THRESHOLD: Interview mit Richard West

22.09.2014 | 08:21

Mit "For The Journey" kehrt THRESHOLD zwei Jahre nach dem fabelhaften letzten Werk "March Of Progress" zurück. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit, um erneut ausführlich mit Keyboarder & Songwriter Richard West zu sprechen.

Nachdem zwischen "Dead Reckoning" und "March Of Progress" vor allem durch den Ausstieg des mittlerweile verstorbenen Sängers Andrew "Mac" McDermott und der Wiedereingliederung von Ur-Sänger Damian Wilson fünf Jahre lagen, haben die Briten heuer wieder ihr gewohntes Tempo aufgenommen. "Es war natürlich klar, dass wir nicht wieder so viel Zeit verstreichen lassen konnten und wollten.", eröffnet der sympathische Brite. "Und dieses Mal ist glücklicherweise auch nichts passiert, was sonst noch den Aufnahmeprozess hätte verzögern können. Eigentlich lief es wie am Schnürchen seit "March Of Progress". Die Scheibe war für unsere Verhältnisse ein echt großer Erfolg, mit recht hohen Charteinstiegen z. B. bei euch in Deutschland, die Tour lief super und schon bald danach hatten wir alle wieder große Lust das nächste Album zu schreiben. Wir wollten auch einfach das Momentum behalten. Und wenn das so läuft, dann dauert es eben nur zwei Jahre bis das nächste Album im Kasten ist." Es half natürlich auch, dass es dieses Mal keinen Besetzungswechsel gab. Etwas, was bei THRESHOLD nicht so üblich ist. "Haha, ja, das stimmt.", lacht Richard. "Früher hatte ich ja auch immer Bands wie QUEEN als Vorbild, weil diese immer zusammen Musik gemacht hatten, aber das hat sich über die Jahre dann schon etwas gelegt. Ich finde das zwar immer noch erstrebenswert und wäre nicht unglücklich, wenn wir immer zusammenbleiben würden, aber eben auch nicht um jeden Preis. Als ich irgendwann später Dokumentationen und Biographien über QUEEN gesehen oder gelesen habe, war ich schon sehr enttäuscht, als dort erzählt wurde, dass manche Musiker außer auf der Bühne nie im selben Raum waren, weil sie sich einfach nicht ausstehen konnten. Da ist die Band nur so zusammengeblieben, weil es den meisten Erfolg versprach. So etwas würde ich mir natürlich nie für THRESHOLD wünschen. Von daher ist es zwar schön, dass wir jetzt wieder zusammen Musik machen konnten, aber ob das jetzt so bleibt, weiß eben keiner von uns."

Auffällig ist zuerst einmal, dass "For The Journey" mit 48 Minuten für THRESHOLD-Verhältnisse recht kurz und mit 'The Box' nur ein Longtrack vertreten ist. Stellt sich natürlich die Frage, was da passiert ist. "Ich persönlich mag etwas kürzere Alben lieber und finde den Trend immer mehr und mehr Musik auf ein Album zu packen gar nicht so gut. Es hat sich eben mit der CD und ihrer Kapazität von fast 80 Minuten so eingebürgert, aber es ist doch jeder sehr beschhäftigt und kaum jemand hat die Zeit sich ein so langes Album anzuhören. Dazu kommt natürlich, dass es für die Musiker auch viel schwieriger ist, 80 Minuten mit hochwertigem Material zu füllen als 48 Minuten.", erklärt Richard, um auf den Einwand, dass gerade THRESHOLD dies auf den vergangenen Alben aber recht kontinuierlich geschafft haben, lachend zu kontern: "Fandest du nicht 'Round And Round' oder 'Keep My Head' schwächer als andere THRESHOLD-Songs?" Gut, da hat er Recht. "Du siehst, auch wir haben das nicht immer so geschafft wie wir wollten, aber dennoch war das jetzt keine bewusste Entscheidung. Vielmehr sind Karl und ich mit einigen Songs ins Studio gegangen und hatten den anderen Jungs gesagt, dass sie auch ihre Ideen mitbringen sollten. Das waren dann nicht so viele wie wir uns erhofft hatten. Wir haben dann überlegt, ob wir noch etwas Schreiben sollen oder mit dem Arbeiten, was wir haben und genau das haben wir dann auch gemacht. Jetzt haben wir noch einige unfertige Ideen übrig, von denen wir vielleicht einige für das nächste Album nutzen können."


