WRAITH OF THE ROPES: Interview mit Hearst & Scarecrow

16.01.2006 | 18:04

Vor einiger Zeit durfte ich euch mit WRAITH OF THE ROPES und ihrem Debütalbum "Ada" eine sehr außergewöhnliche Band vorstellen, deren Ziel es ist, mit ihrer Musik die perfekte Synthese aus der Atmosphäre eines Horrorfilms und gespenstischem Metal zu erzeugen. Dabei haben sie einen sehr originellen und einzigartigen Stil entwickelt, den sie selbst schlicht und ergreifend "Horror Metal" nennen. Warum es ihnen so extrem wichtig ist, nicht in einen bereits bestehenden Genre-Topf geworfen zu werden und was alles sie dazu bewegt, ihre Musik so düster und beklemmend zu gestalten, erzählten mir Multiinstrumentalist Hearst und Sänger Scarecrow...

Rüdiger:
Ihr habt mit der Band 2001 angefangen. Hattet ihr von Beginn an das Horror-Metal-Konzept im Kopf?

Scarecrow:
Wir wollten schon immer Horror-Musik machen, aber das Metal-Element kam erst 2003 dazu. Als wir damit anfingen, Gitarren und harscheren Gesang hinzuzufügen, begann unser Sound richtig aufzublühen.

Hearst:
Als wir anfingen, machten wir vor allem instrumentale, elektronische Horror-Musik. Das Fundament, auf das wir unseren ganzen Sound vom ersten Tag an aufbauten, ist "Horror Music", also die Soundtracks und Motive aus Horrorfilmen. Der Horror-Anteil war also definitiv von Anfang an geplant, aber nicht der Metal-Anteil. Zuerst schrieben wir alle Songs auf dem Keyboard. Nur wenig auf dem "Ada"-Album ist auf Gitarren basiert. Doch das wird sich auf künftigen Veröffentlichungen ändern. Über die ersten Jahre, erschufen wir nur instrumentale Horror-Geschichten und Atmosphären, und das meiste davon blieb bis in die Endversionen der Songs erhalten. Wie Scarecrow schon gesagt hat, fingen wir erst 2003 und 2004 an, Metal-Elemente in unseren Sound einzubauen.

Rüdiger:
Mir gefällt der Bandname sehr gut. Er klingt mysteriös, auch wenn seit den Filmen zu "Der Herr der Ringe" wenigstens auch die nicht-anglophone Welt eine ungefähre Vorstellung davon hat, was ein "Wraith" ist. Wer ist denn der "Seilgeist" aus eurem Bandnamen?

Scarecrow:
Die wirkliche Bedeutung des Namens möchten wir gerne geheim halten. Es ist doch viel spannender, wenn jeder seine eigene Deutung hat. Jeder der WRAITH OF THE ROPES anhört, soll seine eigene Hintergrundgeschichte zum Namen spinnen. Was auch immer ihr denkt, dass es bedeuten könnte, ist die richtige Bedeutung. Du hast den "Herrn der Ringe" erwähnt. Ich bin ein riesiger Fan der Filme, und ich war mit der Darstellung der Ringgeister ("ring wraiths") mehr als zufrieden. Sie sind ein wunderbar furchterregender Anblick, und wenn jemand einen "Wraith" damit assoziiert, dann ist das schon mal ein gutes Beispiel.

Hearst:
Der "Wraith" ist eine verlorene Seele, die im ewigen Fegefeuer wandert, also ein Geist. So ist der "Wraith Of The Ropes" vielleicht der Geist eines Toten, der seinen eigenen Selbstmord beklagt. Vielleicht ist es die Strafe jenes Menschen, ewig in dem Haus zu wandeln, in dem er starb, mit der Schlinge um den Hals. Der Name könnte aber auch eine Menge anderer Bedeutungen haben.

Rüdiger:
Ihr hattet auch mal eine Sängerin. Warum habt ihr nach ihrem Ausstieg als Duo weitergemacht und nun keinen weiblichen Gesang mehr?

