THE CROWN: Eine Zeitreise mit Frontmann Johan Lindstrand
12.10.2024 | 14:34Seit einer gefühlten Ewigkeit verbindet mich mit THE CROWN vor allem das legendäre "Deathrace King"-Album, ein Meilenstein im melodischen Hyperthrash und Death & Roll und vielleicht bis heute auch das beste Album seiner Sparte. Trotz zahlreicher Besetzungswechsel sind die Schweden seither in Würde gealtert, aber eben längst noch nicht beim alten Eisen angelangt. Mit Teilen des früheren Line-ups haben sie dieser Tage eine weitere Granate eingestellt, die Anlass für das Gespräch mit Frontmann Johan Lindstrand ist.
Bevor ich überhaupt eine erste Frage stellen kann, geht Johan direkt völlig euphorisch in die Vollen...
Ich finde es einfach unglaublich, dass "Deathrace King" eine solche Wirkung hatte und immer noch hat, doch es ist zweifelsohne ein starkes Album. Damals kam einfach alles passend zusammen, und genau dieses Gefühl habe ich nun auch bei unserer neuen Scheibe wieder. Zwar liegen soundtechnisch Welten zwischen den beiden Platten, doch die Energie, die wir aufgefahren haben, ist durchaus vergleichbar. Deshalb bin ich auch immens aufgeregt auf den Release, weil ich mir einfach sicher bin, dass wir ein starkes Album anbieten können. Aber warten wir es ab. Man kann nie einschätzen, wie die Leute reagieren werden, weshalb ich davon ausgehe, dass das ein lustiger Freitag werden wird.
Die neue Scheibe hört auf den Namen "Crown Of Thorns", und ich denke mal, der Titel wurde nicht zufällig gewählt, weil er an die Frühphase unter genau diesem Namen erinnert. Was bedeutet er für dich?
Wir dachten, dass es ziemlich cool sei, noch einmal einen Link zu unseren Anfängen zu schaffen, doch gleichzeitig ist dieses Album nach 35 Jahren ein neuer starker Anfang. Wir haben wieder mal ein erneuertes Line-up und hoffen, dass wir die letzten Jahren mit dieser Band noch gehörig auskosten können.
Ihr habt für die Aufnahmen zu "Crown Of Thorns" auch wieder euren alten Kumpel Marcus ausgegraben, der die Band seinerzeit verlassen hat. Wie ist es zu dieser erneuten Zusammenarbeit gekommen?
Als wir angefangen haben, die neuen Songs zu proben, waren wir nur zu viert, also fragten wir Marcus, ob er bereit ist, bei den Aufnahmen ein paar Soli einzuspielen, da wir zu dieser Zeit keinen Leadgitarristen hatten. Er war sehr glücklich darüber, uns helfen zu können, also übergaben wir ihm das Material, damit er mal wieder etwas Magisches zaubern konnte. Nach einer Weile fragte Marko ihn schließlich, ob er nicht wieder fest einsteigen möchte, und da musste er nicht lange überlegen. Es waren immerhin zwölf lange Jahre, seit er gegangen ist, und es fühlt sich fantastisch an, ihn wieder dabei zu haben. Er weiß am allerbesten, wofür THE CROWN tatsächlich steht.
Eure letzten Alben haben immerzu fantastische Presse bekommen. Es ist anzunehmen, dass sich der Druck auf euren neuen Release dadurch noch einmal deutlich erhöht hat, oder?
Wir sind mit 20 Songs ins Rennen gegangen, von denen 13 übergeblieben sind. Unsere Musik kommt immer aus unserem Herzen, und es ist uns erst einmal gleich, wie die Leute über uns denken, da wir in erster Linie uns selbst zufriedenstellen müssen. Natürlich freuen wir uns über gutes Feedback, aber das ist sicher nicht unsere Triebfeder, aber auf alle Fälle ein guter Ansporn. Es geht uns definitiv um die Fans da draußen, und wir sind sehr dankbar, dass wir diese Band immer noch aktiv halten können.
