Till Burgwächter packt aus: Hungry Eyes
11.12.2008 | 13:19Till Burgwächter schreibt über die Schattenwelt des Heavy Metal. Vollmundiger als Joey DeMaio, großkotziger als Ted Nugent und so erschreckend belanglos wie die letzten Alben von ICED EARTH. Exklusiv bei POWERMETAL.de.
Vorsicht: Dieser Text könnte bei Frisösen und ihren "männlichen" Pendants zu teuren Umschulungsmaßnahmen führen, die zu Lasten des Steuerzahlers gehen.
Es ist eine traurige Tatsache, dass das Musikgenre Heavy Metal mittlerweile gut und gerne 30 Jahre auf dem Buckel hat. Fans der ersten, zweiten und dritten Stunde dürften demnach mittlerweile nicht nur Probleme mit der Prostata haben, sondern auch eine gewisse Kälteempfindlichkeit in der nördlichsten aller Körperregionen verspüren. Die Entwicklung einer Glatze, volkstümlich auch als Platte oder hohe Stirn verniedlicht, ist ein Naturgesetz, zumindest bei den meisten Herren der Schöpfung. 1981, als Mann fröhlich fiepsend bei Kiss in der ersten Reihe stand, da wedelt der Kopfschmuck noch in sanften Wellen über die Schultern. Je nach Pflegegrad und Fettigkeitsstufe patschten die Hornfäden auch gerne Umstehenden ins Gesicht oder Bier, aber zumindest gab es noch etwas, das sich herum schwingen ließ. Heute herrscht bei den Veteranen auf der Murmel die totale Einöde, selbst die Kopfläuse haben sich in die Nase und Ohren verzogen, weil es hier wenigstens noch anständig wuchert. So ändern sich die Zeiten: Gerade eben noch haben die Alteingesessenen jeden ausgelacht, der sich mit seiner Matte nicht wenigstens einen eigenen Strick um den Hals drehen konnte. Und nun sind sie selbst Karl, der kahlköpfige Käfer. Ganz anders dagegen die Headbanger-Jugend. Sie hält ihre Mähnen in den Wind, streicht sich anmutig durch die meterlangen Strähnen und pult sich bei jedem Windstoß die Locken aus den Schneidezähnen. Manchmal mosert Mutti zwar, dass ihr Herbert aussieht wie eine Hildegard ("Ich hab doch keinen Sohn groß gezogen, um ihn rumlaufen zu lassen wie ein Flittchen!"), doch diese Diskussionen sind so alt wie die Rockmusik selbst. Ungerührt marschiert das Kuttenjungvolk in Rudeln durch die City, das wallende Haupthaar umspielt sie dabei wie Feenstaub. Aber wehe sie traben an einem Frisörladen vorbei! Dann wird es gefährlich. Erst taucht eine Schnippeltrine am großzügig gestalteten Panoramafenster auf, vielleicht nur zufällig aufmerksam geworden auf die Langhaardackel. Und innerhalb von Sekunden klebt der komplette Salon am durchsichtigen Glas, um den wandelnden Haarbergen hinterher zu starren. Wer "Dawn Of The Dead" von George Romero gesehen hat, kann sich vielleicht die Blicke vorstellen, die aus den Augen der Damen und "Herren" auf den Bürgersteig schießen. Hunger! Nicht unbedingt auf die verkrustete Kopfhaut der Metaller, aber auf den Profit, den sie versprechen. Neuesten Umfragen zufolge gehören Frisösen nämlich zu den am schlechtesten bezahlten Arbeitnehmern überhaupt. Selbst wer zehn Stunden im Akkord durchtönt, kann maximal einen Kanarienvogel ernähren. Discounter und Selbstföhnangebote haben die Preise zerstört. Und dieses Pack da draußen verweigert sich dem viertältesten Gewerbe der Welt sogar ganz! Man spürt förmlich, wie die weißbekittelten Lockendompteure am liebsten hinaus laufen und dem Nachwuchs ihre Glätteisen mit Karacho in den Enddarm schieben würden.
Stattdessen wendet sich eine nach der anderen wieder ab und alle widmen sich ihren Kunden. Neben Oma Else, die ihr verfilztes Vogelnest für die kommenden Festtage noch mal blaugrau überlackiert haben möchte, lümmeln sich in den Sesseln vornehmlich Gratiskaffe schlürfende Alt-Metaller der ersten Stunde. Einmal einwachsen und polieren, macht fünf Euro. Kein Wunder, dass dieses Land den Bach runtergeht!
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- Till Burgwächter