Bang Your Head!!! 2006 - Balingen
27.07.2006 | 00:2823.06.2006, Messegelände
Freitag, 23.06.
So, da sind wir wieder. Es ist zu Beginn deutlich leerer auf dem Festivalgelände als noch vor Jahresfrist, aber das liegt bestimmt nur daran, dass MORGANA LEFAY dieses mal nicht als erste Band spielen ;-)
Im Ernst, sorgen über eine zu geringe Zuschauerzahl müssen sich die Veranstalter meinen Schätzungen nach nicht machen, trotz aller Kritik im Vorfeld (am Billing) pilgern doch wieder etliche Nasen nach Balingen. Verändert hat sich also herzlich wenig, glücklicherweise sind auch die Preise für Futter und Trank stabil geblieben. Dazu gibt's in diesem Jahr auch einen "festen" Toilettencontainer, der umsonst genutzt werden kann, insofern man mit etwas Wartezeit leben kann. Immerhin gut für das weibliche Volk und an sich eine lobenswerte Sache, ebenso wie die Duschen zur Abkühlung mitten auf dem Gelände - das war bei diesen Temperaturen und diesen Bands auch dringend nötig!
[Rouven Dorn]
HELLFUELED
Pünktlich um zehn Uhr wird das elfte BYH!!! eingeläutet. Niemand geringeres als das schwedische Quartett HELLFUELED wurde für diese Tat auserkoren. Und die "beste OZZY OSBOURNE-Tribute-Band" der Welt legt ordentlich los. Für meinen Geschmack wirken sie ein bisschen hüftsteif, trotz idealer Wetterbedingungen (es ist bewölkt aber trocken) und ordentlichen Zuschauerzahlen. Klar, zwischendurch werden von der Publikumsseite "Hey, Hey, Hey"-Rufe laut, aber so ganz kann das Frontmann Alkman nicht aus seiner Lethargie reißen, obwohl er während des kompletten Gigs wie ein Honigkuchenpferd in die Menge grinst. Erst nach dem fünften Song 'Let Me Out' kommt so etwas wie Stimmung auf. Natürlich kommen die Hits wie der Titelsong der letzten Scheibe, 'Born II Rock', oder 'Midnight Lady' vom Debüt zum Zug. Seine Sidekicks sind da schon um einiges agiler, aber man merkt den Jungs schon an, dass zehn Uhr morgens nicht unbedingt die Zeit ist, bei der sie i.d.R. voll aufdrehen. Mit dem finalen 'Rock'n'Roll Tonight' verabschieden sich die sympathischen Schweden nach 40 Minuten von der Bühne, und auch die Sonne lässt es sich nicht nehmen, die Festivalbesucher mit ihrer Anwesenheit zu beglücken. Ideale Voraussetzungen für die kommenden Bands!
[Tolga Karabagli]
COMMUNIC
Noch vor Wochenfrist habe ich COMMUNIC auf dem kleinen Queens Of Metal-Festival in Franken als Co-Headliner vor UNLEASHED gesehen. Dort wirkte das Trio extrem souverän, meisterte das Manko, auf der Bühne eben nur eine Gitarre (und diese auch noch in den Händen von Oddleif, der "nebenbei" noch für den famosen Gesang verantwortlich zeichnet) zu haben, wahrlich perfekt. Doch heute Morgen scheinen die Jungs wirklich sehr nervös zu sein - ist wohl doch ein Unterschied, vor weniger als tausend Leuten auf einem Hinterwädlerfestival zu spielen und danach auf einem der größten Metal-Festivals in Deutschland, das dazu auch noch einen solch rennomierten Namen trägt. Anders als mit Nervosität kann ich mir die kleinen, fast unauffälligen Abstimmungsschwierigkeiten und sogar einzelne, nicht besonders schwerwiegende Verspieler bei einer solch technisch versierten Band nicht erklären. Aber wirklich ins Gewicht fällt das nicht, die (zu meiner Freude ansehnlich große) Menge vor der Bühne feiert die Norweger äußerst lautstark ab, und insbesondere die Stücke vom aktuellen "The Waves Of Visual Decay"-Album knallen verdammt ordentlich. An dieser Stelle seien mal explizit der wunderbare Titelsong und das herrlich melodische 'Fooled By The Serpent' genannt.
