Amplifier - Dresden
28.03.2007 | 13:3028.02.2007, Starclub
Der Thron.
Gerade zur rechten Zeit, die Baseler Eröffner CLOUDRIDE beenden gerade ihren Eingangsbeitrag, betreten wir den Starclub Dresden. Ziel ist, eines der ursprünglichsten und eigenständigsten Phänomene derzeitiger Rockmusik, AMPLIFIER, zu konsumieren. An selbiger Stelle geschah das vor zwei Jahren schon einmal. Die Erinnerung an diesen Trüffel habe ich wieder nach Dresden mitgebracht.
Die Musik der fünf Schweizer kann als ausgefeilt und jungfräulich bezeichnet werden. Slide-Gitarren treffen auf Funkanleihen treffen TERRY HOAX treffen RADIOHEAD treffen Modern Rock. Gefällt, aber die Auswahl dreier etwas gediegener Stücke ist unglücklich, da das Publikum meist unter Einheizer eben auch das verstanden haben will. Trotzdem gibt es im Club gehörigen Beifall. Auch von mir, wohl wissend, dass mir gleich der Briten Drei ihre spacigen Stampfer entgegenhallen werden. Und britisch sind sie. Ich versteh kein Wort von dem, was Sel Balamir, Matt Brobin oder Neil Mahony sich da entgegenbrabbern. Aber Sympathics, ja, das sind sie. Zwar versteht niemand hier ihre genuschelten Nettigkeiten, zurückgehuht wird trotzdem. Auch in der Bandchemie ist erkennbar alles im dunkelgrünen Bereich. Schön, wenn das nicht nur Geschäft ist. Jedes Mal ziehe ich die Mütze vor der vertrackten Eingängigkeit der Band, was auch auf ein ausgeprägtes musikalisches Verständnis und Vermögen schließen lässt (bei mir, harhar).
Im Ernst, wie sich jeder auf den bisherigen beiden Alben und der EP von 2005 überzeugen kann, füllt AMPLIFIER selbst ein Genre aus, mir ist zumindest eine ähnlich klingende Band noch unbekannt. Einflüsse aus dem Experimentierjahrzehnt ab 1970 sind genauso zu finden wie jazzige Elemente, asiatisches Geschwurwel paart sich mit psychedelischen Nebeln, und laut fordert der klassische Hardrock seine Aufmerksamkeit. AMPLIFIER ist eine dieser Bands, die nur ganz leise oder ganz laut funktionieren. Die Tapsigkeit des Frontmannes erinnert mich zunehmend an POTHEAD, an deren Gelassenheit und Spielfreude, die ohne viel Gequatsche funktioniert.
Auch wenn es längere Passagen gibt, die sich den Texten geschuldet etwas gemäßigter bewegen, wartet die Band immer mit Soundspielereinen, Überraschungen und Einschüben auf. Die Trittbretter, die vor den beiden Klampfern ausgebreitet liegen, sind mit Pedalen nur so übersät, die Tritte treffen die armen Soundclips und latschen somit immer wieder neue Eskapaden los.
Der Blick herum in die Menge zeigt eine treue Fanschaft, denn einige der Anwesenden singen teilweise jedes Wort mit. Ich muss dazu sagen, einige sehen schon sehr "englisch" aus. Auch der Akzent wird mit den Mündern nachgeformt. Spaß hat AMPLIFIER an diesem Abend, was sich wellenartig bis in die Reihen zehn bis zwölf fortsetzt. Mit dem Einstieg werden auch clever gleich mal die Songs eins und zwei des Debüts ins Feld geführt. Und schon haben sie gewonnen. Das Publikum geht mit, stimmt ein, und von ausgelassenem Gezappel bis zu Kopfnicken über verschränkten Armen ist alles zu sehen. Das neue Material hebt sich nicht vom Debüt ab, es fällt auch nicht zurück, die fast zweieinhalb Stunden werden im Fluge überbrückt. Endorphinausstöße stellen sich ein, obwohl ich nur Kaffee trinke, denn der Rückweg muss noch unbeschadet bestritten werden. Wieder einmal freue ich mich, dass mich mein musikalischer Verfolgerpfad in die Nähe des Throns ausgereiftester Rockmucke geführt hat. Gegenwärtig sitzen darauf AMPLIFIER und machen sich's bequem.
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben