BLUES PILLS und PRISTINE - Ulm
03.03.2016 | 19:3216.02.2016, Roxy
Skandinavische Blues-Power!
BLUES PILLS live wird so langsam zur Regelmäßigkeit (hier z.B. Berichte aus Berlin und München). Und weil es immer so schön war, geht’s diesmal nach Ulm. Im schönen Roxy gab es ja letztens ja auch WUCAN (zum Bericht), und da als Support der norwegische Himmels-Stürmer PRISTINE dabei ist, habe ich mein heiliges Triumfeminat des jungen Blues Rock innerhalb eines Monats live gesehen.
WUCAN war ja schon einmal sehr toll. Bei Betreten der Halle merkt man aber sofort, dass BLUES PILLS vom Zuschauer-Zuspruch ein ganz anderes Kaliber ist, und ich merke, dass das Roxy viel größer ist, als ich beim WUCAN-Gig dachte. Die haben nur auf der kleinen Bühne gespielt. Mindestens die zehnfache Menge Menschen kommt aber für Elins Rasselbande, und darüber freut sich erst einmal Heidi Solheim, die stimmgewaltige Rotmähne der norwegischen Pillen-Einheizer PRISTINE. Und Frau Solheim nutzt diese Gunst, denn das BLUES PILLS-Publikum ist genau das richtige für die Tour-Feuertaufe außerhalb der Heimat. Und ich bin sofort mitgerissen von Heidis unglaublicher Stimme. Mir kommen Vergleiche mit BETH HART in den Sinn, nicht nur von der Ausdruckskraft, auch vom Habitus der Dame. Diese unverhohlene, fast kindlich-euphorische Freude an der Musikdarbietung haben beide gemeinsam. Klar werden hier vorwiegend die Stücke des Euro-Debüts "Reboot" gespielt (und hier könnt ihr lesen, was ich von ihnen halte), doch auch ein paar Tracks älteren Datums (von "Detoxing" und "Regret", die nur in Norwegen veröffentlicht wurden, am Merch aber zu haben sind) gibt es zu hören, die allesamt noch mehr im klassischen, gut gelaunten Blues Rock verweilen, als die doch ziemlich angeproggten und psychedelischen "Reboot"-Stücke. Live ist dies jedoch eine gute Wahl, denn das Publikum hat sichtlich Spaß, sich auf die BLUES PILLS einzurocken und feiert PRISTINE gebührend. Ich glaube, man wird von der Band noch einiges hören.
Setlist: Carry Your Own Weight, California, Don’t Save my Soul, Bootie call, She Won, Tell Me, Derek, All I Want is You
BLUES PILLS kennen und mögen aber schon genügend Rocker (und erstaunlich viele Metaller!), sodass sie eine mittelgroße Halle an einem Wochentag komplett füllen. Respekt! Denn es gibt, wie auch im Vorfeld schon erwartet, eigentlich "nur" das alte BLUES PILLS-Programm mit vielen Stücken vom Debüt. An denen kann ich mich aber nach wie vor nicht satt hören, und so genieße ich ein weiteres Mal Juwelen wie 'Ain’t No Change', 'No Hope Left For Me' oder das am Ende des Sets unglaublich intensiv dargebotene 'Litte Sun'. Dennoch gibt es zum ersten Mal für mich großen Pillenfanatiker ein paar Wermutstropfen. Der bitterste ist der sehr seltsame Rhythmus-Sound, den Klampfen-Wunderkind Dorian Sorriaux diesmal gewählt hat. Das klingt gar nicht mehr so crispy-klar und sauber, dass jede Ton ein Zauber ist, sondern seltsam vermanscht und saftlos. Möchte er damit seine Soli noch mehr hervorheben? Optisch gibt er dabei das Bild ab wie gehabt, sehr in sich versunken mit der Musik verschmelzend.
Ganz anders Elin Larsson, diesmal ganz in schwarz und barfuß. Hat sie ein bisschen zugelegt? Ups, sorry, das ist ja ein Rockkonzert, keine Moden-Show. Aber so ein wenig unnahbar und unantastbar wirkt sie heute, keine Spur mehr von dem lächelnden, gut gelaunten Flower-Power-Mädchen. Stimmlich gibt es aber absolut nichts zu mäkeln, gerade die Balladen performt sie wahnsinnig professionell, sehr sehr toll! Und das bringt uns zum ersten neuen Schmankerl: einem neuen Akustik-Stück namens 'Yet To Find', das nur von Elin und Dorian vorgetragen wird. So richtig in die Hirnrinde hat sich das Stück aber nicht gefressen. Anders der zweite neue Track, ein Cover von TONY JOE WHITEs 'Elements And Things' aus dem Jahre 1969, einem guten Musikjahr. Wer sich das Stück mal auf YouTube anhört, wird sofort verstehen, warum dies wie Faust aufs Auge zu BLUES PILLS passt. Dieser Groove, dieses funky-bluesy Gitarrenspiel und die kraftvollen Melodien, das ist all das, was BLUES PILLS die letzten Jahre wieder in den Wahrnehmungsbereich auch jüngerer Hörer bringt. Das wird ein zukünftiger Live-Kracher.
DEN BLUES PILLS-Kracher schlechthin gibt es dann selbstredend als Zugabe: 'Devil Man'. Wieder in seiner alten Version mit dem laaaaaang-gezogenene "Uuuuh, Devil Maaaan". Jawohl, da könnte ich immer wieder für sterben. Das wird mal Elins Musikvermächtnis, wetten?
Ja, das war wieder toll, ich bin am Ende wieder voll zufrieden. Aber eines wird nun auch klar: Es wird Zeit für neue Songs und ein neues, hoffentlich auch längeres Programm. Denn es wird Zeit für BLUES PILLS, ganz groß zu werden.
Setlist: Black Smoke, Bliss, Astralplane, No Hope Left for Me, Gypsy, Dig In, Yet to Find, High Class Woman, Elements and Things (TONY JOE WHITE-Cover), Ain't No Change, Little Sun, Devil Man
- Redakteur:
- Thomas Becker