Zum Abschluss gibt's noch den "Bandklassiker" 'Conspiracy In Mind', der einen rundum gelungenen, wenn auch etwas holprigen Gig würdig abschließt.
Tja Jungs, da müsst ihr wohl noch ganz oft auf großen Festivals spielen...;-)
Ein Sonderlob geht an dieser Stelle noch an Basser Erik, der sämtliche Soundlöcher bereits im Ansatz zustopfte. Tolle Performance!
[Rouven Dorn]
LEATHERWOLF
Nach meinem persönlichen und sehr überzeugenden BYH!!!-Auftakt mit COMMUNIC warte ich auf LEATHERWOLF mit einer Mischung aus Skepsis und positiver Neugier. Skeptisch vor allem, weil ich Sänger Wade Black weder bei CRIMSON GLORY noch bei den SEVEN WITCHES sonderlich überragend fand und seine normalerweise hohe Stimme nicht wirklich zum rauen Charme von LEATHERWOLF passt. Zudem musste man auf die berühmte Triple-Axe-Attack verzichten, da Wade Black die Saiten nicht beherrscht.
Doch schon nach den ersten Takten des Openers 'Rise And Fall' ist klar, dass meine Sorge unbegründet ist. Wade Black singt mindestens eine Oktave tiefer als gewohnt und überzeugt in diesen Lagen absolut, und auch die dritte Gitarre vermisse ich nur an seltenen Stellen. Und dann die Setlist. Mit untrüglichem Gespür für ihre Hits packen LEATHERWOLF 'Gypsies And Thieves', 'Street Ready', 'Season Of The Witch' oder 'Thunder' aus. Klar, dass dabei die Meute tobt. Die Haare und Fäuste fliegen, obwohl die geilen Backingvocals mehr als einmal viel zu leise sind. Und da auch die beiden neuen Nummern 'Live Or Die' und 'Derailed' gute Songs sind, wird der abschließende Überhammer 'The Calling' zum verdienten Triumphzug. Super.
[Peter Kubaschk]
FLOTSAM & JETSAM
Vor dem Auftritt von FLOTSAM & JETSAM wurde darüber spekuliert, dass Ur-Basser Jason Newsted mit dabei sein würde, was sich jedoch genauso verflüchtigt wie die Wolken über Balingen. Davon lassen sich die Amis nicht beirren und legen um genau 12.40 Uhr mit 'Hammerhead' vom Klassiker "Doomsday For The Deceiver" los. Allen voran Frontmann Eric A.K. ist gut drauf und trifft alle Töne, was gepaart mit der enorm großen Spielfreude Anklang beim Publikum findet. Am putzigsten finde ich persönlich einen knapp fünf Jahre alten Jungen mit einer Deutschlandflagge auf der Backe, der auf den Schultern seines Vaters ordentlich abgeht. Schon amüsant, denn als F&J ihr Debüt rausgebracht haben, war der kleine noch nicht mal ansatzweise geplant, aber egal. Apropos geplant: Irgendwie ist Eric A.K. unausgelastet, denn in den Gesangspausen spielt er wild Luftgitarre und ist ansonsten wie ein Derwisch vom einen Bühnenende zum anderen nur unterwegs. Was die übrigen Bandmitglieder angeht, so könnte der eine Gitarrist auch glatt in einer Gothicband spielen, dessen blasser Teint durch die schwarze Kleidung noch mehr heraussticht. Stattdessen wird aber ordentlicher Old-School-Thrash geboten, der bei den meisten Besucher in Form von Bangattacken Anklang findet, während in den Songpausen "Flotsam"-Chöre intoniert werden. Dabei beschränken sich die Jungs bei der Songauswahl fast ausschließlich auf die ersten beiden Alben "Doomsday For The Deceiver" und "No Place For Disgrace", was der Stimmung besonders gut tut.
