Till Burgwächter packt aus: Hey, Baby!
01.09.2008 | 18:40Till Burgwächter schreibt über die Schattenwelt des Heavy Metal. Vollmundiger als Joey DeMaio, großkotziger als Ted Nugent und so erschreckend belanglos wie die letzten Alben von ICED EARTH. Exklusiv bei POWERMETAL.de.
Vorsicht: Dieser Text könnte bei frisch gebackenen Eltern postnatale Depressionen auslösen.
Wer im Geschichtsunterricht einigermaßen aufgepasst hat, wird wissen, dass die Metal-Szene Anfang der Achtziger so richtig aufblühte, bevor sie sich dann fast genauso schnell aufblähte. Das ist alles kein Ding, ich persönlich finde es sogar ulkig, wenn lederbejackte Zahnärzte Anfang vierzig bei OVERKILL in der ersten Reihe stehen und den mit Lametta durchsetzten Resthaarkranz wirbeln lassen.
Das Problem ist: Diese Menschen pflanzen sich fort! Okay, das alleine mag sogar noch zu tolerieren sein, irgendwer muss diesen Planeten ja auch noch in fünfzig Jahren verschmutzen. Aber wenn diese stolzen Mütter und Väter (meistens sind es die Väter) dann die Kreditkarte zücken, um ihren Kreischwürsten ein AC/DC-Shirt in XXXXXS oder einen Strampler von MOTÖRHEAD zu kaufen, wird dem Verfasser dieser Zeilen gerne ockergelb (Gute-Nacht-Brei Apfel-Birne) vor Augen. Was soll das denn???

Man stelle sich vor, den Geburtsjahrgängen aus den Siebzigern wäre es ähnlich ergangen: Ich wäre in einem Batik-Shirt von BACCARA (No, Sir, I Can't Boogie. Ich kann nicht mal laufen.) durchs Wohnzimmer gekrabbelt oder hätte gemeinsam mit dem Konterfei des südafrikanischen Puddinggesichts Howard Carpendale zahnlos von den Fotos heruntergrinst. Da wären im Nachhinein Therapieaufwendungen entstanden, die Mama ihr klein Häuschen im Grünen gekostet hätten.
Aber meine Eltern waren - wenigstens in dieser Hinsicht - schlau: Neutrale Klamotten, höchstens mal 'ne Micky Maus hier und da oder der Schriftzug vom Zoo Hannover. Die Samenspender und -empfänger von heute hingegen gehen auf volles Risiko und glauben dadurch vielleicht, den eigenen Nachwuchs in die "richtige" Richtung zu schubsen. Das mag im Einzelfall sogar funktionieren, aber der Großteil der zwergwüchsigen Analphabeten wird schon sehr bald einen eigenen Willen entwickeln. Und dann ballert Rolf Zuckowski durch die Bude, ganz egal, was die Ernährer oder die Eltern (fällt heutzutage ja meist auseinander) davon halten. Etwas später kommt dann garantiert HipHop aufs Tableau, weil die anderen Pickelplantagen aus der Klasse das auch alle hören. Und wenn es dann ganz mies läuft, gerät das mittlerweile geschäftsfähige, aber noch nicht volljährige Balg in eine Clique von begeisterten Schlagerfans und entdeckt ganz neue musikalische Horizonte für sich.
Und spätestens hier wird es zappenduster für die beiden Altrocker, die kopfschüttelnd auf dem Sofa sitzen und vor Verzweiflung in ihren Bier-Nieren-Tee jammern. Was haben wir nur falsch gemacht? Es war doch so ein gutes Kind. Aber wisst ihr was? Ihr habt es verdient! Ich sag nur Howard Carpendale ...
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