Wie üblich wurde das Songwriting wieder zwischen Gitarrist Karl Groom und Richard aufgeteilt. "Ja, da sind wir ein eingespieltes Team. Vier Songs hat Karl geschrieben, mir die instrumentalen Versionen geschickt und ich habe dann die Melodien und Vocalarrangements gemacht. Drei Songs habe ich geschrieben und das abschließende 'Siren Sky' ist von Pete Morten (zweiter Gitarrist - PK)." Dabei ist 'Siren Sky' mit seinen orchestralen Arrangements ein sehr ungewöhnlicher Song. "Ja, ich liebe diesen Song, obwohl er eigentlich nicht so sehr nach THRESHOLD schmeckt. Wir haben uns vor längerer Zeit schon entschieden, dass wir diese orchestrale Ausrichtung, die ja mittlerweile einige Bands verfolgen, bei THRESHOLD nicht einführen würden. Ich finde, es gibt zum einen schon zu viele Bands, die das machen und zum anderen finde ich, dass es nur wenige gibt, die mich dabei wirklich voll überzeugen. Ein Song wie 'The Pit And The Pendulum' von NIGHTWISH finde ich ganz fantastisch, aber das ist eben auch die Ausnahme. Als Pete dann mit diesen Orchestrierungen kam, war ich erst sehr skeptisch, aber er passt einfach super ans Ende der Platte. Überhaupt ist Pete ein toller Songwriter, schon 'Divinity' auf "March Of Progress" war ja ein toller Song." Stimmt.

Mein persönlicher Favorit auf dem Album hört allerdings auf den Namen 'The Mystery Show', dessen Melodien mir seit dem ersten Durchgang nicht mehr aus dem Kopf wollen. "Oh, interessant!", zeigt sich Richard überrascht. "Bislang hat jeder 'The Box' genannt, dazu noch einer 'Autumn Red'. Aber es ist natürlich schön, wenn auch andere Songs genannt werden, das zeigt ja, dass wir nicht nur einen guten Song geschrieben haben.", lacht Richard. Dass 'The Box' nicht auch mein Favorit ist, liegt ein wenig auch an der "Put Your Bodies Upon The Gears"-Rede von Mario Savio, die schon von diversen Bands wie COG, DEADSOUL TRIBE oder LINKIN PARK genutzt wurde. "Oh, das wusste ich nicht, aber es hätte wahrscheinlich auch nichts geändert, denn die Rede passt einfach perfekt zum Song und ist insgesamt einfach eine fantastisch vorgetragene Ansprache. Eigentlich kein Wunder, dass sie bereits so oft genutzt wurde." Wohl wahr.


Was 'The Box' genau ist, mag Richard nicht verraten. "Ich mag es, wenn jeder für sich noch interpretieren kann, von daher möchte ich nicht ins Detail gehen. Aber die Prämisse ist, dass die moderne Welt mehr und mehr die Gewalt über die alte Welt an sich reißt." Ein Szenario, dass in der heutigen Zeit ja auch mehr und mehr der Wahrheit entspricht. "Richtig. Und man kann es auch nicht mehr umkehren. Das ist wie Pandoras Box. Einmal geöffnet, kann sie nicht mehr geschlossen werden." Wohin das noch führt, kann man nicht absehen. "Es ist ein ambivalentes Thema. Auf der einen Seite erleichtern viele dieser technischen Errungenschaften das Leben massiv. Wenn ich mir nur vorstelle, dass ich auf meinem Smartphone die Musik von fast 2000 CDs habe oder über eine App schnell ein paar Songideen mitten auf der Straße aufnehmen kann, ist das schon ein großer Vorteil. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch gefährlich. Der direkte Kontakt mit Menschen geht mehr und mehr verloren. Viele kommunizieren nur noch digital mit What's App, man fragt auf der Straße nicht mehr nach dem Weg, denn man hat ja GoogleMaps und in Fachläden gehen und sich beraten lassen, muss man auch nicht mehr. Früher oder später wird man vermutlich alles virtuell machen." So lange man nicht virtuell Konzerte besucht, ist ja alles gut. "Haha, ja, das wird hoffentlich nicht passieren. Als Musiker ist das Internet für mich ja Fluch & Segen. Es fällt leichter mit den Fans in Verbindung zu bleiben, auf der anderen Seite gibt es halt illegale Downloads und Seiten wie Spotify, die zwar legal sind, aber mit denen der Künstler nun einmal auch kein Geld mit seiner Musik verdient."

Redakteur:
Peter Kubaschk

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