ANNISOKAY, FIXATION & TO KILL ACHILLES - München

02.11.2023 | 23:50

25.10.2023, Backstage Werk

Auch im Endspurt der Tour liefern die drei Bands eine Core-Vollbedienung.

Mittwoch Abend im Backstage in München: Drei Core-Bands und ich. Klingt nach einer guten Combo. Zusammen mit Katharina Jäger mache ich mich auf den Weg zum Konzert. Als wir um halb sieben im Backstage ankommen, stellen wir fest, dass wir nicht die Einzigen sind. ANNISOKAY und ihre Mitstreiter haben schon vor dem Einlass einige Leute vor das Backstage gelockt.

Das POWERMETAL.DE-Team wird von der Security reingelassen, da wir noch einen Termin mit dem Support FIXATION haben. Die Norweger erklären sich zu einem kurzen Interview und einem Reel-Dreh für Instagram bereit. Das Ergebnis ist ein witziges Kurzvideo, in dem wir der Band ein bisschen Deutsch beibringen.

TO KILL ACHILLES eröffnet den Abend mit einem Post-Hardcore-Auftritt, wie man ihn kennt: laut und aggro. Aber auch sentimental, denn Sänger Mark Tindal trägt die thematisch ernsten Songs mit viel Gefühl vor. Auch der Rest der Band bewegt sich dynamisch auf der Bühne, doch erst gegen Ende des halbstündigen Auftritts lässt sich das Publikum zum Mitmachen bewegen. Überwiegend scheint dem Publikum der Mittwoch in den Knochen zu stecken und es gelingt schwer, sich auf das Konzert einzulassen. Beim letzten Song singt Mark teilweise ohne Mikrofon und wirft sich dann erschöpft auf den Bühnenboden. Nach dem, was er körperlich und emotional gerade abgeliefert hat, ist das aber auch gerechtfertigt.



FIXATION betritt als nächstes die Bühne. Die Band ist schon eine ganze Weile auf Tour und dementsprechend ebenfalls etwas erschöpft. Trotzdem sind die Norweger gut drauf und geben bei ihrem Auftritt alles. Jonas ist auf der Bühne sehr ausgelassen, rennt herum, wirft sich in Posen und genießt es sichtlich, im Rampenlicht zu stehen. Der Rest der Band bleibt durch die Instrumente limitiert, bewegt sich aber auch ein wenig. Anstelle von Ola Dønnem sitzt Sander Lambrechts auf der Abyss-Tour am Schlagzeug von FIXATION und kann mit seiner Leistung Ola würdig vertreten. Der Sound ist gut, sogar besser als bei der Vorband TO KILL ACHILLES. Jonas' Stimme gefällt mir sehr gut, er kann viel von dem, was er im Studio singt, auch live umsetzen. Aber es gibt auch Grenzen: Beim letzten Song 'What We Have Done' muss er statt des Falsettos etwas tiefer gehen. Nach wochenlangem Touren und einer halben Stunde Auftritt ist die Stimme leider schon sehr beansprucht.

Das Publikum kommt langsam in Fahrt und es bildet sich der erste kleine Moshpit. Außerdem wird fleißig mitgeklatscht und geschunkelt, das Eis ist gebrochen. Leider scheinen noch zu wenige hier die Band zu kennen. Denn bei so vielen Liedern mit Ohrwurmcharakter wäre ein textsicheres Publikum, das fleißig mitgrölen würde, wirklich spaßig. Außerdem müsste ich mich dann nicht alleine blamieren. Jonas bedankt sich kurz beim Publikum und der Auftritt ist vorbei. Die Band kommt nach vorne und verbeugt sich ein letztes Mal unter großem Publikumsapplaus.

Ich habe die Norweger schon beim Summer Breeze 2022 live gesehen. Jetzt hat die Band endlich ein Album in voller Länge herausgebracht und hätte somit Material für einen längeren Auftritt. Leider bekommen sie den hier nicht, es bleibt bei einer halben Stunde.



