AMORPHIS, SOLSTAFIR und LOST SOCIETY - Köln

30.10.2023 | 20:53

27.10.2023, Carlswerk Victoria

Wieder unterwegs: Die Halo European Tour 2023, AMORPHIS auf Headliner-Tour

Ausverkauftes Haus. Das merkt man auch, wir haben Heimspiel, sind heute mal total pünktlich, und es erwartet uns schon eine Riesenschlange. Ich hadere einen Moment, ob ich mich hinten anstellen oder doch mit der Kamera kurz vorbeischlängeln soll. Also kurz. Sorry dafür. Versuche morgen wieder mein Karmakonto aufzufüllen.

Auch hier alles genau nach Zeitplan. War das früher auch so? Die Security ist streng und lässt uns erst um 19:10 Uhr in den Graben. So wie es auf dem Zettel steht.

LOST SOCIETY kommt auf die Bühne, zwei Minuten Matsch, dann haben sie den Sound im Griff. Die Band macht, was ein Support idealerweise machen soll. Sie heizt ordentlich ein. Gut gelaunt und mit Spielfreude wird das Publikum zum Mitmachen animiert. Und das dankt mit ordentlich Applaus. LOST SOCIETY legt einen guten Auftritt hin, nur meins ist es eben nicht.

Es ärgert mich fast, wenn sich Klischees bewahrheiten, doch der Frauenanteil ist heute eindeutig höher als bei den meisten Metalkonzerten.

SÓLSTAFIR – der Special Guest aus Island. Darauf bin ich echt gespannt, ich habe diese Band noch nie live gesehen und denke auch nicht, dass sie so oft in unserer Ecke unterwegs ist. Bei meiner Begleitung gehen die Augenbrauen kritisch nach oben. Ist das überhaupt noch Metal? Mir ist das egal. Ich finde den Wust aus Genrebezeichnungen im Metal manchmal eh drüber. Nicht jeden Song kann ich eindeutig benennen, aber als die Jungs 'Ótta' anspielen, leuchten meine Augen. Zugegeben, musikalisch ist das im Vergleich zur Vorband natürlich ein Bruch. Mit nur zehn Minuten Umbaupause von eingängigem Groove (?) Metal bei LOST SOCIETY zu den sehr sphärischen, eher getragenen Klängen der Isländer. Die eindringliche Stimme von Tryggvason katapultiert einen direkt ins Land von Feuer und Eis. Man könnte sich dazu tatsächlich auch eine andere Kulisse vorstellen, eine bestuhlte Halle  - oder besser noch eine Freilichtbühne? Nach etwa der halben Spielzeit die erste Ansage, die Band wird ganz klassisch vorgestellt, es wird zum Merch eingeladen und der Aufforderung "Scream for me" kommt die Halle begeistert nach. Die Fangemeinde ist da. Einmal kurz nicht hingeschaut und da ist der Sänger auf einmal von der Bühne verschwunden! Man hört ihn noch und plötzlich taucht er auf der seitlichen Theke stehend wieder auf. Er genießt sichtlich das Bad in der Menge. Nach etwa 50 Minuten wird der letzte Song angesagt und das Publikum ist bis zum Schluss begeistert dabei.

Nächstes Klischee, die Schlange vor dem Damenklo. Klar, ich hätte ein paar Minuten früher losgehen können. Aber ich wollte einfach wirklich, wirklich nichts verpassen. Ich hätte auch keine drei Bier trinken müssen. Hätte, hätte ... Andererseits zeigt das ja nur, es gibt sie, die Metalfrauen und das ist auch ein kleines bisschen toll.

Vom ersten Takt an ist klar, wer hier der Headliner ist: AMORPHIS betritt die Bühne und die Halle johlt. Die Finnen steigen direkt mit zwei Songs vom aktuellen Album ein, 'Northwards' und 'On The Dark Waters', gut, ist ja auch die Halo-Tour. Dann folgt 'Black Winter Day', das waren noch Zeiten! Es ist völlig legitim, als Band auch eine Wandlung zu durchlaufen. Ein toller Song, da sind wir, mein skeptischer Mann und ich, uns plötzlich wieder einig. Was vielleicht nicht ganz fair ist, AMORPHIS ist eine Band, die wir in den letzten 20 Jahren einfach schon x-mal live gesehen haben. Da ist die Begeisterung, anders als beim ersten Mal, einfach etwas verhaltener. Luxusprobleme, ich weiß. Der Auftritt ist souverän, es herrscht tolle Stimmung und verdientermaßen ist die Halle ausverkauft. Bis in die letzten Reihen recken die Fans ihre Hände in die Höhe. In der Halle sind tatsächlich ein paar Kids, 'Tschuldigung, Teenager mit ihren Eltern. Das ist großartig. Unvorstellbar für mich vor 20 Jahren, mit meinen Eltern auf so ein Konzert zu gehen. Die Macht ist stark in der Metalfamilie. Toll! 'Silver Bride', überragend! Ich pack die Notizen beiseite und geh' tanzen. Tomi bedankt sich für das großartigste Publikum. "This must be one of the best shows!" Okay, ja, schmier uns gern ein bisschen Honig ums Maul. Bei 'My Kantele' singen die anwesenden Männer übrigens genau so laut mit. Die Stimmung ist top und die Umsetzung perfekt. Die Songauswahl? Gut, darüber kann man sich wohl ewig streiten. Es ist zehn vor elf.

"Would you like to hear another song?" Was für eine Frage! Die Zugabe steht an und wir spekulieren: 'The Bee' oder 'Black Widow'? Es ist 'The Bee', die komplette Halle singt mit – das sind die Momente, die ein Live-Erlebnis einfach ausmachen!

Setliste: Northwords; On The Dark Waters; Bad Blood; The Moon; Thousand Lakes; Into Hiding; Black Winter Day; Silver Bride; Sky Is Mine; Wrong Direction; Amongst Stars; Seven Roads Come Together; My Kantele; The Bee


Photo Credits: Barbara Sopart

Redakteur:
Barbara Sopart

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