STORMWARRIOR: Interview mit Lars Ramcke

01.01.1970 | 01:00

STORMWARRIOR stehen seit Jahr und Tag in der Tradition deutschen Power Metalls. Teutonische Metalgrößen wie GAMMA RAY und HELLOWEEN lassen grüßen, wenn man den Klängen der Hamburger lauscht. Kein Wunder wenn man weiß, dass ihr neues Werk "Northern Rage" von niemand anderem als GAMMA-Chef Kai Hansen produziert worden ist. Wie groß sein Einfluss wirklich war und wo die Hamburger Szene zusammenläuft, erklärte mir Lars Ramcke, seines Zeichens Sänger und Gitarrist der Kraftstahlarbeiter.

Alex Straka:
Hi Lars, zunächst einmal möchte ich von dir wissen, wie es zurzeit in der wichtigsten deutschen Power-Metal-Hochburg Hamburg aussieht. Gibt es noch diese starke Melodic-Szene oder ist sie auf dem absteigenden Ast?

Lars Ramcke:
Naja, es gibt halt die großen Bands wie GAMMA RAY, HELLOWEEN, IRON SAVIOUR und RUNNING WILD, aber das weiß man ja. Ansonsten gibt es, so weit ich weiß, abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen nur PARAGON und uns als "lüttere" Vertreter, wobei PARAGON ja auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben. Anderer wirklicher Power-Metal-Nachwuchs aus Hamburg ist, falls es ihn doch geben sollte, wohl bisher an mir vorbeigegangen.

Alex Straka:
Kannst du uns etwas zu der Geschichte von STORMWARRIOR erzählen?

Lars Ramcke:
Die Band wurde 1998/99 an Sylvester von mir und André Schumann (DARK AGE) ins Leben gerufen. Nach einem halben Jahr ungefähr war dann die Band komplett und wir machten uns daran, das erste Demo "Metal Victory" aufzunehmen, welches wir dann an so ziemlich alle Underground-Zines schickten, die wir in Erfahrung bringen konnten. Ein Jahr später kam dann das zweite Demo "Barbaric Steel" heraus, von welchem kurze Zeit später zwei Stücke als 7" ("Possessed By Metal") von dem italienischen Undergroundlabel Dream Evil Records herausgebracht wurden. Danch unterschrieben wir den Deal bei Remedy Records und brachten die zweite 7" "Spikes & Leather" heraus, bevor wir mit Kai Hansen ins Studio gingen, um den ersten Longplayer einzuspielen. Ein Jahr später (2003) haben wir dann erstmalig im eigenen Studio die "Heavy Metal Fire"-EP aufgenommen und dann von Hansen mixen lassen, bevor wir dann mit dem Songwriting und den Aufnahmen zur neuen Scheibe begannen, die jetzt im Juni erscheint.

Alex Straka:
Eure neue Scheibe wurde wiederum von Kai Hansen produziert, der auch einige Vocals beisteuerte. Wie kam seinerzeit der Kontakt zu ihm zustande und was verbindet euch seitdem mit ihm?

Lars Ramcke:
Ich habe Kai eines Nachts im Headbangers Ballroom in Hamburg getroffen und ihm das erste Demo überreicht, welches er sich auch tags darauf anhörte und in welchem er anscheinend Potenzial ersehen konnte. Seitdem blieben wir halt in Kontakt und er gab uns immer wieder gute Hinweise und Tipps, was wir verbessern könnten. Als dann die Aufnahmen zur ersten Scheibe anstanden, haben wir uns mit ihm zusammengesetzt, das Material durchgesprochen und uns an die Arbeit gemacht. Kurze Zeit nachdem die Aufnahmen beendet waren, hatten wir die Möglichkeit, unseren Proberaum in den selben Bunker zu verlegen, in dem auch GAMMA RAY verweilen. Seitdem sind wir eigentlich täglich in Kontakt und da in der GAMMA RAY-Etage auch eine Bar vorhanden ist, läuft man sich eigentlich ständig "übern Weg"...

Alex Straka:
"Northern Rage" bietet Power Metal, bis die Schwarte kracht. Ihr zeigt euch extrem von GAMMA RAY beeinflusst. Ich dreh euch in meinem Review einen kleinen Strick, indem ich euch mangelnde Identität und Abwechslung vorwerfe. Wie seht ihr das?

