Darkstorm Festival - Chemnitz

28.02.2012 | 11:12

25.12.2011, Stadthalle

Zum 15. Mal fegt ein düsterer Storm am 25.12. durch Chemnitz.

Bereits zum 15. Mal heißt es für die Freunde der düsteren Klänge, sich nach Kaffee und Stollen bei Mutti zu verabschieden, und Richtung Chemnitz aufzubrechen. Nach der ganzen Völlerei ist ein Besuch des Festivals zugeben eine willkommene Abwechslung. Ging es in den ersten Jahren im alten Kraftwerk noch verhältnismäßig eng und provisorisch zu, ist die Stadthalle geradezu luxuriös. In zwei Sälen gibt es musikalische Unterhaltung und dazwischen bietet das Gebäude genug Platz für Konversation. Die ist an diesem Abend nicht zu unterschätzen, denn die Veranstaltung hat sich mehr und mehr zum jährlichen Treffpunkt etabliert, wo man Bekannte trifft, die man das ganze Jahr über selten zu Gesicht bekommt. Das musikalische Angebot kann nämlich nicht nur der Grund sein, weswegen dieses Darkstorm-Festival gut besucht ist. Ein Großteil der Bands tritt regelmäßig aller zwei Jahre auf und den Rest sieht man größtenteils auf vielen Festivals das Jahr über. Einzig LOVE LIKE BLOOD kann als wirkliches Highlight bezeichnet werden. Doch das Festival in seinem 15. Jahr nur als einen Konversationsabend mit musikalischer Umrahmung abzustempeln, würde dem Treiben nicht gerecht werden. Schließlich gibt es genügend feierwütiges Publikum.

Im großen Saal eröffnen SCHWARZER ENGEL den Abend. Das Soloprojekt von Dave Jason wollen aber noch nicht so viele Besucher sehen beziehungsweise ein Großteil ist auch noch gar nicht da. Der Sound schwankt zwischen NDH, etwas Gothic Rock und ein paar härteren Einlagen. Das Ganze ist so schlecht nicht, aber auch nicht der Überflieger. Dagegen sind danach bei TANZWUT wesentlich mehr Gäste auszumachen. Die Mittelalter-Truppe gibt ein energiegeladenes aber relativ routiniertes Konzert. Doch die Fans freuen sich beispielsweise über 'Lügner' oder 'Bitte Bitte'.

Wer mehr auf elektronische Musik und Beats steht, kommt im kleinen Saal voll auf seine Kosten. Das Duo STEINKIND eröffnet hier den Abend. Unterstützt werden die Jungs von einem Gitarristen, der optisch gesehen wohl bei einer Hip-Hop-Veranstaltung aufgelesen wurde. Doch er macht einen guten Job. Der Mix aus Old-School-EBM, Industrial und Punk finden die Chemnitzer gut und das Ganze ist ein toller Einstand in den Abend.

Noch etwas voller ist es im Anschluss bei [:SITD:]. Der 0815-Electrosound eignet sich ziemlich gut zum Tanzen, und das tun die Fans natürlich ausgelassen, beispielsweise bei 'Periculär (Richtfest II)' oder 'Laughingstock'. Weiter geht es nicht mit leckeren belgischen Pralinen, sondern mit gutem belgischen EBM der neunziger Jahre. DIVE feuern ihre Bässe zu einem Blitzlichtgewitter ab und die Fans können dazu ausgelassen tanzen. Als letzter Act im kleinen Saal dürfen AGONOIZE ran. Kann man mögen, muss man aber nicht. Von daher lassen wir alle die vor der Bühne zappeln, denen es gefällt.

Derweil unterhalten MONO INC. im großen Saal das Publikum. Bei denen hat man das Gefühl, dass sie auf jedem Festival sind. Irgendwie liest man den Namen überall. Musikalisch kann man den Jungs und der Drummerin nichts absprechen, nur wird ihr Sound schnell etwas langweilig und eintönig, obwohl stimmungstechnisch einiges geht. Ist wohl mehr etwas für die Jungend. Interessanter ist dagegen die LETZTE INSTANZ, die extrem viele sehen möchten, denn der Saal ist mehr als nur gut gefüllt. Allerdings geben die auch mehr Material aus der Neuzeit zum Besten. Sehr zum Leidwesen der Fans aus den Anfangstagen, die sich sicher über das eine oder andere ältere Stück gefreut hätten. Aber der charismatische Sänger kann mit seiner Art vieles wett machen. Neben dem obligatorischen 'Rapunzel' gibt es außerdem noch 'Finsternis' auf die Ohren, ehe der Auftritt mit 'Wir sind allein' endet.

