SUIDAKRA: Interview mit Arkadius Antonik
14.04.2005 | 22:28SUIDAKRA ist eine Band, die nach sechs Studioalben und einer über zehnjährigen Bandgeschichte durchaus als feste Institution der deutschen Metalszene angesehen werden kann. Mit ihrem siebten Album "Command To Charge" haben sich die Jungs nun große Ziele gesteckt, warten allerdings auch mit relativ deutlichen musikalischen Kurskorrekturen auf, für die im Vorfeld nicht jeder nur Lob übrig hatte. Wie die Band mit der Kritik umgeht, und warum die Musiker doch davon überzeugt sind, auf dem richtigen Wege zu sein, könnt ihr im folgenden Interview mit Growler, Gitarrist und Gründungsmitglied Arkadius Antonik nachlesen...
Rüdiger:
Die Labelinfo spricht davon, dass ihr mit diesem Album den großen Durchbruch schaffen wollt. In wie weit hältst du diese Hoffnung für realistisch?
Arkadius:
Ich denke, es ist eine Frage der Definition. Der typische "Durchbruch", mit dem man von der Musik seinen Lebensunterhalt verdient, ist sicherlich alles andere als realistisch. Darüber brauchen wir ja nicht zu reden, denn jeder weiß, wie es der Musikindustrie in Zeiten von Downloads ergeht, und Metal ist eh eine Sache für sich. Wir verbinden mit "Durchbruch" einen großen Schritt nach vorne in der Bandentwicklung. Das bedeutet mehr Konzerte,
endlich mal einige Gigs im Ausland und evtl. eine Europatour. Es gibt einige Träume, die wir noch verwirklichen können, alles natürlich im Rahmen der Bedingungen. In diesem Rahmen würde ich schon sagen, dass wir unseren "Durchbruch" schaffen werden.
Rüdiger:
Der Text zu 'Decibel Dance' deutet es ja irgendwie an, dass euer neues Album ganz bewusst moderner und zeitgemäßer ausgefallen ist als seine Vorgänger. Was ist der Grund für die stilistischen und soundtechnischen Modifikationen? Hattet ihr Angst ihr könntet euch zu sehr wiederholen?
Arkadius:
Es gab da einige Aspekte, die eine Rolle spielten. Zum einen ist da sicherlich der Wunsch, etwas Neues, Modernes zu erschaffen, zum anderen spielten äußere Einflüsse auch eine Rolle. Ein SUIDAKRA-Album war nie mit einem anderen zu vergleichen, da wir immer neue Einflüsse hatten. Es ist auch langweilig, immer das Gleiche zu spielen, das macht nicht wirklich einen Sinn für uns. Auf der andere Seite muss man klar sehen, dass von dem Anfangs-Line-Up nur noch ich übrig geblieben bin, und da ich nun mal nicht im Alleingang die Songs schreibe, wirkt sich ein Neuzugang natürlich immer auch auf den Sound aus.
Rüdiger:
Euch ist aber klar, dass manche eurer alten Fans diesen Schritt nicht nachvollziehen werden können oder wollen? Ich habe beispielsweise schon gehört, dass ihr euch mit "Command To Charge" zu sehr an den Metalcore oder die Entwicklung von Bands wie IN FLAMES anbiedern würdet. Wie gehst du mit diesem Vorwurf um?
Arkadius:
Ich muss zunächst sagen, dass ich und der Rest der Band die Musik machen, die uns gefällt, und die wir selber gerne hören. Wenn einer mit der neuen Richtung nicht klar kommt, so finde ich das okay. Genauso gut gibt es viele neue Fans, die auf solchen Sound stehen. Diese Vorwürfe, wir würden uns an anderen Bands orientieren, entbehren jeglicher Grundlage und sind für mich nicht nachvollziehbar. Wie wollen die Leute wissen, welche Intention wir beim Schreiben der neuen Songs haben? Ich denke gewisse Leute haben, was Weiterentwicklung angeht, ein bestimmtes (negatives) Bild im Kopf. Es geht doch eigentlich um Musik, und da ist wie in der Kunst alles Geschmacksache. Für mich ist immer noch unverkennbar, dass es sich bei "Command To Charge" um SUIDAKRA handelt.
Rüdiger:
Für einen gewissen Prozentsatz der Metalszene scheint der Begriff "Weiterentwicklung" ja so was wie der schlimmste Albtraum zu sein. Findest du, dass ein Mangel an Innovation deinen eigenen Lieblingsbands schadet, oder ist es dir bei deinen Faves auch lieber, wenn sie ihren Stil haargenau beibehalten?
