Tourtagebuch MEGA COLOSSUS: Vorgeschichte
21.09.2017 | 21:28Von heute an werden wir die Band MEGA COLOSSUS auf ihrer Europatour begleiten und einen Einblick bieten in die Freuden und Leiden einer Clubtour. Berichten wird unser Mitarbeiter Raphael Päbst.
Im letzten Herbst befand ich mich eher aus Versehen plötzlich in der Situation, eine komplette Europatour für die amerikanische Band MEGA COLOSSUS, Soundcheck-Sieger im Dezember 2016, zu buchen und die Band als Tourmanager zu begleiten. Ich habe so etwas vorher noch nie gemacht und so dachte ich mir, falls sich die eine oder der andere unserer Leser einmal in einer ähnlichen Lage befinden sollten, könnte es hilfreich, in jedem Fall aber unterhaltsam sein, zu lesen, wie genau ich diese Aufgabe angegangen bin und was dabei so passiert ist, welche Fehler ich gemacht habe und zu guter Letzt, wie es auf einer Tour einer Underground-Band tatsächlich zugeht, Geld- und Schlafmangel inklusive. Nach zwei Texten über die Tourplanung und die Organisation von Merchandise, Unterkünften und anderen logistischen Fragen werde ich dann ab Freitag, den 22.09., täglich in kurzen Einträgen von der eigentlichen Tour berichten.
"Hallo Jungs, ich wollte mal fragen, ob wir euer neues Album zur Rezension haben könnten und so nebenbei, wann ihr denn mal in Europa spielt." So schreibe ich im Herbst 2016 MEGA COLOSSUS (damals hieß die Band noch nur COLOSSUS) an. Die Antwort kommt prompt und lautet "Wir würden ja gern in Europa spielen, aber wir haben da keine Kontakte." Da ich bereits ein paar Konzerte organisiert habe und so ein paar Musiker in verschiedenen Städten und Ländern kenne, haue ich die also mal ganz unverbindlich an, ob sie nicht Lust hätten, bei sich zu Hause ein Konzert mit den sympathischen Amis auf die Beine zu stellen. Das dürften nun die ersten bereits als meinen großen Fehler erkennen, aber ich bin nun mal ein hilfsbereiter Typ und würde die Band auch wirklich gern mal in live sehen. Nachdem ich also positive Rückmeldungen von ein paar Freunden habe, die ähnlich unverbindlich sind wie meine Frage, schreibe ich der Band zurück, dass ich sie mit ein paar Leuten in Verbindung bringen könnte, die ihnen gern mit einem Gig helfen würden. Die Antwort darauf überrumpelt mich dann doch etwas: "Das ist super, willst du nicht unsere ganze Tour buchen und mitfahren?" Und nun ja, spätestens jetzt mache ich eben meinen fatalen Fehler, denn ich renne nicht schreiend weg, sondern sage zu. Selbstüberschätzung, mein Hang, Dinge nicht zu planen und nicht in die Zukunft zu schauen und die Begeisterung für die Band sind vielleicht mildernde Umstände, aber so kommt es, dass ich ohne jegliche Erfahrung plötzlich vor der Aufgabe stehe, eine Europatour von etwa anderthalb Wochen Länge buchen zu müssen.
Und wie genau bucht man eine Europatour, wenn man sowas noch nie gemacht hat? Der Schlüssel zum Erolg sind Kontakte, also schreibe ich alle möglichen Freunde und Bekannten an, denen ich zutraue, ein Konzert zu organisieren. Idealerweise sind das Leute, die selbst in einer Band spielen, da somit auch die Rolle des lokalen Supports geklärt ist, was für die Menge an zu erwartenden Besuchern essentiell ist. Glücklicherweise habe ich über die Jahre ein paar davon angesammelt und so stellen sich recht bald ein paar Eckpunkte der Tour heraus. Ein Besuch in Florenz bei meinen Freunden von ETRUSGRAVE steht beispielsweise recht früh fest, wie auch ein Termin in Maribor in Slowenien, wo ein guter Freund mit seiner Band LASYE gerne ein Konzert organisieren möchte. Dazu kommt noch die Möglichkeit, die Band auf das Harder Than Steel Festival in Dittigheim zu lotsen, eine besonders lohnenswerte Sache, da sie hier die Möglichkeit hat, viele neue Fans von ihren Qualitäten zu überzeugen. Wenn also ein paar Ecktermine feststehen, beginnt der anstrengende Teil, Lücken müssen gefüllt werden, undankbare Termine an Montag oder Dienstag müssen ja auch irgendwo stattfinden, da jeder Tag ohne Konzert bedeutet, dass wir Geld verlieren, da Fahrer, Van und geliehenes Equipment ja weiter bezahlt werden müssen. Dabei merkt man als Booker schnell, wie langsam lokale Veranstalter und Locations doch beim Antworten auf Mails sein können. Viele reagieren gar nicht, andere lassen sich gerne mal eine Woche Zeit, nur um dann abzusagen. Um es kurz zu machen, hier fällt recht schnell auf, dass mein Netz an lokalen Veranstaltern und Freunden, die ich überzeugen kann, mir weiterzuhelfen noch lange nicht groß genug ist, um problemlos eine komplette Tour zu buchen. Was bleibt als letzte Option noch übrig? Richtig, Konzerte selbst zu veranstalten. Da ich auf diesem Gebiet bereits einige Erfahrung habe, übernehme ich schließlich selbst die Verantwortung für zwei weitere Termine neben dem Tourabschluss im heimischen Marburg. Das bedeutet unter Umständen etwas mehr Arbeit, aber es ist weniger frustrierend als weiter auf Antworten zu warten.
Und so steht nach einem guten halben Jahr endlich die komplette Tour fest, zehn Konzerte in zehn Tagen in sechs Ländern, eine Rundreise, die man mit gutem Gewissen Europatour nennen kann und auf die ich trotz all der Schwierigkeiten, die ich bis dahin hatte, doch auch etwas stolz bin, wenn ich das fertige Tourposter mit allen Terminen so sehe. Doch Konzerte buchen ist ja nur der erste Schritt, es müssen logistische Probleme geklärt werden, Merchandise produziert werden, Finanzen geklärt werden und so weiter. Wie genau das vonstatten geht, werde ich im nächsten Teil berichten, bevor wir dann mit den ersten Erlebnissen von der Tour anfangen.
[Raphael Päbst]
Hier sind übrigens nochmal die Termine. Wer hingeht und unseren blonden Tausendsassa sieht, sollte man ein Bier mit ihm trinken.
22.09. Karlsruhe, Germany AKK
23.09. Florence, Italy Circus Club
24.09. Maribor, Slovenia MC Pekarna
25.09. Vienna, Austria Replugged
26.09. Prague, Czech R. Fatal Music Klub
27.09. Oldenburg, Germany MTS
28.09. Hamburg, Germany Bar 227
29.09 Beverwijk Netherlands, Rockcafe Asgard
30.09. Dittigheim, Germany Harder Than Steel Festival
01.10. Marburg, Germany Szenario
[Frank Jaeger]
- Redakteur:
- Frank Jaeger