In meinen Augen klingt "Crown Of Thorns" nicht direkt wie ein typisches THE CROWN-Album. Ihr variiert recht viel, nehmt öfter mal das Tempo raus und arbeitet viel mehr mit klassischen Gitarrenharmonien. Hat es diesmal neue, frische Einflüsse gegeben, oder woher stammt diese Entwicklung?
Für diese neue Platte gibt es definitiv einige Punkte, die man benennen muss. Zunächst mal sind wir diesmal nicht bei Fredrik im Studio Fredman gelandet. Wir haben die letzten beiden Scheiben und insgesamt schon vier Produktionen bei ihm gemacht. Auch wenn er ein verdammt cooler Typ ist und einen superben Job macht, wollten wir diesmal etwas anderes probieren. Marko hat die Aufnahmen diesmal selbst in die Hand genommen, sowohl in einem kleinen Studio direkt neben unserem Proberaum, sowie in seinem eigenen MT Studio. Danach haben wir das Material Jonas Kjellgren übergeben, und dank seiner Hilfe haben sie im Black Lounge Studio noch mal ein ganz neues Level erreicht. Ich würde ganz klar sagen, dass es unser bestproduziertes Album ever ist, und darauf sind wir extrem stolz.
Gone to Hell
https://www.youtube.com/watch?v=GClF0KcZukU
Natürlich haben wir aber auch anderweitig Veränderungen vorgenommen. Bis dato haben Marko und unser ehemaliger Bassist Magnus den Löwenanteil des Songwritings übernommen, doch nach dem Positionswechsel am Tieftöner musste Marko hier noch mehr Verantwortung übernehmen, das macht sich am Ende auch bemerkbar. Markos DNA ist weiter denn je zuvor in unseren Songs verteilt, was der Platte einen klareren roten Faden gibt, als beispielsweise noch "Royal Destroyer", wo immerhin vier Songschreiber am Werk waren.
Du sagtest bereits, dass externe Erwartungen euch kaum beeinflussen. Dennoch glaubt man doch immer wieder, dass THE CROWN auch eine Menge Punk intus hat. Das scheint mir bei "Crown Of Thorns" aber kaum mehr der Fall. Wie kommt das?
Das stimmt, ich persönlich habe diese Erwartungen auch nicht, obwohl ich diese raue Rock & Roll-Seite der Band wirklich liebe. Magnus war derjenige, der diese Vibes in unsere Songs gebracht hat, und sein Ausstieg hat eben auch Neuerungen mit sich gebracht. Wir wollen THE CROWN im Jahr 2024 als wiedergeborene, frische Band sehen und uns nicht immer nur an alten Trademarks festhalten.
Als ihr damals mit "Deathrace King" so richtig durchgestartet seid, haben euch Fans und Kritiker eine erfolgreiche Karriere prognostiziert. Leider hattet ihr in der Folge immer wieder mit Besetzungswechseln zu kämpfen. Glaubst du, dass die fehlende Kontinuität im Line-up euch diesen Erfolg genommen hat?
Ach, natürlich wollen alle Bands bei ihrer Gründung am liebsten für immer in der gleichen Formation zusammenbleiben. Wenn du als junger Teenager mit deinen Schulkameraden deine erste Band gründest, hast du diesen Idealismus noch. In dieser Phase ist alles unschuldig und jungfräulich, und du hast das Gefühl, die beste Zeit deines Lebens zu erleben. Doch je älter man wird, desto stärker werden die Hindernisse an allen Fronten. Man muss einem Job nachgehen, gründet eine Familie, bekommt Kinder und entwickelt auch neue musikalische Vorlieben. Kurz gesagt: Leute verändern sich, das ist unvermeidlich. Infolgedessen ist es immer schwieriger, eine gute Balance zwischen deinem Privatleben und dem Leben als Musiker hinzubekommen, weil man schlichtweg nicht mehr alles unter einen Hut bekommt. Wir sind nunmal keine Millionäre, weshalb man manchmal eben Opfer bringen muss, die von den Leuten nicht immer verstanden werden. Wenn man die Band in Vollzeit machen könnte, wäre sicherlich jeder happy. Aber das ist illusorisch in diesem Genre. Wir sind wieder da, und wir wollen noch mehr Death Metal kreieren - das ist für den Moment alles, was zählt!