Lars Ramcke:
Ich sehe den musikalischen Einfluss eher bei frühen HELLOWEEN als bei GAMMA RAY. GAMMA RAY haben sicherlich einiges an Einfluss auf uns, aber eher in puncto professionelles Arbeiten. Zum Thema "mangelnde Identität" würde ich sagen, dass das Ansichtssache ist. Fakt ist, denke ich, dass die Lücke, die HELLOWEEN nach der "Walls" bzw. nach der "Judas" Maxi hinterließen relativ gut gestopft worden ist. Damit wären wir auch beim nächsten Punkt: mangelnde Abwechslung. Mag sein, dass fast alles an unserem Material schnell gehalten ist, aber ich habe nunmal keinen Bock darauf, wie die x-te "Keeper"-Kopie zu klingen mit mindestens zwei Balladen auf dem Album, einer oder zwei schnellen Nummern und der Rest im Midtempo-Bereich. Von einem Power-Metal-Album erwarte ich auf jeden Fall, dass es von vorne bis hinten auf Zwölf geht (abgesehen von ein paar "Ausruhphasen"). Wenn ich Balladen hören wollte, könnte ich mir auch EUROPE oder POISON anhören. Alles andere, was Abwechslungsreichtum und eigene Identität im Songwriting betrifft, wird sich in Zukunft ergeben, wenn es von unserer Seite erwünscht ist. Für mich stellt das neue Album aber eine logische Fortsetzung des ersten Albums dar.

Alex Straka:
Euer Artwork wurde wiederum von Uwe Karczewski angefertigt, der ja bereits Cover für HELLOWEEN und IRON ANGEL anfertigte. Wie seid ihr an ihn herangekommen?

Lars Ramcke:
Das ging eigentlich ziemlich einfach, da sein Sohn unser Managment übernommen hat und uns so hilfreich und entlastend zur Seite steht. Von daher war der Kontakt zu Uwe nur einen bzw. zwei Anrufe entfernt.

Alex Straka:
Kannst du uns den Aufnahmeprozess von "Northern Rage" etwas näher bringen?

Lars Ramcke:
Wir haben die Drums oben im Hansen-Studio aufgenommen und dann einen vorläufigen Stereo-Mixdown auf unser Aufnahmesystem in unserem Studio eine Etage tiefer überspielt. Alles andere, also Bass, Gitarren und Gesang, haben wir dann bei relativ freier Zeiteinteilung selber aufgenommen, wobei Kai des Öfteren mal vorbeischaute. Zum finalen Mix haben wir dann, sobald etwas fertig war, das Material wieder oben überspielt und Kai hat mit dem Mix angefangen, während wir unten weiter aufgenommen haben. Chöre und zusätzliche Gitarrendubs haben wir dann während des Mixes oben noch aufgenommen.

Alex Straka:
Erzähl mir etwas über euer Songwriting. Kommst du mit fertigen Arrangements in den Proberaum oder lasst ihr eure Nummern komplett im Proberaum unter Mitwirkung aller Mitglieder entstehen?

Lars Ramcke:
Beim neuen Album lief es größtenteils so, dass ich die Songs fast alle relativ komplett fertig hatte und mit Falko streckenweise zusammen ausgearbeitet habe. Das Vocal-Arrangement habe ich erst mit Falko bei den Aufnahmen endgültig fertig gestellt. Für's neue Album werden wir schauen, was alle an Material so haben und dann werden wir die Sachen aufnehmen und zusammen ausarbeiten, bevor wir mit der eigentlichen Produktion beginnen. Das ist auf jeden Fall der jetzige Plan, vielleicht läuft aber auch alles wieder mal ganz anders als geplant. das werden wir aber dann sehen.

Alex Straka:
Was willst du mit STORMWARRIOR ausdrücken?

Lars Ramcke:
Beim ersten Album wollte ich hauptsächlich zum Ausdruck bringen, was Metal und der ganze Lebenstil für mich bedeutet und wie ich das Ganze sehe, während das zweite Album eher so angelegt ist, Leute mal ein bisschen darauf aufmerksam zu machen, dass es vor dem Christentum auch mal eigene Kulturen in den jeweiligen Regionen gegeben hat, die sich dank der machtgeilen Institution Kirche nicht weiterentwickeln konnten, was aber nicht heisst, dass sie deshalb weniger weit entwickelt waren. Vorchristliche Kulturen als barbarisch und unzivilisiert abzuschreiben ist eine kirchliche Dreistheit, gerade wenn die Kirche teilweise barbarischer bzw. skrupelloser vorging, als es "später bekehrte" Kulturen zuvor getan haben.

