TRANSSYLVANIANS: Interview mit Band

01.01.1970 | 01:00

Die TRANSSYLVANIANS wollen in gar keine Schublade passen. 'Hungarian Speedfolk' nennen sie den Stil ihrer jüngsten CD "Igen!", eine wilde Mischung aus Rock, Ska, Folk-Geigen, Volks-Chören und ziemlich viel überschäumender Energie. Außerdem kommen die Musiker auf der CD aus mindestens drei verschiedenen Ländern Ost- und Südeuropas. Klingt interessant genug für ein paar nachforschende Fragen? Auf jeden Fall! POWERMETAL.de mailte die Band an, sie antwortete komplett gemeinsam vom Tourbus aus.

Henri:
Hi Leute, wie geht's euch so?

TRANSSYLVANIANS:
Prächtig, danke.

Henri:
Ihr seid laut Infoblatt eine recht internationale Band - aus welchen Ecken Europas stammt ihr genau?

TRANSSYLVANIANS:
Der Großteil der Band ist deutsch. Unser Bandleader Andras ist Ungar, unsere neue Sängerin und Kontrabassistin Isabel Nagy Halbungarin. Wir arbeiten oft mit verschiedenen Gästen zusammen, so zum Beispiel mit Antonis Anissegos, einem griechischen Keyboarder oder mit Dénes Tiborcz, dem Bruder von András, der Saxophon und Querflöte spielt und natürlich auch Ungar ist. Kürzlich hatten wir auch Czibi Attila, einen ungarischen Percussionisten zu
Gast, sowie den Special Guest unserer neuen CD, STOPPOK, der polnische Wurzeln hat.

Henri:
Wie habt ihr euch getroffen?

TRANSSYLVANIANS:
András ist über Umwege durch die ganze Welt schließlich in Berlin gelandet und hat sich dort eine Band gesucht, mit der er ungarische Musik bearbeiten kann. Er hat sich in der Berliner Szene umgesehen und ist über Annoncen und Empfehlungen nach und nach auf uns alle getroffen.

Henri:
Was könnt ihr sonst noch aus der Bandgeschichte berichten?

TRANSSYLVANIANS:
Die Besetzung der Band hat im Lauf der Zeit mehrfach gewechselt. Seit nun bald zehn Jahren heißt die Band TRANSSYLVANIANS und bestand bis Ende letzten Jahres aus dem "harten Kern" von Thomas Leisner am Schlagzeug, Hendrik Maaß an der Gitarre und Tiborcz András an der Geige. Seit Anfang dieses Jahres gehört auch Sängerin und Kontrabassistin Nagy Isabel dazu. Nach und nach haben wir dann Gastmusiker gesucht und gefunden. Mit allen Gastmusikern haben wir bei vielen Konzerten gespielt, so dass die Band in allen Zusammensetzungen gut eingespielt war und ist, aber jedes Mal eine andere Klangfarbe hat.

Henri:
TRANSSYLVANIANS - wie kamt ihr gerade auf diesen Namen?

TRANSSYLVANIANS:
Die Musik, die András für die Band arrangiert, stammt hauptsächlich aus Transsylvanien. Wir verwenden traditionelle Melodien aus dieser Gegend oder Eigenkompositionen von András, die sich an dem speziellen Sound dieser Region orientieren. Da lag es nahe, den Bandnamen dementsprechend zu wählen, zumal er einigermaßen einprägsam ist und durch die englische Formulierung einen Anklang an unsere internationale Zusammensetzung und die Orientierung in Richtung Rock und moderne Stilistiken hat.

Henri:
Was genau ist "Hungarian Speedfolk"?

TRANSSYLVANIANS:
"Hungarian Speedfolk" soll diesen Anklang im Bandnamen etwas präzisieren. "Hungarian", weil die Songs traditionelle ungarische Texte und 1000 Jahre alte Melodien haben oder aber von dieser barbarischen Musiktradition geprägte Neukompositionen unseres Bandleaders Tiborcz András sind. "Speedfolk", weil die Sache zuweilen ziemlich flott wird und wir klarmachen wollen, dass man trotz all der traditionellen Bezüge einen modernen Sound
erwarten darf.

Henri:
Eure Platte besitzt ziemlich viele Stilrichtungen wie Rap, Ska oder Punk - habt ihr keine Angst, euch in dieser Mischung zu verirren?