Alles in allem eine ordentliche Leistung. Jetzt müssen F&J nur noch auf CD den alten Thrash-Pfad wieder einschlagen, dann steht einer erfolgreichen Tournee nichts mehr im Wege.
[Tolga Karabagli]
Setlist:
Hammerhead
Master Sleeps
Hard On You
Swatting At Flies
No Place For Disgrace
Escape From Within
Secret Square
VENGEANCE
Nach F&J betreten VENGEANCE die heiligen Bretter von Balingen. Im Vorfeld machte sich schon ein bisschen so etwas wie Enttäuschung breit, da mit Arjen Lucassen der Bandleader nicht auf den Revivalzug mit aufgesprungen ist. Doch das macht das Quintett mit Ur-Sänger Leon Goewie durch seine Spielfreude gleich bei den ersten Tönen des Openers 'Take It Or Leave It' mehr als nur wett. Daneben kommen aber auch neuere Nummern zum Zug, wie z.B. der Titeltrack des aktuellen Albums "Back In The Ring", der mit einem ordentlichen Stampfrhythmus versehen ist und selige Erinnerungen an SAXONs 'Solid Ball Of Rock' weckt. Zwar weist Goewie mit seinem Rüschenhemd eine verdammt hohe Ähnlichkeit mit Roger Daltrey (THE WHO) auf, während das violette Hemd vom Gitarristen hart an der Grenze zu Augenkrebs ist, aber musikalisch sind die Herren über allem erhaben. Dabei groovt das Quintett als ob es kein Morgen gibt, was bei der superben Setlist aber auch kein Wunder ist. Mitten im Set entschuldigt sich der Sänger mit der Ausrede, dass er "mal kurz auf's Klo muss", um im nächsten Moment mit vier Nummernmädels im Schlepptau die Bühne zu entern. Und überhaupt: Goewie ist der geborene Entertainer und legt dabei ein höheres Laufpensum an den Tag als Mr. Alkman (HELLUFUELED). Bestes Beispiel hierfür ist, wie er lasziv sein Hemd auszieht und dabei immer noch eine gute Figur macht. O-Ton: "I'm almost fifty and a fat ass!". Immer wieder kommen die anfangs erwähnten Nummerngirls auf die Bühne und tragen dabei immer weniger Kleidung spazieren, was Ihnen bei den sommerlichen Temperaturen niemand so wirklich übel nimmt. Gegen Ende des regulären Sets verschafft sich Goewie Abkühlung, indem er sich eine Wasserflasche nach der anderen über den Kopf kippt, was seinen Höhepunkt in einem Pitcher Bier findet der über dem Kopf "entsorgt" wird.
Danach ist zwar offiziell Schluss, doch die Standing Ovations und Zugaberufe veranlassen die Jungs dazu, mit 'Power Of The Night' eine letzte Nummer aufs Parkett zu legen.
Alles in allem ein sehr kurzweiliger Gig und eines der Highlights, was sich neben der Spielfreude der Band auch auf die Publikumsreaktionen bezieht.
