TAMOTO: Interview mit Dennis und Markus
09.08.2005 | 15:12Bei TAMOTO hat zusammen gefunden, was zusammen gehört: Dennis Poschwatta, Ex-Schlagzeuger der GUANO APES, und Markus Gumball, unter anderem Teil der Funk 'n Soul-Combo SUPERSHOP und Remixer für verschiedene Bands, kennen einander schon seit ihrer gemeinsamen Jugend in Moringen, haben zusammen WG-Zeiten durchlebt und sind auch heute noch - trotz der bisher getrennten musikalischen Wege - durch ihre Liebe zur Musik und zu Autos eng miteinander verbunden. Ihre unterschiedlichen Einflüsse haben sie nun gebündelt und legen mit "Clemenza" ein sehr abwechslungsreiches und gleichzeitig persönliches Debütalbum vor, für das sie unter anderem prominente Unterstützung von den Ex-GUANO APES-Mitgliedern Stefan Ude (Gitarre) und Henning Rünemapp (Bass) erhielten. Und sogar Interviews machen sie nur gemeinsam...
Elke:
Dennis, was denkst du, wie lange es dauern wird, bis TAMOTO ohne den Zusatz "neue Band des Ex-GUANO-APES-Schlagzeugers" auskommen?
Dennis:
Wahrscheinlich passiert das nie. Ich finde den Vergleich mit Dave Grohl zwar etwas doof, obwohl ich die FOO FIGHTERS sehr schätze. Aber ich habe vor kurzem erst wieder einen Artikel gelesen, in dem er als "Ex-Schlagzeuger von NIRVANA" bezeichnet wurde. Die FOO FIGHTERS haben bereits ihre vierte Platte gemacht, und immer noch taucht NIRVANA in dem Kontext auf. Ich glaube, auch bei mir wird das wie ein Rattenschwanz immer dabei sein, aber das ist okay.
Elke:
Wird die Scheibe in der Szene, aus der Markus stammt, ähnlich beworben, z. B. als "neue Band des Ex-SUPERSHOP-Musikers"?
Markus::
Da spielt das keine Rolle. Ich habe zwar ziemlich lange bei lokalen Bands gearbeitet, aber bin eigentlich ein relativ unbeschriebenes Blatt. Von daher gibt es keine Szene, in der das willkommen ist oder abgelehnt wird. Die Frage ist eher, ob die Leute mich akzeptieren in Verbindung mit Dennis.
Elke:
Ihr seid mit TAMOTO nach dem Ende der GUANO APES recht schnell in die Startlöcher gekommen - war das schon länger geplant?
Markus::
Es war gar nicht so lange im Voraus geplant. Als sich das Ende der GUANO APES abzeichnete, spielte mir Dennis einen Song vor, den er selbst komponiert hatte, und wir haben schnell gemerkt, dass wir zusammen ziemlich stark sein könnten. Danach haben wir so langsam angefangen, an gemeinsamen Stücken zu arbeiten. Das war im Oktober 2003.
Elke:
Seht ihr TAMOTO als Projekt oder als Band?
Dennis:
Anfangs war es eher als Projekt gedacht. Wir wollten einfach zusammen eine Platte machen und ganz viele Musiker dazuholen, mit denen wir Bock hatten zu arbeiten. Damals konnte man eher von einem Projekt sprechen. Nachdem wir aber unsere ersten Live-Auftritte hatten, die uns extrem viel Spaß gemacht haben, und es anfing professioneller zu werden mit Plattenvertrag und solchen Sachen, kann man jetzt eigentlich von einer Band sprechen.
Elke:
Habt ihr langfristig vor, euch feste Mitstreiter zu suchen?
Dennis:
Ja, zumindest im Live-Bereich. Bezüglich des Songwritings nicht, das werden wir weiterhin nur zu zweit machen. Aber für Auftritte wollen wir schon eine feste Combo haben.
Elke:
Aber momentan behelft ihr euch erst mal mit dem, der gerade verfügbar ist, oder?
Dennis:
Jein. Derzeit haben wir sozusagen eine A-Band, und wenn von denen jemand mal keine Zeit hat, haben wir Leute, die dann einspringen.
Elke:
Könnt ihr bei den vielen Musikern, die auf "Clemenza" mitgewirkt haben, eigentlich noch auseinander halten, wer welchen Song eingespielt hat?