Scarecrow:
V und ich waren bis Ende 2004 verheiratet. Sie hat ein paar furchtbare Entscheidungen getroffen und ließ uns keine andere Wahl, als ohne sie weiter zu machen. Ich würde in unserer Musik noch immer gerne mit weiblichem Gesang experimentieren, aber seit V weg ist, habe ich mich daran gewöhnt, alle Gesangsaufgaben selbst zu übernehmen.

Hearst:
Es war von Anfang an geplant, auf "Ada" weiblichen Gesang zu haben. Als V ausstieg, wollten wir noch immer eine Frauenstimme auf dem Album (um Ada zu repräsentieren), aber wir konnten keine finden. Der Lead-Synthesizer-Part in 'Snow Dragon' sollte eigentlich von einer Sopranistin gesungen werden, und es hat uns schon ein bisschen gestört, dass das nicht geklappt hat. Der Song funktioniert zwar auch so, aber er wäre noch besser, wenn alles wie vorgesehen gelaufen wäre. Kein Instrument dieser Welt kann Emotionen so überzeugend rüberbringen, wie eine weibliche Stimme und wir hoffen, dass wir irgendwann die Chance haben, dieses Element für unseren Sound zu nutzen.

Rüdiger:
Obwohl das Album allgemein sehr doomig klingt, legt ihr Wert auf die Feststellung, dass W.O.T.R. keine Doomband ist. Ihr wollt euch demnach stilistisch nicht auf einen bestimmten Sound festlegen, sondern immer den Sound wählen können, der zum Konzept passt. Gibt es dennoch irgendwelche stilistischen Grenzen für euch?

Hearst:
Nein, es gibt wirklich keine Limits für das, was wir tun können. Wenn wir ein brutales Death-Metal-Album aufnehmen wollen, dann tun wir das, und wenn wir ein wenig Old-School-Metal wie SABBATH spielen wollen, dann werden wir das tun. Aber was auch immer wir tun werden, es wird immer eine Horror-Atmosphäre als Hauptelement haben. Die Musik wird immer extrem dunkel sein und auf geisterhaften, tödlichen Sounds basieren.

Scarecrow:
Wir werden immer Horror Metal spielen; Horror-inspirierte Melodien mit verschiedenen Arten von Metal mischen. Unsere zukünftigen Veröffentlichungen werden aber viel weniger von schmerzhaften Emotionen geprägt sein, dafür viel mehr von Hass und Ärger. Wir werden immer den WRAITH-Sound haben, aber die Emotionen, welche die Musik leiten, werden von Album zu Album wechseln.

Rüdiger:
Der "Titeltrack" eures Albums, 'Ada', ist gar nicht auf dem Album, sondern nur auf einer EP. Warum das? Hat er nicht zur Atmosphäre gepasst?

Scarecrow:
'Ada (The Red Door)' sollte nie auf das erste Album kommen. Es ist die Demoversion eines Songs, der auf unserem nächsten Album "Demonic Influence" stehen wird. Es ist mehr eine Bezugnahme auf unsere Vergangenheit und wird zum wiederkehrenden Motiv auf unserem nächsten Album werden. Wenn wir die Titel der Stücke auf unserem nächsten Album bekannt geben, dann wird alles Sinn machen.

Hearst:
Der Song 'Ada' wurde einige Zeit nach der Fertigstellung des Albums "Ada" geschrieben. Die Stimmung und der Stil des Stückes ist in der Tat sehr unterschiedlich, weil wir uns seit der Erstellung des Debüts als Personen sehr verändert haben. Die meisten der Stücke auf dem Debüt wurden schon vor vier oder fünf Jahren geschrieben und haben nur wenig mit dem zu tun, wo wir uns heute als Band befinden. Der Song 'Ada (The Red Door)' steht für den Sound unseres nächsten Albums. Das orientiert sich in der Tat mehr am "Black Metal". Deshalb sollte man uns aber auch jetzt nicht als Black-Metal-Band bezeichnen, genauso wie wir auch nicht wegen des Sounds des Debüts als Doom-Metal-Band bezeichnet werden wollten. Wir sind eine Band, die sich ständig verändern wird. Das Einzige was immer bleiben wird, ist der Horror-Einfluss.

