SOUL DOCTOR: Interview mit Chris Lyne

01.01.1970 | 01:00

Mit „Soul Doctor“ veröffentlichte im letzten Jahr die gleichnamige Berliner Formation ihr viel beachtetes Debütalbum. Neben zahlreichen Support-Touren unter anderem mit KINGDOM COME, DIO, ALICE COOPER und AXEL RUDI PELL in Europa absolvierten die vier Jungs von der Spree zudem einen Gig im Land der aufgehenden Sonne um den erwähnten Erstling zu promoten. Vor kurzem erschien nun die zweite Langrille des Doktoren-Quartetts aus unserer Bundeshauptstadt - „Systems Go Wild“ nennt sich diese und überzeugt mit eingängigem, erdigen Hardrock, der bisher bei allen Seiten gut anzukommen scheint, wie uns Klampfer Chris Lyne bestätigen kann.

Chris: Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die Reaktionen mehr als positiv sind.

Oliver: Auf „Systems Go Wild“ befindet sich eine Version des Song „Living The Life“ vom Soundtrack zum Film „Rockstar“. Mit Eurer Version des Stücks sind ja nicht unbedingt „alle“ zufrieden. Wie seht Ihr das?

Chris: Also wir und Steve sind mit unserer Version sehr zufrieden, wie schon gesagt die Reaktionen die wir bisher hatten waren eigentlich alle positiv, gerade was „Living The Life“ betrifft. Wer sind denn eigentlich „alle“? (Nun, im einen oder anderen Review kam der Song nicht allzu gut weg … Anm. d. Verf.)

Oliver: Kurz nachdem mein Review zu Eurer Scheibe online ging, bekam ich auch schon die Reaktionen eines beinharten SOUL DOCTOR Fans um die Ohren gehauen. „Wenn ich von der Musik keine Ahnung hätte, sollte ich solche Scheiben doch besser an Kollegen weitergeben … in Deutschland hätte man nur eine Chance wenn man BON JOVI oder AEROSMITH wäre und und und …“. Dabei kommt Ihr in meinem Review gar nicht so schlecht weg bzw. ich komme recht gut mit „Systems Go Wild“ klar. Zum einen, wie seid Ihr mit dem Review zufrieden und zweitens habt Ihr viele solcher Die-Hard SOUL DOCTOR Fans?

Chris: Was die Fans betrifft freut es mich natürlich das es beinharte SOUL DOCTOR Fans gibt, denn mit dem BON JOVI oder AEROSMITH haben sie ja nicht ganz unrecht. Es ist sehr schwer für eine deutsche Hardrockband die nicht deutsch klingt im eigenen Land akzeptiert zu werden. Dein Review ist etwas merkwürdig, denn Du widersprichst Dich. Am Anfang brauchen wir absolut keine Konkurrenz zu scheuen und am Ende haben Schweizer noch heißere Eisen im Feuer. (Das eine hat meines Erachtens mit dem anderen nix zu tun; sicher braucht Ihr keine Konkurrenz zu scheuen, aber das bedeutet letzten Endes nun mal nicht, dass Ihr im Vergleich zu anderen Combos nicht den kürzeren ziehen könntet; hängt letzten Endes vom Hörer ab, wie er die Geschichte bewertet … Anm. d. Verf.)

Oliver: Wo wir schon dabei sind … wie gehst Du mit Kritik um? Wann ist für Dich der Bogen kritikmäßig überspannt?

Chris: Im Prinzip habe ich mit Kritik überhaupt kein Problem, wenn sie objektiv ist. Wenn man mich, die Band oder meine Familie beleidigt ist der Bogen überspannt.

Oliver: Das Cover Eurer neuen Scheibe ist ja ziemlich schlicht gehalten … in black / white. Kann man diese zwei gegensätzlichen Farben den zwei Zuständen 1 und 0 in der Computertechnik („Systems“) zuordnen oder interpretiere ich da etwas zu viel hinein?

Chris: Das hat nichts mit Computertechnik zu tun, da stehen die vier Musiker deren Schatten das T aus dem SOUL DOCTOR Schriftzug ist. Wenn man mal genauer hinschaut dann sieht man dass es überhaupt nicht schlicht ist da es alles wirklich fotografiert wurde, was ziemlich aufwendig war (Sollte auch keine Abwertung sein, aber wenn man als Vorlage nur ein Exemplar knapp über Briefmarkengröße vor sich hat, fällt es nicht gerade leicht Details zu deuten … Anm. d. Verf.).

Oliver: Thema „Keys“. So wie ich das sehe ist Sinisha kein festes Mitglied bei SOUL DOCTOR (steht im Info so ganz abseits der restlichen Bandnamen) … warum nicht?

Chris: Sinisha ist ein sehr guter Freund der Band, der aber nicht von Anfang an dabei war und genau aus diesem Grunde noch kein festes Bandmitglied ist. Aber was nicht ist kann ja immer noch werden.

Oliver: Im Info ist der Satz zu finden „… absolvieren quasi die zweite Etappe ihrer ‚Mission Rock’n’Roll‘…“. Wie sieht diese Mission aus? Wen wollt Ihr missionieren?

Chris: Ich denke das bei den heutigen Kids ein Mangel an Bands herrscht die solche Musik machen wie wir, man versucht Sie für unsere Art Musik zu begeistern.