Die Umbaupause vor ANNISOKAY zieht sich in die Länge. Ich schaue nochmal bei Jonas am Merchstand von FIXATION vorbei und er gibt mir den Tipp, dass der Headliner immer nach 'Shake It Off' vom Band beginnt. Bis dahin wird es aber noch eine Weile dauern, also unterhalten wir uns noch ein wenig. Endlich ist es soweit: 'Shake It Off' spielt und ich mache mich auf den Weg in den Fotograben. Ein Crowdsurfer kann es nicht erwarten und macht sich ebenfalls auf den Weg vom hinteren Ende der Halle nach vorne zur Bühne.

Dann geht es wie versprochen los. Die Bühne wird abgedunkelt, abstrakte Videosequenzen laufen über die LED-Wände und vom Band ertönt das Intro 'Into The Abyss'. Also rein in den Abgrund! Die Bühne wird wieder ganz dunkel, dann wieder hell und plötzlich stehen die vier Bandmitglieder, die sich vorher hinter den LED-Screens versteckt hatten, auf der Bühne. Das Publikum ist überrascht und die Aufmerksamkeit ist nach der langen Pause sofort wieder da. Die Menge ist begeistert und voll dabei, als der erste Song 'Throne Of The Sunset' beginnt.

Bei 'What's Wrong' müssen Band und Publikum hüpfen. Eine kleine Geste genügt und alle sind dabei. Die Band ist insgesamt weniger aktiv als die beiden Vorbands, aber das motivierte Publikum macht das wieder wett. Rudi Schwarzer läuft über die Bühne und macht ein paar Bewegungen, die teilweise einstudiert wirken. Christoph Wieczorek ist durch Gitarre und Gesang eingeschränkt, gibt aber sein Bestes und wirkt dabei sogar organischer als der Screamer. Bei Bassist Peter Leukhardt beschränkt sich die Performance auf das übliche Kopfschütteln und Vor- und Zurücklaufen auf der Bühne. Die Stimmung wird mit einer Mischung aus Songs der Alben "Aurora" und "Arms" sowie der neuen EP "Abyss Pt I", die der Tour auch den Namen gibt, hochgehalten. Die Auswahl konzentriert sich vor allem auf die beliebtesten Songs der Alben, so kommen die meisten Fans voll auf ihre Kosten, denn es sollte für jeden etwas dabei sein. Auch mein persönlicher Favorit von "Aurora" wird auf dieser Tour zum ersten Mal live gespielt: 'The Tragedy'. Allzu weit zurück in der Diskographie geht es aber nicht, mit 'What's Wrong' ist nur ein Song vom 2016er Album "Devil May Care" zu hören, alle anderen Songs sind neuer. In diesen Mix wirft ANNISOKAY noch einen LINKIN PARK-Coversong: 'One Step Closer'.

Das Publikum reißt das Backstage an diesem Abend wirklich komplett ab. Die Security darf eine gehörige Menge Crowdsurfer einfangen, in der Halle gibt es einen großen Moshpit und bei 'Human' sogar eine Wall of Death. Natürlich ist das Publikum nach Ansage des Sängers auch gerne bereit, bei 'Friend Or Enemy' auf die Knie zu gehen und zum Refrain aufzuspringen. Dafür bedankt sich die Band am Ende des Auftritts auch überschwänglich beim Publikum, schließt ein großes Dankeschön an die Crew, die Technik und die Security an und verlässt die Bühne. Doch die lauten "Zugabe"-Rufe des Publikums locken ANNISOKAY für zwei weitere Songs zurück: 'Calamity' und 'STFU'. 'STFU', den größten Hit von "Aurora", kennen natürlich alle auswendig und singen entsprechend mit. Die Band teilt das Publikum in vier Gruppen auf, die jeweils einen Teil von "Shut The Fuck Up" singen dürfen. Nach diesem letzten Höhepunkt ist das Konzert nach ca. 75 Minuten wirklich zu Ende. Bis auf kleinere technische Probleme - bei 'Good Stories' und 'Fully Automatic' rauschen die Boxen unangenehm - läuft der Auftritt aller Bands reibungslos und routiniert ab. Auch wenn man einigen die Müdigkeit nach wochenlangem Touren anmerkt, die Stimmung bei Bands und Publikum ist trotzdem super und auch das Backstage glänzt einmal mehr als Eventlocation. So fahre ich an diesem Abend zufrieden, mit ein paar weiteren ANNISOKAY-Songs im Autoradio, zurück nach Hause.

Redakteur:
Noah-Manuel Heim

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