[Tolga Karabagli]
Setlist:
Take It Or Leave It
Rock'n'Roll Shower
Back In The Ring
No Mercy
May Heaven Strike Me Down
Take Me To The Limit
Arabia
---
Power Of The Night
RAVEN
Jeder, der mich ein bisschen kennt, dürfte wissen, dass die Gebrüder Gallagher und ihre Trommellegende Joe Hasselvander zu meinen absoluten Lieblingsbands gehören. Musikalisch, klar, aber vor allem eben auch deshalb, weil sie live immer alles geben. Na ja, eigentlich noch viel mehr als alles. Wie groß auch die Widrigkeiten sein mögen, von RAVEN gibt's keine schlechten Shows und auch im doch schon etwas reiferen Alter - immerhin ist die Band schon gut dreißig Jahre aktiv - steht ein RAVEN-Gig noch immer für Spielfreude und Energie pur. "Athletic Rock" haben die NWoBHM-Recken das einst selbst genannt, und auch wenn Mark Gallagher seinen Bruder John wegen eines schweren Unfalls vor einigen Jahren inzwischen nicht mehr minutenlang auf den Schultern umhertragen oder in vollem Galopp über den Drumraiser springen kann: Die inzwischen nach Nordamerika übergesiedelten Mannen aus Newcastle Upon Tyne gehen immer noch mehr ab als 90% der anderen Bands des Billings zusammen. Ihr rock'n'rolliger und leicht punkiger Speed Metal der ganz alten NWoBHM-Schule ist zeitlos gut, und die mit Klassikern gespickte Setlist lässt die Meute vor dem ersten Wellenbrecher doch schon ganz ordentlich austicken. Sicher, an John Gallaghers ultra-schriller Sirene werden sich immer die Geister scheiden, doch dass Hymnen wie 'Live At The Inferno', 'All For One', 'Rock Until You Drop' oder 'Speed Of The Reflex' auch nach mehr als zwanzig Jahren noch richtig mächtig in den Allerwertesten treten, und die "Jungs" so sympathisch wie eh und je rüberkommen, wagt kaum jemand zu bestreiten. Die Band hat auch entsprechend Spaß in den Backen und Johns kultverdächtige Ansagen bei der Bandvorstellung "Mein kleiner Bruder Mark - the man who had a building on top of him" und "the big guy, 6'06" tall... that's about 2000 meters or something... Joseph Hasselvander on drums" tun ein Übriges, um für gute Stimmung zu sorgen. Dabei weiß der Mann auch eine kurze technische Panne an Marks Gitarre mit einem wirklich unterhaltsamen Bass-Solo zu überbrücken, ohne dass der Enthusiasmus gebremst würde. Da es langsam Zeit für ein neues Album ist, stellen uns die Geordies auch einen sehr coolen neuen Song namens 'Breaking You Down' vor und nach 'Mind Over Metal' gibt's als traditionelle Zugabe noch den klassischen RAVEN-Überflieger 'Break The Chain' samt eingebautem 70er-Medley. Für mich definitiv eines der ganz großen Highlights des Festivals, und so war auch zwangsläufig der Kauf eines T-Shirts angesagt, um den Gig entsprechend mit einem Souvenir zu verewigen.
[Rüdiger Stehle]
Setlist:
Take Control
Live At The Inferno
Lambs To The Slaughter
All For One
Breaking You Down
Rock Until You Drop
Bass Solo
Speed Of The Reflex
Mind Over Metal
Break The Chain
Medley (I Don't Need No Doctor/Dog Eat Dog/Symptom Of The Universe)
Break The Chain (Reprise)
JON OLIVA'S PAIN
Eigentlich hat es jede Band schwer, die nach RAVEN auf die Bühne muss, denn an Spielfreude sind die Engländer ja kaum zu überbieten, und das haben sie ja an diesem Nachmittag wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Doch auch Jon Oliva ist ein Garant für ausgesprochen gute Live-Unterhaltung, und deshalb musste man sich in diesem Fall auch keine wirklichen Sorgen machen.
