VISION DIVINE: Interview mit Olaf Thörsen

01.01.1970 | 01:00

Nach meiner Rezensierung des zweiten Albums "Send Me An Angel" der Italo-Metaller VISION DIVINE nutzte ich die Gelegenheit, per eMail ein paar neugierige Fragen zu stellen, die Olaf Thörsen so freundlich war, mir zu beantworten. Wer die Band noch nicht kennt: VISION DIVINE war ursprünglich von LABYRINTH-Gitarrero Olaf als Instrumentalprojekt geplant, doch dann kam Fabio Lione hinzu, der bereits LABYRINTH und RHAPSODY mit seinem Gesang veredelte. Was als Projekt startete, erweist sich inzwischen als mehr als das, bestärkt durch die sehr positive Resonanz. Vielleicht schmökert ihr vor dem Weiterlesen erst in meinem Review der Scheibe, sofern noch nicht getan.

Nun aber los.

Andreas:
Warum habt ihr euch entschieden, VISION DIVINE als Nebenprojekt zu starten, anstatt das Material für LABYRINTH zu nutzen? Wie kam das Projekt überhaupt zustande, insbesondere, da es ursprünglich als Instrumentalarbeit konzipiert war - Woher also die Entscheidung, den Kompositionen einen Shouter hinzu zu fügen? Fehlte zuvor etwas an Tiefe?

Olaf:
Die Antwort ist sehr simpel: Ich bin mit Fabio seit mehr als zehn Jahren gut befreundet und wir du wahrscheinlich weißt, hatten wir gemeinsam angefangen zu spielen. Wir treffen uns häufiger in einem Pub auf ein Bier und etwas Musik, und als er sich meine ersten Songs anhörte, die ich für ein Instrumentalalbum geschrieben hatte, fand er Gefallen an dem Gedanken, mal wieder etwas gemeinsam zu machen, und also taten wir es eben.
VISION DIVINE sind inzwischen eine ganz normale Band wie jede andre auch, und ich denke, die Songs, die ich für VD schreibe, sind nicht ganz leicht in die Arbeit mit LABYRINTH zu integrieren, da sie von anderer Grundstimmung sind und auch wenn weiterhin anderes gesagt wird, so bin ich der Meinung, dass sie sich nicht mit LABYRINTH verbinden lassen.

Andreas:
Ich frage mich, wie ihr es schafft, Zeit für zusätzliches Songwriting, Tours, Promotion und Studioarbeit in Sachen VD aufzubringen, wenn man bedenkt, wie viel Zeit bereits die Arbeit mit LABYRINTH bzw. RHAPSODY fressen muss. Seid ihr Workoholics oder so?

Olaf:
Hehe, da wundere ich mich auch, aber soweit ging das ja sehr gut. Ich lebe für die Musik, Fabio ebenso, und so ist es einfach ein Vergnügen, das Glück zu haben, jeweils mit zwei Bands gute Arbeit in Sachen Musik schaffen zu können.

Andreas:
Was ist der Hintergrund des Bandnamens VISION DIVINE? Ist er irgendwie thematisch beinflusst durch Alighieris "The Divine Comedy"?

Olaf:
Absolut nicht. VD erhält seine Inspiration durch ganz normale Gedanken, die jeder in sich trägt. Furcht vor dem Tod, Liebe, Religion, Neugierde für Fragen betreffend das Leben nach dem Tod etc. Dennoch haben VD noch kein Konzeptalbum geschrieben, und ich habe derlei bisher auch nicht vor.

Andreas:
Ein Hauptthema des Albums ist der ewige Kampf zwischen Gut und Böse. Gibt es dafür eine Inspirationsquelle oder wieso gerade dieses Konzept?

Olaf:
Die Einschätzung trifft es nicht ganz. Ich denke, das Gut-Böse-Thema deckt die Vergleichsmöglichkeit zwischen den beiden Alben der Band am besten ab, insofern als das erste Album eher fröhlich klang; diese zweite Arbeit klingt definitiv tiefgründiger und dunkler. Es ist aggressiver, trägt aber noch immer jede Menge Melodie in sich, wie Fabio und ich es auch immer mit unsren Songs gehalten haben.

Andreas:
Abgesehen von düsteren Opener "Incipit" sind die andren Songs im typischen Stil des Power Metal und eher lebhaft gehalten. Gemessen am philosophisch-religiösen Thema von Gut und Böse hätte ich noch mehr an düsterer Atmosphäre erwartet, vielleicht durch mehr Einsatz von Synthesizern oder auch Chören. Ist es so schwierig, solche Elemente mit Power Metal zu verbinden?

Olaf:
Wenn du sagst, es handle sich um den normalen Power Metal, ist das deine Einschätzung; dann wären EDGUY, SONATA ARTICA, AVANTASIA und andere auch einfach nur Power Metal ohne wirklichen Unterschied.
Für mich und auch für viele andre Leute, die sich das Album angehört haben, ist "Send Me An Angel" einfach ein Heavy-Metal-Album, da derart intensives Riffing und Atmosphäre eher untypisch sind für das, was ihr Power Metal nennt. [1:0 für den Meister, Anm. d. Verf.]
Ich denke schon, dass wir anders klingen, und abgesehen von Deutschland betrachtet man uns als anders ausgerichtet als die Schublade, in die ihr uns stecken möchtet, es suggieriert.
Ich weiß nicht, was ich sonst noch dazu sagen könnte - Und die Keyboards sind wie sie sind, da ein Überschreiten des Limits bedeutet hätte, mit dem Album in Klang und Anrrangements zu sehr "out of metal" zu driften.