Alex Straka:
Kannst du mir etwas über die Lyrics auf "Northern Rage" erzählen?

Lars Ramcke:
Es gibt keinen roten Faden, der sich von Song zu Song hangelt. Dennoch betreffen alle Texte unterschiedliche Themengebiete aus der Wikingerzeit. So werden Schlachtbräuche oder rituelle Bräuche wie Bestattung und die Mannwerdung des Jünglings behandelt, genauso wie Opferungen für Gottheiten beschrieben werden. Das Album endet halt mit dem Thema der Lindisfarne-Plünderung im Jahre 793. Lindisfarne war ein christliches Kloster an der Ostküste bei Schottland und damals so ziemlich die Zentrale der christlichen Gelehrtheit in Europa. Die Plünderung des Klosters seitens der Nordleute war der Anfang der folgenden "Wikingerstürme", sprich: weitere Plünderungen und Überfälle weit über die Grenzen Europas hinaus in den folgenden 200 Jahren.

Alex Straka:
Wird man euch dieses Jahr livehaftig erleben können? Wie sieht die Tourplanung aus?

Lars Ramcke:
Wir haben bisher nur vereinzelt kleinere Gigs anstehen und hoffen natürlich, dass wir dieses Jahr noch auf eine etwas größere Tour mit aufspringen können. Da ist aber leider bisher noch nichts Konkretes bestätigt.

Alex Straka:
Nach eurer letzten EP "Heavy Metal Fire" habt eueren alten Gitarristen Scott Bölter durch David Wiczorek ersetzt. Ist er mittlerweile ein gleichwertiges Mitglied?

Lars Ramcke:
Ja. Wir haben mitlerweile zum ersten Mal eine feste Besetzung in der Band, der ich zutraue lange Zeit zu überstehen. Es gab halt leider viele Umbesetzungen aus zeittechnischen sowie spielerischen Gründen, weshalb es natürlich auch ziemlich schwer war, regelmäßig Konzerte spielen zu können. Aber das ist ja zum Glück überstanden, hoffe ich.

Alex Straka:
Fast das komplette Songwriting stammt von dir. Bist du so etwas wie ein sanfter Diktator?

Lars Ramcke:
Bisher war es eher zwangsweise so, dass, damit überhaupt irgendetwas passiert, jemand das Ruder in die Hand nehmen musste und sagt, wo es langzugehen hat. Mitlerweile ist, denke ich, bandintern klar, wo es hingeht und somit kann man jetzt auch viel besser zusammenarbeiten, sowohl am Songmaterial als auch bei anderen Dingen wie Homepagebasteln, Studioausbau, etc.

Alex Straka:
Was sind deine persönlichen Faves, wenn es um Metalbands geht?

Lars Ramcke:
HELLOWEEN bis JUDAS PRIEST einschließlich; fast alle RUNNING WILD-Scheiben, OZ, OMEN, W.A.S.P., BATHORY sowie Bands wie METAL INQUISITOR, METALUCIFER oder DESASTER.

Alex Straka:
Euer Material ist absolut schnörkelloser Heavy Metal. Beschreib in eigenen Worten euren Sound und was der Hörer auf euren Konzerten erwarten kann.

Lars Ramcke:
Auf den Konzerten herrscht auf jeden Fall immer eine schöne Zusammenkunft von Kuttenträgern und anderen 80er-Heavy-Metal-Freaks. Dementsprechend ist die Stimmung eigentlich immer ziemlich geil und kultig. Ansonsten denke ich, "schnörkeloser Heavy Metal" drückt sehr treffend aus, was Stormwarrior machen wollen.

Alex Straka:
Irgendwelche abschließenden Worte?

Lars Ramcke:
Ihr seid natürlich alle recht herzlich eingeladen, am 18. Juni nach Hamburg zu unserer Releaseparty im Headbangers Ballroom zu pilgern. Ansonsten lasst euch nich verbiegen!

Redakteur:
Alex Straka

Login

Neu registrieren