Arkadius:
Um ehrlich zu sein mache ich mir - genauso wie beim Songwriting - wenig Gedanken darüber. Für mich persönlich ist es wichtig, dass eine Band mit ihrer Musik in mir etwas bewirkt, ganz gleich, ob es stiltreu oder eine Weiterentwicklung ist! Ich urteile über die Qualität und Intensität der Musik, statt mir den Kopf darüber zu zerbrechen, ob der jeweilige Stil vertretbar für diese Band und ihren Background ist.
Rüdiger:
Was passiert, wenn ein großer Teil eurer Fans mit der neuen stilistischen Ausrichtung richtige Probleme haben sollte? Geht ihr dann 2006 wieder "back to the roots", oder werdet ihr eure musikalische Entwicklung dessen ungeachtet konsequent weiterführen? Oder anders gefragt:
Ist "Command To Charge" mehr ein Experiment, dessen konsequente Fortsetzung zur Disposition steht, oder ist es eine gezielte Stilmodifikation, auf der ihr in jedem Fall langfristig aufbauen wollt?
Arkadius:
Nun, da wir nie wissen, in welche Richtung ein neues Album gehen wird, kann ich dir diese Frage leider nicht genau beantworten. Eins ist allerdings sicher, es wird keine Kopie des "Command To Charge"-Albums geben. Ob wir nun "back to the roots" gehen, würde dann auch nur eine Rolle spielen, ob wir persönlich darauf Lust haben. Ich kann es wie gesagt verstehen, wenn einige Leute Probleme mit der neuen Platte haben, allerdings sind wir Musiker und keine Fließbandarbeiter, die einfach das zu produzieren haben, was jemand verlangt. Es ist Musik und kein Produkt! Ich habe es in der Vergangenheit schon öfter erwähnt, dass es sehr geil ist, wenn die Leute unsere Musik mögen, falls nicht, ist es ebenfalls okay für mich. Das Wesentliche ist, dass es uns gefällt und wir 100% dahinter stehen!
Rüdiger:
Seht ihr euch mit "Command To Charge" noch als Teil der Pagan / Folk Metal Szene, oder habt ihr diesen stilistischen und / oder philosophischen Rahmen bereits verlassen?
Arkadius:
Da wir uns nie als einen Teil irgendeiner Szene sahen, ausgenommen natürlich der Metal-Szene im Ganzen, sehen wir uns mit "Command To Charge" auch weiterhin nicht als Teil einer solchen. Wenn überhaupt, dann wurden wir von irgendwelchen Magazinen kategorisiert, aber mit einer bestimmten Kategorie wirst du unserer Musik einfach nicht gerecht, denn genauso gut könnten wir ein Teil der Death Metal, Thrash oder sonst einer Szene sein.
Rüdiger:
Ihr habt letzten Herbst zusammen mit den Iren von CRUACHAN das Billing des Pagan Metal Festivals in Gießen angeführt. Wie habt ihr das Event empfunden? Wie war die Stimmung zwischen den Bands aus eurer Sicht und wie zufrieden wart ihr mit dem Publikumszuspruch?
Arkadius:
Das Konzert war auf jeden Fall geil. Die Stimmung zwischen den Bands war sehr entspannt und wir hatten vor allen Dingen auf der Bühne sehr viel Spaß. Das Publikum war riesig! Sie haben mit uns einfach ne fette Party gefeiert und so muss das auch sein! Es war jetzt durch die Tatsache, dass es ein Pagan Metal Festival war, nicht direkt was besonderes, aber es gehört definitiv zu den geilsten Gigs bisher.
Rüdiger:
Ihr seid - wie übrigens auch eure Labelmates HOLY MOSES - nach nur zwei Veröffentlichungen von Century Media zu Armageddon gewechselt. Ist euer alter Vertrag normal ausgelaufen oder gab es Probleme mit Century Media, die zum Wechsel führten?
Arkadius:
Wir als Band waren im Laufe der Zeit mit der Promoarbeit von Century Media unzufrieden. Wir wollten unter keinen Umständen, dass "Command To Charge" ähnlich wie das "Signs For The Fallen"-Album untergeht. Century Media konnte uns jedoch nicht garantieren, dass sie mehr für uns tun würden, also war es für beide Parteien das Beste getrennte Wege zu gehen. Bevor wir ein neues Label suchten, entschlossen wir uns das Album zunächst in Eigenregie zu produzieren. Nach den Aufnahmen konnten wir so das fertige Produkt anbieten.
