TUNGSTEN: Interview mit Sänger Mike Andersson
07.11.2024 | 11:16Am 08.11.24 erscheint das vierte Album von TUNGSTEN, der Familien-Band des ehemaligen HAMMERFALL-Schlagzeugers Anders Johansson und seiner Söhne Nick und Karl. Sänger (und Cousin fünften Grades...) Mike Andersson stand uns ausführlich Rede und Antwort.
Mike, wir sind hier, um über das neue Album von TUNGSTEN zu sprechen. Ich finde, es ist das beste von euren insgesamt vier Alben, und ich mag wirklich alle sehr gern! Aber mit "The Grand Inferno" habt ihr die drei Vorgänger nochmal übertroffen!
Vielen Dank, das hören wir gerne! Wir haben eine Menge Arbeit in dieses Album gesteckt.
Wie würdest du die Musik von TUNGSTEN jemandem beschreiben, der bisher noch nichts von euch gehört hat?
Oh, das kann ich nicht in ein paar wenige Worte fassen, da unsere Musik ein ziemlich breites Spektrum abbildet, was auch so beabsichtigt ist. Die ersten beiden Alben waren noch stark von nordischer Folkmusik inspiriert. Wir haben versucht, Metal mit den traditionellen skandinavischen Folkmelodien zu mischen, aber es gibt bereits auf den ersten Alben Lieder mit einem Industrial-Einschlag oder Stücke, die mehr nach Power Metal klingen oder einfache, melodische Heavy-Metal-Songs. Was uns ausmacht, ist, dass wir Einflüsse von RAMMSTEIN bis HELLOWEEN in unsere Musik einfließen lassen und etwas Modernes, Neues daraus entsteht. Wir sind keine reine Power-Metal-Band, wie FREEDOM CALL zum Beispiel. Wir werden häufig als Modern Power Metal bezeichnet, was immer das auch sein soll, aber es ist wohl etwas Gutes! (lacht) Aber eine gute Definition von TUNGSTEN ist: Power Metal mit Industrial- und Nordic-Folk-Einflüssen.
Neben dem, was du gesagt hast, habe ich mir noch 80er-Rock/Pop-Einflüsse, Synthiepop und AOR aufgeschrieben, die ich aus eurem Sound heraushöre.
Ja, stimmt, der Song 'Misled' vom ersten Album ist ein ziemlich softes Stück, das man als AOR bezeichnen könnte, oder auch 'Coming Home' vom gleichen Album. 'Angel Eyes', das letzte Lied des neuen Albums, hat einen starken 80er-Synth-Wave-Touch. Ein schöner Abschluss für das Album, wie ich finde.
Das Album beginnt mit dem Song 'Anger'. Was ist der Grund für diese Wut in dem Stück und was macht dich persönlich wütend?
Es geht um die Welt an sich, das ganze Drumherum im Moment, das einen einfach wütend machen kann. In einem ersten Entwurf ging es mehr darum, dass man als Individuum kein Gehör findet, dass man nicht verstanden wird – die ganze Frustration, die damit zusammenhängt. Karl hat den Text dann aber verallgemeinert, so dass jeder die Lyrics auf das beziehen kann, was ihm gerade nicht passt.
"The Grand Inferno" hat einen gewissen Fluss, es beginnt sehr melodisch, dann gibt es in der Mitte des Albums die härteren, dunkleren Stücke, was sich auch in den Songtiteln wie 'Me, Myself, My Enemy' oder 'Chaos' widerspiegelt, bevor es dann zum Ende melodisch-sanft ausklingt. Steckt da Absicht dahinter oder hat sich das so ergeben?
Das ist so beabsichtigt! Mit dem ersten Album "We Will Rise" haben wir uns in der Szene etabliert und durch die Nordic-Folk-Einflüsse eine eigene Trademark geschaffen, was damals ziemlich einzigartig war, auch wenn Bands wie ALESTORM sowas schon gemacht haben, aber den Folk auf eine andere Art und Weise in ihre Musik einbauen. Auf "The Grand Inferno" wollten wir zwar die Folk-Schiene nicht verlassen, aber uns im Bezug auf die Musik etwa weiter strecken und neue Dinge ausprobieren, aber mit Umsicht und ohne das, was TUNGSTEN ausmacht, über Bord zu werfen. Wir wollten nicht wie z.B. AC/DC auf jedem Album gleich klingen. Womit ich jetzt keinesfalls etwas Schlechtes über AC/DC sagen möchte, ich liebe diese Band und es ist verdammt schwer, über Jahrzehnte mit dem gleichen Sound so erfolgreich zu sein. Aber wir wollten auf diesem Album bewusst die verschiedenen Einflüsse, die wir ja schon genannt haben, in den einzelnen Songs stärker herausstellen, aber man sollte uns beim Hören weiterhin als TUNGSTEN erkennen können.