Nun sollen auch die älteren Semester mit LOVE LIKE BLOOD auf ihre Kosten kommen. Die wollten nach dem WGT eigentlich gar nicht noch einmal auftreten, aber irgendwie ist ja nach der Show auch vor der Show. Allerdings soll nach diesem Gig endgültig Schluss sein. Naja, wir werden sehen. Mit Verspätung und technischen Problemen geht es dann endlich los. Doch die Halle hat sich merklich geleert. Scheinbar wollen nur die alten Fans die Band sehen. Aber diese Tatsache ist allen vor und auf der Bühne egal. Die Jungs um Sänger Jörg Eysel wirken wesentlich gefestigter als noch beim Konzert in Leipzig. 'Within The Realm Of A Dying Sun' ist der Auftakt zu einer guten Stunde Gothic-Rock. Der Band sieht man es an, dass sie gern auf der Bühne steht und ihr Sänger kann die Fans immer noch begeistern. Natürlich ist nach den Songs kein wildes Teenie-Gekreische zu vernehmen. Das erwartet allerdings auch keiner. Die Fans können beispielsweise zu 'The Night Is Young' oder 'Odyssee' wunderbar in Erinnerungen schwelgen. Gonzo, der erste Sänger von LOVE LIKE BLOOD ist ebenfalls mit am Start und steht bei 'Johannesburg' und 'Doomsday' mit am Mikrofon. Das Ende des Abschiedes wird mit 'Heroes', einem DAVID-BOWIE-Cover, eingeläutet.

Kaum sind die letzten Töne von LOVE LIKE BLOOD verklungen, wird es im Saal hektischer. Viele Besucher wollen sich jetzt einen Platz im vorderen Bereich sichern, denn bei PROJECT PITCHFORK ist Spaß und Pogo Pflicht. Die Hamburger gehören mittlerweile zum Inventar des Darkstorm-Festivals und sind wie immer ein Stimmungsgarant und Zugpferd. Das ist heute Abend nicht anders. Als sich Peter Spilles blicken lässt, tobt die Menge. Die Band legt mit 'Existence' gleich ein ordentliches Tempo vor. Aber irgendetwas fehlt heute. Richtig, der Gitarrist Carsten Klatte ist nicht da. Also muss der Rest heute besonders gute Arbeit leisten, um diese Lücke zu schließen, was ihnen jedoch gut gelingt. Man fräst sich mit Klassikern durch das Set und lässt den Fans nur wenig Zeit zum durchatmen. Vom aktuellen Album 'Quantum Mechanics' ist nicht viel zu spüren. Dafür gibt es 'Conjure' oder 'Steelrose' für die Besucher. Selbst das eher selten gespielte und geniale 'Fire and Ice' erklingt heute. Vielleicht weil Weihnachten ist. Das Publikum tobt und die vorderen Reihen sind völlig ausgelaugt, als sich PROJECT PITCHFORK verabschieden.

Das Beste zum Schluss? Naja, wie man es nimmt. Frontsau Ronan Harris zählt auch in die Rubrik "Alter Bekannter" und hat es zu Beginn ziemlich schwer, die ermüdeten Besucher ein letztes Mal zu mobilisieren. Wie ein Gummiball hüpft er über die gesamte Bühne und es hat den Anschein, als wolle er jeden persönlich sagen: "So, jetzt geht es los!". Nach und nach kommt die Masse in Gang und auch Schlagzeuger Mark Jackson animiert immer wieder zum mitmachen. VNV-NATION geben eine ausgewogene Mischung aus ihrem vorhandenen Material, bei dem die Fans gut feiern können.

Damit geht die 15. Auflage des Darkstorm-Festivals zu Ende. Es waren wesentlich mehr Besucher da, als im vergangenen Jahr, was wohl dem Wetter geschuldet war. Die Bandauswahl war okay, allerdings wäre es zukünftig schon besser, mal ein paar andere Formationen am Start zu haben, die nicht alle zwei Jahre mit dabei sind, beziehungsweise auf vielen anderen Festivals zu finden sind. Die Stadthalle Chemnitz hat sich wieder einmal als toller Veranstaltungsort präsentiert. Nur die Damen an der Garderobe waren nicht so begeistert. Sie mussten das Geschrammel des Chemnitzers NOCTULUS über sich ergehen lassen.

Redakteur:
Swen Reuter

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