THE OTHER: Van Tom und Rod Usher wünschen "Happy Halloween"
28.10.2025 | 23:22Ein neues, aber vertrautes Kapitel bei THE OTHER wird nun aufgeschlagen: "Alienated" steht in den Startlöchern, erscheint pünktlich zu Halloween und verspricht ein absoluter Leckerbissen für Freunde des gepflegten Horrorpunks zu werden. Es geht ein wenig back to the roots, nur um dann wieder komplett nach vorne und in die Zukunft zu schauen. Wir sprechen deshalb mit Frontgespenst Rod Usher und Gitarrist Van Tom über Entfremdung, Horror, Entwicklung und Fortschritt und tauchen ein wenig tiefer ein in fremde Gezeiten.
Wie geht es euch, seid ihr schon bereit für die dunkle Jahreszeit?
Rod: Lieber Marcel, danke, dass wir wieder dabei sein dürfen. Und ja, wir sind sowas von bereit: Nieselregen, Nebel, die Blätter fallen – das ist Stimmung pur. Perfekt für THE OTHER, unser neues Album und die Tour.
"Haunted" ist knapp fünf Jahre alt. Seitdem hat sich das Bandkarussell gedreht. Ihr habt eine komplett neue Klampfenfraktion – weshalb haben denn Ben und Pat die Band verlassen?
Rod: Ach du, die Pandemiezeit war einfach nicht gut zu uns. "Haunted" kam ja 2020 und war unser bisher größter Erfolg – inlusive Chartentry auf Platz 67. Danach haben wir noch ein Hörspiel gemacht, mit tollen Gästen von KREATOR bis IN EXTREMO, ein cooles Puzzle und dann kam das große Loch. Keiner war mehr motiviert, so ohne Konzerte, Proben und Pläne. Und dann orientieren sich manche neu. Erst war Drummer Dr. Caligari weg, dann folgte Gitarrist Pat, um der Familienplanung nachzugehen, dann schließlich Ben und Aaron – auch auf Grund unterschiedlicher musikalischer Vorstellungen. Ich Punk, sie eher Hard Rock. Das gab letztendlich den Ausschlag. Wir sind aber weiterhin befreundet, gerade trafen wir uns noch bei einem Gig von Aaron, der jetzt Country macht, und Ben springt in Kürze live ein.
Ihr wurdet aber fündig mit J. Ends und Van Tom. Wie seid ihr auf die beiden aufmerksam geworden, und wie konnten sie sich in die Arbeiten zum neuen Album integrieren?
Rod: Manchmal hat man Glück – oder gute Kontakte, die Empfehlungen aussprechen. J. Ends und Van Tom sind beides Freunde von Freunden, und mit beiden war ich direkt auf derselben Wellenlänge. Manchmal merkt man sofort, dass das klappen wird. J. war schon ein knappes Jahr in der Band, bevor Tom dazu stieß. Und es dauert nicht lange, da schrieben wir die ersten Songs zusammen. Dann kam Tom dazu, und da lief es ebenso, beide haben tolle Heimstudios, sind grandiose Musiker und unfassbar kreativ und motiviert. Es ist eine schaurige Freude.
"Alienated", so heißt das neue Werk, was zufälligerweise an Halloween erscheint. Ist es tatsächlich ein Zufall oder verlief das Veröffentlichungsdatum in Abstimmung mit und auf Wunsch von euch?
Rod: Zugegeben, eigentlich wollten wir früher releasen, aber da unsere "Hell Nights"-Tour dann schon geplant war und man natürlich auf Tour viele Tonträger verkauft, haben wir den Releasetermin in Abstimmung mit Label und Booking verlegt. Das stellte sich im Nachhinein als Glück raus, denn der Mix des Albums zog sich sehr lange hin, und letztendlich war es eine sehr knappe Kiste.
Thematisch geht es um Entfremdung und düster-melodische Klänge. Was genau meint ihr mit Entfremdung, was macht euch daran genau Angst?
Rod: Es ist, als würde man durch eine Welt laufen, die immer schneller, lauter und kälter wird – und man selbst verliert nach und nach die Verbindung. In den letzten Jahren ist viel passiert, das dafür sorgt, dass man am liebsten hier weg möchte, um diese Welt hinter sich zu lassen. Wenn ich manchmal sehe, was Leute, von denen man dachte, sie zu kennen, im Internet posten und überhaupt jeglichen Anstand oder logisches Denken vermissen lassen, verliere ich das letzte Stück Vertrauen in die Menschheit. Ich persönlich könnte mir also eine Arche ins All gut vorstellen – auch wenn der Film Aliens eine klare Warnung davor ist. Unsere Songs spiegeln genau dieses Gefühl wider – die Spannung zwischen Sehnsucht und Isolation. Die düster-melodischen Klänge sind dabei wie ein Ventil. Sie geben dem Unbehagen eine Form, etwas Schönes im Dunkeln. Und vielleicht ist das auch der Trost: Wenn man das Gefühl teilt, ist man nicht mehr ganz so allein damit.