Ihr habt bereits drei Singles veröffentlicht, die vierte 'Lullaby' kommt heute am Tag des Interviews heraus. Als erstes Stück aus dem neuen Album habt ihr 'Walborg', einen Song über die Walpurgisnacht, veröffentlicht. Warum habt ihr euch für dieses Lied als erste Single entschieden?
'Walborg' ist eines der Stücke, für die ich den Text geschrieben habe, und es erzählt ganz einfach die Geschichte der Walpurgisnacht, die es in Schweden schon seit dem Mittelalter gibt. In der Walpurgisnacht wird der Winter ausgetrieben und Frühling und Sommer eingeleitet und begrüßt. Das Fest soll auch einen Bezug zur Wikinger-Zeit haben. Walborg wird in Skandinavien aber nur in Schweden gefeiert, soweit ich weiß. Vielleicht noch ein Teilen von Finnland, da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber in Deutschland feiert ihr die Walpurgisnacht doch auch, oder?
Ja, einige Leute tun das.
Am Brocken, wenn ich mich nicht täusche? Aber dieses Fest wird komischerweise nur in wenigen Ländern Europas gefeiert. Aber in 'Walborg' und der Walpurgisnacht geht es halt darum, etwas Altes, hier den Winter, loszulassen, und etwas Neues willkommen zu heißen. Da wir mit "The Grand Inferno" auch bei einem neuen Label sind, passte das thematisch gut zu TUNGSTEN und der Zeitpunkt, an dem die erste Single rausgekommen ist, war wenige Wochen vor der Walpurgisnacht, von daher lag die Wahl des Songs recht nahe.
Die zweite Single war 'Blood Of The Kings', ein Stück über das kulturelle Erbe der Wikinger, das ihr als Menschen aus dem Norden in euch tragt.
Exakt! Die Musik und auch der Text stammen von Karl (Johansson). Anders (Johansson) hat Ahnenforschung betrieben, um herauszufinden, wo seine Wurzeln liegen und was seine DNA ihm über seine Vorfahren verrät. Mir hat er neulich zu meinem fünfzigsten Geburtstag auch so ein DNA-Set geschenkt. Ich werde das also auch machen. Und bei Anders hat sich herausgestellt, dass man seine Familie tatsächlich bis in die Zeit der Wikinger zurückverfolgen kann. Das wird bei mir auch der Fall sein, denke ich. Und ich weiß, dass ich auch deutsche Wurzeln habe, die Vorfahren meiner Großmutter kommen aus der Gegend, wo heute Deutschland liegt. In 'Blood Of The Kings' geht es eben darum, dass die Wurzeln der Johansson-Familie bis in die Zeit der Wikinger reichen. Der Song selbst ist extrem catchy, es ist vielleicht das eingängigste Stück auf dem Album.
Lass uns zur vierten Single 'Lullaby' kommen – zur dritten Single kommen wir danach. Worum geht es in dem Text von 'Lullaby'?
Das ist wieder mal ein Text von Karl, der auf dem Album die Hälfte der Lyrics geschrieben hat. Von mir ist die andere Hälfte, wobei wir uns bei einigen Stücken gegenseitig geholfen haben.
Zurück zu 'Lullaby', es geht um eine Mutter, die sich nach Schönheit und dem perfekten Aussehen sehnt, und dafür ihre kleine Tochter opfert. Und dieses Mädchen kehrt aus dem Grab zurück und nimmt blutige Rache. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Karl mir gesagt hat, dass der Text von einem Film namens "Mama" inspiriert ist, wobei ich nicht weiß, ob der Film die gleiche Handlung wie der Text hat. Die Lyrics erzählen auf jeden Fall eine ziemlich finstere Rachegeschichte.
