BLITZKRIEG - Obermarchtal

02.10.2014 | 22:31

01.01.1970, Kreuz

Die NWoBHM-Veteranen um Brian Ross auf großer, von uns präsentierter Europatour.

Eine besondere Ehre ist es für uns, euch die Europatour der NWoBHM-Veteranen von BLITZKRIEG zu präsentieren. Die Band, seit weit über 30 Jahren das musikalische Hauptbetätigungsfeld des SATAN-Frontmanns Brian Ross, hat es in durchaus dürren Zeiten für ausgedehnte Clubshows alter Underground-Helden tatsächlich gewagt, sich auf große Reise kreuz und quer über den alten Kontinent zu machen. Sechzehn Dates, fast komplett ohne Day-off, durch fünf europäische Länder, ja, das ist eine Ansage, das ist ein mutiges Unterfangen, und wie so oft gibt es auch auf dieser Gastspielreise viel Licht und Schatten.

Als ich mich am Donnerstag Abend im Kreuz in Obermarchtal einfinde, einem 1.285-Seelen-Dorf im oberen Donautal am Fuße der Schwäbischen Alb, hatten mich bereits zahlreiche Horrorberichte erreicht. So musste in Siegen der Gig wegen widriger Umstände abgesagt werden, die dem Vernehmen nach nicht im Verantwortungsbereich der Band lagen, aus Frankfurt berichten die Bekannten, dass es vor nur 25 Zahlenden eine stark gekürzte Show gab, weil die Band vermeintlich nicht über den 23-Uhr-Zapfenstreich der Location informiert worden sei, und auf den bisherigen Tourverlauf angesprochen gibt mir Brian Ross zu Protokoll, dass er auf dieser Tour so einiges erlebt habe, was jeder Beschreibung gespottet habe.

Vor diesem Hintergrund macht es mich doch ein wenig stolz, dass es hier bei uns im Kreuz langsam, aber sicher doch halbwegs ordentlich gefüllt ist. Klar, ausverkauft ist es bei Weitem nicht, doch so um die 60 bis 70 Leute sind, so schätze ich, schon im Dachgeschoss des Kreuzes versammelt.

Den Anfang macht die griechische Band CEMETARY DANCE, die ab Obermarchtal die Gothic-Blackies von SARIOLA ersetzt, was eine gute Sache ist, galten die Letzteren einigen Augenzeugen zufolge doch als stilistische Fehlbesetzung im Old-School-Package. Die Band spielt staubtrocken rockenden Heavy Metal, und wirkt ein wenig nervös oder zurückhaltend, doch vor allem Schlagzeuger Teo geht mächtig in die Vollen und verdrischt sein Kit nach allen Regeln der Kunst. Die Songs von der Debüt-EP "No Saviour's Ground" grooven ganz ordentlich und Sänger LaZy hat eine feine, dunkle Stimme, die den Mix aus Heavy Metal, Hardrock, Stoner Rock und einem Schuss Hardcore-Attitüde gelungen abrundet. Wer sich die Band einmal näher zu Gemüte führen möchte, der kann ihr gerne einmal bei Bandcamp einen Besuch abstatten. Aufs Publikum will der Funke allerdings noch nicht so recht überspringen.


Das ändert sich dann bei den Norwegern von LUCID DREAM schlagartig. Die Leute rücken näher an die Bühne, die eingängigen Songs der Melodic Rocker zünden schnell und so werden schon bald die Refrains mitgesungen, was allen fünf Akteuren auf der Bühne rasch ein breites Grinsen ins Gesicht zaubert. Vor allem Frontmann Freddy Vain und Keyboarder Thorleif Østmoe werden nicht müde, das Publikum zum Mitmachen zu bewegen, und die Rechnung geht auf. Die seit sieben Jahren aktive Truppe aus Oslo kann mit einem tollen Querschnitt ihres selbst finanzierten Debütalbums ebenso begeistern wie mit der agilen, tighten Performance, gut gelaunten Ansagen und einer ansteckenden Begeisterung, so dass die Stimmung im Kreuz richtig mitreißt und sich auch zahlreiche Fans direkt nach dem Gig mit der Eigenpressung eindecken und sie sich von allen Bandmitglieder signieren lassen. Die ganze Band ist sichtlich gerührt von dem ganzen Geschehen und hat nach dem Gig im Gespräch nur die besten Worte für die Marchtaler Fans und vor allem auch für die feine Location übrig. Man arbeite gerade am zweiten Album und habe ganz fest vor, im nächsten Jahr wieder nach Obermarchtal zu kommen, lassen mich Gitarrist Rune Gutuen, Drummer Rune Hagen und Basser Jan-Erik Lysø wissen. Nun, dann wollen wir mal hoffen, dass dieser Wunsch wahr wird, denn eines ist sicher: Willkommen ist die Truppe aus Oslo im Schwabenland mit Sicherheit!

