BEYOND THE BLACK - Lauchheim

24.07.2016 | 12:49

23.07.2016, Schloss Kapfenburg

Die deutschen Senkrechtstarter auf der wohl schönsten Bühne Deutschlands.

Man kann wahrlich nicht behaupten, dass es mit BEYOND THE BLACK langweilig werden würde. Abgesehen von der ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte, die natürlich zu nicht unerheblichem Maße an professionellem Management und einem engagierten Majorlabel liegt, hatte es kurz vor dem Konzert auf Schloss Kapfenburg im Hause BEYOND THE BLACK mächtig gerappelt. Bis auf Frontfrau Jennifer Haben haben alle Musiker die Band verlassen, offiziell weil sie sich nicht vollständig auf die Band einlassen wollten. Nun ja, offizielle Statements sollte man immer mit einer gewissen Skepsis aufnehmen. Erwähnte ich schon das professionelle Management und das Majorlabel? So sahen sich auch die Veranstalter des Kapfenburg-Festivals genötigt, eine Nachricht auf ihrer Webseite zu hinterlassen, dass das Konzert definitiv stattfinden wird. Na klar, das ist jetzt wieder eine der positiven Seiten der Professionalität, natürlich finden sich Musiker, die die anstehenden Auftritte auf dem Summer Breeze und vielleicht auch die November-Clubtour zu absolvieren bereit sind, bis die auf der Bandhomepage gestartete Suche nach Musikern Früchte trägt.

So erreichen wir, das sind meine Tochter und ich, frohen Mutes das Schloss Kapfenburg, das ich zuvor noch nicht besucht hatte. Das ehemalige Deutschordenschloss geht zurück bis in das 12. Jahrhundert und ist von weither ein Blickfang. Das Schloss beherbergt seit 1999 die Stiftung Internationale Musikschulakademie Kulturzentrum Schloss Kapfenburg, die auch Ausrichter des alljährlich stattfindenden Festivals ist, in dessen Rahmen BEYOND THE BLACK den heutigen Auftritt spielen wird. Auf dem Parkplatz sticht allerdings zuerst ins Auge, dass selbiger doch etwas überdimensioniert erscheint. Meine Erwartungen bewahrheiten sich. BEYOND THE BLACK werden die Hütte definitiv nicht voll kriegen. Seit mehreren Jahren spielt die Band regelmäßig auf Festivals und absolviert Touren, das hat den Vorteil des erhöhten Bekanntheitsgrades, aber eben auch den Nachteil eines gewissen Gewöhnungseffektes, der das jeweilige Einzugsgebiet eines Gigs schrumpfen lässt. Die Ökonomie der Konzertszene ist da unerbittlich. Zum Glück erweisen sich meine Befürchtungen nur teilweise als begründet, denn für einen Headlinergig einer jungen Band mit gerade einmal zwei Alben ist es dann später doch ordentlich gefüllt. Dass die geplante Vorband COP U.K. aus logistischen Gründen ausfällt, ist verschmerzbar, eine mir unbekannte junge Truppe aus Schwäbisch Hall müht sich redlich, Stimmung in die Bude zu bekommen, scheitert aber weitgehend am wenig metallischen Publikum. Eigentlich waren sie aber nicht schlecht, ich habe leider nur noch zwei Songs gehört, da die gesamte Veranstaltung kurzfristig etwas vorverlegt wurde, aber das hatte Hand und Fuß.

Vor dem Hauptact treten jedoch zwei andere Stars auf den Plan. Da ist zum ersten das besagte Schloss Kapfenburg. Aus der Nähe ist das Bauwerk noch beeindruckender, eine aus mehreren Bauwerken bestehende Festungsanlage von erstaunlichen Ausmaßen. Das Konzert findet im Innenhof statt, der mit grasbewachsenen Stufen von jeder Position einen großartigen Blick auf die Bühne erlaubt. Daneben ist die Organisation des Festivals zu erwähnen. Reichlich Personal, alle mit offensichtlichem Spaß an der Arbeit unterwegs, immer lächelnd, abgesehen von einigen gelegentlich grimmig dreinblickenden Security-Leuten. Aber das gehört zum Handwerk. Zum Gang in den Fotograben werden wir tatsächlich empfangen und begleitet. Ich mache das jetzt seit über dreißig Jahren, aber das kenne ich sonst nur von den selbsternannten Superstars, die Angst haben, dass ihnen mal eine falsche Strähne aufs Foto gerät. Hier ist das Service. Vor Beginn wird dann deutlich, dass man auch auf Widrigkeiten eingestellt ist. Sollte es ein Gewitter geben, so wird uns von der Bühne aus mitgeteilt, sollten sich alle Besucher nach rechts der Bühne begeben in das große Gebäude, da wäre Platz für alle. "Bierbecher mitnehmen", lautet die passende Ansage. Auch die Tatsache, dass hinter dem Hof noch auf drei Ebenen Biertische aufgebaut sind, sodass es auch Sitzplätze gibt, ist hilfreich. So konnte ich meine Tochter beruhigt zurücklassen und nach dem Fotografieren kann ich ganz in Ruhe meine Sachen wieder verstauen. Zusätzlich bekomme ich noch die Setliste gereicht. Die neuen Herren des Schlosses wissen, was sie tun, und überlassen nichts dem Zufall. Ich ziehe den Hut und freue mich, dass ich die Setliste nicht mitschreiben muss.