Mich hat das Stück von den Keyboards und dem Rhythmus her an DEPECHE MODE zur Zeit von "Black Celebration" erinnert.
Oh, echt? Das habe ich nicht rausgehört, dabei kenne ich DEPECHE MODE natürlich! Ich glaube, ich muss mir "Black Celebration" nachher nochmal anhören... welches Stück von dem Album meinst du genau?
Ich habe da eine Menge 'A Question Of Time' gehört, aber es ist keine Kopie, versteh mich nicht falsch...
Das kann auch nicht sein, und wenn, wäre es dann ein Zufall. Karl oder Nick hören normalerweise keine Musik von DEPECHE MODE. Es kommt aber immer mal vor, dass man irgendwo etwas aufschnappt, was sich dann unbewusst im Songwriting niederschlägt. Sowas ist mir auch schon passiert.
Als dritte Single habt ihr ein Stück namens 'Vantablack' ausgekoppelt. Was ist das, bitte?
Erstmal ist das mal wieder ein Text von mir (schmunzelt), der aber schon ziemlich alt ist und ich mich gar nicht mehr an den Grund erinnern kann, weshalb ich ihn geschrieben habe. 'Vantablack' ist ein so dunkles Schwarz, dass alle Konturen verschwimmen. Wenn du auf einen Würfel schauen würdest, der diese Farbe hat, könntest du seine Konturen nicht mehr erkennen. Es ist das schwärzeste Schwarz, das es gibt. Der Text ist recht kurz und ich habe ihn bereits für die Band STROKKUR geschrieben, die wir hatten, bevor wir den Plattenvertrag für TUNGSTEN unterschrieben habe. Jetzt fällt mir wieder ein, warum ich den Text geschrieben habe – und er ist heute sogar aktueller als damals. Ich war frustriert, dass man mit vielen Leuten nicht mehr reden konnte, sobald sich herausgestellt hat, dass man in irgendeinem Punkt anderer Meinung ist. Warum kann man andere Meinungen nicht akzeptieren und trotz unterschiedlicher Auffassungen dennoch freundlich und höflich miteinander umgehen? Stattdessen wird alles sofort mit Hass überzogen, egal ob es um Politik oder sogar um Musik geht. Das war damals der Auslöser für diesen Text.
STROKKUR bestand aus den gleichen vier Musikern wie TUNGSTEN und, wenn mich nicht alles täuscht, war ein Song namens 'Vantablack' auch auf dem einzigen (Demo-)Album von STROKKUR, oder?
Ja, genau.
Warum habt ihr das Lied neu aufgenommen?
Wir haben vor ungefähr zwei Jahren den Leiter von unserem Fanclub "TUNGSTEN Fans Worldwide", der auf Facebook, Instagram und so weiter großartige Arbeit leistet, getroffen. Patrick Reos hat sich unglaublich viel Mühe gegeben, unsere Fans auf Social Media zusammenzubringen. Und ihm haben wir dieses alte Stück vorgespielt und er meinte, wir müssten den Song unbedingt als TUNGSTEN aufnehmen. Das Album von STROKKUR war eigentlich nur als Demo für Plattenfirmen gedacht, wir hatten es zwar zeitweise auch digital veröffentlicht, aber es nach Unterzeichnung des Plattenvertrages als TUNGSTEN wieder von allen Plattformen zurückgezogen. Wir hatten schon fast vergessen, dass wir das Stück noch haben, und Patrick hat uns wieder daran erinnert - also haben wir 'Vantablack' als Dank an Patrick auf unser neues Album genommen. Es gibt mittlerweile TUNGSTEN-Fanseiten in Frankreich, Deutschland, der Slowakei und sogar in Mexiko! Aber alles hat mit Patrick angefangen. Wir sind ihm dafür sehr dankbar.
Was war der Grund, den Namen von STROKKUR zu TUNGSTEN zu ändern?