Hand aufs Herz, seit "Haunted" hat sich viel geändert. Wie hat sich denn der THE OTHER-Sound musikalisch seitdem weiterentwickelt, worin liegen die musikalischen Unterschiede zum Vorgänger?
Van Tom: Zum einen sind wir sicherlich mehr back to the roots gegangen und sind in unseren Songstrukturen wieder gradliniger und eingängiger geworden. Wir wollten die rohe Energie und Attitüde des Punks zurückbringen und dabei auch mitreißender sein als auf den letzten Alben und so zum Mitgrölen und Abgehen einladen. Zum anderen ist die Produktion aber parallel deutlich komplexer geworden. Wir haben mehr Gitarren gelayert und mehr elektronische Elemente, wie beispielsweise Soundeffekte, in die Produktion eingebracht. Das fühlte sich mit dem Titel des Albums "Alienated" für uns so richtig an.
Schon die Single 'A Ghost From The '80's' hat mir extrem gut gefallen und ist inspiriert von Klassikern wie FRIGHT NIGHT, BEETLEJUICE, GHOSTBUSTERS, etc. Was macht für euch den Reiz dieser Klassiker aus? Ist das euer persönlicher Tribut an die damalige Zeit?
Rod: Ganz klar, ja. Es ist unser Tribut an unsere Kindheit und die Einflüsse der Zeit. Diese Filme habe ich alle damals im Kino oder auf VHS gesehen und geliebt. Von kaltem Krieg oder Reaganomics haben wir damals nichts mitbekommen, wir liebten einfach diese gruselig-witzigen, unschuldigen Filme – und Songs wie 'Runaway' von BON JOVI oder 'The Final Countdown' von EUROPE. Die Keyboards dieser Klassiker haben wir für unseren Song also aufgegriffen – der damit eine kleine Zeitreise geworden ist. Vielleicht auch in eine bessere Welt, um beim Thema zu bleiben.
Dort wie auch in 'I Give You The Creeps' zeigt ihr euer Händchen für tolle Musikvideos. Mit dem Song geht ihr bewusst back to the roots, oder?
Rod: Mit voller Absicht. Der Punk-Rock-Part sollte ganz klar die THE OTHER von früher widerspiegeln. Aber da wir schon immer auch vom Goth-Rock beeinflusst waren, musste eben auch ein düsterer Part mit rein. Und na klar: die Ohohoh-Stadionchöre gehören halt zum Horrorpunk. Eigentlich haben wir alles integriert, was THE OTHER ausmacht, inklusive des absichtlich düster-romantischen, "campy" Videos, das unser Gitarrist J. Ends selbst beeindruckend animiert und produziert hat. Ich hoffe, er hat Lust, noch mehr solcher Videos oder einen ganzen Animationsfilm zu machen. Der Song läuft übrigens in Rotation auf Rocksendern wie Radio 21, Rockland etc., was uns mächtig Stolz macht. Anscheinend haben wir einen Nerv damit getroffen.
Auch 'Horror Movie Monster' gefällt mir extrem gut. Was macht für euch denn das perfekte Monster eines Horrorstreifens aus? Habt ihr ein Lieblingsmonster?
Van Tom: Wir alle entwerfen sogar unsere Charaktere nach unseren Lieblingsfiguren. So hat jeder seine offensichtliche Präferenz, was die Figuren angeht. Aber am besten sind die Monster natürlich immer dann, wenn sie der perfekte Antiheld sind. Man also gleichermaßen Sympathie und Faszination für den Charakter empfindet und sich eben doch gruselt.
Rod: Mein Charakter ist eine Art Werwolf – und der "Wolf-Man" fasziniert mich schon immer. Das Animalische im Menschen, von Liebe bis Gewalt, das bietet viele Möglichkeiten des Storytellings und man findet sich auch selbst zum Teil darin wieder. Aber zugegeben, ich mag auch den Vampir sehr gerne, egal ob die rattenhafte Nosferatu-Variante oder der dunkle Lord. Mein Lieblings-Filmmonster ist aber die Creature from the black Lagoon [auf Deutsch: der Schrecken vom Amazonas - Anm. d. Red.]. Ich hoffe auf ein längst überfälliges Remake.
