Deine Lakaien - Berlin

09.05.2006 | 10:40

29.04.2006, Nationalgalerie

Genie und Wahnsinn liegen oft nah beieinander, wie die Besucher der jüngsten Bilder-Ausstellung zur Geschichte der Melancholie in der bildenden Kunst in der Berliner Nationalgalerie feststellen konnten. Parallel dazu gab es ein ständiges Zusatzprogramm am Abend über das Verhältnis von Genie und Wahn: Ein besonderes Beispiel dafür ist das einmalige Akustikkonzert von DEINE LAKAIEN an diesem speziellen Abend des 29. Aprils in der riesigen Oberhalle des Museums.

Auf der Bühne befindet sich außer einer größeren Leinwand nur ein Steinway-Flügel und ein Barhocker. Mit nackter Stimme präsentiert Alexander Veljanov seine Gesangeskünste und auch Pianist Ernst Horn stellt sein Können zur Schau. Mit lauten Rufen werden beide von den Zuschauern freudig begrüßt. Mit den ersten Klavierklängen wird alles ruhiger - die Besucher des Konzertes wirken wie gebannt. Ihre Blicken richten sich nur noch geradeaus zur Bühne und jede noch so kleine Bewegung wird verfolgt. Vor allem auch die von Ernst Horn, der sich ab und an von seinem Sitz erhebt und im Flügel herumzupft oder eine leere Wasserflasche nimmt um diese im Klavier über die Seiten zu streichen; auch ein Holzstock eignet sich gut um über die Tasten zu fahren und andere Töne zu erzeugen. Horn erweißt sich als Meister an diesem so genannten "Präparierten Klavier", eine Mitte des 20. Jahrhundert entwickelte Technik, dem Instrument mittels Gegenständen wie Radiergummis oder eben Wasserflaschen ganz besondere Klangeffekte zu entlocken.

Kontinuierlich experimentiert er am Klavier, während daneben Veljanov seine Stimme entfaltet. Er spielt regelrecht mit ihr. Es ist wie ein fesselndes Schauspiel: Dabei wandert das Organ die Tonleiter rauf und wieder runter, wechselt dabei von sanft bis energiegeladen. Den Zuschauern wird ein breites Spektrum geboten. Passend zu den Songs gibt es eine Lichtshow auf der Leinwand: Beispielsweise erscheint bei dem Song 'Walk To The Moon' ein mondartiges Gebilde.

Einen herausragenden musikalischen Höhepunkt an dem Abend bildet nach Titeln wie 'The Game', 'Hill Over You' oder 'Over And Done' vor allem der Abschlusssong 'Love Me To The End': Es ist wie eine pure Inszenierung voller Ausdrucksstärke, die ebenso an den angestrengten Gesichtszügen des Pianisten zu erkennen sind. Ein würdiger letzter Track. Doch den begeisterten Zuschauern genügt es nicht - es ist auch kein Wunder, nach so einem Lied nicht die Contenance zu verlieren und laut zu grölen, wie es sich manche nicht verkneifen können. Es folgen zwei Zugaben mit Liedern wie 'Vivre', 'Dark Star' oder 'Wunderbar'. Auch dabei zeigt Veljanov Fingerspitzengefühl bei der Vertonung.

Ein beeindruckendes Gesamtspiel von fast zwei Stunden Länge. So schnell wird wohl keiner der Besucher vergessen, wie Pianist Ernst Horn fast jeden Zentimeter seines Steinway-Flügels zum schwingen brachte oder Alexander Veljanov die Klänge mit seiner kraftvollen Stimme unterstrich. Einfach wunderbar.

Redakteur:
Franziska Böhl

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