SYRANIC: Hendrik Kröger im Interview

25.02.2016 | 18:37

"Die Rückkehr der verschollenen Djent-Newcomer", so könnte wohl ein treffender Titel für unser Interview mit Hendrik Kröger von SYRANIC lauten, denn im Jahr 2010 waren die Jungs eine der größten Djent-Hoffnungen der deutschen Szene. Doch nach der ausgiebigen Promotion zur Debüt-EP "The Windscale Inception" wurde es ganz plötzlich still um die Aachener. Die Band meldete sich nur noch selten über Facebook bei ihren Fans, Auftritte blieben aus und auch das bereits angekündigte Album ließ weiter und weiter auf sich warten. Erst Ende 2015 kamen die Newcomer dann mit ihrer neuen EP "The Coriolis Delusion" stärker denn je zurück. Grund genug für uns, Hendrik einmal auf den Zahn zu fühlen und herauszufinden, was denn in den fünf Jahren seit der Debüt-EP so alles passiert ist.

Hallo Hendrik, erst einmal Gratulation zu eurer starken neuen EP "The Coriolis Delusion". Wie sind denn die Reaktionen der Fans bisher auf die Scheibe?

Vielen Dank! Die Resonanz ist bisher sehr gut, was uns nach der ganzen Arbeit natürlich total freut. Dieses Feedback ist für mich persönlich immer der wichtigste Faktor, warum ich überhaupt Musik mache. Gerade weil man nach der langen Produktionsphase die Songs oft einfach totgehört hat, ist es total cool ganz konkrete Reaktionen zu bekommen. Wenn einem wildfremde Leute sagen, wie gut sie deine Sachen finden, ist das doch gerade bei einer so persönlichen Sache wie Musik einfach ein unglaubliches Gefühl.



Die Besetzungsliste für die neue EP unterscheidet sich ja deutlich von eurem Debüt. Ist SYRANIC noch eine komplette Band, oder betrachtet ihr das Ganze inzwischen eher als Studioprojekt?

Theoretisch sind wir eine komplette Band, da ja schon jeder einzelne Posten besetzt ist. Wir haben anfangs auch noch in dieser Konstellation geprobt, um uns Gig-fähig zu halten, allerdings gab es zwei ganz konkrete Gegebenheiten, die dazu geführt haben, dass wir diesen Plan aufgegeben haben. Zum einen habe ich gemerkt, dass es für mich zeitlich echt hart wurde eine komplette Band am Laufen zu halten, nachdem ich mein aktuelles Studium angefangen habe. Zum anderen hat unser Sänger Kamil zu Beginn der Produktion der neuen EP direkt klar gemacht, dass er ebenfalls nicht die Zeit investieren kann, regelmäßig zu proben und Gigs zu spielen. Wenn wir ihn dabei haben wollen, dann nur im Rahmen eines Studioprojektes. Da er zu diesem Zeitpunkt schon eine unglaubliche Demo für den Song 'Dysfunction' aufgenommen hatte, war es für mich gar keine Frage, dass wir ihn für die Platte an Bord haben mussten. Aufgrund meiner eigenen Situation war mir das mit dem Studioprojekt auch total recht und der Rest der Band konnte im Endeffekt auch davon überzeugt werden.

Wie ist denn die neue EP entstanden? Nach "The Windscale Inception" hattet ihr ja zuerst ein neues Album angekündigt, bevor es ruhig um euch wurde. Anschließend gab es immer wieder ein paar Teaser zu hören und jetzt plötzlich kommt ihr mit der neuen EP um die Ecke. Kannst du umreißen, wie die Produktion abgelaufen ist?

