EARTHSHAKER FESTIVAL - Geiselwind/Franken

08.09.2004 | 12:17

23.07.2004, Open Air

SAMSTAG

Es war spät gestern! In der Nacht von Freitag auf Samstag kursierten nach dem vorzeitigen Abbruch so allerlei Gerüchte durch den Backstagebereich. Angeblich hätte ein Teil der Anlage durch einen Blitzeinschlag Schaden genommen und der Samstag sei auf Grund der technischen Probleme noch gar nicht in trockenen Tüchern. Mit gemischten Gefühlen und mit einem leichten Brummen zwischen den Ohren machen wir uns auf den Weg zum Gelände. Freudestrahlend nehme ich dann dort zur Kenntnis, dass das Festival trotz aller Gerüchte stattfindet, auch wenn die Spielzeiten etwas durcheinander geraten sind. FEAR FACTORY haben am Vorabend extra mit ROSE TATTOE getauscht, damit sie früher ihren Flieger bekommen können, somit war mir klar, dass niemand mehr von der Band anwesend sein dürfte. Zu meiner Überraschung schwirrt immer noch Angry Anderson durch den Backstagebereich, was somit heißt, dass ROSE TATTOO ihren Gig nachholen werden. Fein, denke ich mir und begebe mich auf die Suche nach einem Spielzeitenplan. Durch das Reinschieben der Australier mit einer Spielzeit von 80 Minuten müssen die meisten Bands auf etwas Spielzeit verzichten. Meiner Meinung nach hätten aber auch 60 Minuten "Rock'n'Roll From Down Under" gereicht.
(Frank)

PSYCHOPUNCH
Leicht verkatert verfolge ich den Auftritt von PSYCHOPUNCH. Die Schweden gehören auch der Rock'n'Roll-Fraktion an und hinterlassen einen guten Eindruck. Zum Besten gegeben werden u.a. 'It's All Over Now', 'I Want Out' und 'Hell About You Baby'. Für mich gibt es ein Wiedersehen auf unserem Night Of The Power-Festival im Oktober, wo ich mir die Skandinavier etwas genauer zur Brust nehmen werde.
(Frank)

DREAM EVIL
Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht im Auto (an Campen war nicht mehr zu denken), wollte ich eigentlich pünktlich zu DREAM EVIL erscheinen. Um halb zwölf komme ich an, habe die ersten Songs aber bereits verpasst. Noch viel blöder schaue ich aus der Wäsche, als die Skandinavier nach ein paar Songs auch schon wieder von der Bühne schleichen, da still und heimlich die Running Order von Samstag geändert wurde. Die Erklärung finde ich im Pressezelt. FEAR FACTORY sind zwar abgereist, aber ROSE TATTOO bleiben einen Tag länger um ihren Auftritt nachzuholen. Aber zurück zu DREAM EVIL. Zunächst vermute ich ja, dass da eine völlig andere Band auf der Bühne steht, denn Drummer Snowy Shaw ist auf Grund einer Maske nicht zu erkennen, Gus G. (Gitarre) gar nicht erst mitgekommen (außer er ist auf einmal ziemlich schnell gealtert und war beim Gesichtschirurgen) und außerdem sind alle Bandmitglieder silbern bemalt. Wer es mag…! Dennoch wippe ich fröhlich mit dem Rhythmus der hauptsächlich vom neuen Album “Book Of Heavy Metal“ stammenden Songs. Zwar haben auch DREAM EVIL einen fetten Sound, leider erwischt Sänger Niklas Isfeldt aber einen grottenschlechten Tag, bemerkt das selbst und weicht bei fast jedem höheren Ton so weit vom Mikro weg, dass der Gesang nicht mehr wahrnehmbar ist. Neben PRIMAL FEAR die zweite enttäuschende Vorstellung…
(Christian)

Der Spaßfaktor bei DREAM EVIL ist trotz der Kritik des Kollegen durchgehend hoch. Das die Schweden sich selbst und das ganze True-Metal-Gehabe nicht allzu ernst nehmen, zeigen Kompositionen wie 'The Book Of Heavy Metal' oder 'Man Or Mouse'.
(Frank)

Setliste:
The Book Of Heavy Metal
Chasing The Dragon
The Sledge
Into The Moonlight
Crusaders Anthem
Made Of Metal
Man Or Mouse


