SUN OF SADNESS: Interview mit Martin Giebner
01.01.1970 | 01:00Bereits im April 2001 veröffentlichten SUN OF SADNESS ihr hochgelobtes Album "Picture". Nun hatte ich die Gelegenheit, die Band, die gerne mit CREMATORY verglichen und als Gothic-Sensation gefeiert wird, zu interviewen.
Freya:
Wenn man sich eure Bandgeschichte zu Gemüte führt fällt auf, dass es sehr viele Umbesetzungen in eurer Anfangszeit gab. Hat sich in letzter Zeit wieder etwas bei euch geändert oder seit ihr heute eine Formation, die dauerhaft bestehen wird?
SUN OF SADNESS:
Leider muss ich sagen, dass es wieder eine Formationsänderung bei uns gegeben hat. Ingo Schwiering (guitar) hat uns nach fünf sehr lustigen und schönen Jahren verlassen. Ob es nun die letzte Änderung war, kann ich dir leider nicht beantworten. Man kann nie vorhersagen, ob und warum jemand eine Band verlässt. Manche gehen, weil man sich nicht mehr miteinander versteht oder wegen der Familie. Jeder muss es letztendlich für sich selbst entscheiden und man sollte niemanden wegen so etwas anprangern.
Freya:
Was waren die Gründe für die häufigen Neubesetzungen?
SOS:
Die meisten Änderungen waren im Bereich des Gesangs. Als wir uns gegründet hatten, besaßen wir noch zwei Sänger, zum einen Klaus E. und mich selbst. Die Grundidee bestand darin, eine ruhige und eine growlige Stimme in den Liedern miteinander arbeiten zu lassen. Wir beide hatten damals noch keine Ahnung von Gesang (wobei ich behaupte, noch immer keine Engelsstimme zu besitzen) und harmonierten nicht wirklich miteinander. Bei unseren ersten Konzerten hatte Klaus ungeheures Lampenfieber und so fiel sein Gesangspart grundlegend weg oder wurde von mir eher schlecht als recht übernommen. Nach diesen Konzerten verließ Klaus die Band und wandte sich anderen Projekten zu. Das nächste, was wir ausprobierten, war weiblicher Gesang, was zwar nicht sonderlich brilliant oder neu war, aber nichtsdestotrotz recht gut zu einigen Liedern passte. Wir habe ewige Zeiten damit verbracht eine Sängerin zu finden und entschlossen uns, Sandra F. bei uns aufzunehmen. War eine klasse Sache damals, da wir sie nicht während den Proben gehört haben (ein Schlagzeug kann sehr laut in einem kleinen Proberaum sein). Irgendwann einmal stieß noch Katrin K. zu uns. Beide Sängerinnen verließen uns aber nach kurzer Zeit wieder. So saßen wir wieder mal ohne zweiten Gesangspart da. Ingo hatte damals die glorreiche Idee, Alexandra B. bei uns singen zu lassen und das war, wie sich herausstellte, keine so schlechte Idee von ihm. Alex verstand etwas von ihrem Fach und mit ihr haben wir dann auch schließlich unser erstes Album aufgenommen. Kurz danach verließ auch sie die Band aus persönlichen Gründen, stand uns aber bei Konzerten zur Seite. Der Basswechsel war weniger dramatisch. Unser damaliger Basser verließ uns, weil er keinen Bock mehr hatte, und wir haben ihn so gesehen rausgeworfen weil er nie zu den Proben erschien. Das lustige an der Sache war, dass wir zeitgleich die Idee dazu hatten. Tja, dann haben wir eine ganze Weile ohne Bass geprobt, bis wir eines Tages auf Michael Krug stießen. Michael spielte damals in einer anderen Band und wir haben ihn sozusagen "abgeworben". Ich muss sagen, dass der Mann eine echte Bereicherung für uns war und ist, da er etwas von seinem Instrument versteht und viele gute Ideen mit ins Songwriting einbringt.
Freya:
Gab es in dieser Zeit Phasen, wo ihr am liebsten alles hingeschmissen hättet und aus dem Musikbusiness ausgestiegen wärt?
