Abandon Roadshow - Frankfurt

02.11.2007 | 21:05

01.11.2007, Dreikönigskeller

Das Hamburger Label Abandon Records hat im Rahmen der "Abandon Roadshow" einige Gruppen aus dem Stall durch diverse Clubs tingeln lassen. Dabei geht das Konzept voll in Ordnung, denn jeder Band werden dreißig Minuten Spielzeit eingeräumt. Des Weiteren ist die Mischung bunt gemischt: Von Metalcore über Rock 'n' Roll bis hin zu Stoner Rock wird alles geboten, was der Hartwurst-Fan liebt und begehrt.

Der heutige Gig geht im schnuckeligen "Dreikönigskeller" auf der Sachenhäuser Seite unweit vom Eisernen Steg über die Bühne. Der Eingang wird passenderweise von Kleintransportern und Minibussen zugestellt, so dass es ein schwieriges Unterfangen ist, den Eingang zu finden. Danach steigt man in einem Kellergewölbe mehrere Stufen runter, bis man sich im "Showroom" befindet. Der erinnert an eine kleine Röhre, wobei auf der rechten Seite alte Klappsitze angebracht sind, die eher Erinnerungen an ein Kino wecken. Dem gegenüber ist die Bar mit den entsprechenden Barhockern. Ein Großteil der Anwesenden (wobei das übertrieben ist, denn um kurz nach neun haben sich gerade mal eine Handvoll Leute ins Lokal eingefunden) nimmt gerne die Sitzmöglichkeiten in Anspruch.

Kaum hab ich's mir einigermaßen gemütlich gemacht, legen auch schon THE TRICKY LOBSTERS aus Dresden mit ihrem Punk 'n' Roll los. Die Tracks werdem im Zwei- bis Drei-Minuten-Takt rausgehauen, wobei sich wenig schnelle Tracks in der Setlist wiederfinden. Zwar bedient sich das Quartett hier und da sehr offensichtlich an 'Hair Of The Dog' von NAZARETH, doch insgesamt kann man der Truppe attestieren, einen ordentlichen Rock-Job aufs Parkett zu legen. Einzig Sänger und Gitarrist Sergeant Grauper wirkt von der Mimik her ein bisschen stoned und verpeilt, doch dieser optische Umstand hat keinerlei Auswirkungen auf die Qualtiät seiner Darbietung. Mit 'Keep An Eye On The Road' vom vorletzten Werk "Untouched" ist um kurz nach halb zehn Schluss im Karton. Guter Einstand, auch wenn wenige damit gerechnet haben, dass es schon so früh losgeht.

47 MILLION DOLLARS aus Darmstadt spielen in Sachen Geschwindigkeit in einer ganz anderen Liga. Die Jungs rotzen einem mit ihrem deutschsprachigen Punk-Core den Ohrenschmalz aus den verkrusteten Lauschlappen. Passenderweise ist der Sänger mit einem altmodischen Mikro bewaffnet, das die meisten von euch von VOLBEAT kennen. Dabei steht er mitten im Publikum, um den doch arg kleinen Bewegungsradius auf der kleinen Bühne zu umgehen. Hier und da kann man SLAYER und SEPULTURA raushören, doch entschuldigend sei gesagt, dass wirklich jede Combo, die härtetechnisch ein paar Brickets im Gitarrenfeuer hat, von den beiden genialen Truppen beeinflusst ist. Wobei man sagen muss, dass der Abschlußtrack 'Was uns nicht tötet' vom Anfang her auf dem "God Hates Us All"-Silberling von SLAYER hätte stehen können. Zwar konnte ich die Texte nur ansatzweise verstehen und auf die Dauer wird's mir persönlich ein bisschen zu monoton, doch Liebhaber dieses Genres haben ihren Spaß am Quartett.

Zum Glück musste man nicht diverse schlaflose Nächte in Kauf nehmen, um 7 DAYS AWAKE zu lauschen. Neben einem amtlichen Drummer hatte das Quintett einen Bongo-Spieler am Start, was die psychedelische Note einmal mehr unterstreicht. Der Sänger weckt mit seinem Flohzirkus (schwyzerdütsch für Rastalocken) auf seinem Kopf optisch Erinnerungen an den aktuellen AMORPHIS-Sänger Tomi Joutsen, doch die Musik ist eher in Richtung AMPLIFIER und QUEENS OF THE STONE AGE angesiedelt. Hier und da kann man auch die DOORS raushören. Leider haben sich die Jungs es mit Fortuna oder ihrem lokalen Kabel-Dealer verscherzt, denn mitten im Gig fällt immer wieder die Gitarre aus. Dafür sind der Bass-Sound und die Drums allererste Sahne. Vom Optischen her wirkt der Bassist wie Krist Novoselic von NIRVANA und kann mit seinem kraftvollen Spiel punkten. Um's auf den Punkt zu bringen: Pumpende Bässe, spacige Sounds und abgefahrene Gitarren. Trotz eines Handicaps in Soundangelegenheiten kann man der Truppe einen gelungenen Auftritt zu Gute halten.

Als letztes ist mit ELECTRO BABY eine im Stoner Rock angesiedelte Kappelle am Start, die ohrensichtlich sehr stark von KYUSS inspiriert ist. Hier und da werden die Stoner-Parts mit PANTERA-Ausbrüchen gewürzt, an die in erster Linie der Sänger El Matador einen großen Anteil hat: Allein seine Darbietung ist jeden Cent des Eintrittsgeldes wert. Stimmlich weckt er Erinnerungen an Phil Anselmo (PANTERA) und James Brown. Auch die Bühnenpräsenz ist sehr stark an den Soulman angelehnt. Der Junge ist während dem kompletten Sets mit jeder Schweißpore dabei. Die Band liefert ihm das ideale Fundament, um sich voll und ganz zu verausgaben. Besonders amüsant ist eine Begebenheit, die sich am Rande abspielt: Beim letzten Song zündet sich der Gitarrist auf der Bühne eine Zigarette an, die ihm prompt vom Barkeeper entwendet wird. Da hat die Nichtraucher-Lobby einen guten Repräsentanten in ihren Reihen gefunden, der das Nichtraucher-Gesetz aktiv in die Tat umsetzt. Um fünf vor zwölf (kein Scherz!) hat der Matador sein komplettes Shirt vollgeschwitzt und im Gegenzug ein zufriedenes Publikum hinterlassen, das, kaum dass der letzte Ton verstummt ist, Richtung Ausgang stürmt.

Eine sehr kurzweilige Sache, die hoffentlich noch Schule machen wird. Das Konzept, jede Band eine halbe Stunde auf die Bretter zu schicken, ging meines Erachtens gut auf. Der Zuschauerzuspruch war leider nicht befriedigend, was angesichts der Tatsache, dass die meisten am Freitag arbeiten mussten, nur teilweise erklärt ist. Wenn das nächste Mal die "Abandon Roadshow" in eurer Nähe Station macht: Geht hin! Eine kostengünstige Variante, einen unterhaltsamen Abend zu erleben und neue Bands zu entdecken.

Redakteur:
Tolga Karabagli

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