ZODIAC: Interview mit Stephan Gall

20.06.2012 | 23:45

Mit "A Bit Of Devil" haben ZODIAC ein frisches Debütalbum in der Schnittmenge aus Hard und Blues Rock abgeliefert, das mit tollen dynamisch-relaxten Nummern begeistert. Beteiligt sind Leute von LONG DISTANCE CALLING und ROCKETCHIEF, die sich in völlig unbeschwerter Manier dem "retro"-Stil hingeben. Gitarrist Stephan Gall beantwortet ausführlich alle Fragen, die POWERMETAL.de einfielen.

Wie habt ihr euch gefunden und war die musikalische Ausrichtung der Auslöser, eine gemeinsame Band zu gründen, oder entstand sie erst aus dieser Kollaboration?

Janosch und Robert sind zum einen schon länger gute Kumpels von mir, zum anderen spielten wir ja bereits bei MISERY SPEAKS  bzw. ROCKETCHIEF miteinander. Janosch und ich hatten nach dem Ende von MISERY SPEAKS recht bald die Idee, weiter gemeinsam Musik zu machen. Nachdem er dann einige Jams mit Nick verbrachte, dauerte es nicht lange, bis Robert und ich die Band komplettierten. Die musikalische Ausrichtung war uns von Anfang an klar, unsere Musik entsteht dabei aber eher intuitiv. Es ist nicht so, als dass wir uns vorgenommen hätten einen bestimmten Stil zu fahren oder jetzt besonders "retro" zu klingen.

Gibt es terminliche Überschneidungen mit LONG DISTANCE CALLING und ROCKETCHIEF, und wenn ja, wie löst ihr diese? Wie viele Konzerte könnt ihr mit ZODIAC im Durchschnitt spielen?

Bisher gab es da noch keine Probleme. LONG DISTANCE CALLING spielen zwar regelmäßig Touren und Festivals, aber die Termine sind ja meist schon lang im Voraus bekannt, von daher lässt sich das ganz gut planen. Und die Live-Aktivitäten von ROCKETCHIEF sind mittlerweile recht überschaubar, also sehe ich auch da keine Probleme. ZODIAC werden in diesem Jahr auf verschiedenen Sommer-Festivals spielen, und für kommenden Herbst planen wir grad eine kleine Tour. Natürlich muss Janosch dies immer mit seinem LDC-Kalender abgleichen, bisher klappt das aber ziemlich gut!

 

Wird es in naher Zukunft weitere Alben geben oder kehrt ihr jetzt erstmal zu euren anderen Bands zurück? Betrachtet ihr ZODIAC als feste Band?

Wir betrachten ZODIAC definitiv als feste Band, nicht als Projekt. Wir proben regelmäßig, stecken viel Zeit in die Band und haben das neue Album jetzt auch über unser eigenes Label veröffentlicht. Natürlich ist Janosch weiterhin mit LDC aktiv, der Rest von uns ist zumindest momentan nicht allzu sehr in anderen Projekten eingespannt.

Es lässt sich glaube ich feststellen, dass in der Rock- und Metalszene momentan vermehrt eine Hinwendung zur ursprünglicheren, natürlicher klingenden Rockmusik (etwa im Stile der 70er Jahre) erfolgt - um jetzt mal den Begriff "retro" zu vermeiden. Woran könnte das liegen, würdet ihr von einem allgemeinen "Trend" sprechen und was war bei euch ausschlaggebend, diese Art von Musik zu machen?

Ein gewisser Trend lässt sich sicherlich beobachten, und ich freue mich, dass klassischer Rock im weitesten Sinne wieder ein größeres Publikum findet. Andererseits sieht man sich als Band auch schnell mit dem Vorwurf konfrontiert, auf einer Welle mitfahren zu wollen. Natürlich profitiert auch ZODIAC von der momentanen Entwicklung, aber das war für uns nicht der ausschlaggebende Punkt. Nach unseren verschiedenen bisherigen musikalischen Aktivitäten waren wir einfach an einem Punkt angelangt, wo wir Bock hatten, genau die Art von Musik zu spielen, die wir eh schon seit unserer frühen Jugend hören. Ich bin mit dem Blues und Rock der 60er/70er/80er musikalisch sozialisiert worden, auch wenn ich selbst erst Anfang der 80er geboren wurde. Für mich fühlt es sich ganz natürlich an diesen Sound zu machen, und ich freue mich, wenn ich lese, dass ZODIAC trotz der "klassischen" Ausrichtung auch modernere Elemente attestiert werden. Kalkuliert "retro" oder "vintage" ist unsere Musik auf jeden Fall nicht.

Wie stark hat euch denn tatsächlich der klassische Blues beeinflusst, denn eine deutlich erkennbare Blues-Rock-Schlagseite habt ihr ja durchaus?