Wir fanden eigentlich, dass STROKKUR ein ziemlich cooler Name ist. Aber bei den Verhandlungen mit unserem ersten Label, Arising Empire, das die ersten drei Alben herausgebracht hat, hat der Labelchef darauf bestanden, dass wir den Namen ändern. Er mochte STROKKUR überhaupt nicht und ließ sich nicht überzeugen, dass wir den Namen behalten. Er machte uns einige Vorschläge, die aber so sehr nach Power Metal klangen, zum Beispiel KINGDOM OF FIRE oder FLAMES OF KINGS, dass sie für uns absolut nicht zu unserer Musik passten. Anders kam dann auf den Begriff "Tungsten" (das Metall wird im deutschen Sprachraum auch Wolfram genannt) und nachdem wir ein wenig über das Material herausgefunden hatten, nämlich dass es eines der schwersten Metalle ist und einen sehr hohen Schmelzpunkt hat und so weiter, mussten wir nur noch schauen, dass es noch keine andere Band mit dem Namen gibt und somit war der Bandname TUNGSTEN geboren. Und auch das Label war glücklich, damit konnten sie arbeiten und wir sind auch glücklich damit! Wir sind TUNGSTEN! Wir haben später herausgefunden, dass es doch einige Bands namens TUNGSTEN gibt, aber die meisten sind nicht mehr aktiv oder spielen eine komplett andere Musik. Aber wir haben den Namen mittlerweile schützen lassen, so dass auch in Zukunft keine Probleme mehr zu erwarten sind. Wir konnten keine Band mit dem Namen TUNGSTEN finden und haben tatsächlich erst gemerkt, dass es andere Bands gibt, als deren Stücke in unserem Spotify-Profil aufgetaucht sind, nachdem unser erstes Album veröffentlicht wurde. Wirklich merkwürdig.
Und ihr habt seit dem ersten Album ein Maskottchen. Stell ihn uns doch mal vor!
Ja, genau... den geheimnisvollen Wolfram! (lacht) Wolfram ist das schwedische Wort für das Metall Tungsten. Was komisch ist, denn Wolfram klingt so gar nicht schwedisch, im Gegensatz zu Tungsten, aber Tungsten ist das ausländische Wort, aber es klingt, als käme es aus dem Schwedischen. "Tu" bedeutet so viel wie schwer und "Sten" ist ein altes Wort für Stein, also schwerer Stein. Aber Tungsten ist das englische Wort. Verrückt. Wolfram begleitet uns seit dem ersten Album. Und auf jedem Album gibt es eine kleine Geschichte zu ihm - was den Leuten, die unsere Musik nur streamen, wahrscheinlich gar nicht bewusst ist. Aber wer die CDs oder Vinyl kauft, bekommt diese Geschichte, die auch immer einen Bezug zum jeweiligen Album-Cover hat. Wolfram reist durch die Zeit und durch die Dimensionen und sorgt für Ausgleich zwischen Gut und Böse. Wolfram selbst ist weder der strahlende Held, noch ist er böse, er steht irgendwo dazwischen.
Warum hält er immer eine Laterne in der Hand?
Diese Laterne ermöglicht ihm die Zeitreisen, sie ist also elementar wichtig für seine Mission.
Das Cover des neuen Albums sieht etwas anders aus als das der Vorgänger. Es wirkt dunkler und aggressiver. Als ich das Cover für die 'Walborg'-Single im Internet gesehen habe, dachte ich zuerst, das wäre das Cover für das Album, weil es so gut zu den drei Vorgängern passt.
Gut erkannt! Das Cover, welches wir dann für die 'Walborg'-Single verwendet haben, war tatsächlich ursprünglich als Cover für das vierte Album gedacht. Das Bild stammt, wie die anderen drei Album-Cover auch, von Andreas Marschall. Wir haben das Label gewechselt, nachdem unser Vertrag mit Arising Empire nach den drei vereinbarten Alben ausgelaufen ist. Wir sind zu Reigning Phoenix Music gewechselt, wo ja Leute von AFM, Nuclear Blast und Atomic Fire arbeiten. Und sie wollten einen neuen Look für die TUNGSTEN-Cover, um diese neue Ära der Band auch optisch sichtbar zu machen, wobei nie zur Diskussion stand, auf Wolfram zu verzichten, er wird immer unser Maskottchen bleiben. RPM mochte zwar die Bilder, die Andreas für "The Grand Inferno" gezeichnet hat, aber sie waren ihnen stilistisch zu dicht an den Vorgänger-Alben und wollten etwas Neues. Wir wussten zuerst nicht, was das Label meinte und wie weit dieses Neue gehen sollte, im Endeffekt wurde es quasi ein Wolfram 2.0, den ein Freund von uns entworfen hat. Er nutzt andere Techniken als Andreas Marschall und so ist ein neuer, aber nicht komplett anderer Look entstanden, der dunkler und etwas realistischer aussieht. Das Label war glücklich und wir mögen es auch. Die Bilder von Andreas Marschall haben wir dann für die Singles verwendet.