Eine besondere Beziehung habt ihr zur Legende Vincent Price, zu dessen Dokumentation ihr einen gleichnamigen Song produziert habt. Wie kam das denn zustande, und welche Wirkung hat der Großmeister eurer Meinung nach noch immer auf euch und die Filmwelt?
Rod: Vincent Price ist ja unbestritten einer der größten Namen des Horrofilms und der Geschichte Hollywoods. Seit ich die "Dr. Phibes"-Filme als Teenager sah, bin ich Fan. Wie es der Zufall will, arbeitete unser Kumpel Laurent – online auch bekannt als "The vegan Satanist" – für seinen Arbeitgeber Wicked Vision an einer Doku über Vincent Price und er fragte uns, ob wir den Titelsong schreiben könnten. Na klar, Mann! Was für eine Ehre. Unser Gitarrist J. komponierte letztendlich sogar die Score für die Doku und nahm sie auf. Und interviewt wurde ich auch noch – neben Größen wie ALICE COOPER, ROB ZOMBIE, Joe Dante, John Landis, Mick Garris oder David Dastmalchian. Eine unfassbare Ehre – und der Film läuft gerade auf Filmfestivals weltweit. Wir spielen den Song sogar am 29.11. auf der deutschen Uraufführung in Gelsenkirchen in Anwesenheit von Vincents Tochter Victoria Price.
Ende des Monats wird sich mit BLITZKID, WEDNESDAY 13 und eben THE OTHER das Who is who des Horrorpunks die Ehre geben. Habt ihr irgendwas Spezielles geplant, auf was können sich Fans des gepflegten Schockrocks gefasst machen?
Rod: Unsere Tour um Halloween ist eh immer etwas ganz Besonders, wir haben Scare-Actors dabei, eine Foto-Kulisse, und natürlich werden sich große Teile des Publikums auch optisch gruselig in Schale werfen, besonders zum Heimspiel in Köln am 31.10. Für uns aber ist vor allem das Line-Up "schockierend", denn wir haben quasi die "Big 4" des Horror Punks bzw. Shock Rocks zusammengebracht – lässt man die Gründer des Genres, MISFITS, außer Acht. Größer geht es in unserem Genre kaum. Und vor allem: alle sind befreundete Bands, mit WEDNESDAY 13 haben wir vor Jahren unsere allererste Tour gespielt, mit BLITZKID waren wir sehr häufig unterwegs – auch in den USA – und CALABRESE sind alte Freunde und waren auch auf dem "This Is Horror Punk"-Sampler, den ich seinerzeit auf meinem Label herausgebracht habe. Ich freue mich unglaublich auf die Tour und hoffe, dass viele die Halloweenzeit mit uns bei den Shows feiern.
Gibt es einen Horrorfilm der letzten fünf, zehn Jahre, der euch maßgeblich beeindruckt hat oder geht nach wie vor nichts über die guten, alten Klassiker?
Rod: Ganz klar "Nosferatu". Was für ein episches Meisterwerk, was für eine Optik. Das Original zählt zu meinen Horror-Favoriten und dieser Film hat dem Klassiker alle Ehre gemacht. Und noch ein Tipp: "Alien Earth", die Serie ist spannend, brutal, gruselig – einfach eine überzeugende Serienadaption des Alien-Franchise.
Van Tom: Ich fand "Stranger Things" überraschend gut. Das hatte sowohl etwas von "Alien" als auch von Stephen Kings "Stand By Me" und hat mit der Szenerie, der Optik und dem Soundtrack auch sicherlich zu "Alienated" und vor allem Songs wie 'A Ghost From The 80s' beigetragen. Ansonsten ist "True Blood" bei mir ein Dauerbrenner. Auch wenn man es nicht so richtig ernst nehmen kann, mag ich die skurrile Symbiose aus Vampir-Ästhetik und Tarantino-Vibe.
Ihr Lieben, damit wäre ich mit meinen Fragen auch soweit durch und danke euch sehr, dass ihr Rede und Antwort standet. Was möchtet ihr unseren Lesern und euren Fans noch mit auf den Weg geben?
Wir wünschen euch "Happy Halloween" und hoffen, ihr feiert mit unserem neuen Album "Alienated" oder besucht uns persönlich auf Tour. Lasst euch nicht zu sehr von der Welt dort draußen erschrecken!
Fotocredits: ItWaitsArt
- Redakteur:
- Marcel Rapp