Dennis:
Ja. Man hört das auch. Es war ein wirklicher Luxus, mit all diesen Menschen zusammenarbeiten zu können, weil wir songdienlich gezielt denjenigen einsetzen konnten, der am besten zu einem bestimmten Song passen würde. Ich zumindest kann alle drei Gitarristen vom Sound her auseinander halten.
Elke:
Wie empfindest du die Arbeit als Zwei-Mann-Team im Vergleich zur Arbeit in einer Band? Welche Vor- und Nachteile siehst du?
Dennis:
Der Vorteil ist ganz klar, dass es ganz kurze Wege sind. Die Ergebnisse kommen viel schneller zu Tage. Nachteile sehe ich bislang eigentlich überhaupt nicht, außer vielleicht, dass die Last und die Verantwortung allein auf zwei Schultern ruhen. Aber bislang ist das noch kein Problem.
Elke:
Ihr beide habt einen sehr unterschiedlichen musikalischen Background. Streitet man sich dann eher mal, wenn es um's Songwriting geht?
Markus::
Ich glaube, dass unsere Plattenschränke zwar stilistisch weit auseinander gehen, aber es gibt auch Übereinstimmungen. Das sind z. B. Sachen, die wir vor einigen Jahren in unserer gemeinsamen WG gehört haben. Ich denke, wir wissen, was wir wollen, nämlich energetische Rockmusik machen. Von daher gibt es keine großen Reibereien, eher bereichern wir uns durch die verschiedenen Stile.
Elke:
Dennis, du beschreibst dich auf eurer Homepage als "schlechten Gitarristen". Fiel dir der Wechsel vom Schlagzeug an die Gitarre sehr schwer?
Dennis:
Nein, gar nicht. Für mich ist das eine neue Herausforderung, und ich möchte im Leben immer gerne etwas dazulernen. Wobei ich auf der Platte auch getrommelt habe, und ich trommele auch immer noch. Für mich ist das gerade sehr spannend, vorne zu stehen, zu singen und Gitarre zu spielen. Das mit dem schlechten Gitarristen stimmt aber. Ich könnte dir noch nicht mal 'Blowing In The Wind' vorspielen, weil ich nur Songs beherrsche, die ich selbst geschrieben habe.
Elke:
TAMOTO klingen meiner Meinung nach deutlich abwechslungsreicher als die GUANO APES. Liegt das auch an euren unterschiedlichen Backgrounds?
Dennis:
Ich denke schon. Wobei das eigentlich merkwürdig ist, weil man annehmen sollte, dass man mit vier Leuten eher unterschiedliche Songs produziert. Allerdings haben wir mit den APES auch schon verschiedene Stile gemacht. Es liegt wohl mehr daran, wie wir an die Platte herangegangen sind. Wir haben einfach das gemacht, was uns Spaß machte, und wenn an der einen Stelle jetzt das Klavier und an einer anderen ein frickliger Bass-Teil ist, dann ist das eben so. Das war unser Vorteil, und daraus ist vielleicht auch die große Vielfalt entstanden.
Elke:
Gleichzeitig ist der Balladen-Anteil mit drei Songs nicht ganz gering. Spekuliert ihr schon irgendwie auf einen Charterfolg?
Dennis:
Wir haben uns eigentlich keine Gedanken darüber gemacht, ob wir nun Balladen drauf haben oder nicht, sondern einfach das aufgenommen, was wir geschrieben haben. Da steckt keine wirkliche Absicht dahinter. 'This Is The End' geht zum Schluss auch richtig ab in die Fresse, das ist keine wirkliche Ballade. 'Walk On By' hat zwar balladeske Anteile, geht aber meiner Meinung nach manchmal in die COLDPLAY-Richtung. Die Balladen sind also an sich schon wieder sehr unterschiedlich.
Elke:
Heute ist der 1. August - wie fühlt man sich an dem Tag, an dem die erste eigene CD in den Läden erscheint?
Dennis:
Ich hätte fast dieses Interview verpennt, weil ich erst mal losgelaufen bin und eine CD gekauft habe. Ich wollte einfach sehen, dass sie im Plattenladen steht, und das fand ich so lustig, dass ich sie gleich kaufen musste. Und wie fühlst du dich, Markus?
Markus::
Ich fühl mich auch total fröhlich. Ich bin allerdings nicht einkaufen gegangen, weil ich das Interview nicht verpennen wollte (beide lachen).