Einen großen Anteil an TUNGSTENs Musik haben die Keyboards und Synthesizer. Auf der Bühne werden die Keyboards und Synthies nicht live gespielt. Habt ihr jemals daran gedacht, einen Keyboarder für Konzerte zu engagieren?
Nun, wir erschaffen mit dem Keyboard Klanglandschaften, aber wir benutzen es nicht als Soloinstrument. Wir verwenden es, um unsere Musik ein wenig zu verbessern, daher sehen wir keinen Grund, einen Keyboarder zu engagieren. Wir sind eine feste vierköpfige Band und es wäre nicht fair, einen Fremden zu engagieren.
Wie denkst du generell über Backing Tracks, zum Beispiel bei einer Band wie POWERWOLF, die keinen Bassisten auf der Bühne hat, oder bei anderen Bands, die ihre Backing Vocals oder andere Instrumente, wie eine zweite Gitarre, einspielen?
Ich persönlich sehe natürlich kein Problem darin, Backing Tracks so zu verwenden, wie wir es tun. Aber eingespielte Gitarren, Leadgesang, Keyboardsoli und sogar Bass würde ich nicht mögen, aber vielleicht haben diese Bands einen besonderen Grund dafür. Vor ein paar Jahren hat TUNGSTEN zwei Shows in Göteborg und Stockholm gespielt, bei denen wir das gesamte Schlagzeug als Backing Track hatten, weil Anders kurzfristig krank wurde. Wir standen also vor der Wahl, entweder die Shows ausfallen zu lassen oder das Beste aus der Situation zu machen, indem wir das Schlagzeug von unseren Alben verwendeten. Die Band BLOODBOUND, die wir supportet haben, fand, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben. Es war nicht sehr schön, dass wir das machen mussten, aber zumindest unsere Fans bei den Shows verstanden die Situation und waren tatsächlich glücklicher, dass wir als Trio aufgetreten sind, um diese Shows zu spielen, anstatt sie abzusagen. Aber das war eine sehr spezielle Situation, zu der ich normalerweise nein sagen würde, aber hier war die Zeit knapp und es mussten schnelle Entscheidungen zusammen mit unserer Booking-Agentur und dem Headliner getroffen werden.
Anders und du, ihr kennt euch ja schon eine ganze Weile und damit dürftest du auch seine Söhne Karl und Nick, die ja mit euch beiden bei TUNGSTEN spielen, ebenfalls schon länger kennen, oder?
Ja, Nick habe ich kennengelernt, als er sieben Jahre alt war. Das war 2006, wenn ich mich nicht vertue.
Ist es nicht merkwürdig, diese jungen Männer heute als Bandmitglieder um dich zu haben, die du schon als kleine Kinder gekannt hast?
Nein, gar nicht. Anders und ich haben damals ein Album als PLANET ALLIANCE aufgenommen, da habe ich seine Kinder kennengelernt. Danach hatten wir eine Band namens FULLFORCE, mit der wir zwei Alben aufgenommen haben, aber in dieser Zeit habe ich Nick und Karl nicht mehr getroffen, es hat sich einfach nicht ergeben. Wir haben uns erst wiedergetroffen, als wir dann 2016 STROKKUR gegründet haben. Ich werde oft gefragt, wie es ist mit Anders und seinen Söhnen in einer Band zu spielen, aber wir sind wirklich Freunde und gleichberechtige Bandmitglieder, auch für Anders als Vater der beiden bleibt dafür das Privatleben übrig und es spielt während der Arbeit als TUNGSTEN keine Rolle. Hier sind wir nur vier Typen, die zusammen in einer Band spielen, professionell ihren Job machen und dabei eine Menge Spaß haben und sich gegenseitig inspirieren. Es ist eine Ehre für mich, in dieser Band zu singen!