LEAVE'S EYES
Nicht viel Besseres gibt es von LEAVE'S EYES zu berichten. Schon beim Soundcheck habe ich vermutet, was leider traurige Wahrheit wird. Nahezu die Hälfte der Musik ist gesampled, von den Keyboards über die E-Drums bis hin zu Chören in den jeweiligen Refrains. Auch das mittlerweile erstaunlich große Publikum weiß nicht recht viel mit dem Gothic Rock anzufangen. Anscheinend ist der Großteil der Leute wegen anderen Subgenres gekommen. Lediglich bei zwei Songs, die von Ehemann Axel Krull (ATROCITY) gesangstechnisch begleitet werden, kommt ein wenig Stimmung auf. Danach haben die Gotiker auch noch Pech. Nach einer Ballade über Regen kommt ein erneuter Platzregen, worauf drei Viertel des Publikums inklusive meiner Wenigkeit eine Unterstellmöglichkeit suchen und der Band den Rücken kehren.
(Christian)

Mann, was waren das noch für Zeiten, als Liv Kristine mit THEATRE OF TRAGEDY mich an den Rand der Schattenwelt brachte. Songs wie 'A Rose For The Dead' oder 'Lorelei' sind für die Ewigkeit geschaffen. Schon mit ihrem ersten Soloausritt konnte ich herzlich wenig anfangen, doch das neue Material von LEAVE'S EYES gibt mir zumindest am heutigen Tage überhaupt nichts. Selbst der Gastauftritt von Axel Krull reißt nichts mehr raus. Stücke wie 'Love Lorn', 'Tale Of The Seamaid' oder 'Temptation' hauen niemanden vom Hocker. Der einsetzende Regen und die technischen Probleme geben dem Gig den Rest. Schade.
(Frank)

JUSTICE
Schon einen Tag zuvor bei meiner Ankunft vernahm ich unglaublich viele JUSTICE-Fans. Letztes Jahr wurde auf dem Earthshaker ja das 15-jährige Bandbestehen gefeiert und auch dieses Jahr zünden die fränkischen Death-Thrasher einen Kracher nach dem anderen. Ich kannte zwar bisher keine Songs, aber Stücke wie 'This World Is Mine' oder 'The Descendant' wissen zu überzeugen. Und da nicht nur die zahlreich erschienenen Fans, sondern auch viele weitere, die die Band ähnlich wie ich bisher noch nicht kannten, abfeiern, kann man den Auftritt als vollen Erfolg bewerten. Das erste Highlight am Samstag, weitere sollen folgen!
(Christian)

DEW-SCENTED
Die norddeutschen Thrasher waren mir bislang nur vom Hörensagen bekannt. Auch wenn ich mit der Art von Mucke nicht allzu viel anfangen kann, möchte ich DEW-SCENTED eine ordentliche Leistung bescheinigen. Die Jungs leben von ihrem kraftvollen Stageaction. Leider kann ich zu den Stücken nicht viel sagen.
(Frank)

MANTAS
Nach dem Ausstieg bei VENOM scheint sich Mantas völlig neu orientiert zu haben. Zwar kokettiert man nach wie vor mit den typischen Black-Metal-Symbolen wie z.B. den drei Sechsern, doch musikalisch hat sich Mantas von seinen Ursprüngen weit weg bewegt. Mit dem eigenen Material kann er meiner Meinung nach keinen Krieg gewinnen. Der einzige Blickfang ist die Dame hinter der Schießbude, die kraftvoll die Felle verdrischt. Erst als die alten VENOM-Kamellen 'In League With Satan' und 'Black Metal' ausgepackt werden, kommt etwas Stimmung auf. Naja, muß man nicht unbedingt gesehen haben.
(Frank)

ROSE TATTOO
Im Gegensatz zu den Kollegen von FEAR FACTORY sind die Australier nach dem sintflutartigen Regen am Vortag und dem hieraus resultierenden Abbruch der Veranstaltung nicht abgereist und spielen ihren Gig halt einen Tag später. Angry Anderson frönt in seinem weißen Overall immer noch den alten Rock'n'Roll-Attitüden und kommt mit einer angebrochenen Flasche Jack Daniels auf die Bühne. Für den an Krebs erkrankten Gitarristen Pete Wells haben ROSE TATTOO Dai Pritchard mit dabei, der seine Aufgabe ordentlich erledigt. Musikalisch lässt man mit solch einem Programm ebenfalls nichts anbrennen, auch wenn die angesetzten 80 Minuten für mich persönlich etwas zu lang sind. Eine Stunde hätte auch gereicht.
(Frank)

Setliste ROSE TATTOO:
Illustrated Man
Bad Boy For Love
Assault & Battery
Tramp
House Of Pain
Kisses And Hugs (Someone To Fuck)
The Butcher And Fast Eddy
Rock'n'Roll Is King
Branded
One Of The Boys
Scared For Life
Union Man
Rock'n'Roll Outlaw
Nice Boys


