Aerosmith - Karlsruhe

13.08.2007 | 10:44

12.06.2007, DM-Arena

Das Jahr 2007 ist scheinbar ein gutes Jahr für die Fächerstadt. Nachdem im Frühjahr bereits JOURNEY hier Station machte, verschlägt es im Sommer auch noch Steven Tyler und Co. nach Karlsruhe. Die einstigen Toxic Twins lassen sich nach gut acht Jahren mal wieder hierzulande blicken und haben gleich die größten Hallen für die Wiederkehr gebucht, was sich im Nachhinein als etwas optimistisch herausstellen sollte. Auch am heutigen Abend ist die DM-Arena gerade mal zu einem Drittel gefüllt, was in etwa 5.000 Nasen entspricht. Nicht verwunderlich bei Ticketpreisen von rund 75 Euro für einen Stehplatz.

Als Matrosen hat sich das AOR-Flagschiff kurzfristig EDGUY mit ins Boot geholt, was bei so manchem Altrocker im Vorfeld für ungläubige Blicke sorgte. Der Bekanntheitsgrad der Hessen bei den Über-Vierzig-Jährigen ist scheinbar nicht allzu groß. Doch die Jungs haben eigens für den Kurztrip eine gemäßigte Setliste zusammengestellt, welche die kommenden fünfundvierzig Minuten die Power-Metaller von ihrer hartzarten Seite präsentiert. Stücke wie der Opener 'Catch Of The Century', 'Superheroes' und der Rausschmeißer 'King Of Fools' funktionieren wie erwartet, einzig Tobis Mitsingeinlagen und Ansagen zünden nicht so recht. Etwas schmusiger wird es dann bei 'Save Me' und 'Land Of A Miracle'. Zudem hat der heutige Abend Seltenheitswert, denn wann hat man noch die Möglichkeit, den Fünfer puristisch ohne "Schnick und Schnack" zu erleben. Sieht man einmal von den typischen Support-Act-Krankheiten - mieser Sound, spärliches Licht - ab, haben EDGUY ihren Job ganz ordentlich erledigt.

Setlist:
Catch Of The Century
Painting On The Wall
Lavatory Love Machine
Superheroes
Save Me
Fuckin' With Fire
Land Of A Miracle
King Of Fools

Dass AEROSMITH zu den ganz Großen zählen, lässt sich am heutigen Abend zwar nicht am Zuspruch der Zuschauer festmachen, steht jedoch meiner Meinung nach auch nicht zur Diskussion. Meine letzte Begegnung mit den Bostonern war vor gut zehn Jahren bei "Rock Am Ring", anlässlich der "Nine Lives"-Tour. Danach mussten wir Europäer uns mit Konservenkost begnügen. Doch nach dem die ersten Klänge zu 'Train Kept A Rollin' erklingen, sind alle Zweifel zerstreut. Wie in den seligen Achtzigern tobt Steven Tyler über die Bretter und scheint konditionell gar nicht zu altern. Lediglich optisch ist das Quintett gewaltig unter die Räder gekommen. Wäre Gitarrist Brad Whitford vor der Show an mir vorbei gelaufen, hätte ich ihn nicht mehr erkannt: Er erinnert optisch eher an einen alten englischen Taxifahrer mit seiner Batschkapp als an einen Rockstar. Durch das Gesicht von Steven Tyler ziehen sich tiefe Furchen, und auch Joe Perry sieht etwas fahl im Gesicht aus, selbst Schminke kann da nix mehr retten - aber wir sind hier ja nicht auf einer Modenschau, sondern auf einem Konzert. Musikalisch brennt am heutigen Abend nichts an. Die Songauswahl lässt, bis auf das Fehlen von 'Dream On', keinerlei Wünsche offen. Ein Querschnitt durch alle Schaffensphasen befriedigt alle Fanschichten und die Show vereint sämtliche Klischees des Rock 'n' Roll-Biz. Tyler macht immer noch einige Kilometer auf der Bühne und versprüht nach wie vor noch jede Menge Sexappeal, selbst die obligatorische Bauchpinselei "Lick Me" darf nicht fehlen, auch wenn sich heutzutage sicherlich nicht mehr ganz so viele Damen hierzu berufen gefühlt haben dürften wie noch vor zwanzig Jahren.

Gerade in der ersten Hälfte des Konzertes reihen sich mit 'Love In An Elevator', 'Falling In Love', 'Crying' und ' I Don't Wanna Miss A Thing' Hit an Hit. Joe Perry zockt wie gewohnt souverän auf seiner Klampfe, während Joe Kramer, Brad Whitford und Tom Hamilton dezent im Hintergrund agieren und den Soundteppich ausrollen. Untermalt wird das ganze Treiben von einer üppigen Lightshow, einem amtlichen Sound und zahlreichen Videoeinspielungen auf der überdimensionalen Leinwand hinter dem Drumkit. Auch der Ausleger ins Publikum wird ausreichend von den Musikern genutzt, und so haben möglichst viele Zuschauer die Möglichkeit, das Geschehen aus nächster Nähe zu verfolgen.

In der zweiten Hälfte setzt es dann mit der "Honkin On Bobo"-Cover-Nummer 'Baby Please Don't Go' ein erstes Ausrufezeichen. Tyler und Perry setzen sich auf einen Klappstuhl und jammen munter drauf los, einmal mehr unterstreicht man mit solchen Aktionen die Verwurzelung im Blues. Doch auch die Freunde der etwas rockigeren Klänge kommen bei 'Living On The Edge' auf ihre Kosten. Abwechslungsreicher geht es nicht mehr. Das große Finale läuten dann 'Sweet Emotion', 'Draw A Line' und 'Walk This Way' ein, das den Fans noch einmal die letzten Reserven raubt.

Nach gut einhundert Minuten findet das Spektakel sein Ende, und es gibt wohl niemanden unter den 5.000 Zuschauern, der unzufrieden mit dem Dargebotenen ist. AEROSMITH machen nur noch das, worauf sie Lust haben, und das ist auch gut so! Auch wenn der kommerzielle Erfolg nicht mehr ganz so üppig ausfällt wie einst. Selten habe ich in den letzten Jahren eine Band erlebt, die mehr Spielfreude und Professionalität an den Tag gelegt hat als die Bostoner. Bleibt nur noch die Frage, ob es weitere acht Jahre dauert, bis man wieder Europa in der Tourplanung berücksichtigt ...

Setlist:
Train Kept A Rollin'
Love In An Elevator
Fallin' In Love
Cryin'
Eat The Rich
I Don't Wanna Miss A Thing
Jaded
Rag Doll
Baby Please Don't Go
Seasons Of Wither
S.O.S. Too Bad
Livin' On The Edge
Stop Messin' Around (Joe Perry on vocals)
Sweet Emotion
Draw A Line
---
Walk This Way

Redakteur:
Frank Hameister
1 Mitglied mag diesen Konzertbericht.

Login

Neu registrieren