Ja, das mit der Album-Ankündigung ist schon echt ein bisschen unangenehm, darum hab ich auch neulich bei uns auf der Facebook-Seite dieses Meme gepostet: "Announce Full-Length for 2011, Release 5-Track EP in 2015". (lacht) (Anm. d. Red.: Das Meme konnten wir euch natürlich nicht vorenthalten.) Der Plan, ein Album zu produzieren, stand nach der EP "The Windscale Inception" aber tatsächlich und war auch nicht unrealistisch, da wir damals wirklich Vollzeit-Arbeit in die Band investiert haben. Bei mir gab es dann aber eben diese Veränderungen im Alltag, die dazu geführt haben, dass ich die Zeit einfach nicht mehr hatte. Als dann noch unser Ex-Sänger Julian aus der Band ausgestiegen ist, war ein weiterer - wenn nicht der größte - Motor der Band ausgefallen. Der Plan "Album" war also Anfang 2011 schon nicht mehr realistisch. Dann kam eins zum anderen und weitere Bandmitglieder sind ausgestiegen. Wir waren danach erst einmal die meiste Zeit damit beschäftigt, neue Leute zu finden. Da ich aber natürlich weiterhin Songs geschrieben habe, konnte man auch immer mal wieder ein paar Teaser raushauen. Vollständig waren wir erst Ende 2013 wieder, und genau ab dann haben wir auch angefangen, die neue EP aufzunehmen. Eigentlich war der Plan, diese bis Ende 2014 fertig zu haben, aber auch da haben wir uns einfach total verschätzt. Wir hatten alle jeweils ganz unterschiedliche Freiräume, an denen wir an den Aufnahmen arbeiten konnten, und das Ganze lief dadurch dann selten synchron ab. Studioprojekt trifft es auch nicht ganz, eher "Studios-Projekt". Viele Studios. Damit man sich mal ein Bild davon machen kann: Die einzigen beiden Instrumente, die am selben Ort eingespielt wurden, sind Bass und Gitarren. Der Rest wurde komplett verstreut aufgenommen. Unser Sänger Kamil und ich haben uns seit Beginn der Aufnahmen und bis heute tatsächlich nicht ein einziges Mal gesehen! Wegen dieser Unsicherheiten haben wir auch bis sehr kurz vor Ende der Produktion kein Release-Datum genannt. Als wir dann Ende 2015 gemerkt haben, dass wir wirklich fertig werden, gab es zunächst Überlegungen, wie man vor Release noch Promo für die Platte machen kann. Allerdings erübrigten sich sehr viele Möglichkeiten schon allein dadurch, dass wir eben nicht mehr live spielen. Ich fand auch, dass man den Leuten, die wirklich die ganze Zeit an uns dran geblieben sind und die seit Ewigkeiten auf die neue Platte warteten, nicht mehr zumuten sollte, den Release noch weiter aufzuschieben. Darum die spontane Ankündigung zu Weihnachten: "Nächste Woche kommt die neue EP!"

Vorerst ist die Platte nur als digitaler Download erhältlich, viele Sammler würden sich aber sicher auch über einen CD-Release freuen. Ist in diese Richtung etwas geplant?

Bisher gibt es da keine Pläne. Vielleicht machen wir irgendwann mal eine kleine limitierte CD-Auflage, aber da kann ich nichts versprechen.

Du hast ja auch bei der neuen Platte wieder hintern den Reglern des Mischpults gesessen. Ist es schwierig sowohl als Musiker, als auch als Produzent bei einer Platte involviert zu sein?

Für mich ist es der geilste Job überhaupt, wenn ich für andere Bands nur als Mixer gebucht werde. Man überspringt viel der manchmal echt zermürbenden Drecksarbeit wie Aufnehmen und die Vorbereitung darauf. Stattdessen kann ich beim Mix in kürzester Zeit einen riesigen Effekt auf die Produktion haben, was einfach eine total dankbare Arbeit ist. Bei SYRANIC hatte ich das Glück, dass einige unserer Leute in der Lage sind, sich ohne meine Hilfe selbst zu recorden. Natürlich muss ich da hin und wieder was koordinieren, aber das ist grundsätzlich schon ein ziemlicher Luxus. Allerdings war ich bei den Gitarren-Aufnahmen komplett als Engineer dabei, und den Bass hab ich ja selbst eingespielt. Da ich den größten Anteil am Songwriting habe, achte ich während der Aufnahmen natürlich neben dem Sound auch extrem pingelig auf das, was inhaltlich abgeht. Da ist dann natürlich doppelte Konzentration gefragt. Nicht optimal ist auch, dass mir später beim Mix ein bisschen der Abstand zu den Songs fehlt. Darum war es auch sehr wichtig und hilfreich, dass wir Fabian Horn fürs Mastering gebucht haben. Ein zweites Paar Ohren am Sound beteiligt zu haben, ist Gold wert.

Wie kam es denn dazu, dass du auf der neuen Platte den Bass übernommen hast? Du bist ja ursprünglich als Gitarrist bei SYRANIC dabei gewesen.