SODOM
Die Spaßmacher um Saufbold TOM ANGELRIPPER sind die letzte Band, die von der Running Order-Umstellung betroffen ist, was der deutschen Thrash-Institution allerdings völlig egal ist. Durch ihre überzeugende Vorstellung haben sie mit Sicherheit den einen oder anderen Fan hinzugewonnen und obwohl sich Tom beinahe in der Wortwahl vergriffen hätte und das Earthshaker kritisiert, kommt mit jedem weiteren Lied mehr Stimmung auf. Da die TRACEELORDS wie gelesen ebenfalls vor Ort sind, nutzt man die Gelegenheit um mit dem ehemaligen SODOM-Gitarristen Andy Brings zwei alte Songs zu spielen. SODOM haben (fast) alles richtig gemacht und die Stimmung weiter gehoben!
(Christian)

Setliste SODOM:
Among The Weirdcong
?
The Saw Is The Law
Remember The Fallen
Die stumme Ursel
Nothing To Regret (neuer Song)
Napalm In The Morning
Sodomized
Get What You Deserve
Der Wachturm
Ace Of Spades
Bombenhagel

DESTRUTION
DESTRUCTION sind genauso kultig wie SODOM, auch wenn mir das Material von Tom Angelripper eher reinläuft. Nichtsdestotrotz räumen Schmier und Co. ordentlich ab und werden von der Menge begeistert abgefeiert. Nach ein paar Minuten stellt sich auch bei mir der Drang zum Mitbangen ein. Ohne viel Worte zu verlieren, setzt es eine Thrash-Granate nach der Anderen. Besonders geil kommen die Stücke 'Thrash Till Death', 'Metal Discharge' und 'Mad Butcher'. Ich werde wohl nicht umhin kommen, trotz meiner 32 Lenze mir mal die alten DESTRUCTION-Scheiben reinzuziehen. Irgendwie sind die früher immer an mir vorbeigegangen. Toller Auftritt!
(Frank)

Setliste DESTRUCTION:
Curse The Gods
Total Desaster
Ravenous Beast
Nailed To The Cross
The Butcher Strikes Back
Eternal Ban
Thrash Till Death
Life Without Sense
Desecrators Of The New Age
Invincible Force
Metal Discharge
Bestial Invasion
Mad Butcher


U.D.O.
Wenn Udo Dirkschneider ’Animal House’, ’Balls To The Wall’ oder ’Man And Machine’ singt, ist er trotz seiner über 50 Lenzen immer noch einer der charismatischsten Metal-Frontmänner der Welt. U.D.O. spielen sich in einen wahren Rausch und lassen das Publikum in fast jedem Song die Gitarrensoli oder den Refrain alleine singen. Schon die Tatsache, dass das Publikum zu jeder Sekunde darauf eingeht, verdeutlicht, wie U.D.O. in Geiselwind abräumen. Viel gibt es nicht zu schreiben: Einmal in der Menge ACCEPT bzw. U.D.O.-Klassiker erleben, ist Pflicht für jeden, der sich Metaller nennt. Absoluter Höhepunkt für mich: ’I’m A Rebel’. Der Hammer!
(Christian)

Setliste U.D.O.:
Thunderball
The Bullet And The Bomb
Metal Heart
Living For Tonight
Independence Day
Fire Your Guns
Man And Machine
Animal House
Balls To The Wall
Princess Of The Dawn
I'm A Rebel
Fast As A Shark

HELLOWEEN
Mein Alltime-Fave HELLOWEEN hat es nicht leicht, nach diesem Monsterauftritt noch einen draufzusetzen. Ich nehme den Schluss vorweg, ich konnte nach dem Auftritt weder reden noch stehen. Der Gig hat meine besten Erwartungen weit übertroffen! Ausgestattet mit einer absoluten Hammersetlist lässt sich sogar der kühle und routinierte Michael Weikath (Gitarre) ab und an zu einem Gefühlsausbruch bewegen. Schon beim Opener ’Starlight’ von “Walls Of Jericho“ geht mächtig die Post ab und dies steigert sich über ’Keeper Of The Seven Keys’ und ’Future World’ bis hin zu ’Dr. Stein’. Man kann höchstens darüber streiten, ob man den ’Power’-Mitsingpart nicht etwas kürzen sollte. Sänger Andi Deris ist zwar witziger und besser gelaunt denn je, er erzählt unter anderem, dass er Rechtsträger sei und animiert die Menge zum Mitsingen. Dennoch kann man 10-minütige Ansprachen im Song wohl kürzen und lieber zwei Songs mehr spielen. So sind die Geschichten vom Frontmann immerhin eine Verschnaufpause um danach nochmal die letzte Kraft zu beschwören und bei den zwei Zugaben nochmal alles zu geben! Der neue Gitarrist Sascha Gerstner und Weiki lassen sich beim Überhammer ’How Many Tears’ noch zu kleinen, spontanen Spielereien hinreißen und auch der zweite „Neue“ Stefan Schwarzmann überzeugte durch ein kleines Zwischenspiel mit Gerstner bei ’Sun 4 The World’. Für mich einer der besten Gigs, den ich auf einem Festival je gesehen habe. Das beste Live-Erlebnis seit langer Zeit!
(Christian)