Andreas:
Es scheint so, als wäre "Take On Me" von a-ha derzeit ein Favorit für Coverattacken, da allein im letzten Jahr mindestens zwei andere Remakes dieses Klassikers herauskamen; ich erwähne als Beispiel nur das grottenschlechte Cover der EMIL BULLS. Eure Version anzuhören hingegen ist für mich eine Freude; erzähl mir mal, warum ihr ausgerechnet diesen 80er-Jahre-Klassiker für eine Power-Metal-Transformation ausgesucht habt? Nur aus Jux oder als Respektsbekundung für das Werk von a-ha? Oder wolltet ihr mir vielleicht nur zeigen, dass es nicht nur miese a-ha-Cover gibt und damit mein Weltbild retten?

Olaf:
Hehe, einfach nur aus Spaß. "Take On Me" ist zwar kein Metal-Song, aber ich bin mir sicher, dass diese Nummer von a-ha trotzdem in so ziemlich jedem Metallerkopf rotiert. Die Vorstellung war ziemlich ulkig, dass wir es in Heavy-Manier spielen würden, und so taten wir es.
Sorry übrigens, aber in Italien hab ich noch nichts von einer Band namens EMIL BULLS gehört. [Wundert mich nicht und ist auch nicht wirklich schade drum - allein schon für den guten Ruf der gitarrenlastigen deutschen Musik, Anm. d. Verf.]

Andreas:
Ich konnte keine Informationen zu einer Tour finden - Wird es Gelegenheit geben, euch demnächst in Deutschland live zu erleben?

Olaf:
Wir werden in Wacken am 2. August spielen [KreuzimKalendermach, Anm. d. Verf.], und das wird eine gute Gelegenheit sein, eurem Land unsere Band vorzustellen. Hoffentlich werdet ihr dann ein für all mal erkennen, dass es uns ernst ist mit dieser Band. Wir planen zudem ein zweites Mal nach Süd- und Zentralamerika auf Tour zu fliegen, und danach, denke ich, wird Zeit sein für eine Tour durch Europa.

Andreas:
Da Powermetal ein Online-Magazin ist, interessiert es uns natürlich, ob eine offizielle Homepage von euch in Planung ist oder ob es Fanseiten gibt, ich konnte bisher nichts dazu finden. Das Medium "Internet" hat sich ja als sehr gute Chance für neue Bands erwiesen, zu mehr Bekanntheit zu gelangen, wie wichtig schätzt ihr selbst die Notwendigkeit für VD ein, im Internet präsent zu sein?

Olaf:
Aber sicher gibt es so etwas schon, wir haben zwei Websites für unsre Fanclubs im Netz, die URLs sind:

http://visiondivine.cjb.net (für Südamerika, auch in Englisch online)
http://www.guardianangel.fr.st (für Europa)

Ich vertraue in das Internet als die Kommunikationsmöglichkeit des dritten Jahrtausends, und es ist defintiv eine große Chance für meine Band.

Andreas:
Da seit dem Debutalbum etwa zwei Jahre vergangen waren - wie lange denkst du wird es dauern bis zur nächsten Veröffentlichung? Ist bereits etwas geplant? Wenn dem so ist, gibt es ein Thema oder Veränderungen und neue Elemente, die ihr anpeilt?

Olaf:
Nun ja, wir werden auf keinen Fall noch einmal zwei Jahre warten. Das kam dadurch, weil wir nicht mit diesem Erfolg gerechnet hatten; und so gab es viel zu tun, viele Auftritte, selbst eine Tour nach Südamerika. Letzten Endes zog so ein Jahr geradezu an uns vorbei. Wir wollten auch unserer Intention folgen, uns dem Heavy Metal anzunähern und die typischen Power-Metal-Anteile hinter uns zu lassen. Wir haben schon viel geschafft, aber das dritte Album wird ganz klar noch erheblich mehr "heavy" sein.

Andreas:
Danke soweit für deine Zeit. Wenn du noch etwas erwähnen möchtest, hast du natürlich auch dazu Gelegenheit an dieser Stelle.

Olaf:
Gut; danke für die Möglichkeit, einiges über diese Band zu erläutern, die von vielen Leuten, gerade in Deutschland, lediglich als ein Projekt angesehen wird.
Lass mich sagen, dass meiner Ansicht nach versucht wird, uns lediglich in das Korsett einer Power-Metal-Band zu zwängen. Ich meine nicht, dass wir etwas völlig Neues erfunden hätten, aber ich meine, dass unsere Musik nicht als Kopie von STRATOVARIUS oder GAMMA RAY angesehen werden kann, zumal wir einen starken italienischen Einfluss verarbeiten, der nicht mit deutschem Stil verglichen werden kann, der meiner Meinung nach anders geartet ist. Wie auch immer, ich habe noch nie so viel Wert darauf gelegt, wie die Leute meine Musik bezeichnen; man mag es nennen wie man möchte.
Lasst nur LABYRINTH und RHAPSODY in Frieden ruhen, wenn wir eben VISION DIVINE sind, hehe.

Danke nochmal und stay heavy,

Olaf.

Redakteur:
Andreas Jur

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