AUDREY HORNE und SEVEN SISTERS - München
20.11.2022 | 22:3207.11.2022, Backstage Club
Klingt AUDREY HORNE wirklich wie IRON MAIDEN?
AUDREY HORNE war unser letztes Konzert vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, das war wirklich ganz knapp vor dem ersten Lockdown, am 10.03.2020 in Berlin (zum Bericht). Diese AUDREY HORNE-Tour wurde kurz danach dann auch abgebrochen, inklusive des München-Gigs. Knapp zwei Jahre hat es gedauert, bis wir uns wieder zu Konzerten begaben und nun endlich gibt es auch wieder diese königliche Liveband in München zu sehen.
Gut, ein Montag Abend ist wirklich kein allzu günstiger Termin, doch ein paar Unentwegte finden dennoch den Weg in den kleinen Backstage Club. Gerüchte, dass das Konzert ausverkauft sei, entpuppen sich aber recht bald als falsch, denn aus den Nähten platzt der Club garantiert nicht. Eine angenehme Menge an Fans für ein gewohnt intimes AUDREY HORNE-Konzert sind es aber allerweil.
Vorfreude meinerseits gab es aber auch wegen der Support-Band, den SEVEN SISTERS. Vor allem deren zweites Album "The Cauldron And The Cross" ist mir noch sehr positiv in Erinnerung. Es bot teilweise recht rasant gespielten Melodic Metal mit episch-progressiver Schlagseite. Auch auf der Bühne wissen die sympathischen Engländer zu gefallen, auch wenn ich kaum einen Song erkenne. Dass die Band ein drittes Album am Start hat ("Shadow Of A Fallen Star, Pt. I"), fällt mir auch erst bei der Nachbereitung auf, erklärt aber einiges. Das Material ist teilweise etwas getragener und rockiger, aber immer noch SEVEN SISTERS-Metal. Diesen zeichnet vor allem der gute Gesang des blonden Hünen Kyle McNeill aus, der sich auch immer wieder minutenlange, zweistimmige Gitarrenduelle mit seinem Partner Greame Farmer liefert. Für eine Überraschung sorgen während des Gigs die AUDREYs, die bei einer Pause auf die Bühne stürmen, um den Engländern Tee zu servieren. Kein Bier. Tee. Es sind ja Engländer. Das sorgt für einige Faxen zwischen den Mitgliedern beider Bands, die sich hervorragend zu verstehen scheinen. Am Ende eines unterhaltsamen Gigs bieten die sieben Schwestern dann noch das fünfzehnminütige Epos 'The Cauldron And The Cross', das alle Stärken der Band kombiniert. Meines Erachtens ein passender und würdiger Opener für AUDREY HORNE.
Dass die Norweger in Sachen Bühnenpräsenz, Kraft und Energie gegenüber SEVEN SISTERS noch einmal ordentlich eine Schippe drauflegen können, zeigt sich schon beim Opener des Konzerts - und zugleich des aktuellen Albums - 'Ashes To Ashes'. So schön, sie wieder in Aktion zu sehen: Die beiden Gitarristen Ice Dale und Thomas sind einfach des Verkörperung des Rock 'n' Roll, niemand sonst post so schön mit der Streitaxt wie diese Zwei. Diesmal komplettiert auch wieder Espen, der bärtige Wikinger am Bass, der vor Corona vertreten werden musste, das perfekte AUDREY HORNE-Bühnenbild, in dessen Zentrum natürlich Sänger Toschie agiert. Schade, dass auch diesmal wieder, wie schon bei anderen Konzerten im Backstage zuvor, mit dem Licht gespart wird und die Musiker teilweise im Dunkeln agieren.
Es war im Vorfeld klar, dass die AUDREYs hier ihr aktuelles Album "Devil's Bell" vorstellen würden. Bislang hat dieses bei mir noch nicht so sehr gezündet, aber ich denke, dass die Live-Erfahrung hier einiges ändern kann. Denn von der Bühne hinab stellen die Smasher 'Break Out', Animal' und natürlich der Titelsong erstklassiges Material dar, das durchaus mit den früheren Hits mithalten kann. Im direkten Vergleich mit 'This Is War', 'Pretty Little Sunshine' und dem 'Redemption Blues' wirken sie aber immer noch nicht ganz so großartig und ich bin mir nicht ganz so sicher, ob die Neuen ebensolche Evergreens werden. Leider wird auch nach wie vor die erste Hälfte der Diskographie komplett ignoriert, was ob der schon damals vorhandenen Klasse der Band etwas schade ist.
Dafür gibt es allerdings gegen Ende des Sets eine faustdicke Überraschung: Zunächst erzählt Toschie von den ständigen Vergleichen von AUDREY HORNE mit IRON MAIDEN. Und davon, dass er diese grundsätzlich nicht richtig findet. Um dies zu demonstrieren, wird dann einfach mal so ein Cover von 'Phantom Of The Opera' gespielt. Wow! Damit würde sich ein Großteil aller Bands wohl die Finger verbrennen, doch zündet AUDREY HORNE ein Feuerwerk und spielt eine sehr authentische Version des alten Metal-Klassikers, die aber trotzdem sehr nach AUDREY HORNE klingt. Einige im Publikum rasten aus. Fantastisch! Und was lernen wir nun daraus? Toschies Fazit ist klar: AUDREY HORNE hat nichts zu tun mit IRON MAIDEN. Darüber könnte man aber streiten.
Leider verlassen die Wikinger zwei Songs nach dem MAIDEN-Cover schon viel zu früh die Bühne und wir können kaum glauben, dass die Zeit so schnell verflogen ist und dieser Gig schon vorbei sein soll. Aber so ist das eben mit guten Dingen: Man soll aufhören, wenn es am Besten ist. Und natürlich kommen die AUDREYs nochmal zurück, um die Hitmaschine mit 'Redemption Blues' und dem Rausschmeißer 'Waiting For The Night' nochmal auf Hochtouren zu bringen. Für solche Erlebnisse lässt man sich auch noch eine weitere "Werbepause" gefallen, in der Toschie - vielleicht ein-, zweimal zu oft für meinen Geschmack - auf den Merchstand hinweist. Danach ist aber Schicht im Schacht. Bis zum nächsten Mal!
Setliste: Ashes To Ashes; This Is War; Break Out; Animal; Blackout; Pretty Little Sunshine; Gravity; Boy Wonder; Phantom Of The Opera (IRON MAIDEN-Cover); Devil's Bell; Blaze Of Ashes; Redemption Blues; Waiting For The Night
- Redakteur:
- Thomas Becker