HELLOWEEN habe ich das erste Mal auf der "Keeper II"-Tour gesehen und mit keiner Band aus meiner Jugend verbinde ich mehr als mit den Kürbissen. Um so schwerer fällt es mir etwas Negatives über HELLOWEEN zu schreiben. Doch der Auftritt in Geiselwind ist nichts, Freunde. Irgendwie versemmelt Andi Deris immer mehr die alten Kiske-Nummern. Gerade unter freiem Himmel kommt die Stimme des Badeners gar nicht gut zur Geltung. Irgendwie wirkt die Performance der gesamten Band eher lustlos bzw. gequält. Keine Ahnung was da los ist, vielleicht sind es auch die Auswirkungen des ganzen Business-Krams (Wechsel des Managements und des Labels), den HELLOWEEN zur Zeit mit sich rumschleppen. Ich hätte - trotz der vielversprechenden Setliste – mehr erwartet. Schade.
(Frank)

Setliste HELLOWEEN:
Starlight
Keeper Of The Seven Keys
Future World
Hey Lord
Forever And One
Power
Open Your Life
Eagle Fly Free
If I Could Fly
Dr. Stein
How Many Tears

IN FLAMES
Die Schweden räumen momentan ja mächtig ab, wie auch schon auf dem diesjährigen Rock Am Ring-Festival wissen IN FLAMES von der ersten Minute an zu überzeugen. Vor allem merkt man den Jungs den Spaß an und entsprechend engagiert geht man zu Werke! Zwar ist die Bühnenshow bis auf ein paar Pyros eher spärlich gehalten, mehr erfordert die Mucke aber auch nicht. Die volle Konzentration gilt der Musik und die geht mit 'Episode 666', 'The Quiet Place' oder 'Only For The Weak' durch Mark und Gebein der Anwesenden. Zahlreiche Fäuste recken sich gen Himmel und lassen den Auftritt zu einem wahren Siegeszug werden. Schade nur, dass sich IN FLAMES livetechnisch in der nächsten Zeit etwas rarer machen wollen. IN FLAMES sind für mich neben U.D.O., SODOM und DESTRUCTION die absoluten Gewinner des Festivals. Sehr geil!
(Frank)

Setliste IN FLAMES:
u.a.:
Pinball Map
Soundtrack To Your Escape
Episode 666
Touch Of Red
Like You Better Dead
In Search For I
System
Clayman
Jotun
Only For The Weak
Behind Space
Trigger
The Quiet Place
My Sweet Shadow


Und meine Erwartungen wurden doch noch erfüllt, das zweite Earthshaker war mehr als nur eine Bereicherung im Kalender. Außer meinen beiden persönlichen Enttäuschungen PRIMAL FEAR und DREAM EVIL, dem Unwetter, dem abgebrochenen Gig von FEAR FACTORY und den (hüstel) unglücklichen Biermarken auf dem Festival war diese Metal-Veranstaltung im tiefen Franken ein voller Erfolg. Auf dass die Erde auch im nächsten Jahr bebt!
(Christian)

Ich habe mich schon lange nicht mehr auf einem Festival so wohl gefühlt, wie auf dem Earthshaker, mal vom Wetter abgesehen. Die Location ist ideal und das Preis/Leistungs-Verhältnis geht mehr als in Ordnung. Überhaupt waren alle Anwesenden trotz der stellenweise widrigen Umstände sehr entspannt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Veranstalter frohen Mutes noch einmal die Erde im Frankenland beben lassen und mehr Fans den Weg nach Geiselwind finden, ist ja nicht so schwer, gelle. Herzlichen Dank für ein super entspanntes Festival!
(Frank)

Redakteur:
Frank Hameister

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