Deadbolt - Berlin

14.06.2004 | 04:38

11.06.2004, Wild At Heart

Menschen denken gerne, Treffen mit Prominenten seien in irgend einem Sinne erhebende Erfahrungen, die einem einen neuen Blick auf das Leben geben. In der Realität sind solche Treffen im besten Falle skurril (so wie der Schwanzgrößen-Dialog zwischen Peterle Tätgren und dem Kollegen Alex vor einigen Jahren an der Pissrinne in Wacken), in den meisten Fällen aber so banal wie folgendes, das meinen DEADBOLT-Konzertbesuch umrahmte. Der Gitarrist von DEADBOLT ist mir auf den Fuß gelatscht! Genau genommen sogar auf beide!
Davon abgesehen war es soweit ein typischer Wild At Heart-Abend... drei Bands, acht Euro, eine davon aus der absoluten Elite des Voodoo-Rock. Aber eins nach dem anderen.

Bereits bei der ersten Band, FASTER & THE PUSSYCAT, herrschte im W@H eine Temperatur wie in der Sahelzone. Nachdem ich mir drei Minuten schlechte Musik von ihnen antat, beschloss ich, dass mein Flüssigkeitshaushalt mir wichtiger war und begab mich auf die Bierzeltbänke vor dem Lokal, der Dinge harrend, die da kommen sollten.
Und die kamen auch, nicht langsam, aber nichtsdestotrotz gewaltig. Zunächst einmal enterten die SIN CITY SUCKERS die Bühne, die exzellenten Punkabilly mit gründlich dosiertem Country-Einschlag spielten.
Die erste Hälfte des Sets kam bei mir etwas durchwachsen an, da der Sound zu wenig geerdet klang und irgendwie zu sehr im Freien hing. Dann allerdings passierten zwei Dinge: Zum einen wurde ein Tribute auf einen der größten Musiker aller Zeiten, Mr. Johnny Cash (dessen "Southern Accents" grade im Hintergrund läuft) gegeben, und zum anderen ersetzte der Basser seinen E-Bass durch einen anständigen Kontrabass. Dieser war übrigends mit einer Kulturtechnik behandelt worden, die ich bisher nur aus dem Kontext von VW-Bussen und Harleys kannte. Er war mattschwarz übergejaucht. Mit dem so gelegten Soundfundament brachten die SIN CITY SUCKERS uns gut gelaunt über die Distanz, bis schließlich DEADBOLT die Macht übernahmen.
Doch eine Band wie DEADBOLT tritt nicht einfach auf, zunächst einmal muss für sie Sicherheit der Allgemeinheit gesorgt werden, daher sperrten die Bandmitglieder persönlich die Bühne mit "DANGER"-Flatterband ab, damit auch keinem was passieren kann.
Aber dann: PYROEFFEKT! Oder sowas ähnliches, denn der Gitarrist verursachte via Flex und Metallstück Funkenflug, den er mit Vorliebe auf seine (feuerfesten) Bandkollegen richtete, bevor es schließlich mit Voodoo-Gitarre losging.
DEADBOLT boten eine 1a-Show, in der sie unter anderem ihre eigene Art demonstrierten, mit der wahrhaft zentralafrikanischen Hitze im W@H umzugehen. Nach fast jedem Song wurde mit Haarspray und Kamm die Frisur erneuert, auch beim glatzköpfigen Basser! Im Ton derselben Selbstironie war man sich auch nicht zu blöde, die Tonband-CB-Funk-Einspieler zu 'Truck Driving Son Of A Bitch' mit einer Funkgerät-Mikro-Pantomime zu unterlegen.
Kurz nachdem mein Lieblingssong (besagter 'Truck Driving S.O.B.') erklang, musste ich leider feststellen, dass ich bei den Temperaturen von 70°C aufwärts beim besten Willen keine zwei Bands am Stück durchhalten kann. Nach einem ausführlichen Stelldichein am Merchandise-Stand begab ich mich also auf dem Heimweg, sicher, mit der "scariest band in the world" einen echten Höhepunkt der bedrohlichen Musik erlebt zu haben.

Redakteur:
Philipp von dem Knesebeck

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