Bands Battle - Stavenhagen

09.06.2005 | 18:11

02.06.2005, Tankhaus

FREITAG

Am Freitag besteht tagsüber Gelegenheit, ein wenig Gegend zu gucken. Viele der Donnerstagsbesucher kamen aber ohnehin aus der Umgebung und haben es vorgezogen, zu Hause zu übernachten, so dass der Campingplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite erst spärlich bevölkert ist. Im Dorf Gravelotte am nahe gelegenen Kummerower See soll es Ruderboote auszuleihen geben, jedoch: "Die Boote kommen erst morgen, aber wir haben leckeres Eis, richtig mit Sahne gemacht." Dem sympathischen Angebot wird nachgegeben, zumal der Bootsvermieter in spe der erste Eingeborene ist, der nicht am frühen, heißen Nachmittag beim Bier sitzt oder offensichtlich vom Frühschoppen kommt.

Zurück im angenehm kühlen Tankhaus stehen kurz nach 18.30 Uhr die Greifswalder CARDIAC auf der Bühne. Die Bassistin ist nicht mehr dabei, aber angesichts der beiden Highspeed-Gitarristen Dierk Pöther und Robert Gierke fällt das erstaunlicherweise nicht ins Gewicht. Die metalcorige Melange auf Death-Basis wird begeistert aufgenommen. Schweiß abwischend versucht der singende Mützenträger Stephan Haese unter Hardcore-Shouts noch aus den bebrillten Augen blicken zu können. Mehr und mehr klingen die vier Greifswalder nach Metalcore mit Trash-Elementen und hooklineträchtigem Riffing.
‚Lost‘, ein Cover von Cause For A Conflict, fällt ein wenig aus der Reihe; die neueren CARDIAC-Songs klingen allesamt wütender. Mit den Worten „Ha'm wir noch ein‘? Wie spät is‘ denn?“ beweist Haese, dass die Setlist durchaus variabel gestaltet werden kann. Mit abgehackten Shouts und Melodie beenden CARDIAC ihren Gig. Musikalische Neugier und Energie wohnt wohl nicht nur dem Sänger inne, welcher noch öfter vor der Bühne gesehen wird.

Die in der Running Order als „Rock/Punk/Industrial“ angekündigten Berliner STAHLBAD NEUKÖLLN haben ihren Spielplatz auf eine Raststätte verlegt, wie bereits Donnerstag zu erfahren war: Nach einer dortigen Prügelei befinden sich zwei Bandmitglieder zu ihrem eigentlichen Auftrittszeitpunkt nicht beim Bands Battle, sondern im Krankenhaus, die anderen beiden hatten Polizeigewahrsam genießen dürfen. Alternativ-Bandnamen wie „Knast und Krankenhaus“ sind nur einige der Witze, die daraufhin kursieren.
(Gretha Breuer)

Da die Jungs von STAHLBAD NEUKÖLLN nicht anwesend sind, entern nun die Hannoveraner ABYSS LORD die Bühne. Sie legen mit ihrem zumeist schnellen Death Metal los und zeigen wahrhaftige Spielfreude. Ständig in Bewegung, zelebrieren sie ihre Songs. Einziger Schwachpunkt, wenn auch nur ein kleiner, war der Sänger, dessen Stimme etwas zu eintönig ist. Ansonsten geben sich die Jungs große Mühe und ernten den verdienten Applaus. Lustig anzusehen ist übrigens der Sänger am nächsten Morgen beim Frühschoppen, als er nach durchzechter Nacht und ohne Schlaf übers Gelände schleicht und sein Eis isst. Nicht nur das Gesicht ist verschmiert, auch sein Protector-Shirt ist nicht mehr schwarz, sondern voll mit Vanille-Eis.
(Martin "Walzenstein" Baltrusch)

Die Schweden CENTINEX, für viele an diesem Abend der eigentliche Headliner, sind in letzter Zeit öfter auf deutschen Bühnen zu sehen. Dabei fällt im Gegensatz zum Auftritt auf dem Fuck The Commerce-Festival vor gut einem Monat auf, dass sich Gitarrist Johan Ahlberg nach gefeierten Vaterfreuden wieder zurückgemeldet hat und Sänger Johan nicht halb so betrunken wie an jenem Abend über die Bühne rennt. Beides tut der Performance sichtlich gut und die Fans werden von Beginn an mit einer derben Portion Schweden-Death Metal in Form von 'Arrival Of The Spectrum Obscure' von der 2004 erschienenen CD "Decadence-Prophecies Of Cosmic Chaos" bedient. Da stimmt das Zusammenspiel der Saitenfraktion und melodische Gitarrenleads jagen einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Zusätzliche Animierungsversuche des Sängers sind eigentlich überflüssig, werden aber trotzdem mit mehreren gen Hallendecke gereckten Fäusten erwidert.
Egal ob Midempo oder Highspeed, man kann sich dem Drang zum Headbangen bei Titeln wie 'Misanthropic Darkzone' oder 'Neverending Hell' nicht entziehen. Zum Schluss gibt es mit 'Bloodhunt' den Titelsong der 1999 erschienenen MCD, bevor abrupt nach Verklingen des letzten Tones die Pausenmusik einsetzt...
(Thomas Fritzsch)

.... und sich die große Fangemeinschaft der Sachsen von SAXORIOR vor der Bühne positioniert. Routiniert legen die Saxon Warriors mit ihrem Pagan Metal los. Trotz des abwechselnden Gesangs der beiden Gitarristen, wirken SAXORIOR auf mich eher langweilig, was aber nicht am Stageacting liegt, sondern eher an ihrem Musikstil. Aber SAXORIOR werden gefeiert und so sind Fans und Band glücklich.
(Martin "Walzenstein" Baltrusch)

Folkloristisch black angehaucht geht es mit OBSCURITY vor vergleichsweise wenig Publikum weiter. Bemerkenswert: Der Bassist spielt sein Instrument ungefähr auf Knöchelhöhe, der leider nur Background singende Gitarrist trägt einen, nun ja, albernen Ritterüberwurf. Dies tut der Qualität seiner Growls aber keinen Abbruch, so dass man sich fragt, was Sänger Nezrac eigentlich dort zu suchen hat, außer überaggressiv am Bühnenrand Fäuste zu ballen. Der Black Metal-Eindruck entsteht zwar vor allem durch seinen Gesang, aber bei Ansagen wie „Ein Lied aus unserer Heimat“ vor ‚Bergische Wölfe‘ rollen sich aufgrund des Gesamteindrucks die Fußnägel hoch. Nichtsdestotrotz finden sich einige begeisterte Banger, die den „Hey!“-Rufen von OBSCURITYs Nezrac bereitwillig folgen.
(Gretha Breuer)

Dänemark, nicht gerade als Mekka der Metalszene bekannt, ist aber mit Bands wie LIPID immer für eine positive Überraschung gut. Die vier Dänen bieten nach einem bedrohlichen Intro eine gelungene Mischung aus dem Groove von SEPULTURA, einer guten Portion Thrash und wilden Death Metal-Melodien – kurz gesagt hundert Prozent bangkompatibel. Auf die Ankündigung von Liedtiteln wird verzichtet, das Material dürfte aber zum größten Teil von der im Jahre 2003 erschienenen CD "Hagridden" stammen. Leider lässt der Sound vor der Bühne die filigranen Melodien des Gitarristen Claus Petersen nur erahnen. Für die relativ wenigen Fans vor der Bühne spielt das eine untergeordnete Rolle, sie lassen sich vom Heavy Riffing und dem Double Bass-Gewitter gern die Ohren wegblasen. Nach gut 45 Minuten endet die Setlist von LIPID und man kann sich über eine interessante Neuentdeckung freuen – wird im Auge behalten.
(Thomas Fritzsch)

Entdecke die Langsamkeit, so könnte das Motto der Schweden WORLD BELOW lauten. Ein 70er Jahre-Keyboard-Intro führt träge hin zu schwer tropfendem Doom, der allerdings zu dieser fortgeschrittenen Stunde – es ist nach 1 Uhr – nicht die beste Lösung darstellt. Der Sound stimmt dennoch: Am Rand sitzend vibriert der Popo. Dermaßen eingelullt fällt das Einschlafen im Zelt trotz aufkommendem Sturm nicht schwer.
(Thomas Fritzsch / Gretha Breuer)

Redakteur:
Gretha Breuer

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