Dennis:
Es ist toll, dass das Teil jetzt endlich draußen ist, weil wir so lange daran herumgewerkelt haben. Das erfüllt einen schon mit Stolz.
Elke:
Wie waren die Reaktionen auf das Album bisher?
Dennis:
Durchwachsen, aber immer im positiven Sinn. Es gab Leute, die damit gar nichts anfangen konnten, aber die meisten waren positiv überrascht.
Elke:
Warum habt ihr einen Cover-Song aufgenommen, und warum gerade 'Warriors Of The Wasteland' von FRANKY GOES TO HOLLYWOOD?
Markus::
Wir haben festgestellt, dass das eine unserer ersten gemeinsamen Platten aus den 80ern war, wo FRANKY GOES TO HOLLYWOOD ja sehr angesagt waren. Da lag es nahe, das zu ehren und den Song Jahre später im eigenen Klang nochmals neu aufzunehmen.
Elke:
Was hat es mit diesen kurzen Zwischenstücken auf sich? Ich finde, sie bauschen die sowieso nicht gerade üppige Spielzeit unnötig auf.
Markus::
Zu unseren gemeinsamen WG-Zeiten haben wir so eine Art Hörspiele aufgenommen. Das waren immer irgendwelche wilden und eigentlich albernen Musikstücke, verbunden mit hörspielerischen Einlagen. Das soll so ein wenig daran erinnern. Es sind Klangcollagen, in denen Dinge gesagt werden sollten, die aber nicht länger als 30 Sekunden brauchen. Es war bestimmt nicht unsere Absicht, das Album damit zu strecken, zumal man das mit 30-Sekunden-Stücken kaum machen kann.
Elke:
Wären nicht ein, zwei Songs mehr drin gewesen? 45 Minuten Spielzeit ist nicht gerade viel.
Dennis:
Entschuldige mal, aber weißt du, wie lange die letzte LIMP BIZKIT-Platte war? Die hat es gerade mal auf 32 Minuten geschafft. Die letzte LINKIN PARK kam auf 35 Minuten. Auf unserer Special Edition sind außerdem noch zusätzliche Stücke enthalten. Wir haben versucht, die Platte wirklich wertig zu machen. Die Limited Edition enthält 13 komplette Songs, und ich denke, das findet man heute relativ selten. Eine durchschnittliche Platte enthält 10 oder 11 Songs und dann ist Feierabend. Ich finde, dass wir uns da schon viel Mühe gegeben haben.
Elke:
Die mir vorliegenden Promo-Fassung von "Clemenza" enthält angeblich nicht die endgültige Tracklist. Was hat sich bei der finalen Fassung noch geändert?
Dennis:
Da hat sich eigentlich nichts mehr geändert. Das Jewel Case enthält diese 16 Songs, und auf der Limited sind zwei Songs und ein Zwischenstück mehr.
Elke:
Was habt ihr mit Kühen am Hut, weil auf dem Cover eine solche abgebildet ist?
Dennis:
Wir kommen vom Dorf, und da kucke ich jeden Morgen in so ein Gesicht. Das Foto entstand auf meiner Nachbarweide.
Elke:
Die erste Single 'Beware' läuft zumindest auf meinem bevorzugten Berliner Radiosender rauf und runter. Habt ihr mit einem solch guten Start gerechnet?
Dennis:
Man hofft es natürlich, dass es irgendjemanden interessiert und dass es gespielt wird. Aber es hätte auch genau das Gegenteil eintreffen können. Für uns ist das toll, dass es so gekommen ist. In manchen Ecken wird der Song aber auch gar nicht gespielt - du bist da quasi in einer glücklichen Lage. (lacht)
Elke:
Gibt es schon Pläne für die nächste Single-Auskopplung?
Markus::
Es ist noch nicht ganz raus, welches Stück es werden wird, aber es gibt schon eine engere Auswahl. Mehr verraten wir aber noch nicht.
Elke:
Gemäß der Presseinfo habt ihr kein glückliches Händchen, wenn es darum geht, neue Worte zu erfinden, weil sich hinterher immer herausstellt, dass es diese Begriffe bereits gibt. (Der Bandname TAMOTO, eigentlich als Fantasiename gedacht, bezeichnet die umgeschlagene Krempe eines Samurai-Kimono, und der Albumtitel "Clemenza", der eigentlich eine Huldigung an Mischer Clemens Matznik darstellen sollte, kommt aus dem italienischen und bedeutend "glänzend".) Inwieweit denkt ihr, dass ihr wenigstens musikalisch das Rad neu erfinden könnt?