Das stimmt, auf der alten EP und auch live habe ich noch Gitarre gespielt. Unser damaliger Bassist ist aber zwischenzeitlich ausgestiegen und wir haben einfach keinen neuen gefunden. Ich kenne halt irgendwie nur Gitarristen - ich glaube das Problem kennt jeder (lacht). Dass ich den Switch gemacht habe, ergab sich, als ich auf einer Party mit meinem alten Gitarristen-Kollegen Paul Langer gequatscht habe, mit dem ich lustigerweise als 15-Jähriger schon mal in meiner allerersten Band in der Schule gespielt hatte. Schon damals war der Spielstand in der Band Gitarristen 3 - Bassisten 0. Ich würde mal behaupten, er ist der beste Metal-Gitarrist, den ich persönlich kenne, und darum habe ich damals den Witz gemacht, er könnte ja als Gitarrist einsteigen und ich spiele dann einfach Bass. Irgendwie haben wir das dann wirklich durchgezogen. Hat mir für die Platte aber echt Spaß gemacht und ich bin mit der Gitarrenarbeit darauf auch mehr als zufrieden. Die hätte ich ganz sicher selbst nicht besser machen können.

Ihr habt die EP erst vor kurzem veröffentlicht, trotzdem möchte ich gerne wissen, ob ihr bei der bisherigen Resonanz die drei Jahre dauernde Pause bemerkt? Gerade in der heutigen schnelllebigen Branche ist es ja durchaus möglich, dass einen die Leute in dieser Zeit vergessen.

Ich wundere mich immer wieder, wer alles auch noch nach Jahren geschrieben hat, wann denn endlich die neue Platte kommt. Wir haben total Glück, dass die Leute immer noch Bock auf unsere Mucke haben. Ich war auch wirklich ein bisschen nervös, wie die Reaktionen denn so sein würden, sobald die Songs draußen sind. Neuer Sänger, neuer Shouter, anderer Sound. Ich finde, dass die neue EP nach wie vor total nach SYRANIC klingt, aber ich kann natürlich auch nicht verleugnen, dass es einige Veränderungen gab. Bisher sind die Reaktionen aber durch die Bank sehr gut und nicht zuletzt über euer Review haben wir uns natürlich total gefreut. SYRANIC ist das erste Projekt, mit dem ich eine zweite Veröffentlichung mache. Das heißt, ich war überhaupt zum ersten Mal in der Situation, dass es Fans gibt, die eine Erwartungshaltung gegenüber den Songs haben. Die konnten wir bisher aber offenbar erfüllen.

Wo wir eben die schnelllebige Branche angeschnitten haben: Ihr wart 2010 ja ganz vorne mit dabei, als diese ganze Djent-Welle losging. Inzwischen ist das Euroblast dem kleinen Bogen 2 in Köln entwachsen und zu einem dreitägigen Event geworden. Hast du das Gefühl, dass der Hype um die Szene heute noch so groß ist wie damals?

Es gibt ja Leute, die behaupten, dass Djent schon wieder vorbei ist. Aber ich würde eher sagen, dass die Szene nach wie vor riesig ist und sich einfach nur weiterentwickelt hat. Es gibt halt nicht mehr 100 Bands, die alle klingen wie MESHUGGAH-Coverbands, stattdessen haben diese jetzt zum Großteil ihr eigenes Ding gefunden. Da kann man immer noch "Djent" draufschreiben, wenn man will, und es spricht auch nach wie vor die selben Leute an, aber es ist einfach breiter gefächert. Ich glaube nicht, dass irgendwer heute beispielsweise noch behaupten würde "PERIPHERY klingen wie MESHUGGAH". Das wäre mittlerweile ungefähr so nah an der Wahrheit, wie die Behauptung "DRAGONFORCE klingen wie CANNIBAL CORPSE" (lacht).

Jetzt habt ihr euch mit "The Coriolis Delusion" gerade erst extrem stark zurückgemeldet, trotzdem muss ich natürlich nach eurem Debütalbum fragen. Ihr hattet ja schon einmal einen vollständigen Longplayer angekündigt, wie sehen denn da aktuell die Pläne aus?

Ich werde mich natürlich sehr zurückhalten, irgendeinen Zeitraum für die nächste Veröffentlichung anzukündigen. Allerdings kann ich schon ziemlich sicher sagen, dass wir wohl nicht mehr eine richtige LP machen werden. Wir produzieren in Zukunft lieber weiterhin EPs, die wir dann schneller releasen können.

Damit sind wir auch schon am Ende angekommen. Ich möchte dir danken, dass du dir die Zeit für unsere Fragen genommen hast. Die letzten Worte des Interviews gehören natürlich dir.

Ich würde mich zu allererst gerne bei allen Fans bedanken, die uns trotz der langen Pause treu geblieben sind. Vielen Dank für Eure Geduld, wir hoffen, dass Ihr die in diesem Ausmaß in Zukunft nicht mehr brauchen werdet. Vielen Dank für das Interview. Es war echt cool, diese ganzen Dinge mal aufklären zu können.

Redakteur:
Tobias Dahs

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