Doch dann schlägt die Stunde der Wahrheit, denn die NWoBHM-Legende BLITZKRIEG betritt die Bretter. Auch hier gab es im Vorfeld bereits den einen oder anderen negativen Erlebnisbericht zu hören. Die erwähnte Show in Frankfurt wurde stark gekürzt, Brian Ross sei gesundheitlich angeschlagen. Doch mir ist nicht bange, denn ein Blick auf die bereits auf der Bühne liegende Setlist verheißt doch immerhin 14 Songs. So schlimm kann es also nicht werden, doch ganz falsch sind die Gerüchte nicht. Brians Sohn Alan Ross (Gitarre, Backing Vocals) bestätigt, dass der Arzt Brian eigentlich geraten habe, nicht aufzutreten, doch Brian Ross will es wissen und gibt alles. Dabei klingt er tatsächlich auch richtig gut. Seine warme und im Schnitt eher tiefe Stimme, die aber dennoch zu tollen hohen Screams fähig ist, klingt so gut wie immer, und auch in Sachen Performance lässt er sich nicht lumpen. Gestik und Mimik haben die alt bekannte Magie, die Ansagen sind freundlich und unterhaltsam, und die zwei Songs währende Pause im Mittelteil des Sets sei ihm gegönnt. Hier übernimmt dann Alan das Mikro, und - wie so oft - ist auch hier und heute festzustellen, dass die Stimmen von Vater und Sohn sich extrem stark gleichen. So darf Alan Ross also den JUDAS PRIEST-Tribut 'Call For The Priest' (keine Coverversion!) und mit dem "Ten"-Klassiker 'Nocturnal Vision' auch noch eines der absoluten Highlights der Setlist vom Stapel lassen, bevor sich Brian nach der kurzen Verschnaufpause, die er aus dem Publikum heraus genossen hat, wieder zurück auf die Bühne begibt. Die Stimmung ist für ein Konzert dieser Größenordnung tatsächlich bombig, und es werden überraschend viele Songs mitgesungen, was belegt, wie gut und wie markant die ganzen Hits der Band doch sind. Die Setlist ist aber auch wirklich toll. Sie berücksichtigt einerseits die Frühphase ausgiebig, und stellt natürlich das aktuelle Album "Back From Hell" vor, vergisst dabei aber auch nicht, dass es auch zwischendurch richtig viele starke Stücke gab, und sogar selten Gespieltes wie das SATAN-Cover 'Pull The Trigger' und 'Hell To Pay' wird bedacht, bevor die Band kurz verschwindet, sich aber gerne zur frenetisch geforderten Zugabe mit den obligatorischen Single-Hits 'Buried Alive' und 'Blitzkrieg' bitten lässt.

Alle Bands geben sich nach dem Konzert sehr glücklich, und sind voll des Lobes für Location und Fans. Nach den Auftritten kann das Publikum mit allen Bands ausgiebig reden, obwohl noch in der Nacht die Abreise über die Alpen nach Italien bevor steht. So dass ein wirklich toller Abend sehr gemütlich und kameradschaftlich endet, die Leute ausgiebig Zeit haben, sich mit Devotionalien der Bands einzudecken und diese auch noch signieren zu lassen, und am Ende alle glücklich den Heimweg antreten.

Würde es immer so laufen, dann wäre die Clubszene sicher gesünder, als sie es zumeist zu sein scheint!

Setlist BLITZKRIEG:
Armageddon
Dark City
We'll Rock Forever
Sahara
Unholy Trinity
V
The Hellion (JUDAS PRIEST-Cover)
Call for the Priest (JUDAS PRIEST-Tribute, aber kein Cover)
Nocturnal Vision
Pull The Trigger (SATAN-Cover)
Back from Hell
The Wraith
Hell to Pay
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Buried Alive
Blitzkrieg

Redakteur:
Rüdiger Stehle
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