Letztlich basiert ja ein Großteil der klassischen Rockmusik auf dem Blues, ohne diesen hätte es Bands wie z.B. LED ZEPPELIN nie gegeben. Von daher sind fast alle Rockbands in irgendeiner Weise vom Blues beeinflusst. Dass dieser in unseren Songs öfter stärker herauskommt, liegt wohl hauptsächlich an Nicks großem Faible für typischen Blues Rock. Von ihm stammte auch die Idee für das ZZ-TOP-Cover 'Blue Jean Blues'.

Mit 'Thunder' habt ihr auch eine Nummer mit Akustikgitarre am Start. Ist das etwas, das für euch zum Sound von ZODIAC dazu gehört und auch weiterhin einfließen wird oder sind so etwas eher einmalige Ausflüge?

Das wird sich erst noch zeigen, bisher ist dies unser einziger Song mit akustischer Gitarre. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir noch öfter damit arbeiten werden, ich denke aber vor allem live stehen die elektrischen Gitarren im Vordergrund.

 

Worauf legt ihr Wert, was macht ZODIAC eurer Meinung nach musikalisch aus?

Naja, wir versuchen unsere Instrumente gut zu beherrschen und uns ständig weiter zu entwickeln. Für die Aufnahmen sind uns natürliche und organische Sounds wichtig gewesen, wir wollten keine auf Hochglanz polierte und extrem saubere Produktion. Ich finde, das haben wir auf der EP, aber auch jetzt beim Debüt ganz gut hinbekommen. Wir stehen auch nicht so auf irgendwelchen okkulten Schnickschnack oder irgendein Image, denn die Musik allein soll bei uns im Vordergrund stehen. Da ist es mir persönlich auch egal, ob man das jetzt als Blues-, Classic-, Heavy- oder meinetwegen auch Psychedelic Rock bezeichnen will. Wichtig ist, dass die Zuhörer, egal ob live oder auf Platte etwas von dem Feeling mitbekommen, das wir beim Spielen der Songs erzeugen wollen.  

Ihr habt auf dem Album mit 'Blue Jean Blues' einen Coversong von ZZ TOP. Wenn es nicht diese Nummer gewesen wäre, was stand noch zur Debatte bzw. welche anderen Songs würden euch in der Hinsicht reizen?

Ich glaube, wir haben z.B. auch über 'Travelin' Man' von BOB SEGER nachgedacht. Ein großartiger Song, den wir aber noch nie geprobt haben, doch vielleicht wird's ja noch mal was? Bei 'Blue Jean Blues' war einfach ziemlich schnell klar, dass die Chemie stimmt und sich der Song gut im Kontext des Albums machen könnte. Außerdem waren wir noch auf der Suche nach einem langsameren Stück...

Obwohl ich gelesen habe, dass ihr die Songs in gemeinsamen Jamsessions zusammengeschraubt habt, finde ich eure Musik sehr gradlinig und songorientiert. Wie muss man sich denn solch einen Jam bei euch vorstellen? Experimentiert ihr bei solchen Gelegenheiten viel mit eurem Sound und gibt es da beispielsweise Tendenzen zu vertrackteren oder psychedelischeren Klängen (z.B. durch stärkeren Fokus auf die Orgel)?

Meistens kommen Nick oder ich mit ein Paar Riffs oder grundlegenden Songideen an, und dann schauen wir gemeinsam, was sich daraus machen lässt. Und dies funktioniert besonders gut beim gemeinsamen Jammen. Wir haben dabei immer ein kleines Aufnahmegerät laufen, und hören uns später an, was nun für einen Song taugt. Natürlich kristallisieren sich irgendwann feste Songstrukturen raus, an denen wir dann noch weiter feilen und den Song irgendwann fest machen. Bei einigen Songs, wie z.B. bei 'Coming Home' lassen wir aber bewusst noch etwas Freiraum, bei dem wir dann vor allem live wieder ein wenig experimentieren können. Das ist immer wieder sehr spannend!  

In unserem monatlichen Redaktions-Soundcheck mit sieben Leuten mit stilistisch sehr unterschiedlichen Vorlieben hat euer  Album einen guten Mittelfeldplatz erreicht (Platz 11 von 24). Zufrieden, wenn selbst überzeugte Metalheads euer Album mit einer zumindest ordentlichen Note würdigen? Glaubt ihr, dass ihr mit den Songs auf "A Bit Of Devil" generell ein breites Publikum ansprechen könnt?

Natürlich freuen wir uns, wenn wir verschiedene Hörerschaften ansprechen. Aber die meisten Leute, die ich kenne, sind auch gar nicht mehr so verbohrt Fan einer bestimmten Musikrichtung, ich glaube man wird mit zunehmenden Alter immer toleranter, hehe... Bei unseren bisherigen Konzerten konnte ich Metalheads, Stoner-Fans aber auch durchaus viele ältere Blues-Semester sehen, und das finde ich super.

