Deathtrip Festival 2011 - Limburg an der Lahn

23.11.2011 | 14:34

12.11.2011, Dorle-Schäfer-Halle

Tatort: Die Dorle-Schäfer-Halle am Limburger Grenzweg. Es ist Mitte November und es ist um sieben Uhr Abends bereits dunkel und kalt. Alles eindeutige Anzeichen dafür, dass es mal wieder Zeit für den Deathtrip ist.

Bereits zum fünften Mal findet das kleine Hallenfestival statt, das sich dem modernen Metal verschrieben hat. Ein Mekka für Freunde von Metalcore und Melodic Death Metal, aber in erster Linie Anlaufstelle für das örtliche Jungvolk. So sieht man auch eher weniger lange Haare und schwarze Klamotten, sondern vielmehr Emo-Frisuren und kurze Hosen(!) - was bei diesen Temperaturen schon befremdlich wirkt.

Als die erste Band allerdings auf der Bühne steht, ist das Publikum noch sehr übersichtlich. Die Metalcore-Truppe TEXAS CORNFLAKE MASSACRE gibt sich zwar ordentlich Mühe, aber kommt über den typischen Szene-Standard nicht hinaus. Da hilft es auch nicht, dass man wie wild über die Bühne hoppelt und auch eine Menge Ambitionen an den Tag legt. Der Sound ist genauso alltäglich wie die Songtitel - oder haben die Jungs noch nicht mitbekommen, dass schon etwa 300 andere Bands vor ihnen den Liednamen 'Murphys Law' verwendet haben? Mehr als Höflichkeitsapplaus wäre da wohl auch völlig übertrieben.

Mehr Stimmung entsteht da schon beim Auftritt der Slowaken MANDRAGORA. Vor allem da ihr Sound unerwartet frisch und rockig ist. Kein Core und keine Emo-Frisuren, sondern grooviger und straighter Rock'n'Roll. Tracks wie '8th Day', 'Last Door' und auch 'New Reptile' sind sehr gute Nummern, auch wenn sie stellenweise etwas zu gefällig und sauber daherkommen. Ein wenig mehr Dreck und Streetpunk hätte man schon beimischen dürfen. Nichtsdestotrotz ist aber gerade die Stimme von Fronter Vlad sehr gut und hat viel Druck dahinter. Der wahre Aktivposten der Kapelle ist jedoch Saitenhexer Dexter, der auf der Bühne wie ein Wirbelwind herum saust und gleichzeitig auch tolle Riffs und Soli raus haut. Das reißt die gewachsene Zahl an Besucher ordentlich mit und animiert sogar zu Zugaben-Rufen. Diesem Wunsch kommt man auch umgehend nach und bietet mit 'Time' einen weiteren starken Rocker dar. Dafür schnallt sich Sänger Vlad auch gerne mal die Gitarre ab und nutzt die neugewonnene Freiheit, um ins Publikum zu hüpfen und sich singenderweise unters Volk zu mischen. Fazit: Sehr sympathisch und überaus abwechselungsreich. Die Osteuropäer heben sich auf jeden Fall von den meisten Bands ab, die sonst so im Kalkwerk spielen.

Die Sandwich-Position hat heute MY DECADENCE aus Aachen Inne - und das ist mit der beste Slot des Festivals. Warum der so gut ist? Ganz einfach: Vor neun Uhr kommt in Limburg sowieso niemand auf ein Konzert und da in der Domstadt, die meisten jungen Leute unter dem Cinderella-Syndrom leiden, wodurch sie unter allen Umständen um zwölf Uhr zu Hause sein müssen, hat man es auch als Headliner schwer. Aber zurück zu den Modern-Metallern aus Westfalen. Die bekommen sehr starke Zuschauerreaktionen und haben wirklich leichtes Spiel. Die Zuschauerfülle erreicht fast ihren Höhepunkt und es kommt sogar zu viel Bewegung vor der Bühne. Achtet da überhaupt noch jemand auf die Songs? Schwer zu sagen, denn es ist nicht einfach, Stücke wie 'Bury Me' oder 'How To Forget' auseinanderzuhalten. Aber man kann mit ein paar Bier im Blut schon dazu abfeiern, auch wenn der thrashiger Metalcore zu sehr an andere Szene-Vorbilder wie neuere AS I LAY DYING erinnert. Jedoch ist es wohl genau das, was die U18-Fraktion hier sehen möchte.

Dieser Gig kann an Stimmung nur von den Lokalmatadoren BLOODSPOT übertroffen werden, die wie immer auf ganzer Linie abräumen. Auch wenn sie, um ehrlich zu sein, immer die gleiche Show abziehen. Sänger Dom steht den ganzen Gig über am vorderen Rand der Bühne und interagiert mit den zahlreichen Fans, deren T-Shirts verraten, dass sie nur wegen der regionalen Band hier sind. Während die Instrumentalfraktion lupenreine Thrash-, Death- und Metalcore-Salven zockt, die sich inzwischen zu einem emanzipierten Sound verbinden. Die fünf Jungs haben eine positive Entwicklung durchgemacht und sind nicht mehr eine von vielen Metalcore-Bands. Vor allem, da das letzte Album "Embrace The End" eher weg vom konventionellen Modern Metalcore ging und inzwischen im Melodic Death Metal anzusiedeln ist. Aber auch mit älteren Stücken wie 'Demon' kommt man gut bei der Zuschauerschaft an. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass sie nicht versuchen würden, so steril und klinisch zu klingen, sondern mehr Räudigkeit und Rotz in ihrem Stilmix zulassen würden. Aber auch so räumen die Lokalhelden amtlich ab und hinterlassen nur verbrannte Asche.

Damit müssen dann auch PARASITE INC. erst einmal klar kommen. Denn die finden nur noch eine kleine und überschaubare Crowd vor. Nach einer wohl etwas zu ausgiebigen Umbaupause und wegen des angesprochenen Cinderella-Syndroms, sind vielleicht noch 30 Leute übrig, die sich die Jungs geben wollen. Kennt man die Limburger Szene schon etwas länger, verwundert das so gar nicht. Beim "Deathtrip" im letzten Jahr war das Bild beim damaligen Headliner CATARACT ähnlich. Und ebenso wie die Schweizer 2010 ihren Gig routiniert durchgezogen haben, machen die Melo-Deather eine ähnlich professionelle Figur und feiern mit den verbliebenen Musikfreunden. Das Songmaterial ist bärenstark und animiert zum Moshen und Bangen. Von 'Back For War' bis 'Hatefilled' gibt es keine Spannungseinbrüche und zwischendurch unterhält vor allem Basser Basti das Publikum mit lustigen Ansagen. Da versteht es sich von selbst, dass man eine Zugabe fordert und diese auch umgehend erhält. 'In The Dark' holt noch mal alles der Menge raus und macht mächtig Spaß. Musikalisch mit Sicherheit der beste Act, aber leider bekommt dies kaum jemand mit. Schade. Aber manchmal ist es wohl besser, Vorband von ARCH ENEMY zu sein, als nach BLOODSPOT spielen zu müssen. Deswegen mein Rat fürs nächste Jahr: Lasst diese regionale Größe am Ende spielen und zwingt die Teenies so mal ein wenig länger aufzubleiben.

Redakteur:
Adrian Wagner

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