Da ich selber nicht als Musiker beschäftigt bin, kann ich wahrscheinlich schwer nachvollziehen, wie es sich anfühlen muss, eine Band, die man jahrelang begleitet hat, zu verlassen. Du hast sogar zweimal diesen Schritt unternommen. War es daher nicht noch schwieriger, dich erneut zu überzeugen, wieder Part von THE CROWN zu werden?
Nun, das ist ein klassisches Missverständnis, das immer wieder falsch dargestellt wird. Ich bin nach dem Tourzyklus zu "Deathrace King" gegangen, allerdings ohne böses Blut. Als sich die Dinge mit Thomas (Lindberg, AT THE GATES) für beide Seiten nicht so darstellten, wie man es sich erhofft hatte, bin ich noch einmal zurückgekehrt, um bei einigen bereits gebuchten Festivals auszuhelfen. Bevor ich mich versah, war ich plötzlich wieder Teil dieser Band. 2004 wollten dann außer mir alle anderen Musiker die Band verlassen, was sich ebenfalls sehr komisch anfühlte.
Also gründete ich ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUINTET, um weiter am Ball zu bleiben. Als die Jungs 2009 von einer Reunion sprachen, war ich direkt wieder Feuer und Flamme, war aber noch viel zu beschäftigt mit meiner neuen Band. Deswegen haben sie auch Jonas Stålhammar rekrutiert. Doch auch hier gab es Probleme, also bin ich endgültig wieder dazugestoßen und seitdem auch konstant dabei. Das muss ca. 2011 gewesen sein. Insgesamt bin ich zwar mehrmals wieder hinzugekommen, aktiv gegangen bin ich jedoch nur einmal. Übrigens war meine erneute Rückkehr ebenfalls mit Problemen behaftet. Kurz vorher unterhielt ich mich mit Marko über unsere jeweiligen Vorstellungen, und ich war mir nicht sicher, ob das alles funktionieren würde. Ein paar Tage später, als ich zum ersten Mal wieder mit der Band aktiv war, ist jedoch die Sicherheit geboren, dass ich nirgendwo anders hingehöre als zu THE CROWN.
Die letzten Wechsel beziehen sich vorwiegend auf die Rückkehr alter Kollegen. Das klingt ganz so, als sei diesmal alles stabiler bei euch.
Wir arbeiten wirklich gut zusammen, insbesondere die neuen Leute haben richtig viel Biss und wollen die Band weiterentwickeln. Wir haben alle das gleiche Ziel vor Augen, es gibt also kein spezifisches Geheimrezept. Wir wollen viel Spaß zusammen haben und uns auch weiterhin als Einheit präsentieren. Uns ist wenig daran gelegen, MEGADETH nachzueifern und jede Woche einen neuen Gitarristen zu präsentieren.
Sobald man neues Material anpackt, entwickelt man relativ schnell auch persönliche Favoriten. Welcher Song bedeutet dir auf "Crown Of Thorns" am meisten?
Nun, mir gefällt das ganze Album sehr gut, allerdings kann ich 'God-King' hervorheben, weil mich die Nummer richtig euphorisch macht. Die Harmonien und auch die Vocals sind auf mächtig viel Speed aus, und genau das gefällt mir sehr gut. Außerdem finde ich es cool, dass Mikael beim Verfassen der Texte eine eher unbekannte Seite von Sauron nach außen kehrt.
