Blisstrain - Dresden
06.04.2010 | 11:4113.03.2010, Beatpol
Der "Blisstrain" flasht die Dresdner mit überzeugender Interaktion zwischen Publikum und Musikern.
Über vier Stunden Musik sollte die Besucher an diesem Abend erwarten. Das Konzept der "Blisstrain Roadshow" bot Konzertfeeling ohne Unterbrechungen oder Umbaupausen, denn auf zwei Bühnen gab es abwechselnd Bands zu sehen. Gegen 20.30 Uhr startete die Abschlussshow im Dresdner Club "BeatPol".
Los ging es mit OSIS KRULL auf der kleinen Bühne, die mitten in der Location aufgebaut war. Barfuß betraten die beiden Jungs ihre Spielfläche und gaben rund dreißig Minuten Gas. Sie boten experimentelle, progressive Gitarrenmusik. Sänger Herbert Hall Harmony überzeugte mit einem starken, intensiven und ausgedehnten Gitarrenspiel. Dabei nutzte er die komplette Länge seiner Saiten aus. Das Ganze ähnelte melodiösem Geschrammel, was allerdings positiv zu bewerten ist. Sein Gitarrenspiel beeindruckte mehr als der Gesang, der hin und wieder zu hören war. Eine ziemlich coole und rockige Mischung. Nachdem es zum Abschluss noch einen Coversong gab, ging es auf der Hauptbühne sofort mit THE ANTIKAROSHI weiter. Mit ruhigem Rock begannen die Jungs und steigerten sich mit der Zeit. Lange blieben die drei Männer nicht alleine auf der Bühne, denn zwischenzeitlich tauchte die Violinistin von WIVE auf. Der Sound blieb generell recht ähnlich, doch der Gesang wechselte. So wurde das Publikum mit eher seichten Vocals verzückt, dann aber auch mit Gegröle, das von rhythmischen Drums umspielt wurde. Beim letzten Song wurde es noch mal richtig voll auf der Bühne: Die Violinistin betrat erneut die Bühne, ebenso ließen sich im Hintergrund drei weitere Gitarristen erkennen. Kräftig hauten sie in ihre Saiten und ließen damit den Klang der Violine untergehen. Doch das Publikum ging gut mit, Köpfe und Körper bewegten sich langsam.
Die Bewegung unter den Fans wurde aber bei der nächsten Band DYSE noch viel stärker. Mit einer Art Noise-Rock begeisterten sie das Publikum sofort. Die Fans in den ersten Reihen waren außer sich. Wildes Gepoge vor der kleinen Bühne, passend dazu das harte und schnelle Geknüppel des Drummers. Immer wieder wurde das Ganze durch kleine, oftmals lustige Einlagen unterbrochen. Wenn kein Song angekündigt wurde, klopften die beiden Jungs Sprüche oder der Drummer hauchte lange ins Mikro. Auch optisch war das Duo mit seinen Oberteilen nett anzusehen. So trugen beide einen Zusammenschnitt eines schwarzen Hemdes und eines weißen Shirts. Am Ende spielten sie 'Rhytmus 43', danach wollten oder vielmehr mussten die Jungs aufhören, denn die Lunge verlangte Tabak. Gefühlt die Hälfte der Besucher ging nach dem Auftritt von DYSE auch erst mal eine Zigarette rauchen.
Deshalb starteten WIVE vor einem eher kleinen Publikum und stellten mit ihrer äußerst langsamen und schwermütigen Musik einen krassen Gegensatz zu DYSE dar. Da es keine Umbaupause bei der "Blisstrain Roadshow" gab, musste man sich auch erst einmal wieder umstellen. Doch sobald man sich fallen gelassen hatte, ließ sich die Schönheit der Musik von WIVE mit dem äußerst gefühlvollen, ja fast schon sensiblen Gesang in vollen Zügen genießen. Harmonische Songs, die ein tolles Zusammenspiel mit der Violine und den selten eingesetzten Synth-Elementen darstellten. Am Ende zeigten WIVE aber, dass sie auch anders können. Es wurde richtig rockig, die Musik klang wütend und aggressiv. Möglicherweise lag das aber auch an dem Schlagzeuger von DYSE, der sich kurz ins Bühnengeschehen einmischte.
Anschließend rückte wieder die kleine Bühne in den Mittelpunkt des Geschehens: Die Dresdner Band SCHNAAK griff für wenige Minuten zu den Instrumenten. Laut Eigenaussage spielen sie eine Mischung aus Deutsch-Pop und Metal. Da der Drummer der Gleiche wie bei OSIS KRULL ist, ließ sich auch eine Ähnlichkeit bei dem Musikstil feststellen, nur eben in abgeschwächter Form. Dennoch rockten auch sie das "BeatPol".
Zum Abschluss betraten STINKING LIZAVETTA die Hauptbühne. Zu der Stoner-Rock-Band muss man nicht viel sagen: Die Powerfrau hinterm Schlagzeug, Cheshire Agusta, setzte wie so oft ein eher grimmiges Gesicht auf und haute ordentlich rein, während Gitarrist Yanni Papadopoulos und Bassist Alexi Papadopoulos ihr Können an den Instrumenten zeigten. Der auffällig lange Bass war dabei ein Kunstwerk für sich.
Der eher härtere Rock mit experimentellen Klängen kam sehr gut beim Publikum an. Die Stimmung bei den Dresdnern war an diesem Abend ausgesprochen gut und ausgelassen. Mit viel Elan und Kraft spielten STINKING LIZAVETTA Songs wie 'A Day Without A Mother' oder 'The Man Needs Your Pain'. Dabei scheute der Gitarrist nicht davor zurück, sich für ein Gitarrensolo auch mal halb auf die Bühne zu legen. Es groovte.
Während des letzten Songs versammelten sich im Hintergrund der Bühne diverse Mitglieder der vorherigen Bands. Im Vordergrund gab der Gitarrist unterdessen sein Instrument ins Publikum. Einer der Fans in der ersten Reihe war schnell bereit zu spielen. Schluss war nach dem Song aber nicht, denn jetzt begann das, worauf man nach der Ankündigung des "Blisstrain" gewartet hatte: Auf der kleinen Bühne ging erneut das Licht an, so dass nun auf beiden Bühnen gespielt wurde. Alle Musiker des Abends mischten noch mal so richtig mit und jammten. Cheshire Agusta von STINKING LIZAVETTA verließ sogar ihr Schlagzeug, um kurz zur Musik zu tanzen und dann von der Bühne zu hüpfen und rüber zur kleinen zu gehen. Auf ihrem Rückweg brachte sie einen Topf mit, den Fans im Publikum zum Trommeln nutzten. Dafür mussten kurzerhand auch leere Flaschen herhalten. Um dem Ganzen mehr Authentizität zu verleihen, überreichte Cheshire Agusta einigen Fans noch Drumsticks. Diese Interaktion zwischen den Musikern und dem Publikum hielt gefühlt eine Viertelstunde lang an und zauberte den meisten Besuchern wohl ein übergroßes Lächeln auf die Lippen. Bevor der Abend dann definitiv sein Ende fand, gab es von STINKING LIZAVETTA eine letzte Zugabe. Zum Schluss bleibt nur so viel zu sagen: ein tolles Konzept mit abwechslungsreichen Bands. Bis zur nächsten "Blisstrain Roadshow"!
- Redakteur:
- Franziska Böhl