Jon Oliva, der mit seinen Mitstreitern seit einem Weilchen unter dem Namen JON OLIVA'S PAIN firmiert, sorgt bereits durch sein bloßes Erscheinen für Beifallsstürme, und als dann die ersten Gitarrenriffs von 'Warriors' erklingen, sind sowieso sämtliche Fans von SAVATAGE - schade, dass diese Band wohl endgültig das Zeitliche gesegnet hat - aus dem Häuschen. Lautstark wird der Chorus mitgesungen, und so ist die Stimmung von Beginn an bestens. Jon Oliva & Co. lassen auch gleich direkt noch 'Sirens' folgen, das natürlich nicht minder abgefeiert wird, und so ist Jons Frage, ob die Leute Lust auf eine Party hätten, rein rhetorischer Natur. Der dicke Mann aus Florida scheint wie eigentlich fast immer bestens gelaunt und macht auch dieses Mal wieder seine Späße mit dem Publikum. Doch es soll ja um die Musik gehen, und deswegen machen JON OLIVA'S PAIN gleich mit einen kleinen "Streets"-Block weiter, bestehend aus 'Agony And Ecstasy' und 'Jesus Saves'. Nun ja, wenn es nach dem Großteil des Publikums gehen würde, dann könnte die Band so weitermachen und einen SAVATAGE-Klassiker nach dem anderen spielen, aber JON OLIVA'S PAIN haben ja selbst auch schon ein Album veröffentlicht, und so gibt es von diesem auch zwei Stücke, 'The Dark' und 'People Say - Gimme Some Hell', zu hören. Danach ist aber wieder SAVATAGE-Zeit, und zwar in Form des genialen 'Hounds', das Jon wie so oft seinem verstorbenen Bruder widmet. Weiter geht's im Anschluss mit 'Gutter Ballet', bei dem das Publikum zu Beginn von Jon zum Mitsingen aufgefordert wird, und dieses lässt sich natürlich nicht lange bitte. Es geht begeistert mit, und auch die Band hat daran sichtlich Spaß. Nach dem Song kommt dann der Veranstalter Horst Franz mit zwei Bieren auf die Bühne, um mit Jon anzustoßen. Das gefällt dem Amerikaner natürlich sehr gut, und er schwätzt ihm auch gleich noch beide Biere ab; seine Vorliebe für deutsches Bier ist ja durchaus bekannt. Danach kündigt Jon an, dass im September ein neues Album auf den Markt kommt, und einen Song spielen JON OLIVA'S PAIN auch gleich noch als Kostprobe: 'Time To Die'. Langsam, aber sicher neigt sich die Spielzeit auch schon dem Ende zu, und so bleibt lediglich noch Zeit für 'Hall Of The Mountain King', das bei einem Auftritt von Jon Oliva ja nicht fehlen darf. Sowohl Band als auch Publikum geben nochmal alles, und so endet ein großartiger Auftritt von JON OLIVA'S PAIN.
[Martin Schaich]
DEATH ANGEL
Und es geht an diesem Nachmittag auch weiterhin Schlag auf Schlag, denn mit DEATH ANGEL steht gleich anschließend eine weitere geniale Live-Band auf dem Programm. Die Bay-Area-Thrasher haben bereits vor zwei Jahren absolut überzeugt, und das tun sie - so viel kann schon verraten werden - auch dieses Mal wieder.
Mit '3rd Floor' von ihrem Zweitlingswerk "Frolic Through The Park" legen DEATH ANGEL gleich richtig los, und das Publikum, das durch die vorherigen Bands bereits bestens in Stimmung ist, geht begeistert mit. Die Band um Mark Osegueda lässt direkt anschließend '5 Steps Of Freedom' folgen, und nun gibt es sowohl vor als auch auf der Bühne kein Halten mehr. DEATH ANGEL sind ja als sehr aktive Band bekannt, und diesem Ruf werden sie wieder einmal mehr als gerecht. Vor allem Mark ist ein richtiger Wirbelwind, der immer in Bewegung ist, und so kommt es immer wieder auch vor, dass das wirklich lange Mikro-Kabel doch zu kurz ist. Wie auch immer - bei der Song-Auswahl haben sich DEATH ANGEL um eine ausgewogene Mischung bemüht, und so gibt es in der Folge sowohl Stücke vom Debüt-Album "The Ultra-Violence" ('Voracious Souls', 'Evil Priest') als auch vom dritten Album "Act III" ('Seemingly Endless Time', 'Stagnant'), und natürlich kommt auch das aktuelle Album "The Art Of Dying" ('Thicker Than Blood', 'The Devil Incarnate') nicht zu kurz. Den Fans ist es dabei ganz egal, wie alt die Songs nun sind - sie feiern DEATH ANGEL gnadenlos ab. Die Band hat ebenfalls sichtlich Spaß auf der Bühne und gibt wirklich alles. Und einen neuen Song - wenn ich Marks Ansage richtig verstanden habe: 'The Drug' - geben sie auch noch zum Besten. Danach wird es aber auch schon Zeit für den Endspurt, und so spielen DEATH ANGEL noch das grandiose 'Thrown To The Wolves', bevor sie mit 'Discontinued' endgültig zum Schluss kommen. Man kann sagen, was man will - DEATH ANGEL sind und bleiben eine der besten Live-Bands auf diesem Planeten, denn energiegeladener geht's kaum. Ganz großes Ohren-Kino!