Rüdiger:
Gibt es ein Konzept, eine durchgehende Story hinter dem Album, und überhaupt: Wer ist Ada?

Scarecrow:
"Ada" ist ein Konzeptalbum, das sich unter anderem mit dem Tod, Schmerz, Selbstmord, Demenz und Verzweiflung befasst. Die Songs sind nicht als lyrischer Verbund gedacht; außer die letzten Zeilen von 'Alone' und der Anfang von 'Death Bed'. Es gibt aber definitiv einen musikalischen roten Faden, der das ganze Album durchzieht. Jeder Song baut auf der Stimmung des vorangegangenen Stückes auf, bis zur letzten Konsequenz am Schluss. "Ada", das Album und der Song, wurden nach einer verstorbenen Freundin benannt, deren Geist immer mit uns ist, wenn wir Musik schreiben.

Hearst:
Ja, das Hauptthema des Albums ist der Tod und das, was uns danach erwartet. Ada ist dieser Band immer nahe, sogar über den Tod hinaus. Ich kann ihre Gegenwart immer noch oft in dem Haus spüren, in dem sie starb. Ein Großteil des Albums wurde in eben diesem Haus aufgenommen und sie hat die Musik sehr stark beeinflusst. Scarecrow wohnt noch immer in dem Haus, und ich habe auch mal dort gewohnt. Die Lyrics zu 'Ada (The Red Door)' stehen auf unserer Homepage, also würde ich vorschlagen, dass ihr sie lest und eure eigenen Folgerungen über die Bedeutung zieht. Unser nächstes Album - "Demonic Influence" - wird ein echtes Konzeptalbum, das sich mit dem Thema Tod und Fegefeuer befasst. Ich schätze, dass wir von dem Thema "Leben nach dem Tod" und der "Kommunikation mit den Toten" besessen sind.

Rüdiger:
Außer 'Ada' enthält die EP vier Coverversionen. Wen habt ihr gecovert, und warum habt ihr die betreffenden Songs gewählt?

Scarecrow:
John Carpenters "Halloween" - Halloween 1 und 2 sind meine Lieblings-Horrorfilme, und die Titelmelodie kennt jeder sofort, der die Filme gesehen hat. Ich spiele das Stück oft zum Aufwärmen auf dem Keyboard und so war es schon lange Teil der Band. Ich dachte mir, dass das Lied sehr gut zu unserem Stil passen würde, weil das Piano das Hauptinstrument bei Halloween ist und auch bei WRAITH OF THE ROPES ziemlich oft vorkommt.

BLACK SABBATHs "Black Sabbath" - Das Stück war immer hervorragend gespenstisch und es hat die Zeit überdauert. Es ist heute noch genauso schaurig wie 1970. Weil das Original weitgehend eine sehr weiche Spukatmosphäre und sehr schwere Gitarrenriffs hatte, schien es einfach ein Song zu sein, dem wir unsere eigene musikalisch Vision verpassen konnten ohne dabei die Stimmung, die das Original zu solch einem Klassiker machte, zu stark zu verändern.

THE CUREs "Figurehead" - Das hat mir Sorgen bereitet (lacht), THE CURE sind super beim Erschaffen dunkler, stimmungsvoller Musik, die fast klingt, als wäre sie aus einer anderen Welt. So war es ein passendes Stück zum Covern. Was mir Sorgen bereitete, war, es die Vocals für ein Stück zu übernehmen, das im Original so weich gesungen wird. Durch diesen Song kam ich in der Tat dazu eine neue Gesangstechnik zu entwickeln. Ich wusste, dass ich es nicht wie einen W.O.T.R.-Song singen könnte, aber ich wusste genauso, dass ich nicht versuchen wollte, es wie Robert Smiths Original zu singen. Letztendlich finde ich, dass es ein toller Track geworden ist. Einer meiner Favoriten auf der EP.