TRANSSYLVANIANS:
Wir suchen nicht nach einer bestimmten Stilrichtung, die wir einhalten wollen, sie ergibt sich einfach. Deshalb besteht auch keine Gefahr, sie zu verlieren. Wir haben musikalisch sehr vielseitige Interessen und Einflüsse. Aber jeder bringt ganz natürlich und automatisch das ein, was ihm am wichtigsten ist und passt es so an, dass es mit dem Sound der Anderen zusammengeht. Da gibt es theoretisch unendliche Möglichkeiten, praktisch entsteht aber nach einigen gemeinsamen Konzerten ein Einverständnis darüber, was funktioniert und was nicht, und dieser gemeinsame Sound hat eine erstaunliche Beständigkeit, trotz aller Möglichkeiten, die darin jederzeit offen sind.

Henri:
Eure aktuelle Platte heißt "Igen!", also "Ja!". "Ja!" zu was?

TRANSSYLVANIANS:
Ich würde sagen, "Ja!" zum Leben. Leben bis zum Tod. Egal wie schmerzhaft es manchmal ist. Die traditionellen Songs haben eine sehr starke positive Energie, die die Jahrhunderte überstanden hat und die unserer Einstellung zum Leben entspricht.

Henri:
Um was geht es genau in euren Texten?

TRANSSYLVANIANS:
Zu den ungarischen Songs gibt es auf unserer Webseite ganz wunderbare Übersetzungen ins Deutsche von Isabel. Die Texte sind manchmal, gerade bei den ganz alten Texten, aus unserer heutigen Sicht schreiend komisch oder aber auch wunderbar ergreifend in ihrer urtümlichen Schlichtheit und Tiefe. In letzter Zeit vertont András aber relativ häufig auch Texte großer ungarischer Dichter, wie etwa das Gedicht "Igen" von Ady Endre. Deshalb überlegen wir auch gerade, ob wir nicht mal eine CD produzieren sollten, auf welcher nur Vertonungen ungarischer Gedichte zu hören sind.

Henri:
Für wen ist der Sound von den TRANSSYLVANIANS aus eurer Sicht geeignet?

TRANSSYLVANIANS:
Wir haben bei unseren Konzerten in jedem erdenklichen Rahmen von Straßenmusik bis Open Air Festival festgestellt, dass wir einen erstaunlich breiten Kreis von Zuhörern ansprechen. Kleine Kinder mögen unsere Musik sehr, Opa und Oma stehen aber auch drauf. Dazwischen findet sich so ziemlich alles, was es noch schafft, bis vor die Bühne zu laufen. Da unser Sound mit der Zeit eher härter, damit meine ich schlagzeug- und gitarrenlastiger geworden ist, und wir eher auf Open Airs oder in Clubs spielen als bei Stadtfesten und auf Kleinkunstbühnen, hat sich der Kreis unserer Zuhörer etwas auf die mittleren Jahrgänge eingeschränkt. Aber die Grundaussage der Musik bleibt die gleiche, und ich denke, dass sie nach wie vor ankommt - bei jedem, der dafür offen ist.

Henri:
Wie würdet ihr die Musik einem "normalen" Metalhead anpreisen?

TRANSSYLVANIANS:
Wir interessieren uns sehr für Metal, genau wie für jede andere Art guter Musik. Ich schätze mal, dass es bei den Metalfans ähnlich ist und sie unserer Musik eine Menge Gutes abgewinnen können.

Henri:
Was hört ihr privat für Mugge?

TRANSSYLVANIANS:
Wir haben zuletzt im Bandbus PANTERA gehört und uns dabei gekringelt vor Lachen. Das war wirklich großartig und sehr inspirierend! Genauso war es mit dem METALLICA-Video, das wir mal in Holland vor einem Konzert gesehen haben - das Konzert war dann dementsprechend mit viel Energie und Spaß geladen. Die Interessen der Einzelnen sind natürlich recht unterschiedlich, daher nur mal ein paar Stichworte: Grammophonaufnahmen von Gesängen ungarischer Dorfbevölkerung, die zum Beispiel auch kein geringerer als Béla Bartók [1881 - 1945, Ungar und einer der bedeutendsten Komponisten der klassischen Moderne - der Verf.] aufgenommen hat, außerdem Rock, Klassik, Jazz und neue Musik.