Ihr seid nun schon eine ganze Weile in dieser Szene aktiv. Auch wenn man auf euren Alben immer noch das Gefühl hat, der Jungbrunnen würde in eurem Proberaum stehen, wird es sicherlich immer schwerer, die Energie auch noch auf der Bühne zu reproduzieren. Hat sich hier irgendetwas entscheidend verändert?
Nun, damals hatte ich noch Haare (lacht). Nein, das ist natürlich nicht alles. Wir werden alle älter, das können wir nicht verhindern, und es ist schier unmöglich, diese Bühnenpräsenz der frühen Tage auch heute noch aufzubringen. Trotzdem wollen wir eine tighte Performance auf die Bühne bringen und die Energie unserer Songs auch dort konservieren. Ein Fun Fact hierzu ist, dass wir für ein paar Shows die Dienste von Mateo Tervonen in Anspruch genommen haben, bevor Marcus endgültig zurückgekehrt ist. Der Junge ist erst 18 Jahre alt und spielt bei SARCATOR. Ein exzellenter Musiker und ein Metalhead durch und durch, was er bei unseren Shows hergezaubert hat, war nicht von dieser Welt. Mich hat das an meine jungen Jahre erinnert, als mich einfach nichts stoppen konnte. Jetzt wo ich fast 50 Jahre alt bin, lege ich den Fokus auf andere Dinge, denke aber, dass wir immer noch ein fantastischer Live-Act sind.
Dies hätte ich im letzten Jahr gerne auch in Düsseldorf bezeugen wollen. Ich hatte vorher schon in allen erdenklichen Internetforen zu eurer Band den Wunsch hinterlegt, dass ihr einmal überhaupt 'I Won't Follow' spielen würdet, dachte aber irgendwie, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben würde. Just an diesem Tag wurde im Großraum Essen der gesamte öffentliche Nahverkehr aufgrund einer Bombenentschärfung flachgelegt, so dass ich die Show verpasste. Als ich dann nachher die Setlist begutachtete, habe ich mir richtig in den Allerwertesten gebissen - denn ihr habt den Song tatsächlich gespielt. Ich hoffe, du hast den Wink mit dem Zaunpfahl erkannt, was eure nächsten Shows betrifft...
...ja, ich glaube schon. Wir haben den Song im letzten Jahr tatsächlich zum ersten Mal in die Setliste gebracht, und es hat sich wirklich richtig cool angefühlt. Mittlerweile können wir aus so vielen Songs auswählen, dass es immer schwerer wird, eine repräsentative Setliste zu erstellen. Aber wer weiß, vielleicht taucht die Nummer auch bald wieder dort auf.
Welche Stücke würdest du denn dort gerne sehen?
Puh, das ist eine sehr schwere Frage. Ich persönlich mag 'Death Of God' vom "Eternal Death"-Album sehr gerne, außerdem 'The Serpent King' und 'In Bitterness And Sorrow' von der gleichen Platte. Außerdem ist 'Dead Man's Song' von "Deathrace King" ein sehr, sehr guter Song!
Wie gehst du denn mit denjenigen Nummern um, die entstanden sind, als du nicht Teil dieser Band warst?
Das ganze "Crowned In Terror"-Album ist hervorragend, und es macht mir überhaupt nichts aus, die Songs auch live zu bringen. Wir haben die Platte ja auch als "Crowned Unholy" noch mal neu eingespielt. Außerdem singe ich hin und wieder Material von "Doomsday King" live, 'The Tempter And The Bible Black' war relativ häufig dabei.
Daher nun auch die entscheidende Frage: Wann seid ihr wieder in Deutschland unterwegs?
Wir werden im März 2025 auf dem Heidelberg Death Fest spielen, hoffen aber, dass auch noch eine Tour anschließen kann. Wir freuen uns, euch alle wiederzusehen!
Fotocredit: Daniel Johansson
Churchburner
https://www.youtube.com/watch?v=aBygn53vC8E
- Redakteur:
- Björn Backes