DYNAZTY, NANOWAR OF STEEL und KILMARA - Nürnberg
09.03.2025 | 11:5902.03.2025, Hirsch
Der weiteste Weg lohnt sich!
Wir Ihr vielleicht mitbekommen habt, hat sich die POWERMETAL.de-Redaktion an diesem Wochenende in Norddeutschland zur Redaktionssitzung zusammengefunden. Es standen viele Tagesordnungspunkte auf der Agenda und es war schön, viele Kollegen mal wieder persönlich zu treffen. Doch wenn es am schönsten ist, soll man gehen und ich habe ja noch ein Konzert vor der Brust.
666 Kilometer später befinde ich mich am Eingang des Nürnberger "Hirsch", meinem zweiten Wohnzimmer. Wieder einmal sind die Formalitäten schnell erledigt und es bleibt mir noch etwas Zeit für ein Getränk. Eigentlich soll die heutige Supportband ihr Set um 20 Uhr beginnen. Ich bereite gerade meine Kameras vor, als plötzlich das Licht erlischt und ein Intro aus den Boxen ertönt. Durch das arbeitsintensive Wochenende habe ich mich im Vorfeld nicht mit den heute auftretenden Bands beschäftigen können und weiß nur, wer der heutige Headliner ist.
Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig in den Fotograben. Um 19:35 Uhr sehe ich fünf in blaue Overalls gekleidete Musiker auf der Bühne. Hier wird keine NASA-Mission vorbereitet, vielmehr entdecke ich KILMARA-Patches auf den Kleidungsstücken. KILMARA? Noch nie gehört. Nun gut, ich lass mich mal drauf ein. Die Metalheads in der gut gefüllten Halle erfahren von Sänger Dani Ponce, dass die Band aus Barcelona kommt, geboten wird eine Mischung aus Melodic-Rock und Power-Metal. Da mir keine Setliste vorliegt, weiß ich nur durch Recherchen, dass Songs wie 'Wildfire' und 'Changes' gespielt werden und vom im Januar veröffentlichten Album "Journey To The Sun" stammen. Konzeptionell spielt das Album in den Arcade-Spielhallen der Achtziger-Jahre.
Speziell im Gitarrenspiel erkenne ich deutliche Anleihen von DRAGONFORCE. Der Gesang dagegen erinnert mich sowohl vom Stil, als auch von der Stimmfarbe, extrem an Lucky von TRI STATE CORNER. Mein geschätzter Kollege Martin war nicht richtig glücklich mit der Platte in seiner Rezension, unter anderem bemängelte er die Längen der Songs. Live zumindest ist davon nichts zu spüren. KILMARA liefert in Nürnberg richtig gut ab und legt eine enorme Spielfreude an den Tag. Die mir unbekannten Instrumentalisten fegen permanent über die Bühne und der charismatische Sänger weiß sich durchaus in Szene zu setzen. Auch Lichtgott Baldur meint es heute gut mit uns Fotografen. Schuld an diesem Umstand ist Kollegin Dany, die ein paar nette Worte mit dem Lichtmensch gewechselt hat.
Im Gegensatz zu Martin finde ich das Gehörte hier in Nürnberg hervorragend. Für mich klingt das alles rund. Nicht nur ich bin dieser Meinung. Ich bin recht oft in dieser Location, aber sehr selten habe ich erlebt, dass eine Supportband so dermaßen abgefeiert wird von der Crowd wie KILMARA. Das Wochenende verabschiedet sich langsam, aber sicher. Die ersten Gedanken kreisen um die Frühschicht.
Es wird Zeit für etwas Heiteres. Was bietet sich da besser an als ein Auftritt von NANOWAR OF STEEL? Wer die italienische Comedy-Metal-Truppe bereits gesehen hat, weiß, was ihn nun erwartet. Unkundige dagegen kommen die nächsten 13 Songs nicht mehr aus dem Staunen heraus. Schonungslos bedient sich die Band bei ALESTORM, um den Song 'Sober' in die Menge zu feuern. Von Anfang an wird im Hirsch gefeiert und niemand denkt an den morgigen Montag. Sänger Herr Baffo, gekleidet in einen fliederfarbenen Tüllrock, nutzt die ganze Bühne für sich und ist kaum zu halten. Die gilt auch für Potowotominimak, seinem Partner am Mikrofon. Die beiden spielen sich hervorragend die Bälle zu.Auch die restlichen Musiker stolzieren wie bunte Paradiesvögel über die Stage. Mit 'Pasadena 1994' steht mein absoluter Lieblingssong auf dem Liederzettel. Als plötzlich nur noch der Gesang und das Drumset zu hören ist, denkt natürlich jeder an eine geplante Einlage der Band. Ich erkenne emsiges Treiben am Bühnenrand, dies scheint ein echter Ausfall zu sein. Doch auch diesen Umstand kann NANOWAR OF STEEL für sich nutzen. Herr Baffo dreht ein paar Pirouetten und zeigt, dass er auch als Ballerina eine gute Figur macht. 'Wall of Love', 'Disco Metal', 'Hello World.Java', es gibt eine bunte Auswahl abwechslungsreicher Songs zu hören, bei denen kein Auge trocken bleibt. Neben den Liedern gibt es noch allerlei Klamauk, der für heftiges Gelächter bei den Metalfans sorgt. So erfahren wir zum Beispiel, dass NANOWAR OF STEEL Volkshochschul-Metal spielt.