Armageddon Music schien in unseren Augen das richtige Label zu sein, also unterschrieben wir den Deal. Bisher leisten sie klasse Promoarbeit und wir sind sehr zufrieden. Alles andere wird sich im Laufe der Zeit zeigen.
Rüdiger:
Eure auf Century Media erschienenen Alben sind vermutlich weiterhin regulär erhältlich. Wie sieht es mit dem übrigen Backprogramm aus, das über das verblichene Label Last Episode (heute Black Attakk) erschienen ist? Sind für Neueinsteiger noch alle Scheiben verfügbar?
Arkadius:
Die Leute haben die Möglichkeit unsere drei Last Episode-Erscheinungen, die über Black Attakk erschienen sind, zu bekommen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass diese Alben ohne unser Wissen releast wurden. Wir wurden nicht kontaktiert und auch nicht gefragt, was die Gestaltung angeht, was uns etwas verärgert hat. Aber im Nachhinein sehe ich das als eine gute Gelegenheit für neue Fans, sich mit unserem Backprogramm einzudecken.
Rüdiger:
Zurück zum neuen Album: Ihr habt etliche akustische Stücke auf dem Album, die für mich ohne Frage mit zu den Highlights der Scheibe zählen. Ich meine dabei - wie auch schon früher - einen guten Anteil keltischer Folklore rauszuhören. Ist das richtig? Falls ja, welche Bands, Musiker oder Songs haben euch diesbezüglich inspiriert?
Arkadius:
Diese keltischen Akustikstücke waren schon immer ein Bestandteil unserer Musik, ganz egal in welchem Soundgewand sich der Rest der Platte befand. Am Anfang gab es zahlreiche Bands wie BLIND GUARDIAN, SKYCLAD, ULVER, die uns inspiriert und dazu bewegt haben auch Akustiksongs mit einzubauen. Im Laufe der Jahre verschwand der Einfluss und wir entwickelten so etwas wie eine eigene Ader für Akustiksongs. So kann ich dir bei "Command To Charge" keine besonderen Bands als Einfluss nennen, aber indirekt sind es die von mir erwähnten Bands der Anfangsstunde.
Rüdiger:
Wer ist für die Dudelsackparts verantwortlich, wessen Idee war es, sie einzubauen, und wer hat sie eingespielt?
Arkadius:
Ich muss zugeben, dass die Idee für uns nicht neu ist. Da wir von Beginn an die Folkelemente in unsere Musik involvierten, war es von Anfang an reizvoll einen Dudelsack einzubauen. Leider hat sich uns nie die Möglichkeit geboten, dies umzusetzen, da wir niemanden kannten, der einen Dudelsack spielen konnte. Ein paar Monate vor den Aufnahmen zum neuen Album ist Marcus im Internet auf ein Forum für Dudelsack-Spieler gestoßen. Er schrieb einen an, dieser (namens Axel) sagte zu, und die Sache war unter Dach und Fach!
Rüdiger:
Wie gefallen dir andere Bands, die Dudelsäcke nutzen, wie etwa CRUACHAN oder IN EXTREMO?
Arkadius:
Also, wenn ich mich zwischen den beiden Bands entscheiden müsste, dann würde ich CRUACHAN nennen, hahaha, da sie für mich mehr experimentieren und der Dudelsack nicht wie bei IN EXTREMO ein fester Bestandteil der Musik ist. Manchmal ist halt weniger mehr, hahaha. Ein dezent eingesetzter Dudelsack ist für mich einfach wirkungsvoller.
Rüdiger:
Was hältst du von klassischen Metalbands, die in ähnlicher Weise keltisch-folkloristische Elemente und Melodien in ihre Musik einbauen, wie ihr das in eurem Gebiet tut? (Als Beispiele seien RUNNING WILD oder BLIND GUARDIAN genannt.)
Arkadius:
Nun ja, wie bereits erwähnt, zählen BLIND GUARDIAN zu unseren Favoriten, daher liegt die Antwort ja auf der Hand. BLIND GUARDIAN sind für mich die deutsche Metal-Band schlechthin! Geiles Songwriting, schöne Gesangslinien und spielerisch perfekt. Von RUNNING WILD gehören die ersten drei Alben ebenfalls zu meinen Highlights, allerdings habe ich deren Verlauf irgendwann nicht mehr weiterverfolgt. Ich finde grundsätzlich Bands, die verschiedene Musikstile erfolgreich miteinander verbinden, sehr interessant!