Dennis:
Seit den 70er Jahren kannst du im Rock-Bereich nichts mehr neu erfinden, weil schon alles gespielt wurde. Es gibt immer nur neue Konstellationen, neue Reihenfolgen, aber neu erfinden kann man nichts mehr.
Elke:
Ich muss euch gratulieren zu eurer geschickten Marketing-Strategie. Diese Versteigerung bei ebay (dort wird eine Maske mit den Gesichtszügen von Dennis versteigert, die er nur ein einziges Mal bei einem Auftritt der GUANO APES im Rahmen der Bravo Super Show in Stuttgart im Jahr 2002 getragen hat) ist ja quasi eine kostenlose Werbung. Das kann mir niemand weiß machen, dass das wirklich nur karikativen Zwecken dient und nicht vorwiegend der Promotion des Albums.
Dennis:
Das mag vielleicht sein. Aber ist es nicht schön, trotzdem etwas Gutes zu tun?
Elke:
Doch, natürlich. Aber was war der eigentliche Vater des Gedankens - die Werbung oder der karikative Zweck?
Dennis:
Beides. Natürlich die Werbung, aber auch, gleichzeitig etwas Gutes zu tun. Da ist ja auch nichts Schlimmes dran.
Elke:
Wie hoch ist das Gebot derzeit?
Dennis:
So um die 220 Euro. Das finde ich schon ziemlich hoch, denn wer will denn schon so eine blöde Maske von mir haben? Davon können schon wieder vier Leute typisiert werden.
Elke:
Warum fließt der Erlös dieser Versteigerung ausgerechnet an die Stefan-Morsch-Stiftung, die sich für an Leukämie erkrankte Menschen einsetzt?
Dennis:
Wir haben damals mit den GUANO APES auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung gespielt, auf der auch Markus' Band SILENT HECTIC aufgetreten ist. Dort haben wir uns auch alle typisieren lassen. Ich hatte auch vor kurzem erst wieder einen Brief im Kasten, dass ich Blut spenden soll, weil vielleicht Übereinstimmungen vorliegen, was aber leider dann doch nicht der Fall war. Auch Markus musste schon mal Blut abgeben. Eine Bekannte von uns hat sogar schon Knochenmark gespendet. Ich kenne die Stiftung bereits seit 1996.
Elke:
Du hast für "Clemenza" Unterstützung von zwei Ex-GUANO APES-Musikern bekommen. Ihr versteht euch also immer noch gut?
Dennis:
Mit den beiden ja.
Elke:
Was machen sie gerade, wenn sie nicht bei TAMOTO aushelfen?
Dennis:
Stefan kommt seinen väterlichen Pflichten nach, er ist vor einem Monat Papa geworden. Henning produziert noch andere Bands, hat ein Studio in Hannover und ist Dozent an der Musikschule.
Elke:
Und was macht Sandra?
Dennis:
Die macht glaube ich gerade ihre Solo-Platte.
Elke:
Habt ihr schon Pläne für eine Tour?
Dennis:
Wir haben bereits einige Male live gespielt und hoffen, für Oktober einen Support-Slot zu kriegen. Und unsere Booking-Agentur versucht gerade, für November eine eigene Headliner-Tour zu buchen.
Elke:
Angenommen, ihr müsstest eine Headliner-Show von ca. 90 Minuten bestreiten. Würdest ihr auch Songs der GUANO APES mit in die Setlist einbauen, um die Zeit zu füllen?
Dennis:
Nein, bestimmt nicht. Dann spielen wir lieber Sachen von SKUNK ANANSIE oder NO DOUBT. Wir kriegen die Zeit schon voll. Vermutlich werden wir einen zusätzlichen Cover-Song spielen, und wir haben auch noch ein paar weitere eigene Songs in petto.
Elke:
Plant ihr insgeheim schon die GUANO APES-Reunion-Tour für das Jahr 2008?
Dennis:
Mein Geld reicht glaube ich noch bis 2009... Nein, das ist derzeit von meiner Seite aus nicht geplant.
- Redakteur:
- Elke Huber