[Martin Schaich]
HELLOWEEN
Die Hamburger Metal-Institution spielt ja eher selten auf deutschen Festivals, und so stößt ihr erster Auftritt beim BANG YOUR HEAD!!! doch auf ziemlich starkes Interesse unter den Besuchern, was auch kaum verwundern dürfte, hat ihre aktuelle Welttour doch weitestgehend sehr gute Kritiken bekommen. So glänzen die Kürbisköpfe - übrigens die einzige deutsche Band im Billing - auch heute mit einer genialen Klassiker-Setlist, bei der aufgrund festivalbedingten Zeitmangels lediglich eines der drei großen Epen der Band fehlt. Den Einstieg wählt die Band geschickt mit dem neuen Kracher 'The King For A Thousand Years', bevor mit 'Eagle Fly Free' und der schönen Ballade 'A Tale That Wasn't Right' die erste Klassikerrunde ansteht. Damit sind wir dann auch wieder beim alten Thema, ob Andi Deris denn nun die alten Stücke aus der Kiske-Ära singen kann, singen soll und singen darf. Ein Drittel der von mir Befragten findet's toll, ein Drittel okay und ein Drittel furchtbar. Das wird sich wohl nie mehr ändern. Man mag mir das Tragen einer rosa Brille vorwerfen, aber ich finde ehrlich, dass Andi Deris die besagten Klassiker, insbesondere die Ballade, inzwischen ziemlich gut bringt und - ganz ehrlich - ich bin die ewige Diskussion darüber längst leid. Drum lass ich's jetzt auch darauf beruhen, soll jeder halten, wie er will. Schließlich folgt mit einigen jüngeren Highlights wie 'If I Could Fly' und 'Power' auch unter Deris-Kritikern weniger umstrittenes Material, bevor mit dem großartigen 'Halloween' samt Pyros und aufblasbaren Riesenkürbissen wieder eine alte Perle gezockt wird. Nach den obligatorischen Frotzeleien zwischen dem Badener Andi und dem mehrheitlich schwäbischen Auditorium kommt ein finaler Gute-Laune-Block mit der aktuellen Single 'Mrs. God' und den abgefeierten Mitsing-Garanten 'I Want Out' und 'Dr. Stein'. Nachdem es doch ordentlich viele Zugabe-Rufe gibt, betritt zuerst Andi Deris die Bühne und sagt an, dass es sehr wohl eine Zugabe geben würde, allerdings eine ohne ihn, was zunächst für fragende Blicke sorgt, die schnell in Jubel umschlagen. Nein, keine Sorge, ihr habt NICHT die Reunion mit Michael Kiske verpasst - HELLOWEEN bitten den ehemaligen BLACK SABBATH-Sänger Tony Martin auf die Bühne und zocken mit ihm eine geniale Version von SABBATHs 'Headless Cross', die für viele verklärte Blicke und riesigen Jubel sorgt. Die Band - allen voran wie immer Basser Markus Großkopf - wirkt gut gelaunt, kann auf der Festivalbühne aber nicht ganz so glänzen, wie auf der großartigen Hallentour, was teilweise am zu lauten Sound der Doublebass liegen könnte, der manchmal einiges zudröhnt. Das wird aber mit der Zeit besser, und so kann man insgesamt von einem sehr gelungenen Konzert der Hamburger sprechen. Zumindest wenn man - wie ich - den Gesang von Andi Deris mag.
[Rüdiger Stehle]
Setlist:
The King For A Thousand Years
Eagle Fly Free
A Tale That Wasn't Right
If I Could Fly
Power
Halloween
Future World
Mrs. God
I Want Out
Dr. Stein
---
The Headless Cross (feat. Tony Martin)
FOREIGNER
Über FOREIGNER wird im Vorfeld viel diskutiert. Die einen mockieren sich darüber, dass bis auf Gitarrist und Bandgründer Mick Jones niemand mehr vom Original-Line-Up dabei ist. Vor allem das Fehlen von Sänger Lou Gramm lässt viele skeptisch werden. Die anderen meckern, dass FOREIGNER zu soft für das BYH!!! sind und viel besser auf das Rock Of Ages passen.
Dennoch versammeln sich viele, viele Fans vor der Bühne um die Band zu sehen. Und die überzeugt vom ersten Ton an und rockt, was die Bühne hergibt. Dabei interpretiert Sänger Kelly Hansen Songs wie 'Cold As Ice', 'Hot Blooded' oder 'Dirty White Boy' perfekt. Der Mann hat Ausstrahlung, Stimme, turnt dynamisch über die Bühne und erinnert dabei ein wenig an Steven Tyler in seinen jungen Jahren. Da ist Lou Gramm schnell vergessen. Zudem weiß die Band einfach, was das Publikum will. Sämtliche Balladen der Marke 'Waiting For A Girl Like You' oder 'I Wanna Know What Love Is' werden zu Gunsten harter Rocker oder Smash-Hits wie 'Urgent' (mit grandiosem Saxophon-Solo) gestrichen. Eindeutiger Höhepunkt ist aber natürlich das abschließende, von einem coolen Intro eingeleitete, 'Juke Box Hero', das nicht nur aus tausenden Kehlen begeistert mitgesungen wird, sondern auch mit einem überraschenden Ausflug in 'Whole Lotta Love' fasziniert. Großartig. Ganz klar, FOREIGNER sind ein würdiger Co-Headliner, eine Bereicherung für das BANG YOUR HEAD!!! und damit die positive Überraschung des Festivals.
[Peter Kubaschk]
IN FLAMES
Was hab' ich mich auf diesen Auftritt gefreut. Ja, IN FLAMES passen nicht so wirklich auf das BYH!!!. Zumindest auf den ersten Blick. Aber: spätestens seit 2001 (SIX FEET UNDER) gehört es für die Veranstalter zum guten Ton, mindestens eine "heftige" Band in das Billing zu packen, seien dies nun die angesprochenen SFU, AMON AMARTH oder die CHILDREN OF BODOM. Und mit UNLEASHED gibt es in diesem Jahr gleich zwei Mal heftigst was auf die Mütze. Zu viel für die Traditionalisten? Vermutlich.
Ich persönlich finde es auch etwas verwunderlich, dass ausgerechnet IN FLAMES als Headliner den Freitag abschließen. Und ich gehe konform mit der Meinung, dass FOREIGNER a) besser geeignet gewesen wären und b) die eigentlichen Headliner sind. Dafür jedoch, dass im Vorfeld nur gemeckert, gemotzt und gestänkert wurde, ist der Auftritt von IN FLAMES jedoch geradezu phänomenal, sensationell und der helle (!) Wahnsinn. Doch der Reihe nach:
Bereits eine halbe Stunde vor Beginn ist der Bereich rund um die Bühne gerammelt voll. Als die Beleuchtung erlischt und den Anfang des Gigs ankündigt, kann man von weiter hinten auf ein wahres Menschenmeer blicken - so viel zur Mutmaßung, IN FLAMES würden auf einem Festival wie dem BYH!!! nicht ankommen...