SOS:
Ich glaube jede Band hat solche Phasen oder hat sich zumindest einmal damit auseinandergesetzt. Wir sind da keine Ausnahme. In den Anfangstagen war jeder von uns ein Egomane und jeder wollte der beste, tollste, schönste sein. Wir haben zeitweise nicht miteinander, sondern gegeneinander gearbeitet und standen schon viel zu oft vor der Frage, ob das alles denn noch Sinn mache. Letztendlich haben wir uns zusammengerauft und jeder arbeitet mit jedem. Das Musikgeschäft ist hart, hat uns aber nie daran gehindert, unser Ding zu machen. Was nicht tötet härtet ab und über die Dinge, die uns damals auf die Palme gebracht haben, können wir heute nur noch lachen. Man soll die Dinge nicht einfach hinnehmen, das gewiss nicht, aber man sollte sie lockerer angehen. Ich habe ziemlich lang gebraucht um das einzusehen.
Freya:
Wie seht ihr eure Entwicklung als Band? Gab es prägnante Entwicklungsstufen?
SOS:
Nach unserem ersten Album haben wir ein halbes Jahr lang überhaupt nichts auf die Reihe bekommen und nur belangloses Zeug gespielt. Daraus wurden aber nie richtige Lieder und die meisten Themen wurden nach geraumer Weile wieder verworfen. Mit "Picture" haben wir uns definitiv weiterentwickelt. Stillstand bedeutet ja leider kein Wachstum und jede Band entwickelt sich weiter. Währe ja langweilig wenn nicht. Das neueste Material hebt sich zum Beispiel sehr stark von unseren übrigen Liedern ab. Alles in Allem kann ich sagen, dass wir uns nach jedem Studioaufenthalt entwickeln. Das Studio ist meistens der Auslöser für den Ehrgeiz, die kommenden Lieder weiterzuentwickeln und alles besser zu machen. Wir hören uns das Material an und jeder findet immer irgendetwas, was beim nächsten mal anders gemacht werden muss.
Freya:
Ihr werdet häufig mit Bands wie CREMATORY verglichen. Könnt ihr diesem Vergleich zustimmen oder gibt es andere Bands, die euch eurer Meinung nach musikalisch näher liegen?
SOS:
Dem Vergleich kann ich nicht zustimmen. Jeder von uns hört so viele verschiedene Musikrichtungen, dass es schwer fällt, da eine klare Linie zu finden. Manche hören Techno, EBM und anderes dunkle Zeugs. Manche mögen Power Metal oder Jazz. Ich zum Beispiel höre gerne SUBWAY TO SALLY, ICED EARTH, PROJECT PITCHFORK, die ONKELZ, eine Menge Black Metal und sehr viel ruhige Musik, die auf klassischen Instrumenten basiert. Es ist bei so einer Bandbreite an Bands schwer zu sagen, was wen und wieviel beeinflusst hat.
Freya:
Werdet ihr gerne mit anderen Bands verglichen oder habt ihr euren eigenen Stil gefunden?
SOS:
Ich persönlich finde Vergleiche nicht so prickelnd, aber ich kann nicht für die anderen sprechen. Wenn ich höre, dass wir mit einer Band verglichen werden, bekomme ich immer ein Schaudern im Nacken. Das ist so, als ob du mit dem Exfreund/ in deines Partners verglichen wirst. Ist nicht wirklich toll, und man hat das Gefühl, dass von dem Menschen, der den Vergleich aufgestellt hat, nun Dinge erwartet werden, die man selbst noch gar nicht kennt. Aber ich muss sagen, so schauderhaft das manchmal auch ist, es trägt unheimlich dazu bei, sich noch mehr anzustrengen, damit man irgendwann mal selbst hören oder lesen kann: "Ihr werdet häufig mit SUN OF SADNESS verglichen...". Was unseren eigenen Stil betrifft: wir haben eigentlich keinen und das wiederum macht unseren Stil aus. Ist irgendwie komisch.
