Deine Lakaien - Berlin

26.04.2005 | 11:13

17.04.2005, ColumbiaClub

Eigentlich besitzt Alexander Veljanov eine Fönfrisur, auf die selbst der ermordete Münchner Modezar Rudi Mooshammer stolz gewesen wäre - vorn aufgeblasen, hinten zum Zopf gebunden, so sieht Veljanovs festsitzend-gestylter Haarschopf aus. Dazu bewegt er sich mit der Eleganz eines kleinen Kühlschranks mit Beinen und Armen, zuckt oft kurz vor und zurück, verzieht aber ansonsten keine Miene und scheint einen Stock verschluckt zu haben, so gerade läuft er. Dennoch ist das Publikum hingerissen, gerade wohl wegen der minimalistischen Bühnenperformance, die der Sänger von DEINE LAKAIEN an diesem Sonntagabend im Berliner Columbia Club bietet.

Die Halle ist gut gefüllt, rund Tausend Fans sind angepilgert - Wochen vorher haben es CRADLE OF FILTH geschafft, den Club ebenso voll zu bekommen. Doch im Gegensatz zu den britischen Black-Metal-Stars verzichten DEINE LAKAIEN bei ihrer Tour auf jegliche Vorbands. Trotzdem kosten die Karten um die 24 Euro. Der Stimmung in der Halle tut der Preis indes keinen Abbruch. Geduldig warten die Fans. Eigentlich ist als Beginn des Konzerts überall 20 Uhr ausgeschrieben, doch die Band lässt sich Zeit. Meditative Musik bereitet die wartenden LAKAIEN-Jünger auf die Show vor, geduldig stehen sie da, blicken stoisch nach vorn. Pfiffe ertönen erst nach 20.45 Uhr, als sich immer noch nichts auf der Bühne tut und der Saal gleichbleibend mit Normal-Licht ausgeleuchtet ist. Endlich, kurz nach 21 Uhr, geht das Licht aus und es kommen zwei Mädels mit Violinen, ein junger Herr mit Kontrabass, ein glatzköpfiger Gitarrist und der LAKAIEN-Soundmagier Ernst Horn auf die Bühne. Dem studierten Schlagzeuger, Pianist und Dirigent gehören auch die ersten Minuten des Konzerts: Eine Kollage aus Violinen, Kontrabass und sanften elektronischen Rhythmen eröffnet den Gig. Irgendwann kommt Mr. Veljanov über die Bühne stolziert, das Intro ist inzwischen zu 'Falling', dem Bonustrack der neuen Scheibe "April Skies" geworden. Von dem jüngsten Plattenbaby schließt sich die erste Single 'Over And Done' an. Spätestens hier ist klar, was den Auftritt von DEINE LAKAIEN an diesem Abend ausmacht: Eine traumhaft-ruhige Atmosphäre zwischen klassischen und elektronischen Klängen, die nur selten von einer noisigen Gitarren zerbrochen wird. Es sind aber gerade diese Momente, die der Musik der Band die nötige Dramatik geben, um ihre Stücke auf Dauer nicht zu monoton-lieblich wirken zu lassen. Zusammen mit den Streichinstrumenten entsteht so ein Gefühl, das Selbigem von jüngeren APOKALYPTICA-Stücken nicht unähnlich ist, nur durch die Elektronik etwas kälter herüberkommt. Diese Stimmung wird durch die fantastische Lichtshow weiter unterstrichen, die meiste Zeit über sind Bühne und Musiker in blaue und violette Farbspiele getaucht.

Die Blicke der Fans richten sich dabei - trotz der zwei hübschen Violinenspielerinnen - auf Ernst Horn und eben Alexander Veljanov. Sie sind DEINE LAKAIEN und gleichzeitig ein gegenseitiges Anti-Bild voneinander. Da ist der schrill aussehende Veljanov, der die Scheinwerfer zu genießen scheint und mit arroganter Miene die Bühne abschreitet, sich dabei eckig bewegt und es trotzdem mit seiner eindringlisch-tiefen Stimme schafft, die Fans zu bannen. Dagegen steht oder sitzt Horn zwischen einem Klavier, einem Doppelkeyboard und einem weiteren elektronischen Kasten mit vielen Lampen und Reglern und versucht alles auf einmal zu bedienen. Dabei wirkt er mit seinem schlanken Gesicht wie eine deutsche Ausgabe von David Bowie, hochkonzentriert und sichtlich inspiriert versucht er die Elektronik-Parts des Konzerts wie bei jeder LAKAIEN-Show komplett selber live einzuspielen - nur zwischendrin hilft ihm für kurze Zeit ein weiterer Keyboarder mit. Im Publikum sorgt die Darbietung in den Pausen für lauten Beifall, zu Songs wie 'Generators' wiegen die Köpfe hin und her, ein paar Fans versuchen sich in körperbetontem Ausdruckstanz. Extrovertiert ist auch der Gitarrist von DEINE LAKAIEN drauf, wirkt er bei seinen seltenen Einsätzen doch eher wie ein durchgeknallter Hauptmann, der nun zwanghaft mit seinem Instrument herumposen muss. Seine martialischen Grimassen passen nur wenig zu den grinsenden Gesichtern am Kontrabass und an den Violinen - der junge Kerl und die zwei Mädels an den Streichinstrumenten haben nämlich während des Gigs verdammt viel Spaß, lächeln und freuen sich. Die positive Energie des Trios scheint sich während des Gigs auf Sänger Alexander zu übertragen, der sich sogar herablässt, dem Publikum für die Begeisterung zu danken. Als Belohnung gibt es einen extralangen Zugabenteil, indem der geniale Sound des Abends noch einmal richtig ausgereizt wird. Besonders das Medley aus älteren Stücken der "Generators"-Scheiben kommt an - und weckt doch nicht annähernd solche Begeisterung wie ganz zum Schluss 'Love Me To The End'. Das Überstück der LAKAIEN beginnt mit einem Duett von Mr. Veljanov am Mikro und Mr. Horn am Klavier. Es steigert sich, steigert sich und steigert sich - ein Crescendo aus Geigen, Klavier, Gitarren und Beats ist der einzig würdige Abschluss für eine Hammershow um einen Sänger und einen Soundtüftler, die von ihrem Aussehen und ihren Bewegungen her eigentlich keine Frontmänner sein dürften. Dass sie es trotzdem sind und die Massen so spielend einfach im Griff haben, das ist neben der wunderbaren Musik an diesem Abend die zweite große Überraschung für krachsüchtige Metalheads...

Redakteur:
Henri Kramer

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