Sie haben dich also noch nicht adoptiert und du bist immer noch sowas wie der verrückte Onkel?
Hahaha, ja so kann man das sagen! Ich bin der singende Freund der Familie, wie ich immer gern sage. Aber Anders macht oft Witze darüber, dass er mich adoptieren müsste. Auf dem "Sweden Rock"-Festival hat er den Leuten bei seiner kleinen Rede auf der Bühne erzählt, ich wäre ein Cousin fünften Grades. (lacht) Was natürlich nicht stimmt, aber ich fand es witzig!
Der Name Anders Johansson ist durch seine Zeit bei HAMMERFALL in der Szene noch recht bekannt, und er hat ja später auch eine Zeitlang bei MANOWAR gespielt. Aber wer ist Mike Andersson? Erzähl uns doch etwas über dich.
Ich bin erstmals ins Rampenlicht getreten, als meine erste Band CLOUDSCAPE 2004 das erste Album in Japan veröffentlicht hat, bevor es im Jahr 2005 dann auch in Europa rausgekommen ist. Von da aus ging es immer weiter, wir haben weitere Alben veröffentlicht und hatten auch den einen oder anderen Wechsel im Line-up zu verkraften. Es war eine großartige Zeit, ich habe viel gelernt und viele Erfahrungen gesammelt, aber am Ende hatten wir das Gefühl, dass wir einfach nicht weiter vorankommen und als Band auf der Stelle treten. Dazu kam noch das sich rasant verändernde Musik-Business und wir haben beschlossen, uns 2017 in Freundschaft zu trennen. Was bleibt, sind fünf starke Alben und eine Best-of und die Erinnerung an eine großartige Europa-Tournee mit ROYAL HUNT. Ich hatte auch unter anderem mit Anders als Schlagzeuger und dem ehemaligen HAMMERFALL-Gitarristen Stefan Elmgren die Band FULLFORCE; auf dem ersten Album war an der Lead-Gitarre noch C. J. Grimmark von NARNIA dabei, der dann aber auf dem zweiten Album von einem der früheren CLOUDSCAPE-Gitarristen ersetzt wurde. Mit FULLFORCE haben wir zwei Alben veröffentlicht. Dann habe ich zahlreiche Gastauftritte auf Alben anderer Künstler, wie zum Beispiel bei ARJEN LUCASSEN'S STAR ONE, ich war bei MAGNUS KARLSSONS FREEFALL dabei. Wenn man alle Gastauftritte mitzählt, ist meine Stimme mittlerweile auf gut 30 Alben zu hören.
Wie fühlt es sich an, mit TUNGSTEN den wohl größten Schritt in deiner Karriere zu machen?
Verrückt. Einfach verrückt. Ohne Zweifel ist TUNGSTEN das größte Ding, an dem ich jemals beteiligt war! Wir haben eine Europatournee gespielt, und schau dir die Streaming-Zahlen an! Mit dem ersten Album ist TUNGSTEN sehr schnell erfolgreich geworden, aber mit dem zweiten Album, das mitten in der Corona-Pandemie herausgekommen ist, hatten wir einen kleinen Rückschlag und sind ziemlich auf der Stelle getreten, es passierte einfach nichts. Gottseidank ist das dritte Album "Bliss" dann aber richtig durchgestartet, man hatte uns zum Glück nicht vergessen.
Kannst du uns deine Top5-Alben aller Zeiten nennen - gerne über alle Genres und nicht auf Metal beschränkt?
Das ist eine fast unmöglich zu beantwortende Frage, aber ich nenne dir einfach spontan Alben:
YES - "Close To The Edge"
WHITESNAKE - "Come An' Get It"
YNGWIE MALMSTEENS RISING FORCE - "Trilogy"
TOTO - "Isolation"
RUSH - "Power Window "
Die letzten Worte gehören dir, lieber Mike!
Hört euch unser neues Album "The Grand Inferno" an, es lohnt sich! Und lest fleißig diese coole Website POWERMETAL.de. Ach ja, und Maik ist ein cooler Typ. (lacht) PROST!
Fotocredit: Mike Norgren
- Redakteur:
- Maik Englich