Freya:
CREMATORY beenden nach 10 Jahren ihre Laufbahn. Ein Grund dafür ist, dass sie am Höhepunkt ihrers Erfolgs angekommen sind. Wo seht ihr euch in 10 Jahren?
SOS:
In 10 Jahren werden wir reich, schön und berühmt sein. Doch Scherz beiseite, ich weiß es leider nicht. 10 Jahre sind eine lange Zeit, in der soviel passieren kann. Aber ich glaube eines unserer Ziele wird es sein, den Leuten auch in 10 Jahren noch ein gutes Album vorzulegen und vielleicht sogar mal eine globusumspannende Tour zu machen.
Freya:
Glaubt ihr, dass eine Zeit kommen wird, in der ihr mit euerer Musik richtig Geld verdienen könnt und könntet ihr euch ein Leben als umjubelte Stars vorstellen?
SOS:
Nein, ich glaube nicht, dass man mit unserer Musik genug Geld verdienen kann, um davon zu leben. Düstere Gitarrenmusik scheint für die Medien einfach nicht massentauglich genug. Wir freuen uns schon, wenn die Leute zu unseren Konzerten kommen und einfach Spaß dabei haben, die Musik zu hören und zu tanzen.
Freya:
Ihr habt vor kurzer Zeit euer neues und vielgelobtes Album "Picture" veröffentlicht. Nun steht schon fast wieder ein Nachfolger in den Startlöchern. Sind die Aufnahmen schon abgeschlossen? Gibt es Interessantes über die Arbeit zu berichten?
SOS:
Die Aufnahmen für das neue Album sind bereits abgeschlossen und es wird im Februar veröffentlicht werden. Interessant an diesem Album ist, dass wir ein Jahr lang daran gearbeitet haben. Das hört sich jetzt nach einer langen Zeit an, aber eigentlich lag es nur daran, dass wir nicht wirklich Zeit hatten, uns zwei Monate ins Studio zu setzten und durchzuarbeiten. Die Arbeit und das Studium kamen uns immer wieder dazwischen und so wurde es zu einem vollen Jahr, bis wir halbwegs zufrieden waren.
Freya:
Worauf können sich die Fans bei dem neuen Album besonders freuen? Gibt es Veränderungen im Vergleich zu "Picture"? Glaubt ihr, dass ihr euch in dieser kurzen Zeit weiterentwickeln konntet?
SOS:
Das neue Album ist eigentlich "A Forest In My Dreams", also unser erstes Album, noch einmal neu aufgenommen. Die Lieder wurden zum größtenTeil umgeschrieben, etwas schneller und etwas düsterer. Hinzu kommen noch vier neue Stücke, die dann auch auf unser Tour Ende Februar zu hören sein werden.Diese Lieder sind tatsächlich eine Weiterentwicklung unsererseits. Im Vergleich zu "Picture" sind wir etwas aggressiver geworden und die Lieder sind melancholischer, da ich die Texte in einer Zeit verfasst habe, als es mir wirklich dreckig ging.
Freya:
Wie sieht für euch die nähere Zukunft aus? Sind dieses Jahr noch Live-Auftritte geplant?
SOS:
Nein, leider geben wir in diesem Jahr keine Konzerte mehr, da wir erst unseren Ersatzgitarristen einspielen müssen.
Freya:
Und was steht für nächstes Jahr an?
SOS:
Im nächsten Jahr werden wir das neue Album "Forest" veröffentlichen und eine kleine Tour innerhalb Deutschlands geben. Außerdem werden wir die Arbeit an unserem dritten Album fortsetzen.
Freya:
Noch eine letzte Frage: Gibt es eine Frage, auf die ihr schon immer gewartet habt, die aber nie gestellt wurde?
SOS:
Ich glaube, man hat uns nie nach unserer Augenfarbe oder unseren Essgewohnheiten gefragt. Aber solcherlei Fragen erwarten wir nicht. Nein, eigentlich nicht.
Freya:
Ein paar letzte Worte?
SOS:
Man sollte immer seine Träume verfolgen und ausleben. Ansonsten Danke an alle, die uns unterstützt haben und zu uns gestanden haben.
gothicparadise.de - Freya
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