GOBLINs "Suspiria" - Darüber mussten wir nicht nachdenken. Wir wussten, dass wir den nehmen mussten, wenn wir mal Cover für eine EP aufnehmen würden. 'Suspiria' hat einen der tollsten Titelsongs der Horror-Geschichte und ich könnte niemals genug davon bekommen. Er war ein riesiger Einfluss für die Band und es hat viel Spaß gemacht, ihn neu zu erschaffen.

Rüdiger:
Die EP wird aber nicht offiziell veröffentlicht werden?

Scarecrow:
"The Red Door" ist ein Sammlerstück. Wer es nicht bald hat, der wird es nie haben. Es wird nur zusammen mit "Ada" zu haben sein, und nur als Geschenk von uns direkt. Jede EP ist handnummeriert und optisch einzigartig. Was sich optisch zwischen den einzelnen Exemplaren unterscheidet, ist jedoch ein Geheimnis derer, die es besitzen.

Hearst:
Die einzige Eigenkomposition von "The Red Door" könnt ihr auf unserer MySpace-Seite herunterladen. Ansonsten wird diese EP begraben bleiben.

Rüdiger:
Zurück zum Album: Sind die Konzepte eure eigenen Storys, oder befassen sie sich mit bestehenden Geschichten oder Filmen. So oder so: Welche Horror-Geschichten haben das Album direkt beeinflusst?

Hearst:
Die Texte erzählen die Geschichte unseres wahren Lebens, und diejenige von Adas Leben und Tod. Sie sind überhaupt nicht auf erfundene Geschichten aufgebaut. Die Musik an sich ist es, die von Horrorfilmen beeinflusst ist, nicht notwendigerweise auch die Texte.

Scarecrow:
Die Konzepte sind von unserem eigenen Leben inspiriert, werden dann aber zu Geschichten ausgebaut, die etwas interessanter sind. Das Album wurde eigentlich nicht von irgendwelchen Filmen beeinflusst, die wir jetzt benennen könnten. Mehr von unserer eigenen Vorstellung davon, wie ein Horrorfilm oder eine Horror-Geschichte sein sollte. Darauf wollen wir in Zukunft aufbauen.

Rüdiger:
Welche Regisseure und welche Filme sind denn so eure Favoriten?

Hearst:
Ich schaue in der letzten Zeit viele asiatische Horrorfilme. Ich mag "Tetsuo: The Iron Man", "Ringu" und "Ju-On", und ich liebe David Lynch, Dario Argento, Lucio Fulci, John Carpenter, Stanley Kubrick, Tobe Hooper... es sind zu viele, um sie alle zu nennen. Ich finde auch, dass Rob Zombie ein sehr guter Horror-Regisseur ist, was mich sehr überrascht hat, da ich dachte, dass ich seine Arbeiten nicht so gerne mögen würde. Scarecrow wird mir widersprechen, aber ich denke, dass sein Film "House Of 1000 Corpses" großartig war, und "The Devil's Rejects" war sogar noch besser. Das sind bisher meine zwei Lieblingsfilme, was den amerikanischen Horrorfilm dieses Jahrzehnts angeht. Seine Filme haben ein sehr old-schooliges 1970er-Feeling, das ich total liebe und schätze.

Scarecrow:
"The Devil's Rejects" war viel besser als "House Of 1000 Corpses", das mich gar nicht interessiert hat. Davon abgesehen, stimme ich hinsichtlich aller Regisseure zu, die Hearst genannt hat. Ich mag auch Slasher-Filme. Die "Freitag der 13."-Serie ist irgendwie kommerziell, aber ich mag die Darstellung und die Gedanken, die in jeden Mord eingehen. Ich sollte wohl auch Sam Raimi und die "Evil Dead"-Serie nennen. Sie sind ein schöner Mix aus Horror und Komödie. Oh, und wie könnte ich "Shaun Of The Dead" vergessen. Er ist einer der absolut besten Filme, die je gemacht wurden.

Rüdiger:
Musikalische Einflüsse: Obwohl ihr ja Horror Metal spielt und euer Album sicher diverse Einflüsse von Black Metal über Industrial bis hin zu Soundtracks und Klassik hat, ist der Doom-Einfluss hier doch am stärksten...

Scarecrow:
Ich bin mit Doom Metal nur sehr wenig vertraut. Mein einziger Einfluss waren die Gefühle eines jeden Songs. Diese verlangten nach einem langsamen Tempo und einem irgendwie dreckigen Sound. Hearst weiß viel mehr über Doom als ich und wir stellten fest, dass uns wohl Doom-Metal-Fans am ehesten eine Chance geben würden. Es gibt keine Horror-Metal-Szene und das ist das einzige Genre, dem wir uns je zuordnen werden. Der Doom-Sound von "Ada" ist also reiner Zufall und unsere künftigen Alben werden wahrscheinlich viel weniger von diesem Sound enthalten. Aber wenn den Leuten WRAITH OF THE ROPES gefällt, dann dürften sie auch von unseren Zukunftsplänen nicht enttäuscht sein.

Hearst:
SHAPE OF DESPAIRs "Shades Of..." ist für mich der Höhepunkt des Funeral Doom, ich habe in all den Jahren noch immer kein besseres Album aus der Szene gehört. SKEPTICISM, FUNERAL, BURNING WITCH und EVOKEN haben mich anfangs auch sehr inspiriert, aber ich höre heute kaum noch solche Musik. Ich bin ein größerer Fan des "True Doom"; Bands wie PENTAGRAM, REVELATION, PAGAN ALTAR und - in jüngster Zeit - ORODRUIN. Ich höre nicht gerne aktuellen Funeral Doom, weil ich es hasse von anderen Bands beeinflusst zu werden.

Rüdiger:
Ihr seid beide auch bei TORTURE WHEEL. Erzählt doch bitte was über diese Band.

Scarecrow:
Ich bin kein offizielles Mitglied von TORTURE WHEEL. Ich schreibe nur ein wenig Musik für einen Song pro Scheibe. Ich kann also kein Lob für TWs Erfolg beanspruchen, aber ich bin stolz darauf, dazu beitragen zu können.

Hearst:
TORTURE WHEEL fingen Ende 2002 als Funeral-Doom-Nebenprojekt von WRAITH OF THE ROPES an. Wir haben zwei Splits (2003 and 2004) und 2005 eine EP auf Firedoom Music veröffentlicht. Mit dem Projekt wird es nur noch ein Album geben und das wird voraussichtlich Mitte 2006 auf Firedoom Music erscheinen. Die Musik auf diesem letzten Album wird sich sehr von den Vorgängern unterscheiden. Es ist überhaupt kein Funeral Doom mehr. Es gibt kaum noch Keyboards, was wohl der größte Unterschied zu früher ist. Die Musik besteht vor allem aus traditionellen Doom-beeinflussten Gitarrenriffs, die meist in seltsamer Metrik gespielt werden, sowie aus schweren Beats. Es wird auch ein paar Black-Metal-Einflüsse geben. Das ist vor allem darin ersichtlich, dass ich einige Blast-Beats nutze, die alte Fans von TORTURE WHEEL vielleicht befremden, aber ich wollte das einfach machen. Ich konnte einfach nicht ein weiteres langweiliges Funeral-Doom-Album machen. Das interessiert mich einfach nicht mehr.

Rüdiger:
Dann habt ihr noch ein Elektronik-Projekt - NEO HIZUMI. Was gibt's dazu zu sagen?

Hearst:
Ja, das ist das Nebenprojekt, das ich am aufregendsten finde. Wir sehen NEO HIZUMI als das Alter Ego, als eine Version von WOTR aus einer parallelen Dimension. Die beiden Bandmitglieder tauschen die Rollen. Ich singe und Scarecrow spielt Gitarre; und wir spielen Industrial-Elektronik-Musik in der Art unserer ersten gemeinsamen Band KINDERGARTEN (1995-1999). Mit NEO HIZUMI werden wir übrigens bald das ganze Album "Ada" im Industrial-Stil neu aufnehmen. Es wird weniger ein Remix-Album werden, als viel mehr eine komplette Neubearbeitung jedes Stückes. Unter diesem Namen werden wir auch alles remixen, was wir als WRAITH OF THE ROPES aufnehmen. NEO HIZUMI ist "Horror Industrial", so wie WOTR "Horror Metal" ist. Das Projekt wird zeigen, dass WOTR wirklich keine Doom-Band, sondern einfach Horror-Musik durch und durch ist.

Rüdiger:
Dann bist du noch in THE SAD SUN involviert, Hearst. Was macht ihr dort?

Hearst:
THE SAD SUN besteht aus mir und Stijn Van Cauter von UNTIL DEATH OVERTAKES ME und unzähligen anderen Bands. Wir waren bisher nicht sonderlich aktiv und haben nur ein paar Songs aufgenommen. Musikalisch ist das ein Mix aus den alten TORTURE WHEEL und Stijns diversen Projekten. Wir waren auf der Doom-Compilation "Church Of The Flagellation" (2004) vertreten, aber ansonsten haben wir noch nicht viel gemacht. Wir werden in der Zukunft wohl mal ein Album machen, aber ich habe noch keine Ahnung, wann.

Rüdiger:
Scarecrow, wer sind denn deine Einflüsse als Sänger und Keyboarder?

Scarecrow:
Fangen wir mit dem Gesang an: Ogre von SKINNY PUPPY war ein großer Einfluss als ich in unserer ersten Band KINDERGARTEN war und in letzter Zeit mochte ich den Gesang von DIMMU BORGIRs Shagrath sehr gerne. Mein eigener Sound entstand zufällig. Ursprünglich nutzte ich eine Menge Verzerrung und sang zu den ersten Aufnahmen von "Ada", um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Texte zu den Songs passen. Dann versuchte ich aber die Verzerrung mit meiner eigenen Stimme hin zu bekommen und brauchte irgendwann fast keine Effekte mehr für den denn tiefen, knackenden Sound, den ich wollte. Was Komponisten angeht, bin ich ein großer Fan von Soundtrack-Komponisten wie Danny Elfman, Howard Shore, Harry Gregson-Williams, John Williams, John Carpenter und Goblin. Ich mag auch klassischen Rock der 1960er und 70er, aber wie beim Gesang versuche ich auch hier nicht, wie jene zu klingen. Ich mach einfach das, was sich gut anfühlt. Hoffentlich gefällt es den Leuten dann so gut, wie mir die Musiker gefallen, die ich genannt habe.

Rüdiger:
Wollt ihr mit WOTR auch live spielen? Wenn ja, soll es dann nur um die Musik gehen, oder wollt ihr den Horror-Aspekt auch visuell und theatralisch in Szene setzen?

Hearst:
Ja, wir würden sehr gerne live spielen. Aber wir sind nur zu zweit, wir müsste also vorher ein paar Musiker finden, die uns bei Konzerten aushelfen würden. Wir hätten dann sicher eine sehr theatralische Bühnenshow. Wir finden die Auftritte der meisten Bands austauschbar und kaum wert besucht zu werden. Es reicht einfach nicht, auf der Bühne rumzustehen und ein Instrument zu spielen. Wir würden gerne neben den Bandmitgliedern diverse Performance-Künstler einbauen, die Seil-Rituale aufführen: Aufhängen an Seilen, Bondage, simulierte Folter und Erhängungen, Morde und Selbstmorde. Die Schauspieler müssten dann unsere Songs spielerisch umsetzen, während wir die Musik spielen. Wir hätten auch gerne Menge Blut überall und dauernd verstörende Filmsequenzen auf einem Bildschirm hinter uns. Es wäre wohl ein Riesenaufwand, eine solche Produktion aufzuziehen, aber wir haben ernsthaft vor, das irgendwann umzusetzen. Wir werden natürlich kleiner anfangen müssen, aber es ist unser Traum, diese Wahnsinnsshow irgendwann wirklich auf die Bühne zu bringen.

Rüdiger:
Es ist eher ungewöhnlich, dass das Album einer US-Band auf einem israelischen Label erscheint. Wie seid ihr an Totalrust geraten und denkt ihr, dass sie den weltweiten Vertrieb gut organisieren können?

Hearst:
Ja, ungewöhnlich ist das schon, denke ich, aber es war bisher eine tolle Partnerschaft. Sie haben uns im Sommer 2005 vorgeschlagen, "Ada" zu veröffentlichen und sie haben uns den besten Vertrag von allen Labels angeboten, mit denen wir verhandelt haben, also haben wir gerne bei ihnen unterzeichnet. Wir werden auch bei diesem Label bleiben, mindestens noch für das zweite Album. Ihr Vertrieb ist sehr gut. Obwohl Totalrust ein ganz neues Label ist, waren sie bereits vorher ein Vertrieb in Israel, sie kennen sich also mit Vertriebsfragen bestens aus. Unser Album ist weltweit über die Vertriebe zu haben und wenn das Label wächst, wird das sicher noch besser. Wir sind mit unserer Entscheidung bei ihnen zu unterschreiben, jedenfalls rundum glücklich.

Scarecrow:
Totalrust waren extrem gut zu uns und momentan haben wir keine Pläne, das Label zu wechseln.

Rüdiger:
Was die Verbindung von Metal und Horror angeht, war mein absoluter Favorit immer ein recht prominenter Herr aus Dänemark. Mögt ihr eigentlich KING DIAMOND? Sowohl musikalisch als auch konzeptionell.

Hearst:
Ich bin ein sehr großer Fan von KING DIAMOND und speziell von MERCYFUL FATE. Aber ich liebe und respektiere sein ganzes Schaffen. Ich habe King 1988 mit seinem Album "Them" entdeckt und ich fand die Musik sehr makaber und furchterregend. Es fühlte sich ganz anders an, als alles, was ich vorher gehört hatte und es ist noch heute sehr einzigartige Musik. Was das Konzept angeht, mochte ich die Themen von KING DIAMOND immer sehr. Ich liebe es, den Storys zu folgen, wie sie sich auf seinen Alben entfalten, obwohl ich einige seiner Texte eher schlecht finde und mir seine Geschichten nicht gerade viel Angst einjagen. Ich glaube aber nicht, dass KING DIAMOND ein direkter oder bewusster Einfluss für uns ist. Ich denke eher, dass KIND DIAMOND und WRAITH OF THE ROPES von der selben Sache beeinflusst werden, nämlich Horror... Man könnte aber schon auch sagen, dass WRAITH OF THE ROPES seiner Spur folgt, und ich wäre glücklich, wenn es jemand so sieht. Musikalisch haben wir aber sehr wenig gemeinsam, außer einige gruselige Keyboardmelodien, die auch in Kings Material ab und zu auftauchen. Aber noch mal, das liegt wohl daran, dass wir von den selben Horror-Soundtracks beeinflusst sind. Wir machen etwas Vergleichbares mit unserer Musik, gehen dabei aber mit den selben Inspirationen in stilistisch sehr unterschiedliche Richtungen. Es gibt eine sehr einzigartige Atmosphäre auf allen seinen Scheiben und ich glaube, sie sind alle auf ihre Art und Weise großartig. In letzter Zeit stehe ich sehr auf die CD "House Of God".

Scarecrow:
Nun, nach alledem kann ich nur sagen, dass ich nur sehr wenig Musik höre und KING DIAMOND konnte mich bisher noch nicht überzeugen. Ich habe aber vor, ihm noch mal eine Chance zu geben.

Rüdiger:
So, das war alles. Wenn ihr noch was los werden wollt, nur zu!

Hearst:
Danke für das Interview! Für die nächste Zeit planen wir, mit den Aufnahmen zu unserem zweiten Album anzufangen und hoffentlich auch im neuen Jahr mit den ersten Konzerten loszulegen. Aktuelle Neuigkeiten erfahrt ihr auf unserer Homepage, die sich momentan noch hier befindet, aber wir haben vor Kurzem die Domain www.wraithoftheropes.com gekauft und das sollte dann bald unsere neue Online-Heimat sein.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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