Apokalyptischen Reiter, Die - Leipzig

31.10.2003 | 03:14

25.10.2003, Moritzbastei

Henri:
Holder Stephan, lass' uns eine Geschichte erzählen, eine Geschichte von Rock, Bier und Spaß.

Stephan:
Ja, holder Henri.

Henri:
Es begab sich zu einer Zeit, als die Nächte kälter und finsterer wurden. Auch in Leipzig. Die Moritzbastei war an diesem Samstag wohl der letzte Hort der Wärme und des Gesangs. Drei Gruppen sollten spielen, hunderte Bedürftige kamen. Viele mussten von den Wachen der MB wieder abgewiesen werden, der Platz reichte nicht für alle aus. So kam es, dass DISTRUST vor einer nahezu unüberschaubaren Menschenmenge auftraten. Die Weißenfelser Spielleute versorgten die Menge mit einem frischen Gemisch aus Dark Metal und Gothic, der an manchen Stellen noch mit einem Tupfer Schwarzwurzel-Sound angereichert war. Außerdem scheint es, dass Weißenfels ein gar krasses Klima für Stimmen aller Art besitzt: Sänger Mirko klang böse und düster, seine Kollegin Nadine stellte ihn mit ihrem Gekeife allerdings locker in den Schatten. Außerdem konnte die schwarzhaarige Schönheit wunderbar klar singen. Was für eine normale Band reicht, war bei DISTRUST noch nicht genug. Selbst Keyboarderin Annike kam zu einem Ständchen ans Mikro. Und Gitarristen-Schrank Jens brauchte noch nicht einmal eine elektronische Verstärkung, seine lauten Anfeuerungsrufe hallten immer wieder durch den Saal. Wenn die Lieder irgendwann noch genauso vor Energie strotzen wie die Live-Show, werden DISTRUST bestimmt 'mal richtig genial. So bleibt die Erinnerung an einen guten Gig, der jedoch nicht automatisch zum CD-Stand führte. Stephan war natürlich noch nicht da, die Pflaume!

Stephan:
Dafür musste der Henri beim nächsten Act Bedürfnisse anderer Art befriedigen, was mich mit der Aufgabe konfrontierte mir die Bühne mal aus der Nähe anzusehen.
Band Numero zwei im abendlichen Kulturprogramm waren ADORNED BROOD, die mit ihrer stimmigen Mischung aus Folk, Black Metal und Medieval nicht wenige in ihren Bann ziehen konnten. Neben der abwechslungsreichen und interessanten Mixtur hat man einfach klasse Songs auf Lager, so dass der Auftritt nie auch nur ansatzweise langweilig wurde. Besonderen Anteil daran hatten Sänger und Bassist Frost, der sehr motiviert und bewegungsfreudig war, sowie Sängerin und Querflötistin Ingeborg Anna, die wie immer ein wenig zurückhaltend wirkte. Durch krachende Gitarren und den rauhen Gesang von Frost wurde der folkig-mittelalterliche Sound auch mit entsprechender Härte gewürzt, was ADORNED BROOD sehr gut zu Gesicht stand. Die Bühnenperformance ging ebenfalls weitgehend in Ordnung, auch wenn die Musik natürlich klar im Vordergrund stand. Wie schon bei einigen Auftritten im Sommer spielte man mit dem einprägsamen 'Lauf mein Engel' wieder einen neuen Song. ADORNED BROOD legten insgesamt einen guten Auftritt hin und sind mittlerweile zu einer festen Größe in ihrem Genre geworden.

Henri:
Da hat der Herr ausnahmsweise 'mal recht. Die letzte halbe Stunde des Gigs verbrachte ich mit dem Kopf in Bangerstellung, das Bier im 90 Grad Winkel vom Körper entfernt. Ab und an gab's einen Schluck zur Stärkung. Was auch wichtig war, schließlich kamen jetzt DIE APOKALYPTISCHEN REITER. Soviel Bier konnte man vorher gar nicht trinken, wie die abrockten. Eine kurze Schweigesekunde dafür...

Stephan:

*schweig*

Die Äußerung mit dem Bier ist allerdings nicht so ernst zu nehmen, es ist ja hinlänglich bekannt, welch exzessiven Alkoholkonsum der Kollege Kramer pflegt.
Aber auch ohne Bier (nicht, dass ich das wirklich beurteilen könnte) konnte man sich jetzt in einen Rausch toben. DIE REITER enterten die Bühne und die Zuschauer flippten sofort total aus. Im Knäul direkt vor der Bühne gab es im wahrsten Sinne des Wortes kein Halten mehr. Haltlos war auch der Kollege Henri...

Henri:
Das Schönste an der MB ist nämlich die MB-Bühne. Diese besitzt genau das richtige Maß zwischen hoch genug um die Band auch von ganz hinten im Saal zu sehen, aber auch tief genug, um ohne Probleme 'rauf zu klettern. Da weit und breit keine Security in Sicht war, nutzen viele dieses verlockende Angebot. Etwa der Kollege Voigtländer, der mittels der bärigen Kräfte meiner stämmigen Arme mehr als einmal auf die Bühne gewuchtet wurde - zumindest suggeriert das meine berauschte Erinnerung an die Zustände bei Knallern wie 'Ride On' oder 'Warum'.

Stephan:
Ja, welch beeindruckende Kräfte den Herrn Kramer doch immer wieder zu unmenschlichen Leistungen befähigen. Ich selbst, der ich das Konzert mit leichtem Fußwippen im hinteren Drittel des Saales auf mich wirken ließ, musste immer wieder mit Kopfschütteln registrieren, mit welch unglaublicher Energie die Band, und ganz besonders Schreihals Fuchs (vormals Eumel), zu Werke ging und wie sicher sie das Publikum im Griff hatte. War auch nicht besonders schwierig, denn bei Gassenhauern wie 'Reitermania', 'We Will Never Die', 'Licked By The Tongues Of Pride' oder der Zugabe 'Terra Nola' kann man eigentlich nix falsch machen. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als ich einen Fuß von Henri schmerzhaft in meinem Gesicht spürte, wusste ich, dass dies ein geiles Konzert werden würde.

Henri:
Das Konzert eskalierte tatsächlich in Richtung Mörder-Moshpit. Gut so! DIE REITER spielten sich in einen Rausch, das Metal-Kollektiv vor der Bühne stellte die Kopfschalter auf 'Berserker'-Modus. METAL!!!! Und Fuck Off auf geprellte Rippen!

Stephan:
So ist es. An dieser Stelle noch mal ein dickes Sorry an all diejenigen, die Henri und mich bei unserem Kollektivdiver abgekriegt haben.

Henri:
Aber dafür seid ihr ja Metal-Heads geworden... *grins*

Stephan:
Außerdem war dies der einzig würdige Abschluss dieser genialen Show. DIE REITER in Bestform, nichts anderes bekam der geneigte Zuseher hier geboten. Ich verneige mein Haupt in Ehrfurcht...

Henri:
Letzte Erkenntnisse vorm finalen Countdown: Volk-Man mag Kirsch- und Mangotabak, DIE REITER dürfen gern nochmal in der MB einfallen und im nächsten Leben will ich ein Pony sein.

Stephan:
...und moshen ist schmerzhafter als diven. In diesem Sinne schließen wir nun unser Märchenbuch und wünschen noch eine angenehme Nacht.

Redakteur:
Henri Kramer

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