AVANTASIA - Oberhausen

14.05.2019 | 20:21

14.04.2019, König-Pilsener-Arena

Ein Abend, an den man sich noch lange erinnern wird.

Als ich AVANTASIA vor drei Jahren anlässlich des superben "Ghostlights"-Albums live in der Oberhausener Turbinenhalle sah, war ich dabei und danach schlicht und ergreifend überwältigt. Es war kein bloßes Konzert, es war pures Kino. Alles war perfekt: Die Crowd, die Location – ja, ich bin ein großer Fan der Turbinenhalle – auf der einen Seite, Tobias Sammet, die Band und die zahlreichen Gastmusiker auf der anderen. Ich hatte Tage später noch immer den Kopf voller Ohrwürmer, denn das, was der EDGUY-Mastermind seit Jahren mit diesem Musikprojekt aus dem Hut zaubert, ist einfach ein Phänomen. Ein Phänomen, welches an diesem Samstagabend nach Oberhausen zurückkehrt. Diesmal aber nicht in die Turbinenhalle, sondern in die nicht minder schöne KöPi-Arena, in der ich das letzte Mal war, als JUDAS PRIEST gemeinsam mit UFO geladen hatten. Diesmal soll es ähnlich prunkvoll werden, denn mit "Moonglow" hat Mr. Sammet einmal mehr ein Album mit im Gepäck, das dem Schreiber dieser Zeilen ausgesprochen gut gefällt.

Und wie schon 2016 bekommt der Zuschauer sehr viel für sein Geld geboten. Gleich zu Beginn fällt die mächtige Bühnendekoration auf, die getreu dem tollen "Moonglow"-Artwork nachempfunden wird. Generell wirkt die ganze Atmosphäre noch um einiges mächtiger als zu "Ghostlights"-Zeiten, so langsam steigt die Vorfreude von Minute zu Minute.

Um 20 Uhr ist es dann soweit: Es wird dunkel, mystisch, das Publikum jubelt und schreit laut auf. 'Ode Of Joy' von Ludwig Van erklingt und kurze Zeit später steht AVANTASIA auf der Bühne und wird in den kommenden drei Stunden Spielzeit die gesamte König-Pilsener-Arena in ein Tollhaus verwandeln. Ein wie immer sehr gut aufgelegter Mastermind lädt schon früh zum fröhlichen Mitsingen ein, als der "Moonglow"-Opener 'Ghost In The Moon' erklingt. Selbstverständlich liegt der Fokus dieses Abends auf der neuen Scheibe, doch auch ältere Stücke fügen sich bestens ins Geschehen ein und sorgen für viel Auflockerung. Beim folgenden Doppelpack 'Starlight'/'Book Of Shallows' kommt mit Ronnie Atkins von PRETTY MAIDS auch der erste Gast auf der Bühne. Meine besondere Aufmerksamkeit gilt aber zum einen dem frenetisch feiernden und sehr textsicheren Publikum, dem ungemein wuchtigen und sauberen Sound, aber auch Adrienne Cowan als Background-Sängerin, die die Parts von KREATOR-Mille unheimlich wuchtig und mit einer Gift und Galle ins Mikro keift, dass mir eine richtige Gänsehaut kommt. Großes Kino, Freunde!

Kann es eigentlich noch besser werden? Unglaublich, aber wahr, denn als Herr Sammet mit Jorn Lande den nächsten Gast auf die Bühne holt, bleibt mir und dem Oberhausener Publikum nichts anderes übrig, als über beide Backen zu grinsen und über das Präsentierte zu staunen. 'The Raven Child' und 'Lucifer' sitzen perfekt und lassen die Arena überkochen. Bereits 2016 fand ich Herrn Lande fabelhaft, doch das, was der gute Herr heute an Leistung abliefert, ist schlichtweg unglaublich. Ich liebe seine Stimme und sie passt zu AVANTASIA wie Arsch auf Eimer. Danach folgen mit 'Alchemy' und 'Invincible' Songs, auf die ich mich im Vorfeld am meisten gefreut habe, weil sie einen Gast auf die Bühne locken, dessen Stimmvolumen wohl einzigartig ist: Geoff Tate. Und der ex-QUEENSRYCHE-Sänger ist auch heute sehr gut bei Stimme und weiß zusammen mit Tobias und der gesamten Band die Menge anzuheizen. Generell lässt sich das Publikum von der Laune der Band anstecken, oder isgt es andersherum? Die Band vom Publikum? Ich weiß es nicht, jedenfalls sorgen alle Anwesenden, ob auf oder vor der Bühne, für eine großartige Party.

Auch die folgenden Songs sind eine vor Kraft und Spielfreude nur so strotzende Inszenierung eines eh tollen Albums. Ob 'Moonglow' mit Frau Cowan, das MICHAEL SEMBELLO-Cover von 'Maniac' mit MR. BIG-Fronter Eric Martin oder 'Lavender' mit MAGNUM-Sänger Bob Catley, hier bekommt Oberhausen das komplette Programm vor den Latz geknallt. Doch auch Stücke älteren Datums werden gefeiert und heute mit Kusshand von der Arena angenommen. Bei 'Reach Out For The Light' sorgt Oliver Hartmann für ordentlich Zunder, bei 'Dying For An Angel' lässt Herr Martin die Herzen dahinschmelzen, 'The Scarecrow' bekommt durch Mr. Lande noch mehr Volumen und wenn Geoff Tate 'Avantasia' singt, ist das ein Augenblick für die Ewigkeit. Auch die Größten haben eine Pause verdient, sodass bei 'Promised Land' und 'Twisted Mind' Tobi lieber Geoff und Jorn das Feld überlässt, nur um danach bei der Bandhymne selbst wieder voll mit einzusteigen. Danach bekommen auch noch einmal Catley und Atkins die Gelegenheiten, sich die Lorbeeren der Arena abzuholen, als mit 'Lost In Space' der reguläre Teil beendet wird und wir die Gelegenheit haben, das bisher Gesehene kurz sacken zu lassen. Was für eine Show!

Kein Wunder, dass Tobias Sammet mit diesem Projekt in aller Munde ist, denn was der EDGUY-Fronter auch anfasst, wird dank harter Arbeit, einem unfassbaren Talent für Inszenierungen und Unterhaltung sowie dem Spürsinn für großartige, musikalische Momente einfach zu Gold. Und das spürt die KöPi-Arena, feiert Tobias Sammet samt Band und Crew und Gästen und Allerlei lautstark und erfreut sich schlicht und ergreifend an wunderbarer Musik.

Doch auch der schönste Abend geht einmal zu Ende, sodass zunächst bei 'Farewell' die bezaubernde Adrienne noch einmal zum Zuge kommt, ehe bei 'Sign Of The Cross'/'The Seven Angels' Tobias zum großen Finale ansetzt und alle Gäste mit auf die Bühne holt. Hier heißt es einfach nur, die pure Energie, die alle Anwesenden versprühen, aufsaugen und speichern. Ein perfekt eingespieltes Team, als hätten Tate, Lande, Catley, Sammet, Martin und Co. schon immer gemeinsam musiziert und die Welt mit ihren Künsten begeistert.

Ich komme noch immer nicht aus dem Staunen ob der großartigen Dinge heute Abend heraus, besser kannst du ein Album einfach nicht in Szene setzen. Unter großem Applaus und lauten Sprechchören verabschiedet sich AVANTASIA von der Bühne und entlässt das vollkommen geplättete und hochzufriedene Publikum in den Feierabend. Beide Daumen hoch, großartiger geht es einfach nicht!

Setliste: Ghost in the Moon, Starlight, Book Of Shallows, The Raven Child, Lucifer, Alchemy, Invincible, Reach Out For The Light, Moonglow, Maniac, Dying For An Angel, Lavender, The Story Ain't Over, The Scarecrow, Promised Land, Twisted Mind, Avantasia, Let The Storm Descend Upon You, Master Of The Pendulum, Shelter From The Rain, Mystery Of A Blood Red Rose, Lost In Space, Farewell, Sign of the Cross / The Seven Angels

Redakteur:
Marcel Rapp

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