Henri:
Ihr wohnt alle in Berlin - schon immer? Wie gefällt euch die Stadt? Besser als Budapest?

TRANSSYLVANIANS:
Wir sind alle nach Berlin zugezogen, was für Berlin sozusagen normal ist. Vielleicht passt deshalb auch unsere Musik ganz gut hierher, eine Mischung verschiedener Einflüsse, genau wie die Stadt. In Budapest hat von uns allen nur András gelebt. Er hat dort am Jazzkonservatorium "Bartók Béla" Kontrabass studiert, ist dann aber nach Australien emigriert und lebt nun schon seit 20 Jahren in Berlin. Also gefällt ihm Berlin wahrscheinlich besser als Budapest.

Henri:
Die EU-Osterweiterung war gerade - hat sie auch eine Wirkung auf euch als Band? Was wird einfacher? Was haltet ihr generell von der größeren EU?

TRANSSYLVANIANS:
Wir können jetzt noch keine Änderung spüren. Ich denke, das liegt daran, dass eine Tour in Osteuropa eher von unseren Kontakten abhängt als von den Problemen an der Grenze und mit dem Geld. Die Wartezeit an der Grenze nach Polen wird wohl bei der nächsten Tour dorthin wegfallen, das ist natürlich prima. Insgesamt wird die EU-Erweiterung aber Zeit brauchen, um ein positives Ergebnis erkennen zu lassen, und wir in Deutschland werden wohl eher Abstriche machen müssen, um den Ausgleich in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Trotzdem bin ich froh über die Erweiterung, und hoffe auch, dass wir bald davon profitieren können.

Henri:
Ist eine Tour in nächster Zeit geplant? Oder spielt ihr im Sommer auf irgendwelchen Festivals?

TRANSSYLVANIANS:
Wir haben selten eine längere Tour im Block. Wir sind allerdings das ganze Jahr über unterwegs, meist an den Wochenenden. Die aktuellen Termine sind immer auf unserer Webseite zu finden und wie immer wild über Deutschland und das angrenzende Ausland verteilt. Es lohnt sich, immer mal nachzusehen, ob wir nicht gerade in der Nähe sind. In nächster Zeit spielen wir mehrmals in Thale bei der "Nacht der Vampire". Da begleiten wir ein Theaterstück mit unserer Musik. Am 17. Juli ist Premiere, weitere Aufführungen am 23. und 24. Juli sowie am 06. und am 14. August. Am 19. August werden wir das erste Mal in Italien auftreten beim "Ariano Festival" und am ersten August in Amsterdam.

Henri:
Habt ihr eigentlich schon auf dem ungarischen Sziget-Festival gespielt? Oder wart ihr schon als Gäste dort?

TRANSSYLVANIANS:
Wir haben noch nie in Ungarn gespielt! Das ist wirklich schade, aber bislang ist der entscheidende Kontakt noch nicht zustande gekommen. Wer das hinkriegt, bekommt von uns bestimmt eine Fledermaus geschenkt.

[Anmerkung von Manager Michael Felsch: Die ungarischen Booker (besonders das Sziget-Festival) haben ein kleines Problem mit ungarischer Musik, die nicht aus Ungarn kommt, obwohl von Ungarn und Deutschen gemacht, aber eben doch aus Deutschland. Einmal hat in Wien eine Veranstalterin sich rechtfertigen müssen, auf einer Osteuropabühne eine Band aus Berlin (TRANSSYLVANIANS) als Headliner aufzustellen. Strange, oder?!]

Henri:
Zwei Bandnamen - schreibt jeweils, was euch spontan dazu einfällt.

TRANSSYLVANIANS:
THE INCHTABOKATABLES:
Sie haben einen interessanten Streichersound. András sagt gerade (wir sind auf der Heimfahrt von einem Konzert in der Nähe von Göttingen nach Berlin), dass die INCHTABOKATABLES am Anfang der TRANSSYLVANIANS eine große Inspiration für ihn gewesen seien, was ihre Kraft und Schnelligkeit anbetrifft.
SUBWAY TO SALLY:
Haben eindeutig die größten Plakate.

Henri:
Noch einige letzte Worte für die Leser von POWERMETAL.de?

TRANSSYLVANIANS:
Nur zuhören hilft wirklich! Auf unserer Webseite könnt ihr in alle Songs reinhören, dann wisst ihr, worum es geht!

Redakteur:
Henri Kramer

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