Natürlich darf in Nürnberg 'Il Cacciatore Della Notte' mit der überdimensionalen Eule ebenso wenig fehlen wie 'Der Fluch Des Käpt'n Iglo', in dem die Zubereitung von Fischstäbchen besungen wird. Die Meute hat verdammt viel Spaß an der Show und macht begeistert alles mit, wozu sie aufgefordert wird. Bei den ganzen Spökskes, die auf der Bühne passieren, fällt es dem einen oder anderen sicherlich schwer, sich die Texte zu verinnerlichen. Das ist etwas schade, da diese allein schon dafür sorgen würden, dass man vor Lachen vom Stuhl fällt. Ich empfehle hier ausdrücklich, sich mit den Lyrics zu beschäftigen. Ebenfalls kann ich die genialen Videos von NANOWAR OF STEEL empfehlen. Eines darf jedoch keinesfalls außer Acht gelassen werden: Die Comedy-Metal-Band besteht aus ausgezeichneten Musikern, die wirklich ihr Handwerk verstehen. Ich könnte Seiten füllen über Ereignisse, die während des Auftritts passieren. Doch ich schließe hier dieses Kapitel und groove mich zum 'Norwegian Reggaeton'-Video auf den Bericht zum heutigen Headliner ein.
Mir tut immer noch der Bauch weh vor Lachen, doch es nützt nichts, DYNAZTY ruft mich in den Pit. Die schwedische Power-Metal-Band hat mit "Game Of Faces" ein neues Album am Start und ich bin gespannt, wie die neuen Tracks live ins Ohr gehen. Dazu habe ich mit 'Fortune Favors The Brave' als erstes Lied sofort die passende Gelegenheit. Was soll ich sagen? Wo DYNAZTY drauf steht, ist DYNAZTY drin! Klar, einige bemängeln wie so oft die eingesetzten Backing Tracks. Dieses Thema wird auch in dem ausführlichen Interview erörtert, welches mein Kollege Maik mit Sänger Nils Molin geführt hat. 'Game Of Faces' als zweiter, ebenfalls neuer Song, zeigt dann endgültig, dass das neue Material auch auf den Bühnen funktioniert. Neben vier neuen Tracks gibt es natürlich auch ein paar ältere Lieder fürs bangende Volk.
Ich bin immer wieder fasziniert, was Sänger Nils mit seiner Stimme erreicht. Seine Fähigkeit, Emotionen zu transportieren und das Publikum zu begeistern, ist wirklich beeindruckend. Auch heute leistet er sich keine Ausreißer. Unglaublich, wie er diese extremen Höhen erreicht und diese über einen längeren Zeitraum hält. Doch auch der Rest der Power-Metal-Band hat keinen Grund sich hinter dem Sänger zu verstecken. Das ist alles grundsolide, was die Herren da abliefern. Dieses Treiben auf der Bühne wird vom Publikum entsprechend abgefeiert. Die Metalheads klatschen sich fast die Finger blutig und haben ordentlich Spaß mit dem heutigen Headliner. Die Songs haben ein enormes Tempo und gehen gut nach vorne. Der Sound ist wieder einmal überragend im Hirsch und auch der Lichtmensch bekommt eine gute Note.
Doch DYNAZTY kann auch langsam. Mit dem Akustik-Medley bekommen die Kuttenträger ungefähr zwölf Minuten Zeit, einmal durchzuschnaufen. Nils zeigt, dass 'My Darkest Hour' auch perfekt als Ballade intoniert werden kann. Schlagzeuger Georg Härnsten Egg zeigt während der knappen Viertelstunde, dass er auch die Tasten des Keyboards beherrscht. Auch mir tut diese kleine Auszeit gut, ich merke, wie mir das Wochenende und die Fahrerei in den Knochen steckt. Man wird halt nicht jünger. Doch für mich steht schon seit der Supportband fest, dass sich dieser Ritt unbedingt gelohnt hat. Ja, meine Konzertberichte sind teils euphorisch und oft mit einer Fanbrille geschrieben, Ausreißer gibt es da wenige. Das hat einfach damit zu tun, dass ich eben Konzerte besuche von Bands, die ich mag. Ihr werdet mich eher weniger auf Doom-Metal-Veranstaltungen finden, welche zweifelsohne gute Bands auflaufen lassen. Das ist jedoch echt nicht mein Ding.
Auch der Drummer hat wieder Luft, um nach dem Medley in die Vollen zu gehen und kann mit einem echt guten Solo ein paar Fleißpunkte einfahren. Ich schüttele mich noch einmal, um den Rest des Abends zu genießen. Bei DYNAZTY habe ich das Problem, einen Lieblingssong zu benennen, es gibt einfach zu viele. Obwohl eher im Midtempo-Bereich angesiedelt, gefällt mir 'Yours' vom 2022 veröffentlichten Album "Final Advent" mit seiner Dramatik ausgesprochen gut. Während ich diesen Text schreibe, läuft dieser Song fast in Endlosschleife. Auch 'Presence Of Mind' ("A Dark Delight", 2020) haut mich einfach um und ich genieße, Luftgitarre spielend, das Treiben vor und auf der Stage. Doch leider ist dieser Abend nicht unendlich und das Ende einer großartigen, abwechslungsreichen Show kommt immer näher. Mit 'Heartless Madness' gibt es eine überlange Zugabe, bevor DYNAZTY unter nicht endend wollendem Applaus endgültig die Bühne in Nürnberg verlässt.
Text und Photocredit: Andre Schnittker
- Redakteur:
- Andre Schnittker