Oliver: Vielleicht ist diese Frage etwas verfrüht, trotzdem frage ich. Man sagt ja immer die dritte Scheibe einer Band wäre immer die Wegweisende bzw. die Wichtigste. Nun wird Eure nächste Scheibe Nr. 3 sein. Wie seht Ihr das auf Euch zukommen - gelassen oder doch etwas nervös!?!?

Chris: Darum machen wir uns überhaupt keine Gedanken, wir versuchen auf jeder Platte unser bestes zu geben.

Oliver: Jede Band hat ja was das Songwriting angeht ihren eigenen Stil. Wie muss ich mir die Entstehung eines SOUL DOCTOR Songs vorstellen?

Chris: In ca. 90% der Fälle ist es so, dass wir uns im Proberaum treffen, irgendeiner mit einer Idee ankommt und dann wird losgerockt bis der Arzt kommt.

Oliver: Nach Eurem Debüt ging’s bei Euch ziemlich zur Sache … Wacken, Japan, Touren etc. … Inwieweit hat das die Band verändert und was war diesbezüglich der coolste Moment und an was erinnert Ihr Euch weniger gern?

Chris: Das hat die Band natürlich wachsen lassen und wir haben uns einfach weiterentwickelt. Der geilste Moment war eigentlich Japan denn obwohl Tommy uns schon viel erzählt hat, war es für mich und J.D. das erste mal … einfach unbeschreiblich. Ich persönlich war nach unserer ersten Tour enttäuscht über einen Musiker der mal zu meinen absoluten Favoriten zählte und sich aber dann einfach nicht korrekt SOUL DOCTOR gegenüber verhalten hat und versucht hat die Band zu f.... wo er nur konnte. Schade dass er so etwas nötig hat!

Oliver: Ihr wart ja kürzlich mit dem Altmeister - DIO unterwegs. Eure Eindrücke? Kann man von so einer Legende noch was lernen oder sagt Ihr Euch selbst, wir sind mittlerweile so lange im Biz, wir wissen wie der Hase läuft!?

Chris: Die Tour mit DIO hat riesigen Spaß gemacht und man kann immer etwas von Leuten mit dieser Erfahrung lernen. Ich glaube wir haben auch einen ganz guten Eindruck hinterlassen. Nach dem ersten Konzert kam Jimmy Bain zu mir und fragte mich ob wir wirklich eine Deutsche Band sind. Es hat sich im Verlauf der Tour zwischen den Musikern eine gute Atmosphäre entwickelt und wir hatten absolut korrekte Bedingungen und keinerlei Abzocke, was ja heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist. Aber das hat ein Ronnie James Dio auch wirklich nicht nötig.
Sie fragten uns noch ob wir denn nicht den Rest der Europa Tour mitkommen könnten, was aber leider unsererseits aus logistischen Gründen nicht möglich war.

Oliver: Welchen Stellenwert nehmen für dich persönlich Online-Mags verglichen zu „herkömmlichen“ gedruckten Magazinen ein?

Chris: Gedruckte Magazine haben immer noch einen höheren Leseranteil, mir persönlich ist es aber egal.

Oliver: Hättest Du die Möglichkeit einen Tag lang eine andere Person zu sein, in welche Rolle würdest Du gerne schlüpfen und warum?

Chris: Ich wäre gerne die Frau von Georg W. Bush, dann würde ich ihm mal so richtig in den Arsch treten diesem Möchtegern Cowboy.

Oliver: Anfang der Neunziger gab’s noch kein Internet, E-Mails usw. ... heutzutage könnte man sich als Band ein Leben ohne gar nicht mehr vorstellen. Wie bewertet Ihr diese Entwicklung?

Chris: Das ist sowohl für den Fan als auch für die Bands eine gute Entwicklung man kann sich einfach schneller und weltweit Informationen besorgen was früher so schnell nicht möglich war und außerdem teilweise unbezahlbar.

Oliver: Was ist das erklärte große Ziel von SOUL DOCTOR, bei dem Ihr sagen würdet, wenn wir das erreicht haben, könnten wir eigentlich aufhören?

Chris: Ich glaube das Ziel eines Musikers oder Band ist immer gleich - man möchte so viele Leute wie möglich mit seiner Musik erreichen. Aber aufhören würde ich dann noch lange nicht, erst wenn man merkt das wir nicht mehr kreativ sind oder uns langweilen mit dem was wir tun, wäre es an der Zeit eine Pause einzulegen. Aber so weit sind wir noch lange nicht.

Oliver: Was steht für Euch in nächster Zeit an? Touren? Festivals? …

Chris: Jetzt geht es erst einmal nach Frankreich für ein paar Gigs, dann ist Weihnachten und ab Januar wollen wir wieder Touren in Europa. Man ist auch schon an einigen Sachen dran, kann ich aber noch nicht verraten. Dann kommt evtl. eine Tour in Japan und die Festivals sind ja erst im Sommer.

Oliver: Gut, das soll’s gewesen sein. Danke für Deine Zeit. Du hast das letzte Wort …

Chris: Hope to see you soon on the next tour and check out the latest news about SOUL DOCTOR … www.souldoctorrocks.com

Best Regards

Chris Lyne

Redakteur:
Oliver Kast

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