Rüdiger:
Am Ende der Scheibe habt ihr ein richtig starkes Cover von 'Moonlight Shadow' versteckt. Seid ihr Oldfield-Fans, oder wolltet ihr GROOVE COVERAGE zeigen, wie man es besser macht?
Arkadius:
Nein, das gewiss nicht, zumal ich zugeben muss, dass ich deren Cover-Version nicht kenne. Habe ich da was verpasst? (Ähhh... nicht wirklich... - Anm. d. Verf.) Wir mögen einige der Oldfield-Songs, aber die Idee zu 'Moonlight Shadow' ist eher spontan auf dem Weg zu einen SUIDAKRA-Gig entstanden. Wir hörten es im Auto und alle waren begeistert, weil wir es aus unserer Kindheit her kennen. So ist die Idee entstanden, allerdings wurde es dann erst ernst, als wir die passende Sängerin dazu fanden.
Rüdiger:
Ich finde den Gesang bei 'Moonlight Shadow' sehr gut. Wer hat es eingesungen?
Arkadius:
Es ist eine Arbeitskollegin meiner Freundin namens Tina Stabel. Ich habe ihre Stimme gehört und war hin und weg, weil sie nicht diese typische NIGHTWISH-, WITHIN TEMPTATION-Stimme hat, sondern eher rockiger klingt. Das war genau das, was wir wollten. Also fragte ich sie, ob sie Lust dazu hätte und ruckzuck war sie im Studio. Sie wird sich sicher über dein Kompliment freuen.
Rüdiger:
Die neue Scheibe enthält außerdem zwei qualitativ ansprechende Livevideos. Wo wurden die mitgeschnitten?
Arkadius:
Die beiden Songs wurden auf dem Scream Festival im Oktober 2004 mitgeschnitten. Es war unser zehnjähriges Bandjubiläum und bereits im Vorfeld planten wir diesen Mitschnitt für das neue Album, um den Fans mehr für ihr Geld bieten zu können. Zudem ist es eine gute Sache für Fans im Ausland, einen kleinen Vorgeschmack auf "SUIDAKRA Live" zu bekommen.
Rüdiger:
Wie das Video zu 'Reap The Storm' zeigt, habt ihr dieses Stück schon vor der Veröffentlichung des Albums live gespielt. Wie waren die bisherigen Live-Reaktionen der Fans auf euer neues Material?
Arkadius:
Die Reaktionen kann man ungefähr mit denen der Presse vergleichen. Die meisten waren begeistert, aber es gab auch einige, denen der neue Sound etwas fremd war und die zunächst abwartend reagiert haben.
Rüdiger:
Freut ihr euch auf die Dates der Wacken Roadshow mit HOLY MOSES, ILLDISPOSED und REGICIDE? Wie findest du die Bands, die euch begleiten?
Arkadius:
Klar freuen wir uns. Nach der Produktion eines neues Albums und abgeschlossener Promo-Arbeit sind wir immer sehr heiß darauf wieder live zu spielen und die Sau raus zu lassen, da ist eine Tour wie die Wacken Road Show eigentlich das Beste, was einem passieren kann.
ILLDISPOSED sind definitiv ne geile Band, auf die wir uns schon sehr freuen. Zu HOLY MOSES muss ich ja wohl nicht viel zu sagen. Diese Band ist ja mittlerweile eine Thrash-Institution. REGICIDE kenne ich leider nicht, aber ich lasse mich gerne überraschen.
Rüdiger:
Sind außer diversen Festivalauftritten auch weitere Konzerte außerhalb Deutschlands geplant?
Arkadius:
Ja, wir haben uns vorgenommen dieses Jahr mehr auf Konzerte im Ausland zu konzentrieren. Bisher haben wir das Metal Camp in Slowenien, Bloodstock Festival (UK) und Einzelshows in Frankreich, Schweiz, Belgien etc. bestätigt! Wird also ein aufregendes Jahr für uns!
Rüdiger:
Sonst noch etwas, das du loswerden möchtest?
Arkadius:
Erst einmal möchte ich dir und allen anderen, die SUIDAKRA in den letzten zehn Jahren unterstützt haben, danken! Hört ruhig in unser neues Album "Command To Charge" rein. Falls ihr es nicht erwarten könnt, gibt es eine Vollversion eines Songs auf unserer Webpage zum Downloaden. Ansonsten sehen wir uns "on the road"!!!
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle