VIRGIN BLACK: Interview mit Rowan London / Samantha Escarbe

01.01.1970 | 01:00

Nachdem mich das Debut "Sombre Romantic" der australischen Epic-Gothic-Metaller VIRGIN BLACK restlos begeisterte und geradezu vom Sitz bügelte und es noch immer tut, war es geradezu ein Muss, mich mit einigen neugierigen Fragen an die Band zu wenden. Wegen der Zeitverschiebung haben wir uns der Einfachheit halber über eMail ausgetauscht, und so gestaltete sich der Briefaustausch über Musik, Schöpfung und Lebensphilosophie mit Rowan London und Samantha Escarbe nach den einleitenden Worten und Grüßen:

Andreas:
Wie kam eure Band zusammen? Was war die Inspiration, ein solches Projekt zu erschaffen? Wo liegen eure musikalischen Wurzeln?

Samantha:
Persönlich habe ich Doom Metal immer als wunderbare Grundlage angesehen, und es ist auch das Fundament von VIRGIN BLACK. Doom räumt viel Freiraum ein für sehr kraftvolle musikalische Erweiterungen, insbesondere in Black-Metal- oder klassisches Terrain hinein. VIRGIN BLACK ist vor allem ein Produkt der kombinierten Visionen von Rowan und mir, und die Band kam erst wirklich ins Dasein, als unsere individuellen Ideen sich als in völliger Harmonie befindlich herausstellten. Wir beide fühlen, dass künstlerische Ausdrucksform die leidenschaftliche Pflicht in unsrem Leben ist.

Andreas:
Was sind die Haupteinflüsse eurer künstlerischen Arbeit? Gibt es da spezielle Bands, Literatur, klassische Komponisten oder Filme, die euch beeinflusst haben? Auf den Punkt "Filme" komme ich, weil euer Album ebenso gut der Soundtrack zu einem mystischen Film wie "The Omen" hätte sein können.

Rowan:
Unsere Musik ist eine genaue Beschreibung unserer Persönlichkeiten - sie ist unser Leben dargestellt in Klängen. Daher macht es sehr viel Sinn, dass sie auch einen Soundtrack abgeben würde, da sie in der Tat bereits einer ist. Die Bilder erscheinen nicht auf der Leinwand, sondern in unsrem Verstand vor dem geistigen Auge, was die Erfahrung potientiell intensiviert, da die Vorstellungskraft jeder Person die Story an die Erfahrungen ihres Lebens anpassen kann.

Andreas:
Was ist die Hauptaussage eurer Texte und eurer Musik?

Samantha:
In der dunkelsten Stunde und in dunkelsten Nacht der Seele liegt stets Hoffnung greifbar, egal wie still sie uns erscheint. VIRGIN BLACK lässt sich in zwei Worte fassen: Tragik und Hoffnung. Unser Name, die Musik und die Texte, ebenso wie unser Albumtitel verdeutlichen das Verlangen, im Leben zu triumphieren. Das ist eine einfache Erklärung, aber "Sombre Romantic" wird demnächst auf unsrer Website ausführlich erläutert werden.

Andreas:
Wie gestaltet sich eure kompositorische Arbeit? Wie ließe sich der Vorgang, eure Visionen in Musik zu fassen, beschreiben?

Samantha:
Der wichtigste Teil beim Verfassen eines Songs ist der Moment der Inspiration, der den Prozess in Gang setzt. Wie ich es sehe, ist diese Inspiration ein Song in reinster Form. Was folgt, ist eine graduelle Konstruktion dieser Vision in die reale Welt. All die Instrumente und Wotr beeinflussen einander und wechseln sich in der Entwicklung oft ab; es wäre selten, wenn die gesamte Musik für ein Instrument geschrieben würde, bevor die anderen zumindest teilweise fertig gestellt sind. Rowan und ich sind die hauptsächlichen Songwriter und wir schreiben beide jeder für sich; die anderen Bandmitglieder sehen einen Song gewöhnlich erst, wenn die Vision gänzlich realisiert ist, mit allen Instrumenten inklusive der klassischen.

Andreas:
Eure Texte scheinen von einem verlorenen Glauben in Gott und Jesus zu sprechen. Würdet ihr euch als eine christlich beeinflusste Band definieren, die ihren verlorenen Gott sucht? Können wir einen Einblick in euer philosophisches Verständnis der Welt bekommen?

Rowan:
Deine Annahmen sind in der Tat sehr zutreffend. Gott ist "verloren" für die Menschheit, da oftmals die religiösen Menschen, die am meisten reden, das Wenigste verstehen. jemand, der Gott wahrhaft erkennt, weiss, dass es eine Tragödie ist, jemandes Individualität auszulöschen. Die Mehrheit des religiösen Handelns scheint darum zentriert zu sein, Menschen in eine Form zu pressen; das erschafft für gewöhnlich zwei Arten von Menschen: Jene, die davon gefangen gesetzt werden und und viel von ihrer Identität verlieren und jene, die dagegen rebellieren und unglücklicherweise oftmals eine falsche Identität entwickeln. Ich denke, der Schlüssel dazu ist es, dies abzulehnen, ohne lediglich dagegen zu rebellieren. Ich habe einen Glauben in Gott, der der Heuchelei und Fehldarstellung, die oftmals mit Gott einhergehen, keine Beachtung schenkt. Ich denke, die Lektionen, die Gott uns lehren würde, wären Waffen gegen den Schmerz, nicht Waffen, um Schmerz zu erschaffen.

Andreas:
Arbeitet ihr bereits an neuem Material oder Konzepten, mit denen ihr schon experimentiert? Sowohl ihr als auch die Presse scheinen sehr zufrieden zu sein mit dem, was ihr geschaffen habt. Entsteht da nicht der normale Druck, dies durch ein neues Album noch zu überbieten?

Rowan:
Es gibt eine Menge wichtiger Dinge zu verstehen, wenn es um das Schreiben von Musik geht; eines der wichtigsten ist es zu wissen, wann es zu denken gilt und wann man damit aufhören muss. Wie oft wird gesagt, dass die beste Musik einer Band auf ihren frühen Alben zu finden ist. Die geschieht meiner Meinung nach immer und immer wieder, und ich glaube, das geschieht gewöhnlich deshalb, weil sie ihre Instinkte aufgaben und es durch viel zu viel Denken ersetzten. Wir wissen nicht, wie das nächste Album klingen wird, auch wenn wir bereits einiges Material haben. Ich hoffe, es wird ähnlich genug zu "Sombre Romantic" sein, um als Bruder neben ihm stehen zu können, jedoch auch verschieden genug davon, um erfrischend zu sein.

Andreas:
Wird es eine Tour in Deutschland geben? Und wenn dem so sein sollte - was ist mit den Chören und klassischen Instrumenten?

Rowan:
Aufgrund der Reaktionen, die wir aus Deutschland bekommen, werdet ihr die erste Wahl für eine Tour sein, die hoffentlich irgendwann 2002 statt findet, aber wir werden sicher versuchen, so viele Länder wie möglich dabei einzubeziehen. Einige Leute dürften erstaunt sein zu sehen, wie effektiv sich VIRGIN BLACK live übertragen lassen. Wir waren immer eine Live-Band, und das ist etwas, was wir absolut lieben. Wir meinen, dass wir nicht notwendigerweise die gleichen Instrumente nutzen die ganze Musik auf die gleiche Weise spielen müssen. Ich denke, die Intensität ist der wichtigste Faktor, und manchmal sind die Änderungen bei Songs die ganz besonderen Momente. Es ist immer eine äußerst emotionale Erfahrung.

So weit die Ausführungen der beiden zu meinen Fragen. Dann wollen wir mal auf die hoffentlich stattfindende Tour und weiteres Material dieser überragenden Newcomer von Down Under auf dem Sektor des düsteren Gothic Metal gespannt sein.

Redakteur:
Andreas Jur

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