In der Zwischenzeit hat BEYOND THE BLACK losgelegt wie die Feuerwehr – das musikalische Anfangstriplett besteht aus drei der besten Gassenhauer der Band. 'Lost In Forever' legt den Grundstein, bei 'Beyond The Mirror' ist das Publikum üblicherweise aufgewärmt und bei 'Halo Of The Dark' haben die Fans Betriebstemperatur erreicht. Ein guter Plan. Frontfrau Jennifer Haben agiert von den ganzen Querelen unbeeindruckt. Ich habe die Band in den letzten zwei Jahren ein halbes Dutzend Mal gesehen und meine, dass sich zwar das Geschehen noch mehr also zuvor auf die junge Sängerin fokussiert, doch selbige ist mit dem Rampenlicht vertraut und bewegt sich sicher in der Gewissheit, dass nahezu alle Augen auf sie gerichtet sind. Das einzige, was gelegentlich noch etwas unbeholfen wirkt, sind ihre Ansagen, die eher introvertiert und ein wenig unbeholfen wirken. Oder liegt das am Publikum? Das hier ist nicht die feierwütige Festivalcrowd oder das wohlmeinende SCORPIONS-Publikum, sondern eine Mischung aus Sponsoren, lokalen Mäzenen und regionaler Dorfjugend mit einigen Faneinsprengseln. Die Stimmung ist zwar gut, aber nicht überbordend. Dass BEYOND THE BLACK heute mit 'Shine And Shade' laut eigener Aussage einen Song spielt, der eine Live-Premiere ist, erhält daher nur verhaltenen Applaus.

Die Interimsmusiker der Band schlagen sich derweil gut. Hier wurden echte Profis engagiert, die nicht nur die Lieder und Soli locker spielen, sondern sich gleichzeitig auch in Szene zu setzen vermögen. Vielleicht hätte Jennifer den Jungs mal ein bisschen Licht gönnen können, denn die meiste Zeit sind die Scheinwerfer doch ausschließlich auf die junge Dame gerichtet, egal wie sehr sich auch die beiden Gitarristen und auch der im Hintergrund stehende Basser bemühen, das Haus zu rocken. Die Growls der beiden Saitenartisten können allerdings Christopher Hummels nicht das Wasser reichen. Die Songs waren natürlich auch für seine stimmliche Klangfarbe geschrieben, dafür machen die Burschen aber eine gute Figur. Ich würde fast sagen, dass es positiv wäre, wenn im Herbst diese Mannschaft die Clubtour absolvieren würde, denn heute klappt es gut und die Musiker überzeugen auf ganzer Linie.

In der zweiten Hälfte des Sets wird die Stimmung im Publikum immer besser, spätestens ab 'In The Shadows' ist auch der Anteil der Mitsingenden gestiegen, und als Jennifer den letzten Song ansagt, schauen viele erstaunt auf die Uhr. Tatsächlich, das war schon eine Stunde! Der Titelsong des Debüts beendet den regulären Set, doch natürlich hat Jennifer noch drei Asse im Ärmel behalten für den Zugabenblock. Zuerst beginnt sie mit dem MOTÖRHEAD-Cover 'Love Me Forever', einer brillanten Ballade, die zwar im Original auch von Lemmys ungewöhnlicher Stimme lebt, aber von BEYOND THE BLACK ebenfalls stark nachgespielt wird. Im Laufe des Songs steigen ihre Mitmusiker wieder ein, und mit den beiden begeistert aufgenommenen Smashern 'Hallelujah' und 'Running To The Edge' ist dann Schluss. Oder zumindest fast. Den letzten Ton setzt wieder Bandchefin Haben, indem sie allein als weitere Zugabe mit akustischer Gitarrenbegleitung noch 'Love's A Burden' als Abschiedsgruß singt.

Nach über achtzig Minuten ist der Gig dann aber wirklich vorbei. BEYOND THE BLACK hat sich in Anbetracht der Situation mehr als gut verkauft. Dass die Band nun offiziell auf Jennifer Haben und Gefolge reduziert ist, machte sich nicht bemerkbar und wird möglicherweise auch in Zukunft keinen entscheidenden Unterschied machen. Wir werden sehen. Gelegenheit dazu gibt es im November.

Setliste: Lost In Forever, Beyond The Mirror, Halo Of The Dark, Fall Into The Flames, Written In Blood, Shine And Shade, Drowning In Darkness, In The Shadows, Numb, Unbroken, Afraid Of The Dark, When Angels Fall, Songs Of Love And Death; Zugabe: Love Me Forever, Hallelujah, Running To The Edge; Zugabe 2: Love's A Burden

Wer unentschlossen ist, ob er am Mittwoch zu Ian Andersons Best of JETHRO TULL-Show gehen soll, dem sei gesagt, dass das Ambiente des Konzertortes ein solcher Pluspunkt ist, dass dies den Ausschlag geben sollte. Schloss Kapfenburg ist die schönste Konzertlocation, die ich bislang gesehen habe. Da könnte der Auftritt am Mittwoch zu einem unvergesslichen Erlebnis werden.

Redakteur:
Frank Jaeger

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