Dass die Jungs dann direkt mit ihrem größten "Hit" 'The Quiet Place' loslegen, bringt mich zum Grinsen (und andere Leute dazu, ähnlich primtive Aktionen wie bei HANOI ROCKS im letzten Jahr abzuziehen, schönen Gruß!) - solch dicke Eier muss man erstmal haben, schließlich dürfte es der Göteborg-Truppe kaum entgangen sein, dass sie spätestens seit "Reroute To Remain" die Massen wie kaum eine andere Kapelle spaltet und in "Metallerkreisen" als rappende Hüpfkombo verschrien ist. Trotzdem - oder deshalb? - gibt es noch recht viele neue Stücke zu begutachten, beispielsweise 'Leeches', das brachiale 'Take This Life' oder 'Versus Terminus', allesamt perfekt intoniert, wobei man bei Anders' Gesang auch oft gespaltener Meinung sein kann. Ich hab' mich mittlerweile fast dran gewöhnt, dass der Gute auf der Bühne gerade bei den älteren Songs weniger growlt und mehr in die cleane Richtung tendiert, über den klaren Gesang kann man indes nicht wirklich meckern. Der sitzt. "Reroute To Remain Pt.II" (auch bekannt als "Soundtrack To Your Escape") wird ingesamt vier Mal zitiert, dafür kommen im Gegenzug aber auch alte Perlen wie das unvermeidliche 'Behind Space', 'Colony' oder 'Graveland' (!) zum Zuge. Eine sehr ausgeglichene Setlist, wie ich finde, da wirklich jede Schaffensperiode von der Band berücksichtigt wird. Gerade das hatten die ganzen Miesmacher im Vorfeld mit Sicherheit nicht erwartet.
Das Herausragende am Auftritt von IN FLAMES ist dann auch nicht Fronter Anders, der nicht nur absolut unmöglich gekleidet ist (eine Mischung aus AC/DC, KORN und AVRIL LAVIGNE trifft's in etwa) und, offensichtlich gut dabei, als erste Worte nur ein "Hihihi" ins Mikro lallt und nebenbei mit schleimigen Sprüchen zur WM ankommt, sondern die opulente Light- und Pyroshow. Meine Herren! So etwas gigantisches habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen - dagegen können MAIDEN-Festivalgigs einpacken, sind JUDAS PRIEST mit allen Kinkerlitzchen nur Statisten und STRATOVARIUS nur ein laues Konfetti-Lüftchen. Feuersäulen, riesige Neonröhren-Aufbauten, ein Sammelsurium an diversen, mehr oder weniger spacig anmutenden Lichteffekten und vor allem ein Feuerwerk, das mit Sicherheit neue Maßstäbe setzt. Spätestens als Drummer Daniel auf der Snare das Tempo anzieht (müsste irgendwo bei 'Colony' rum gewesen sein) und sekundengenau dazu am oberen Bühnenrand zu jedem Schlag ein kleines Feuerwerk explodiert, klappt meine Kinnlade auf Bodenhöhe runter. Vom abschließenden Feuerwerk und den ganzen kleinen Spielereien während des Gigs mal ganz zu schweigen.
Und was noch auffällt: das Publikum ist laut, hat offensichtlich Spaß an der Darbietung der Flammenmänner und feiert diese sehr ordentlich ab. Wie war das nochmal, IN FLAMES haben hier gar nichts verloren und locken keine Sau vor die Bühne? Dazu bitte noch die Behauptung, es handele sich um eine schlechte Liveband, und der Lächerlichkeitspreis 2006 geht an Leute, die stur eben jenes behaupten. Wer mal 'ne schlechte Liveband sehen will, der hat an gleicher Stelle einen Tag später bei WHITESNAKE die Möglichkeit dazu. Amen.
[Rouven Dorn]
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle