ANVIL - Aschaffenburg
26.07.2010 | 20:37
03.07.2010, Colos-Saal
ANVIL live nach dem siegreichen Spiel Deutschlands gegen Argentinien bei einer schweißtreibenden Clubshow. Was für eine Party!
Was gibt es feineres, als nach einem siegreichen Halbfinale bei der Fußball-WM gegen Argentinien den Abend mit einem genialen Konzert abzuschließen? Wenn die Metal-Altmeister ANVIL mit dem nicht minder Laune machenden Support GIRLSCHOOL in einem deutschen Club die Bude rocken, dann darf POWERMETAL.de natürlich nicht fehlen! Here we go....
Bei brütenden 36 Grad Celsius draußen schwingen wir uns in das angenehm temperierte Gefährt und brettern über die B469 in das unterfränkische Aschaffenburg. Dort angekommen zeigt sich, dass das Colos-Saal im Gegensatz zu den zwei Tagen zuvor spielenden NILE schon gut gefüllt ist. Obwohl die Show noch gar nicht begonnen hat, ist es schon ziemlich schwül. Zeit für eine kühle Apfelsaftschorle bei dieser Bullenhitze.
Die Damen von
GIRLSCHOOL werden pünklich um 20:00 Uhr überaus warmherzig von den vielleicht knapp 250 Zuschauern empfangen. Seit mittlerweile weit über 30 Jahren sind sie im Musikgeschäft unterwegs, haben Höhen und Tiefen durchlebt. Seit einigen Jahren geht es wieder aufwärts, was sicher auch an der überzeugenden Live-Präsenz der Band liegen dürfte. Mit dem Doppelschlag 'Demolition Boys' und dem fetzig-frechen 'C'mon Let's Go' leiten GIRLSCHOOL kurzweilige 50 Minuten Party-Hardrock mit New Wave Of British Heavy Metal-Flair ein. Die Damen haben sichtlich Spaß auf der Bühne, auch wenn die Bedingungen trotz der fleißig rotierenden Ventilatoren nicht gerade die angenehmsten sind. Die Frage
"Are you enjoying your sauna?" von Gitarristin/Sängerin
Kim McAuliffe
trifft den Nagel auf den Kopf. Auch jenseits der 50 sind die Damen live auf alle Fälle klasse, denn sowohl gesanglich (tolle Lead-Vocals von Bassistin und Bandgründerin Enid Williams!) als auch spielerisch sind GIRLSCHOOL in toller Verfassung. Mit nur drei - ohne Zweifel gutklassigen - aktuellen Stücken im Gepäck bleibt viel Platz für alte Gassenhauer, die ins Schwarze treffen, darunter Kracher wie 'Screaming Blue Murder', oder das unschlagbare 'Race With The Devil'. Es macht einfach Spaß, die leidenschaftlich rockenden Damen - besonders die in ein flottes Outfit gepackte Enid Williams am Bass und das blonde, cool posende Honigkuchenpferd Jackie Chambers an der Gitarre - live zu erleben. Sie genießen die immer wieder ertönenden "GIRLSCHOOL!"-Rufe des Publikums sichtlich. Mit 'Emergency', das von allen Anwesenden laut mitgesungen und von zahlreichen Luftgitarristen flankiert wird, verlassen GIRLSCHOOL die Bühne. Alles in allem ein überaus sehenswerter Auftritt, der die Party heute Abend schwungreich in Gang bringt.
Setlist GIRLSCHOOL:
Demolition Boys
C'mon Let's Go
Not For Sale
Hit And Run
I Spy
Never Say Never
Everything's The Same
Screaming Blue Murder
Future Flash
Race With The Devil
Emergency
Die Spannung steigt beim Rezensenten dieser Zeilen in der etwa 20-minütigen Umbaupause nochmals erheblich, denn allein die fantastische Clubshow von
ANVIL am 01.09.2007 in Würzburg sorgt bei mir noch heute für strahlende Augen und ein feistes Grinsen. Bereits damals erzählte mir Sänger und Gitarrist Lips in einem kurzweiligen Interview von einem Film über die Band, den ein Herr namens Sacha Gervasi gefilmt hat. "ANVIL! The Story Of Anvil" hat nun nach langen Jahren des medialen Schattendaseins für die Band - trotz stetiger Veröffentlichung gutklassiger Scheiben! - Lips & Co. einen erheblichen Aufmerksamkeitsschub beschert. Und diese Aufmerksamkeit gönne ich
ANVIL von Herzen!
