THE DEVIL'S BLOOD:Interview mit Selim Lemouchi
18.03.2012 | 15:26Ein Interview mit THE DEVIL'S BLOOD ist eine seltsame Angelegenheit für mich. So sehr ich die Musik der Band mag, so skeptisch stehe ich dem ganzen Drumherum gegenüber. Die anti-kosmischen Theorien interessieren mich wenig, aber das überdimensionierte Abfeiern der Band an allen möglichen und unmöglichen Orten, stößt sicherlich nicht nur mir etwas sauer auf. Ein Umstand, für den die Band an sich erst einmal wenig kann und die der Band auf Dauer eher schadet. Ich kenne nicht wenige potenzielle Hörer, die THE DEVIL'S BLOOD ablehnen, weil sie einen derartigen Zuspruch von den Medien bekommt. Weniger kann auch manchmal mehr sein. Sicherlich kann der band das momentan völlig gleichgültig sein, denn besser laufen kann es für sie aktuell ja kaum.
Vielleicht kann das nachfolgende kurze Gespräch mit Bandkopf Selim Lemouchi die Situation beleuchten.
Selim, lasse mich zuerst sagen, dass ich das letzte Album sehr gelungen finde. Ich mag es, wenn Bands mit neuen Elementen experimentieren, auch wenn man sich als Hörer erst damit anfreunden muss. Vielleicht magst Du uns mal die Veränderungen aus Deiner Sicht beschreiben.
Ich vergleiche die Alben nicht. Jedes Album steht für sich. Es gibt niemals einen Masterplan oder einen klaren Weg, den wir beim Komponieren oder Erarbeiten eines Albums verfolgen. Ich denke, dass der Fortschritt, den Du hörst, einfach eine Band ist, die immer besser wird und die sich ganz natürlich in neue Territorien bewegt.
Dieses Mal gibt es den Einsatz von klassischen Instrumenten zu verzeichnen, was der Musik etwas mehr Abwechslung gibt. Wie wollt ihr diese Passagen live reproduzieren? Der Einsatz synthetischer Ersatzinstrumente scheint mir beinahe paradox bei einer Band wie THE DEVIL'S BLOOD.
Es gibt aktuell keine Pläne die klassischen Arrangements live zu spielen. Aus Zeit- und Kostengründen gibt es auf dem Album aber auch keine "echten" Instrumente zu hören. Daran ist auch gar nichts paradox.
Wie beurteilst Du die Reaktionen der Presse? Ist es nicht ein bisschen seltsam, Interviews mit Publikationen wie dem Spiegel oder dem Hamburger Abendblatt zu führen?
Was spielt es denn für eine Rolle, wer die Fragen stellt? Ich muss mich immer motivieren, wenn es darum geht, Interviews zu geben. Der große Vorteil bei Interviews mit etablierten Magazinen ist meist, dass die Fragesteller ihre Hausaufgaben gemacht haben. Sie haben sich in der Regel über die Band informiert und wissen, wovon sie reden. Dadurch wird diese Angelegenheit immer weniger frustrierend.
Ist es nicht beinahe witzig, dass euer Image sämtliche Eltern und Lehrer vor 20 Jahren noch in helle Aufregung gebracht hätte. Heute bringt es euch Presse und Lob. Wieso hat sich dieses Weltbild verändert?
Vielleicht ist die Welt selbst erschreckender als es THE DEVIL'S BLOOD jemals sein können.
Bei all' dem Rummel um die Band, muss ich fragen, inwieweit diese Situation dich persönlich beeinflusst.
Überhaupt nicht. Das lasse ich ganz einfach nicht zu.
In den letzten Monaten scheint es so als würde die Band nur noch aus Dir und Deiner Schwester bestehen. Zumindest, wenn man sich die Promophotos ansieht. Keine Frage, Du bist der Hauptsongschreiber der Band, keine Frage, aber man gewinnt schnell den Eindruck eines Lemouchi-Projektes und nicht den einer kompletten Band. Ein Umstand, den ich gerade in der Metalszene für nicht unbedeutend halte.
THE DEVIL'S BLOOD hat mit uns beiden begonnen und soll auch mit uns beiden enden. Es war niemals anders. Und wir haben auch niemals etwas anderes behauptet. Und wenn man sich wirklich über die öffentliche Meinung Gedanken machen würde, wäre man gar nicht der "Unabhängige".
Kommen wir mal auf das Komponieren zu sprechen. Kann man sagen, dass das eine Art von Befreiung für Dich darstellt? Komponierst Du in erster Linie für Dich selbst und musst Du in einer bestimmten Stimmung sein, um schreiben zu können? Kannst Du Dich gezielt in diese Stimmung versetzen?
Wenn ich schreibe, bin ich wie eine Marionette, die von großen Klauen geführt wird. Da gibt es kein Entkommen, keine Freiheit, keine Pause. Ich muss dann etwas fertig stellen. Ich habe keinerlei Einfluss darauf, wann das geschieht und wenn es vorüber ist, fühle ich mich wie ein vergewaltigtes Opfer in Erwartungen vor der Rückkehr des Aggressors. Allerdings genieße ich diese Kraftlosigkeit und dieses Opfergefühl, weil daraus so wundervolle Kunst fließen kann.
Mich interessiert euer Image recht wenig. Dafür finde ich die Musik halt ziemlich toll. Ist es nicht seltsam, dass gerade jetzt so viele Newcomer mit eben jenem Retrosound aus der Versenkung auftauchen? Glaubst Du, dass es daran liegt, dass die Hörer offener werden für diese Art der Musik oder dass relativ viele Leute heute nicht mehr auf diese beinahe klinisch produzierten Alben stehen?
Keine Ahnung. Ich höre solche Musik nicht und kann das daher nicht beurteilen. Ich habe absolut keine Ahnung, warum die Leute aktuell verstärkt auf solche Musik stehen, ich bin nur froh, dass sie sich uns anhören anstelle von irgendwelchem Mist.
Lass' mich die abschließende Frage nach den Zukunftsplänen stellen.
Auf Tour gehen. Wir werden in diesem Jahr viel mehr Rituale spielen, da wir unsere Message verbreiten möchten.
- Redakteur:
- Holger Andrae