Bon Jovi - New York

17.07.2008 | 16:21

12.07.2008, Central Park

Der Sommer in New York City ist im Grunde nicht viel anders als der Sommer in einer großen Stadt in Deutschland: Die Menschen zieht es auf die Straßen, Restaurants und Bars stellen ihre Stühle vor die Tür, und der eine oder andere Freiluft-Event lockt die Massen an. Nur dass die Open-Air-Locations dieser Stadt der Superlative irgendwie spektakulärer sind als bei uns. Angefangen vom malerisch am Atlantik gelegenen Jones Beach Theater, wo sich von Juni bis September hochkarätige Acts die Bühne teilen, bis hin zum "Great Lawn", dem "großen Rasen" im Central Park, der in den warmen Monaten des Jahres für eine ganze Reihe von (meist kostenlosen) Veranstaltungen herhalten muss. Doch während beispielsweise für die berühmte "Shakespeare In The Park"-Reihe Kulturhungrige bereits im Morgengrauen anstehen müssen, um eine der begehrten Freikarten zu ergattern, gibt es für dieses besondere Konzert heute durchaus bequemere Wege, um eine Eintrittsberechtigung zu erlangen. Denn neben den 60.000 gratis in diversen Baseball-Stadien verteilten Tickets kann man auch ganz regulär welche im Internet kaufen - ab 25 Dollar, bei freier Platzwahl. Und selbst das ist ein Schnäppchen für einen Megaseller wie BON JOVI.

Die üblichen Rivalitäten zwischen den beiden Orten links und rechts des Hudson River scheinen bei New Jerseys finest außer Kraft gesetzt zu sein. Nicht nur spielen sie zwei Abende in Folge im Madison Square Garden - zwei Tage vorher lassen sich Jon Bon Jovi und seine Mitstreiter von der Major League Baseball für den Gig in Manhattans grüner Lunge verpflichten, um vor etlichen Zehntausenden begeisterter Fans quer durch alle Altersschichten ein weiteres zweistündiges Konzert zu spielen.

"Wir sind sooo weit gereist für dieses Konzert, jetzt möchte ich da unten auch ein bisschen Stimmung sehen!", feixt der mit 46 Jahren immer noch äußerst knackig aussehende Sänger und sorgt in Folge mit einer tollen Best-of-Setlist für unvergessliche Momente. Zwar schaffe ich es, nach fünf Songs immerhin in Sichtweite der Bühne zu gelangen, nachdem die von vielen Anwesenden mitgebrachten und großzügig ausgebreiteten Picknick-Decken wohl nach und nach zusammengerafft werden, um stehend und tanzend ordentlich abzurocken. Doch die wirkliche Show spielt sich auf den Leinwänden ab. Das von einer der zahlreichen Kameras im Bühnenhintergrund eingefangene Bild von Jon Bon Jovi vor Tausenden von Menschen, umrahmt von der wunderschönen Kulisse des von Hochhäusern umrandeten Parks, ist gigantisch, wie gerne würde ich jetzt mit da oben stehen, um diesen Anblick zu genießen! Die aufwändige Lichtshow (die ganze Bühne ist ein einziges beleuchtetes Stahlskelett, das immer neue Farben und Muster offenbart) und die kunstvollen Kameraeffekte, welche die live eingefangenen Bilder veredeln, tun ihr Übriges. Hier wird großes Geschütz aufgefahren, und das, ohne dabei den großen Reibach zu machen.

Musikalisch konzentriert sich der um eine Geigerin/Backgroundsängerin verstärkte Fünfer noch dazu auf das, was die Fans hören wollen. 'Living On A Prayer' eröffnet das Set, gefolgt von 'You Give Love A Bad Name' - zwei Klassiker aus den Achtzigern, die über die Zeit nichts von ihrer Klasse eingebüßt haben. Neuere Werke wie 'Lost Highway' bilden eher die Ausnahme, und das ist auch gut so, denn die ansonsten unglaubliche Stimmung fällt hier leicht ab. Wer braucht schon 'Whole Lot Of Dreaming', wenn er 'Runaway' oder das mit einem dieser unverwechselbaren Gitarren-Themen von Richie Sambora eröffnete 'Blaze Of Glory' hören kann? Der gestern übrigens Geburtstag hatte und auch als Sänger bei 'I'll Be There For You' eine glänzende Figur macht. Klar, im Vergleich zum nicht altern wollenden Sonnyboy Jon, welcher auch heute nur die unteren Knöpfe seiner im Laufe des Sets insgesamt drei verschiedenen Oberteile geschlossen hat, und dem cool as hell posenden Schlagzeuger Tico Torres sind die Herren alle ganz schön in die Jahre gekommen - 25 Jahre Rock 'n' Roll fordern ihren Tribut.

Aber gute Songs schreiben sie immer noch. Zumindest die amerikanischen BON JOVI-Anhänger haben nach einem Feuerwerk an alten und mittelalten Hits (darunter die aus Tausenden von Kehlen mitgesungene Hymne an das Leben, 'It's My Life', und der herrliche Schmachtfetzen 'Always') auch Spaß an dem mir völlig unbekannten 'Who Says You Can't Go Home'. Doch ich glaube, am meisten Freude an diesem Once-in-a-lifetime-Event hat die Band selbst. Da wird ein Teil von 'Twist And Shout' in 'Sleep When I'm Dead' und eine Passage von 'You Make Me Wanna Shout' in 'Bad Madicine' eingebunden, schäkern Sambora und die Dame an der Geige Hintern an Hintern zu eben jenem 'Who Says ...'. Und spätestens beim spontanen Grinsen des Fronters, als das Publikum ohne jegliche Aufforderung das zweite "Wanted" in 'Wanted Dead Of Alive' grölt, steht zweifellos fest, dass die Jungs aus New Jersey immer noch mit beiden Füßen auf dem Boden stehen. "SIMON AND GARFUNKEL oder die DAVE MATTHEWS BAND sind hier aufgetreten, aber die ROLLING STONES oder THE BEATLES nicht. Und jetzt spielen wir hier in der tollsten Stadt der Erde, mitten im tollsten Park der Welt ...", bemerkt Jon Bon Jovi nicht ohne Stolz.

Wie sehr die New Yorker nicht nur diese Band, sondern ihre Metropole lieben, zeigt sich beim finalen 'I Love This Town', wo ohne Zweifel bleibt, von welcher Stadt hier insgeheim die Rede ist. Und so verlassen zigtausend Fans zu den Klängen des Outros 'New York, New York' singend und tanzend den wohl berühmtesten Park der Welt, um die Jungs von nebenan für zwei Tage nach Hause zu entlassen - und sie ganz bestimmt am Montag wieder mit offenen Armen im Madison Square Garden willkommen zu heißen.

Setlist:
Living On A Prayer
You Give Love A Bad Name
Lost Highway
Born To Be My Baby
Runaway
I'll Sleep When I'm Dead
Blaze Of Glory
Whole Lot Of Leaving
In These Arms
We've Got It Going On
It's My Life
I'll Be There For You
Have A Nice Day
Keep The Faith
Who Says You Can't Go Home
Bad Medicine
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Always
Wanted Dead Or Alive
I Love This Town

Redakteur:
Elke Huber

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