 

Wenn ihr an den "perfekten" Liveauftritt denkt, seht ihr euch da eher in der verrauchten, kleinen Rockkneipe, auf einem Metalkonzert oder auf einem Blues-Rock-Open-Air spielen?

Ich schätze, funktionieren könnten alle drei Möglichkeiten. Da ich die Rockkneipe und das Metalkonzert nun schon kenne, würde ich gern mal das Blues-Rock-Open-Air ausprobieren. (lacht) Ich denke, wichtig ist es einfach, dass man sich als Band nicht selbst limitiert, sondern verschiedene Konstellationen ausprobiert und offen bleibt. Wir werden vermutlich auf keinem Death-Metal-Festival spielen, aber grundsätzlich sind wir für alles offen. Wir sind uns jedoch darüber einig, dass wir nicht krampfhaft an jeder Straßenecke spielen wollen, denn grundsätzlich steht, was Shows angeht, auch Qualität vor Quantität.

Ich nehme an, der Bandname steht nicht in Zusammenhang mit dem so genannten Zodiac-Killer, der vor 40 Jahren in den USA sein Unwesen trieb? Gibt es eine tiefere Bedeutung für diese Namenswahl?

Nein, weder mit dem Killer noch mit den Schnellbooten haben wir etwas zu tun. Unser Name bezieht sich auf den astrologischen Tierkreis, und unsere eigenen Sternzeichen sind auch Teil des Logo-Artworks. Ehrlicherweise steht dahinter aber keine tiefere Bedeutung, der Name klingt gut, bietet viele Ansatzpunkte für gestalterische Arbeiten und passte unserer Meinung nach gut zum Sound. Aber vielleicht kommt ja irgendwann noch mal das obligatorische Konzeptalbum zum Thema...

 

Wie steht ihr eigentlich zur momentan heiß diskutierten Urheberrechtsdebatte? Wie kann man eurer Meinung nach die berechtigten Interessen der Künstler wahren und sind dafür auch härtere Maßnahmen zur Überwachung und Einschränkung des Datenverkehrs im Internet notwendig, wie ja momentan teilweise gefordert? Kann es dafür überhaupt eine einfache Lösung geben?

Oh ja, schwieriges Thema. Wir verfolgen die Debatte sehr interessiert, aber ich finde, dass die Debatte auf beiden Seiten zum Teil zu überhitzt diskutiert wird. Auch ich bin der Meinung, dass das Urheberrecht der aktuellen Realität angepasst werden sollte, aber in welcher Art und Weise genau, darauf habe auch ich noch keine konkrete Antwort. Dem Einwand, Bands würden von den Möglichkeiten des Netzes profitieren, kann ich natürlich zum Teil zustimmen. Auch wir haben unsere erste EP zum freien Download angeboten und dadurch Aufmerksamkeit und neue Hörer bekommen. Bei unserem neuen Album können wir uns das nun aber nicht mehr leisten, da so eine Produktion mit allem was dazu gehört schon eine teure Geschichte ist. Und wenn man soviel Arbeit und Geld investiert, und es zudem anscheinend doch ein paar Leute gibt, die unsere Musik schätzen, finde ich es nur legitim, dafür eine Entlohnung zu verlangen. Ich bin allerdings dagegen, alle Leute, die sich Musik illegal besorgen, pauschal zu kriminalisieren. Sinnvoller finde ich hingegen eher, als Band zusätzliche Anreize zu schaffen, wie z.B. besondere Specials oder qualitativ hochwertige Vinyl-Editionen anzubieten. Dass wir unsere EP nun nachträglich noch auf Vinyl veröffentlicht haben, zeigt ja, dass es immer noch viele Leute gibt, die ein Album gerne zu Hause im Regal stehen haben. Allerdings bin ich mir auch bewusst, dass unsere Hörer oftmals keine Teens mehr sind, und sicherlich noch ein anderes Bewusstsein für den Wert von Musik haben. Wie sich die Generationen, für die es nun selbstverständlich ist, sich ihre Musik kostenlos aus dem Netz zu besorgen, diesbezüglich entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Ich persönlich stehe auch nicht so auf Streaming-Angebote wie Spotify etc. (bin eben ein Sammler...), aber vielleicht ist das eine sinnvolle Variante. Ich bin jedoch überzeugt davon, das Musiknutzer und -erzeuger  verstärkt in einen Dialog über den "Wert" der Musik treten sollten, und die immensen Gewinne, die große Konzerne wie z.B. Google mit Youtube dabei machen, gerechter an die Urheber verteilt werden müssten. Hier gibt es schon noch viel Handlungsbedarf und ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickeln wird.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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