Die Fäuste werden zahlreich gereckt und laute "ANVIL!"-Rufe spornen das Trio an, als die ersten Takte des schweinecoolen Instrumentals 'March Of The Crabs' aus den Boxentürmen donnern. Ohrenstöpsel also rausgenommen, denn der Sound klingt kristallklar. Grinsemeister Lips und Robb Reiner verstärkt um Langzeit-Bandmitglied Glenn Gyorffy alias G5 am Bass genießen den großen Applaus, den ihnen das überschwängliche Publikum entbietet. Lips hält seine Flying-V Klampfe wie gewohnt in die Höhe und brüllt
"Are you ready to rock?" in den Tonabnehmer seiner Gitarre. Rocken? Aber hallo! KOLOSSAL rocken! Der Grimassenschneider leitet '666' ein, das die tropischen Temperaturen im Colos-Saal weiter nach oben treibt. Es reiht sich Hit an Hit. Beim AC/DC-artigen Klassiker 'School Love' zieht Lips besonders vom Leder und reizt die sechs Saiten seiner Klampfe voll aus. Mächtig intensiv geht es auch beim "Forged In Fire"-Klassiker 'Winged Assassins' weiter, wohingegen 'This Is Thirteen' dazu genutzt wird, etwas durchzuatmen und sich ein Kaltgetränk zu schnappen. Lips wettert gegen gierige Plattenfirmen mit einem rotzigen
"Fuck record labels!" und weist auf den Verkauf einer ANVIL-CD hin, die man nur auf Konzerten kaufen könne. Des Rätsels Lösung: Es ist schlicht und einfach eine Neuauflage von
"This Is Thirteen", die die meisten ohnehin schon im CD-Schrank haben.
'Mothra' wird in einer zehnminütigen Version zelebriert, die in Mark und Bein geht. Im ausgedehnten Mittelteil kramt Lips mit einem schelmischen Grinsen den legendären Gold-Dildo heraus und lässt das Teil über die Saiten huschen - total überdrehtes Grimassenschneiden inklusive. Die Menge johlt, bangt oder genießt einfach die Gitarrenorgien des 54-jährigen Metal-Urgesteins. Weitere Ohrenfreuden folgen mit dem kultigen, SABBATH-artigen 'Thumb-Hang', das Lips und Robb in frühesten Bandtagen schrieben, und das erstmals auf der Neuauflage von "This Is Thirteen" zu hören ist. Sehr kultig, das.
Das Schlagzeug-Solo bei 'White Rhino' ist leider etwas lang geraten und auch 'Mad Dog' hätte durchaus einer anderen Nummer weichen können, aber mit dem mächtigen 'Forged In Fire', bei dem G5 einen achtsaitigen Bass bearbeitet, kommen die verschwitzten Kuttenträger voll auf ihre Kosten. Bei der obligatorischen Bandhymne 'Metal On Metal' erreicht die Stimmung im mit schätzungsweise 400 Leuten gut besuchten Colos-Saal den Siedepunkt. Was ANVIL hier heute Abend zu bieten, ist DIE Definition von Old-School-Metal. Wo man auch hinblickt: gereckte Pommesgabeln, ausgelassene Fans und eine Stimmung, wie man sie sich nicht besser wünschen könnte. 'Metal On Metal' jagt Schauer den Rücken hinunter. Als das Power-Trio die Bühne verlässt, sind die Fans völlig aus dem Häuschen. Nach etwa drei Minuten kehrt die Band zurück und setzt mit dem zackig vorgetragenen 'Jackhammer' nach über 80 Minuten ein fettes Ausrufezeichen hinter eine Clubshow, die sich gewaschen hat. Grandios, die Herren! Noch lange werden wir an diese denkwürdige Show zurückdenken.
Nach dem Konzert werden ANVIL von Fans umlagert, die Autogramme und gemeinsame Fotos mit den Bandmitgliedern möchten. Noch einer dreiviertel Stunde pinselt Lips immer noch Autogramme auf Unmengen von LPs, CD-Booklets und grinst wie immer völlig überdreht in die Kamera. Bodenständig, Fan-nah und musikalisch nach über drei Jahrzehnten noch voll auf die Zwölf. "ANVIL, ANVIL, ANVIL"!!!
Setlist ANVIL:
March Of The Crabs
666
School Love
Winged Assassins
This Is Thirteen
Mothra
Flying Blind
Thumb Hang
White Rhino
Mad Dog
Forged In Fire
Metal On Metal
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Jackhammer
Fotos: Frank Jaeger
Bericht: Martin Loga
- Redakteur:
- Martin Loga