein paar Jahren war wirklich ein Bruch. In dieser Zeit hatte man es als Metal-Band sehr schwer. Aber was wir auf der letzten Tour gesehen haben war unglaublich. Anhand der vielen Leute hat man schon gesehen, daß Metal eventuell wieder im Kommen ist. Die Tour war schließlich fast ausverkauft und vor ein paar Tagen sind wir wieder von unserer Russland-Tournee zurückgekommen, wo es komplett ausverkauft war. Es gibt so viele Fans und deshalb denke ich, daß Metal wieder ein bißchen zurückkommt.

Christian:
Wie bist du denn überhaupt zum Metal gekommen ?

Victor:
Mit 8 Jahren ungefähr habe ich angefangen, Metal zu hören weil mein Bruder wirklich viele Metal-Platten gehabt hat. Das hat mich schon immer interessiert. Ich höre aber nicht nur Metal, sondern ich spiele und höre wirklich alle Musikstile, die es gibt. Zwischendurch mache ich auch mal Workshops, wo ich Fusion spiele. Mein Interesse liegt also bei verschiedenen Stilen.

Christian:
Sind nach "The Heretic" weitere Soloprojekte geplant ?

Victor:
Ja. Für die nächste Soloplatte habe ich schon ein paar Songs fertig. Das neue Projekt wird aber nichts mit Klassik zu tun haben, sondern reiner Gitarren-Metal mit vielen Gästen. Ich finde es einfach toll, mit verschiedenen Musikern zu jammen. In Deutschland gibt es einfach zu wenige Sessions dafür. Die Musiker untereinander haben wenig Kontakte. Für die neue Platte habe ich die Möglichkeit viele Gäste einzuladen, nach Möglichkeit sollen es 15 bis 20 Gäste werden, ein richtiges Gitarrenalbum eben.

Christian:
Wo sind deine persönlichen Einflüsse ? Oder hast du Idole ?

Victor:
Klar. Sehr viele sogar. Mein Vater zum Beispiel, ein klassischer Komponist, ist mein ganzes Leben lang ein sehr großer Einfluss. Mit 6 Jahren habe ich angefangen, Musik zu lernen. Mein Vater war dabei mein Lehrer und ich war total fasziniert von dem, was er gemacht hat. In der Gitarrenwelt finde ich eher die Leute interessant, die nicht so bekannt sind. Diese sind zwar nicht so populär wie Steve Vai oder Satriani, aber sie können viel mehr. Nicht jeder Musiker hat gute Manager und dadurch sind eben viele sehr gute Gitarristen nicht sehr bekannt, obwohl sie es verdient hätten.

Christian:
Hast du denn aktuell eine Lieblingsband oder eine Lieblingscd ?

Victor:
Das ist schwer zu sagen, weil ich in letzter Zeit sehr viel höre. Eine CD aber, die mich seit längerer Zeit schon begeistert, und die ich auch als erstes versucht habe nachzuspielen ist "Physical Graffiti" von Led Zeppelin. Das war für mich ein großer Einfluss und in gewisser weise auch ein Lehrer. Bands wie "Dream Theater" oder "Spocks Beard" finde ich aber auch geil, es gibt einfach soviele geniale Bands.

Christian:
Wie siehst du dann den Instrumentenstandard, der jetzt im Metal erreicht ist, grade durch Bands wie Dream Theater ?

Victor:
Sehr positiv auf jeden Fall. Das ganze kam auch durch die vielen Progressive-Bands, die in den Neunzigern aufkamen. Musikalisch hat sich das echt tierisch hoch entwickelt, das Level ist unglaublich hoch. Nur: mir gefällt dann nicht so sehr, daß viele Bands, gerade die progressiven, die Gefühle vergessen und zuviel Technik einzusetzen. Gefrickel auf Kosten der Gefühle also.

Christian:
Planst du eigentlich eine Tournee mit "The Heretic" ?

Victor:
Da ist noch nichts geplant. Es ist gut möglich, im Sommer auf ein paar Festivals mit Orchester zu spielen.

Christian:
Bestehen Kontakte mit irgendwelchen Festivalveranstaltern ?

Victor:
Noch nicht fest, ist also noch nicht bestätigt und da möchte ich auch noch nichts darüber sagen.

Christian:
Was macht jemand wie du eigentlich, wenn er nicht gerade Musik hört oder spielt ?

Victor:
Ich höre und spiele den ganzen Tag Musik. Damit verbringe ich wirklich meine ganze Zeit. Ich bin viel auf Tourneen unterwegs und dadurch bleibt einfach keine Zeit mehr übrig. Neben Rage habe ich diese Soloplatte, dann kommt noch eine Soloplatte, mit der ich im Studio schon angefangen habe. Außerdem produziere ich auch nebenbei. Ein volles Programm also. Aber wenn noch Zeit übrig bleibt gehe ich meinem Hobby nach. Ich fahre gerne Rennen. Aber ansonsten gibts nicht mehr viel Zeit.

Christian:
Rein interessehalber: Was hast du denn für Autos ?

Victor:
Ich habe eine offene Klasse, einen BMW-Alpina und einen Rally-Wagen, einen Calibra. Damit fahre ich für den ADAC.

Christian:
OK, danke für das Interview. Möchtest du unseren Lesern abschliessend noch was sagen ?

Victor:
Klar. Ich hoffe euch gefällt meine neue CD.

Redakteur:
Christian Debes

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